OGH vom 28.03.2012, 8ObA26/11y

OGH vom 28.03.2012, 8ObA26/11y

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Dr. Spenling als Vorsitzenden, den Hofrat Hon. Prof. Dr. Kuras, die Hofrätin Dr. Tarmann Prentner sowie die fachkundigen Laienrichter Hermann Furtner und Mag. Regina Bauer Albrecht als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Mag. (FH) B***** H*****, vertreten durch Mag. Nora Huemer Stolzenburg, Rechtsanwältin in Wien, gegen die beklagte Partei S***** AG *****, vertreten durch CMS Reich Rohrwig Hainz Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen 14.396,28 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 10 Ra 140/10x 26, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Kontradiktorische Urteile sind vom Gericht nach §§ 414, 417 ZPO stets zu begründen, haben also eine Darstellung des wesentlichen Vorbringens und der Anträge der Parteien, die Außerstreitstellungen, die Tatsachenfeststellungen, die Beweiswürdigung und die rechtliche Beurteilung darzulegen. Auch § 61 GlBG normiert keine davon abweichende Besonderheit (vgl Hopf, Begründungspflicht des Gerichtes nach § 61 GlBG, DRdA 2007, 3).

Wie eingehend und ausführlich eine mangelfreie Entscheidungsbegründung sein muss, kann nur nach den konkreten Verfahrensergebnissen beurteilt werden und hat grundsätzlich keine über den Einzelfall hinausreichende Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO. Eine erhebliche Verletzung der Begründungspflicht würde einen Verfahrensmangel bewirken, der aber im Rechtsmittelverfahren nur dann aufgegriffen werden kann, wenn er ausdrücklich gerügt wurde. Da die Klägerin in ihrer Berufung keine Mängelrüge erhoben hat, ist sie von der Geltendmachung eines erstmals in der Revision behaupteten Verstoßes gegen § 61 GlBG ausgeschlossen (RIS Justiz RS0074223 [T1]).

2. Die in der Revision angestellten Überlegungen zur Glaubwürdigkeit diverser Beweisergebnisse und Zeugenaussagen, sowie die darauf gegründeten Tatsachenannahmen und Schlussfolgerungen wenden sich gegen die Beweiswürdigung der Vorinstanzen, deren Überprüfung im Revisionsverfahren nicht mehr möglich ist.

3. Nach § 3 GlBG darf niemand aufgrund des Geschlechts im Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis unmittelbar oder mittelbar diskriminiert werden, insbesondere auch nicht bei der Festsetzung des Entgelts (ebenso: Art 157 AEUV). Für gleiche oder gleichwertige Arbeit ist das gleiche Entgelt zu bezahlen. Die maßgeblichen Merkmale dafür, wann von einer Gleichwertigkeit der geleisteten Arbeit auszugehen ist, haben die Vorinstanzen ausführlich und zutreffend dargestellt (§ 510 Abs 3 ZPO; Windisch Graetz in ZellKomm² § 3 GlBG Rz 19 mwN; EuGH C-400/93, Royal Copenhagen ; C 309/97, Wr GKK ; C 381/99, Brunnhofer ).

Sind die angewandten Entlohnungskriterien nicht ohne weiteres durchschaubar, müssen sie deswegen noch nicht unsachlich sein; es obliegt dann dem Arbeitgeber zu erläutern, worin sie bestehen und wie sie zu rechtfertigen sind ( Windisch Graetz aaO; EuGH C 109/88, Danfoss ; C 127/92, Enderby ).

Eine unterschiedliche Entlohnung kann auch dann gerechtfertigt sein, wenn eine nach außen hin identische Tätigkeit von Arbeitnehmern ausgeübt wird, die über eine unterschiedliche Ausbildung und Berufsberechtigung verfügen (EuGH C 309/97, Wr GKK [Psychotherapie]).

4. Das einzige in der Rechtsrüge von der Revisionswerberin gebrauchte Argument, die festgestellten Kriterien der Beklagten bei der Gehaltseinstufung und der Gewährung von Gehaltserhöhungen seien willkürlich, vermag danach keine unvertretbare Fehlbeurteilung durch die Vorinstanzen aufzuzeigen.

Die Revision lässt außer Acht, dass der von der Klägerin in ihren Vergleich einbezogene Kollege im Unterschied zu ihr eine einschlägige Berufspraxis in einer Wirtschaftstreuhandkanzlei sowie eine Fachprüfung für Bilanzbuchhalter aufzuweisen hatte, welche nach § 7 BiBuG Voraussetzung für eine öffentliche Bestellung zum Bilanzbuchhalter ist. Bei der Entscheidung über Gehaltserhöhungen und Prämien wurden von der Beklagten zwar neben objektiven auch subjektive Faktoren wie Fehleranfälligkeit oder Zufriedenheit der Vorgesetzten berücksichtigt, die aber den Vorgaben des anzuwendenden Kollektivvertrags entsprachen und weder auf der Ebene des Motivs, noch in feststellbaren tatsächlichen Auswirkungen auf das Entgeltniveau innerhalb der (mehrheitlich von Frauen besetzten) Abteilung vom Geschlecht der Angestellten abhängig waren.

Andere als die vom Revisionswerber in der Zulassungsbeschwerde angeführten Gründe hat der Oberste Gerichtshof bei der Prüfung der Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision nicht zu untersuchen (RIS Justiz RS0107501 [T1]).