OGH vom 13.03.2018, 11Os17/18m

OGH vom 13.03.2018, 11Os17/18m

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab als Vorsitzenden sowie die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger und Mag. Fürnkranz und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Albu als Schriftführer in der Strafsache gegen Mudasser R***** wegen des Verbrechens der geschlechtlichen Nötigung nach § 202 Abs 1, Abs 2 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Schöffengericht vom , GZ 38 Hv 90/17b-61, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Mudasser R***** des Verbrechens der (sexuellen – gemeint:) geschlechtlichen Nötigung nach § 202 Abs 1, Abs 2 StGB (1) sowie des Vergehens der Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1 StGB (2) schuldig erkannt.

Danach hat er am in O***** T*****

1. außer den Fällen des § 201 StGB mit Gewalt, indem er sie mit beiden Händen im Hals und Schulterbereich erfasste und zu Boden drückte, sich auf sie setzte und ihr mit der flachen Hand zumindest zweimal in das Gesicht schlug und durch gefährliche Drohung, nämlich die Äußerung „I can kill you“, zur Duldung geschlechtlicher Handlungen genötigt, indem er auf ihr sitzend masturbierte, sie aufforderte ihren Mund zu öffnen und dann gezielt in ihren Mund ejakulierte, wodurch die Genannte in besonderer Weise erniedrigt wurde;

2. nach der zu 1. geschilderten Tat durch gefährliche Drohung, nämlich die Äußerung „When you tell your parents, I kill you“, zu einer Unterlassung, nämlich der Meldung des Vorfalls an ihre Eltern zu nötigen versucht.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen wendet sich die auf § 281 Abs 1 Z 4 und 5a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.

Der Verfahrensrüge (Z 4) zuwider wurden durch die Abweisung von in der Hauptverhandlung gestellten Beweisanträgen Verteidigungsrechte nicht beeinträchtigt.

Der Antrag auf „Einvernahme des GI P***** und Insp B*****“ zum Nachweis, „dass der Angeklagte an der Unterlippe verletzt war, wovon auch ein Foto angefertigt wurde, das sich aber nicht im Abschlussbericht befindet, weiters zum Beweis dafür, dass der Angeklagte zu einem Zeitpunkt in B*****, F***** war, was nur möglich ist, wenn T*****, nachdem sie sexuellen Kontakt mit dem Angeklagten hatte, diesen mit dem Moped nach St. J***** brachte, insbesondere zum Beweis dafür, dass sie selbst den sexuellen Kontakt mit dem Angeklagten gesucht hat,“ lässt nicht erkennen, inwieweit eine entsprechende Verletzung des Angeklagten für die Schuld oder Subsumtionsfrage bedeutend sein soll (vgl RISJustiz RS0118444) und übersieht, dass Thema des Zeugenbeweises ausschließlich sinnliche Wahrnehmungen, nicht aber Schlussfolgerungen und ähnliche intellektuelle Vorgänge sind (RIS-Justiz RS0097540).

Soweit sämtliche Beweisanträge, so auch jene auf „Durchführung eines Lokalaugenscheins hinsichtlich der Örtlichkeit ***** zum Beweis dafür, dass man von dort weder nach F*****, noch zu T***** an deren Adresse *****, gelangen kann, insbesondere zum Beweis dafür, dass T***** diese Örtlichkeit aufgesucht hat um einen sexuellen Kontakt mit dem Angeklagten zu ermöglichen“ und auf „Überprüfung des Mopeds der T***** zum Beweis dafür, dass am Moped nur ein Helm Platz findet, weiters zum Beweis dafür, dass T***** Tatsachen verschweigt, um zu verschleiern, dass sie selbst einen sexuellen Kontakt gewünscht hat“, darauf abzielten, die Glaubwürdigkeit der Zeugin T***** zu erschüttern und jene des Angeklagten zu beweisen, waren sie grundsätzlich auf erhebliche Tatsachen gerichtet, weil die Beweisführung zur Beweiskraft von schulderheblichen Beweismitteln ihrerseits für die Schuldfrage von Bedeutung ist (vgl RISJustiz RS0028345; Ratz, WKStPO § 281 Rz 340, 350).

Ihnen kam aber insoweit keine Berechtigung zu, weil dem Vorbringen nicht zu entnehmen war, dass durch die Aufnahme der beantragten Beweise Rückschlüsse auf die inhaltliche Unrichtigkeit der Angaben des Opfers in Ansehung entscheidender Tatsachen hätten gezogen werden können (RISJustiz RS0120109 [T3]).

Ursprünglich abweichende Angaben des Opfers zum Tatort sahen die Tatrichter ohnedies als erwiesen an (vgl US 9; RISJustiz RS0118319), womit die Abweisung des auf den entsprechenden Nachweis gerichteten Antrags auf „Einvernahme des Insp. Florian U***** und der RI Erika Ob*****“ nichtigkeitsfrei erfolgte.

Die „ergänzende Einvernahme der Zeugin T*****“ hatte entgegen der weiteren Kritik schon deshalb zu unterbleiben, weil weder dargelegt wurde, weshalb die Zeugin von ihrer bisherigen – einverständlich vorgetragenen (ON 60 S 49) – Aussage abweichen sollte (RISJustiz RS0118123, RS0118444), noch, weshalb zu erwarten sei, dass sie sich – trotz ihrer unmissverständlichen Erklärung, von ihrer Aussagebefreiung (§ 156 Abs 1 Z 2 StPO) Gebrauch machen zu wollen (ON 22 S 3) – zur Aussage bereit finden werde (RISJustiz RS0117928).

Eine Tatsachenrüge (Z 5a) ist – soweit hier von Bedeutung – dann gesetzmäßig ausgeführt, wenn sie anhand konkreter Verweise auf in der Hauptverhandlung vorgekommenes Beweismaterial (§ 258 Abs 1 StPO) bei gleichzeitiger Bedachtnahme auf die Gesamtheit der tatrichterlichen Beweiswürdigung darlegt, welches von ihr angesprochene Verfahrensergebnis aus welchem Grund erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit welcher Feststellungen über entscheidende Tatsachen wecken soll (RIS-Justiz RS0118780, RS0117749, RS0117446).

Indem die Rüge ausgehend von der urteilsfernen These, das Opfer hätte den Angeklagten nach der Tat nach St. J***** chauffiert, auf freiwilligen Sexualkontakt und Unschuld des Angeklagten schließt, verlässt sie den dargelegten Anfechtungsrahmen und bekämpft nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren gesetzlich nicht vorgesehenen Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld die Beweiswürdigung der Tatrichter.

Zum „Bedauern“ unterbliebener weiterer Beweisaufnahme „wie an obiger Stelle aufgezeigt“ genügt der Hinweis auf die Subsidiarität der Aufklärungsrüge gegenüber der Verfahrensrüge (vgl RISJustiz RS0115823 [T6]).

Die Nichtigkeitsbeschwerde – deren Antrag nach § 288a StPO im Gegenstand unverständlich ist – war daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen folgt (§ 285i StPO).

Da nur eine Ausfertigung der Beschwerdegründe zulässig ist, war auf eigene Beschwerdeausführungen des Angeklagten keine Rücksicht zu nehmen (RIS-Justiz RS0100152).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2018:0110OS00017.18M.0313.000
Schlagworte:
Strafrecht;

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