zurück zu Linde Digital
TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
OGH vom 27.08.2014, 15Os94/14h

OGH vom 27.08.2014, 15Os94/14h

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Danek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner Foregger, Dr. Michel Kwapinski und Mag. Fürnkranz als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Moritz als Schriftführer in der Strafsache gegen Sanja P***** und Zeljko T***** wegen des Verbechens des gewerbsmäßigen schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1, 148 zweiter Fall und § 15 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der beiden Angeklagten sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom , GZ 111 Hv 119/13b 66, weiters über die Beschwerden der Angeklagten und der Staatsanwaltschaft gegen den Beschluss gemäß § 494a StPO in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

In teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerden wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, in der Subsumtion der Taten zu I./ auch unter §§ 147 Abs 1 Z 1, 148 zweiter Fall StGB, demgemäß auch in den Strafaussprüchen, ebenso wie der Beschluss gemäß § 494a StPO aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht für Strafsachen Wien verwiesen.

Im Übrigen werden die Nichtigkeitsbeschwerden zurückgewiesen.

Mit ihren Berufungen und ihren Beschwerden werden die Angeklagten und die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung verwiesen.

Den Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden Sanja P***** und Zeljko T***** jeweils des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1, 148 zweiter Fall und § 15 StGB (I./) sowie des Vergehens (richtig: mehrerer Vergehen) der Tierquälerei nach § 222 Abs 1 Z 1 zweiter Fall StGB (II./) schuldig erkannt.

Danach haben sie im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter in Wien

I./ mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz und in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung von schwerem Betrug eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, nachgenannte Personen durch die falsche Behauptung, die zu verkaufenden Hunde seien gesund und älter als tatsächlich, teilweise unter Benützung falscher Beweismittel, nämlich slowakischer EU Pässe für Tiere, in denen inhaltlich unrichtige Geburtsdaten eingetragen waren, zum Ankauf dieser Hunde verleitet und zu verleiten versucht, wodurch die Käufer in einem insgesamt 3.000 Euro nicht übersteigenden Betrag am Vermögen geschädigt wurden, und zwar

1.) am Alfred M***** zum Ankauf eines Malteser Welpen um 450 Euro,

2.) am Christine K***** zum Ankauf eines Maltesers um 400 Euro,

3.) im Juni 2012 Angelika R***** zum Ankauf eines Mischling Welpen um 220 Euro,

4.) am Janine S***** zum Ankauf eines Chihuahua Welpen um 190 Euro,

5.) am Irene W***** zum Ankauf einer französischen Bulldogge um 300 Euro,

6.) am Christina B***** und Indra Kl***** zum Ankauf eines Malteser Welpen, wobei es beim Versuch blieb;

II./ am durch nicht artgerechte gemeinsame Haltung von 13 Hundewelpen, die zu früh von den Muttertieren getrennt worden waren und überdies teilweise an Parvovirose erkrankt waren, Tieren unnötige Qualen zugefügt.

Dagegen richten sich die gemeinsam ausgeführten auf § 281 Abs 1 Z 4, 5, 9 lit a und 10 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerden der beiden Angeklagten; sie sind teilweise im Recht.

Rechtliche Beurteilung

Der Verfahrensrüge (Z 4) zu I./ zuwider wurden durch die Unterlassung der Vernehmung der beiden unter ihren Anschriften in der Slowakei zu den Hauptverhandlungsterminen am 16. Jänner und ordnungsgemäß geladenen, jedoch nicht erschienenen Zeugen Kristina Ka***** und (richtig:) Michael Bo***** Verteidigungsrechte nicht verletzt. Denn mit dem allein beschwerdegegenständlichen bloßen Vorbringen des Verteidigers in der letztgenannten Verhandlung, er halte seinen zuvor gestellten Antrag auf Vernehmung der beiden Zeugen aufrecht (ON 65 S 5), vernachlässigte dieser, dass dem vorangegangenen Antrag (ON 39 S 40) vom Senat ohnehin Folge gegeben worden war (ON 39 S 41, ON 49 S 63 iVm S 48 f), die Durchführung der beabsichtigten Vernehmungen aber aus einem nicht vom Gericht zu vertretenden Grund scheiterte.

Wurde einem Antrag stattgegeben, die Verfügung aber nicht effektuiert, liegt der Mangel, anders als Z 4 verlangt, nicht im Zwischenerkenntnis, außer das Verhalten des Gerichtshofs läuft im Ergebnis auf Täuschung des Antragstellers hinaus. Der aus dem Zwischenerkenntnis Berechtigte muss diesfalls im konkreten Fall unter Anführung jener besonderen Umstände, aufgrund derer das Erscheinen der Zeugen vor dem inländischen Gericht nunmehr zu bewerkstelligen sein werde auch die Umsetzung des Beschlossenen verlangen, um in Hinsicht auf die Entscheidung über dieses Begehren zur Anfechtung berechtigt zu sein (vgl RIS Justiz RS0117404; RS0099733 [T5]). Weil bei der Prüfung der Berechtigung eines Antrags stets von der Verfahrenslage im Zeitpunkt seiner Stellung und den dabei vorgebrachten Gründen auszugehen ist, ist das antragsergänzende Beschwerdevorbringen verspätet und demnach unbeachtlich (RIS Justiz RS0099618).

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) zu II./ vernachlässigt mit der Behauptung, die den Hunden zugefügten Qualen seien nicht unnötig gewesen und hätten die Grenze des Vertretbaren nicht überschritten, weil sie „nicht von Dauer“ gewesen wären und nur dazu gedient hätten, die Hunde an einen Endabnehmer zu verkaufen, die Feststellungen, denen zufolge der für die Tiere qualvolle Zustand durch einen Verstoß gegen gerade zu deren Schutz bestehende gesetzliche Normen herbeigeführt wurde (US 9 iVm 15 und 17), und legt nicht dar, warum die Quälerei ungeachtet dessen als Mittel angewendet worden sei, um einen vernünftigen und berechtigten Zweck zu erreichen (vgl Philipp in WK 2 StGB § 222 Rz 40).

Im bezeichneten Umfang war die Nichtigkeitsbeschwerde daher zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 Z 1 und 2 StPO).

Im Recht ist hingegen die Subsumtionsrüge (Z 10) zu I./ mit dem Einwand des Fehlens von zur Beurteilung nach § 147 Abs 1 Z 1 und demnach auch § 148 zweiter Fall StGB gebotenen Feststellungen dahingehend, dass die Angeklagten falsche Beweismittel nicht bloß anlässlich, sondern gerade zur Täuschung benützten (RIS Justiz RS0094405; Kirchbacher in WK 2 StGB § 147 Rz 11). Die bloßen Konstatierungen, den Käufern der Hunde wären neben den Tieren auch falsche Impfpässe übergeben worden (US 6 ff), werden diesem Erfordernis nicht gerecht.

Die Schuldsprüche zu I./ waren daher in der Subsumtion der Taten auch unter § 147 Abs 1 Z 1 und § 148 zweiter Fall StGB, ebenso wie die Strafaussprüche und der Beschluss gemäß § 494a StPO zu kassieren und es war in diesem Umfang die Verfahrenserneuerung anzuordnen (§ 285e StPO). Ein Eingehen auf die nur auf einen Entfall der Qualifikationen zu I./ abzielende Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) erübrigt sich daher.

Mit ihren Berufungen und ihren Beschwerden waren die Angeklagten und die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung zu verweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:OGH0002:2014:0150OS00094.14H.0827.000