OGH vom 19.12.2013, 9ObA111/13h

OGH vom 19.12.2013, 9ObA111/13h

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Kuras und Dr. Hargassner sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Dr. Rolf Gleißner und Susanne Jonak als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Dr. K***** M*****, vertreten durch Dr. Andreas A. Lintl, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Republik Österreich, *****, vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien, wegen 22.594,60 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 7 Ra 118/12t 23, mit dem der Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Arbeits und Sozialgerichts Wien vom , GZ 11 Cga 96/11h 19, nicht Folge gegeben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 1.108,20 EUR bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

In der Revisionsentscheidung kann die Wiedergabe des Parteivorbringens und der tatsächlichen Entscheidungsgrundlagen auf das beschränkt werden, was zum Verständnis der Rechtsausführungen des Revisionsgerichts erforderlich ist (§ 510 Abs 3 Satz 1 ZPO). Danach ist Folgendes voranzustellen:

Der Kläger stand vom bis als Schularzt in einem gemäß § 1 Abs 3 Z 6 VBG ausdrücklich vom VBG ausgenommenen (9 ObA 1009/95) Dienstverhältnis zum Bund. Im schriftlichen „Dienstvertrag für Schulärzte an mittleren und höheren Schulen sowie an Akademien aufgrund des § 1151 des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches (ABGB)“ wurde die Anwendung mehrerer Bestimmungen des VBG, unter anderem jene des § 35 (Anm: jetzt § 84 VBG), vereinbart. Das Dienstverhältnis endete durch einvernehmliche Auflösung ohne Vereinbarung einer Abfertigung.

Der Kläger begehrt den Betrag von 22.594,60 EUR sA an Abfertigung, hilfsweise die Verpflichtung der Beklagten zum Abschluss einer entsprechenden Vereinbarung über die Auszahlung der Abfertigung in diesem Ausmaß. Als Vertragsangestellter gebühre ihm bei einvernehmlicher Auflösung des Dienstverhältnisses eine Abfertigung nach den zwingenden Bestimmungen des Angestelltengesetzes. Jedenfalls ließe eine analoge Anwendung der §§ 23, 23a AngG einen Abfertigungsanspruch im Sinn der Grundregel des § 84 Abs 1a VBG entstehen. Die Weigerung der Beklagten, mit ihm eine Vereinbarung über die Zahlung einer Abfertigung abzuschließen, verstoße gegen den Gleichheitsgrundsatz und das Willkürverbot, verletze den Kontrahierungszwang und lasse auch berücksichtigungswürdige persönliche Umstände des Klägers außer Acht.

Die Beklagte bestritt, beantragte Klagsabweisung und wandte ein, dass dem Kläger mangels Vereinbarung im Sinne der auf das Dienstverhältnis anzuwendenden Bestimmung des § 84 Abs 2 Z 7 VBG keine Abfertigung zustehe.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge. Die Vorinstanzen vertraten übereinstimmend die Auffassung, dass das Dienstverhältnis des Klägers nicht unter das Angestelltengesetz falle, weil der Kläger als Bediensteter des Bundes gemäß § 4 AngG vom Anwendungsbereich des Angestelltengesetzes ausgenommen sei. Da zwischen den Parteien einzelvertraglich die Abfertigungsbestimmungen des VBG vereinbart worden seien, käme auch eine eine planwidrige Gesetzeslücke voraussetzende analoge Anwendung der Bestimmungen des ArbAbfG nicht in Betracht. Nach § 84 Abs 2 Z 7 VBG stehe dem Kläger ohne Vereinbarung keine Abfertigung zu. Anhaltspunkte für eine unsachliche Weigerung der Beklagten, mit dem Kläger eine entsprechende Abfertigungsvereinbarung abzuschließen, lägen nicht vor. Die ordentliche Revision wurde zugelassen, weil zur Frage ob § 4 AngG auch die vom VBG ausgenommenen Bundesbediensteten umfasse, keine gesicherte Rechtsprechung vorliege.

In seiner dagegen gerichteten Revision beantragt der Kläger die Abänderung des Berufungsurteils im Sinne einer Klagsstattgabe; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Beklagte beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung , der Revision keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig; sie ist jedoch nicht berechtigt.

Die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts ist zutreffend. Es kann daher auf dessen in Übereinstimmung mit dem Erstgericht vorgenommene Begründung verwiesen werden (§ 510 Abs 3 ZPO). Ergänzend und zusammenfassend ist den Ausführungen des Revisionswerbers Folgendes entgegenzuhalten:

1. Nach § 4 AngG wird das Dienstverhältnis der als Beamte oder Bedienstete des Bundes, einer Bundesanstalt oder eines vom Bund verwalteten Fonds angestellten Personen durch die Bestimmungen dieses Gesetzes nicht berührt. Die Ausnahmeregelung des § 4 AngG bezieht sich auf alle Bediensteten der genannten öffentlichen Rechtsträger. Demnach unterliegen sämtliche Dienstverhältnisse zum Bund und zu den in § 4 aufgezählten bundesnahen Einrichtungen nicht dem AngG, selbst wenn typische Angestelltentätigkeiten erbracht werden ( Schrammel in Marhold/Burgstaller/Preyer , AngG § 4 Rz 3, 11; Kozak in Reissner , AngG § 4 Rz 4, 7 f; Drs in ZellKomm² § 4 AngG Rz 2, 4; Löschnigg in Löschnigg , AngG 9 § 4 Rz 4). Dass der Gesetzgeber ua nicht nur Vertragsbedienstete nach dem VBG, sondern auch jene Vertragsbediensteten vom Geltungsbereich des Angestelltengesetzes ausnehmen wollte, deren Rechtsverhältnis zum Bund durch einen nicht dem VBG unterliegenden Vertrag begründet wurde, zeigt neben der von den Vorinstanzen zutreffend dargelegten historischen Absicht des Gesetzgebers auch der Umstand, dass das Angestelltengesetz aus dem Jahr 1921 stammt, die erste dienstrechtliche Kodifikation für vertraglich Bedienstete jedoch erst durch das Vertragsbedienstetengesetz BGBl 1934/312 erfolgte (vgl Kozak in Reissner , AngG § 4 Rz 2).

Gegenteiliges ist auch der Entscheidung 9 ObA 67/88 nicht zu entnehmen, auch wenn die Formulierung des von der Ausnahmeregelung betroffenen Personenkreises eine gewisse Unschärfe aufweist ( Schrammel aaO § 4 Rz 11). Begründete Lehrmeinungen, die dem bereits von den Vorinstanzen erzielten Auslegungsergebnis entgegenstünden, liegen ebenfalls nicht vor.

2. Der Revisionswerber leitet aus dem Umstand, dass es für ihn weder eine in einer Dienstordnung festgelegte noch eine gesetzliche oder kollektivvertragliche Abfertigungsregelung gibt, eine durch die undifferenzierte Ausnahmebestimmung des § 1 Abs 2 Z 3 ArbAbfG geschaffene planwidrige Gesetzeslücke ab, die durch analoge Anwendung des AngG geschlossen werden müsse. Demgegenüber hat der Oberste Gerichtshof zu Art I § 1 Abs 2 Z 3 ArbAbfG wiederholt die Auffassung vertreten, dass durch diese Ausnahmebestimmung geschaffene planwidrige Gesetzeslücken nur dort anzunehmen sind, wo einem aufgrund eines privatrechtlichen Arbeitsvertrags beschäftigten Bediensteten bei Auflösung des Arbeitsverhältnisses - trotz Erfüllung der dort genannten Voraussetzungen - weder ein Abfertigungsanspruch im Sinne der §§ 23 und 23a AngG (bzw § 35 VBG) noch ein über die Pensionsleistungen nach dem ASVG hinausreichender Versorgungsanspruch zusteht (9 ObA 128/09b; RIS Justiz RS0050383). Hingegen wurde bezüglich der dem VBG nicht unterliegenden Arbeitnehmer, für die durch Dienstordnungen, gesetzliche oder kollektivvertragliche Regelungen, Abfertigungen oder gesetzliche Versorgungsleistungen vorgesehen waren, keine eine analoge Anwendung des ArbAbfG rechtfertigende planwidrige Gesetzeslücke angenommen (9 ObA 101/88 = SZ 61/141; 9 ObA 70/89 ua). Besteht für den Bediensteten in einer vereinbarungsgemäß (als Vertragsschablone) anzuwendenden Vertragsbedienstetenordnung eine Abfertigungsregelung, liegt keine planwidrige Gesetzeslücke vor (9 ObA 128/09b). Da auch eine Vertragsschablone nur kraft einzelvertraglicher Vereinbarung im Dienstvertrag Vertragsinhalt wird (RIS-Justiz RS0081830), bleibt für die vom Revisionswerber vorgetragene Argumentation kein Raum.

3. Nach § 84 Abs 2 Z 7 VBG (gleichlautend mit der bis in Kraft gestandenen Vorgängerbestimmung des § 35 Abs 2 Z 7 VBG) ist ein Abfertigungsanspruch bei einverständlicher Auflösung des Dienstverhältnisses nur dann gegeben, wenn eine Vereinbarung über die Abfertigung zustande kommt. Wenn sich nun der Bund, gerade um eine ressorteinheitliche Vorgangsweise sicherzustellen und damit eine Ungleichbehandlung ihrer Bediensteten, für die § 84 Abs 2 Z 7 VBG gilt, zu vermeiden, entschließt, nur in bestimmten, seiner Ansicht nach geeigneten Fällen dem Abschluss einer Abfertigungsvereinbarung zuzustimmen, dann ist dies keineswegs unsachlich und schon gar nicht willkürlich. Die im gegenständlichen Rundschreiben des zuständigen Bundesministeriums für eine Abfertigungsvereinbarung normierten Voraussetzungen sind beim Kläger nicht gegeben. Die vom Revisionswerber gewünschte, auf den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz gestützte Verpflichtung der Beklagten zum Abschluss einer Abfertigungsvereinbarung kommt daher auch aus diesen Erwägungen nicht in Betracht. Eine Begründung für seine Behauptung, dass das Rundschreiben nur auf Vertragsbedienstete im Sinne des VBG Anwendung finde, bleibt der Revisionswerber schuldig. Eine solche ist auch nicht ersichtlich.

Der Revision des Klägers war daher nicht Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.