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OGH vom 28.11.2017, 9ObA125/17y

OGH vom 28.11.2017, 9ObA125/17y

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Dehn und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Hargassner sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Dr. Werner Hallas und Mag. Thomas Kallab als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei D***** GmbH & Co KG, *****, vertreten durch Dr. Meinrad Einsle ua, Rechtsanwälte in Bregenz, gegen die beklagte Partei Mag. K***** D*****, vertreten durch Mag. Jürgen Nagel und Ing. Dr. Michael Bitriol, Rechtsanwälte in Bregenz, wegen Zustimmung zur Entlassung (Streitwert: 21.800 EUR), über den Rekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht vom , GZ 15 Ra 30/17z-37, mit dem über Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichts Feldkirch als Arbeits- und Sozialgericht vom , GZ 34 Cga 12/16b-33, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Rekurs der klagenden Partei wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 1.489,86 EUR (darin 248,31 EUR USt) bestimmten Kosten des Rekursverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Das Berufungsgericht darf die Zulässigkeit des Rekurses gegen einen Aufhebungs- und Zurückweisungsbeschluss nur bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 502 ZPO (§ 519 Abs 2 ZPO) aussprechen (§ 519 Abs 1 Z 2 ZPO). Im Rekurs gegen einen Aufhebungs- und Zurückweisungsbeschluss muss eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO geltend gemacht werden. Der Oberste Gerichtshof ist an den Zulassungsausspruch des Berufungsgerichts nicht gebunden. Ist fallkausal keine erhebliche Rechtsfrage zu lösen, so ist der Rekurs zurückzuweisen (§ 526 Abs 2 ZPO).

Das Berufungsgericht hat die Zulässigkeit des Rekurses damit begründet, dass sich der Oberste Gerichtshof mit zwei Fragen bislang noch nicht auseinandergesetzt habe: Zum einen sei strittig, ob zwei Arbeitgeber, die im Rahmen eines einheitlichen Arbeitsverhältnisses einem Arbeitnehmer gegenüberstehen, im Hinblick auf eine Klage auf Zustimmung zur Entlassung als notwendige Streitgenossen anzusehen sind; zum anderen, ob der im Verlauf eines Verfahrens auf Zustimmung zur Entlassung lediglich vorübergehend eingetretene Wegfall des Bestandschutzes des Arbeitnehmers einen Klagsabweisungsgrund bildet. Da die erste Rechtsfrage aber auf der Grundlage der bisherigen Rechtsprechung gelöst werden kann, die zweite nicht entscheidungsrelevant ist, und die Rekurswerberin keine andere Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO releviert, ist der Rekurs unzulässig. Die Zurückweisung des Rekurses kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 528a iVm § 510 Abs 3 letzter Satz ZPO; RIS-Justiz RS0043691).

1. Eine einheitliche Streitpartei liegt gemäß § 14 ZPO dann vor, wenn sich die Wirkung des zu fällenden Urteils kraft der Beschaffenheit des streitigen Rechtsverhältnisses oder kraft gesetzlicher Vorschrift auf sämtliche Streitgenossen erstreckt. Die einheitliche Streitpartei ist nicht immer eine notwendige Streitgenossenschaft, sondern nur dann, wenn kraft Gesetzes die Klage nur von oder gegen alle Rechtsgenossen gemeinsam eingebracht werden muss. Es handelt sich um eine Frage der Sachlegitimation. Eine notwendige Streitgenossenschaft wird angenommen, wenn wegen Nichterfassung aller Teilhaber die Gefahr unlösbarer Verwicklungen durch verschiedene Entscheidungen entsteht, was nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen ist (RIS-Justiz RS0035479; RS0035496; RS0035409).

Die Rechtsauffassung des Berufungsgerichts, dass dann, wenn keine bloßen Geldansprüche eines Arbeitnehmers aus einem einheitlichen Rechtsverhältnis zu zwei Arbeitgebern Prozessgegenstand sind (vgl 9 ObA 18/11d), sondern über eine Klage dieser Arbeitgeber auf gerichtliche Zustimmung zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu entscheiden ist, eine notwendige Streitgenossenschaft der Arbeitgeber vorliegt, ist nicht zu beanstanden, weil die Nichterfassung beider Arbeitgeber von einer ein solches Gestaltungsrecht betreffenden Entscheidung unlösbare rechtliche und tatsächliche Verwicklungen zeitigen könnte.

Im Gegensatz zur Entscheidung 9 ObA 18/11d ist hier bei (allfälligem) Vorliegen eines einheitlichen Arbeitsverhältnisses zu zwei Arbeitgebern auch das gemeinsame Rechtsverhältnis dieser Arbeitgeber Gegenstand des Klagebegehrens. In der von der Rekurswerberin für ihre gegenteilige Rechtsauffassung ins Treffen geführten, eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts betreffende Entscheidung 9 ObA 257/98d war nicht das gemeinsame Rechtsverhältnis der Gesellschafter zum dortigen Arbeitnehmer Gegenstand des Verfahrens. Die angeführte Entscheidung 1 Ob 191/09h ist nicht einschlägig.

Soweit die Rekurswerberin der Ansicht ist, dass die getroffenen erstgerichtlichen Feststellungen zur Beurteilung, wem die Arbeitgebereigenschaft zukommt, ausreichen, ist ihr zu entgegnen, dass der Oberste Gerichtshof, der keine Tatsacheninstanz ist, der Auffassung des Berufungsgerichts, dass der Sachverhalt in der von ihm dargelegten Richtung noch nicht genügend geklärt ist, nicht entgegentreten kann (RISJustiz RS0042179).

2. Die weitere vom Berufungsgericht als erheblich bezeichnete Rechtsfrage zum „unterbrochenen“ Bestandschutz stellt sich hier nicht. Unstrittig ist, dass der Beklagte aufgrund der Inanspruchnahme von Väterkarenz bis Kündigungs- und Entlassungsschutz genoss (§ 7 Abs 1 Z 1 VKG). Zutreffend weist die Rekurswerberin darauf hin, dass ein allfälliger (von ihr bestrittener) Kündigungs- und Entlassungsschutz des Beklagten wegen Inanspruchnahme einer Teilzeitbeschäftigung mit Bekanntgabe der Teilzeitbeschäftigung bereits am begonnen hätte (§ 8f Abs 1 VKG). Die vom Berufungsgericht erörterte Unterbrechung im Bestandschutz des Beklagten zwischen und liegt dann aber nicht vor.

Da aber mangels ausreichender Feststellungen derzeit noch nicht abschließend beantwortet werden kann, ob der Beklagte überhaupt Kündigungs- und Entlassungsschutz (§§ 8, 8a VKG idF vor der Novelle BGBl 2015/149 [§ 14 Abs 18 VKG]) genießt, erging der Aufhebungsbeschluss des Berufungsgerichts im Ergebnis zu Recht.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO. Der Beklagte hat auf die Unzulässigkeit des Rekurses in seiner Rekursbeantwortung hingewiesen (RIS-Justiz RS0123222 [T8]).

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2017:009OBA00125.17Y.1128.000
Schlagworte:
;Arbeitsrecht;

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