OGH vom 29.10.2014, 9ObA112/14g

OGH vom 29.10.2014, 9ObA112/14g

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Kuras, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Dehn sowie die fachkundigen Laienrichter ADir. Sabine Duminger und Mag. Matthias Schachner als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei K***** L*****, vertreten durch Dr. Wolfgang Miller, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei C***** P*****, vertreten durch Dr. Stephan Duschel, Mag. Klaus Hanten, Rechtsanwälte in Wien, wegen restlicher 5.749,10 EUR brutto sA (Revisionsinteresse: 2.948,54 EUR brutto sA), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen vom , GZ 9 Ra 44/14b 29, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Das Berufungsverfahren ist mangelfrei, wenn sich das Berufungsgericht mit der Beweisrüge befasst, die Beweiswürdigung des Erstgerichts überprüft und nachvollziehbare Überlegungen über die Beweiswürdigung anstellt und in seinem Urteil festhält (RIS Justiz RS0043150). Dabei reicht eine knapp gehaltene Begründung, die erkennen lässt, dass eine Überprüfung stattgefunden hat, aus (RIS Justiz RS0043371 [T4]).

Dem Vorbringen der Klägerin, dass sich das Berufungsgericht mit dem Kernargument ihrer Beweisrüge der vermeintlich widersprüchlichen Aussage einer Zeugin nicht auseinander gesetzt hat, ist nicht zu folgen, hat doch das Berufungsgericht die Thematik ausdrücklich behandelt (Berufungsurteil S 18), jedoch aus verschiedenen Gründen keinen ausreichenden Grund für eine bedenkliche Beweiswürdigung des Erstgerichts gesehen. Ob die auf die Beweisrüge bezügliche Begründung des Berufungsgerichts richtig oder fehlerhaft ist, fällt demgegenüber in den Bereich der irreversiblen Beweiswürdigung (RIS Justiz RS0043371 [T12]). Diese Rechtsmittelbeschränkung kann auch nicht dadurch umgangen werden, dass ein unerwünschtes Ergebnis der Behandlung der Beweisrüge als Mangel des Berufungsverfahrens releviert wird (RIS Justiz RS0043150 [T8], RS0043371 [T28]).

2. Soweit sich die Klägerin dagegen wendet, dass das Erstgericht einen persönlichen Eindruck eines anderen Gerichts übernommen habe, setzt sie sich nicht mit der Argumentation des Berufungsgerichts auseinander, dass mit § 281a ZPO das ursprünglich zentrale Prinzip der Unmittelbarkeit abgeschwächt wurde und die Voraussetzungen für die Verwertung der einverständlich verlesenen Akten hier gegeben waren. Mängel des Berufungsverfahrens sind daher nicht ersichtlich.

3. Die Beurteilung, ob ein bestimmtes Verhalten eines Dienstnehmers eine Entlassung rechtfertigt, stellt regelmäßig eine Frage des Einzelfalls dar, mit der keine Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO begründet wird (RIS Justiz RS00103201, RS0106298). Eine solche zeigt auch die Revision nicht auf:

Im vorliegenden Fall drangen die Klägerin und ihr Ehemann in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken in das unversperrte Haus des Beklagten ein, um ihrer Ansicht nach fällige Raten eines dem Beklagten vom Ehemann der Klägerin gewährten Darlehens einzufordern. Der Ehemann der Klägerin führte mit ihrem Wissen einen Baseballschäger mit, um den Beklagten damit erforderlichenfalls zu bedrohen. Er bedrohte die Ehefrau des Beklagten sinngemäß damit, sie mit dem Baseballschläger zu schlagen, wenn sie ihm kein Geld gebe. Sowohl er als auch die Klägerin schrien die Ehefrau des Beklagten auf aggressivste Weise an. Diese folgte darauf der Klägerin und ihrem Ehemann zumindest 1.000 EUR in bar aus. Die Klägerin schritt gegen das Verhalten ihres Ehemannes nicht ein und gab nicht zu erkennen, dass sie es nicht billige.

Dem Vorbringen der Klägerin, dass es sich um ein Verhalten „in der Freizeit“ gehandelt habe und sie nicht verpflichtet gewesen sei, sich vom Verhalten ihres Ehemannes zu distanzieren, kann nicht näher getreten werden. Selbst bei Anlegung eines nicht allzu strengen Maßstabs an ihr außerdienstliches Verhalten ist die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass hier der Tatbestand der Vertrauensunwürdigkeit verwirklicht wurde, völlig vertretbar. Im Übrigen hat sich die Klägerin vom Verhalten ihres Ehemannes nicht nur nicht distanziert, sondern sich sogar aktiv daran beteiligt („in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken“) und mentale Unterstützung geboten, indem auch sie gegenüber der Ehefrau des Beklagten aggressivst auftrat und so von dieser einen Geldbetrag erzwang.

Die außerordentliche Revision ist daher zurückzuweisen.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:OGH0002:2014:009OBA00112.14G.1029.000