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VfGH vom 23.11.1984, B284/80

VfGH vom 23.11.1984, B284/80

Sammlungsnummer

10242

Leitsatz

Grunderwerbsteuergesetz 1955; denkmögliche Vorschreibung von Grunderwerbsteuer für die durch Schenkung eines unter bestimmten Auflagen erworbenen Anteils an einem Betriebsvermögen erworbenen (Betriebs-)Liegenschaften

Spruch

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

1. Am schlossen der Bf. und seine Gattin in St. M (Schweiz) einen als "Schenkungsurkunde und Gesellschaftsvertrag" bezeichneten Vertrag, in dessen Abschnitt A unter der Überschrift "Die Gesellschaftsgründung vorbereitende Maßnahmen" ausgeführt wird:

"Frau R K ist Alleineigentümerin des 'Kur- und Sporthotel P' in B. Zum Betriebsvermögen dieses Gewerbebetriebes gehören aus der Liegenschaft in EZ ... KG B die BP ..., die BP ... und die Gp. ...

Frau R K schenkt und übergibt ihrem Ehegatten Dipl.-Ing. L K 60% dieses Betriebsvermögens des Kur- und Sporthotel P in B laut Bilanz zum und Herr Dipl.-Ing. L K nimmt diese Schenkung entgegen. Im Rahmen dieser Schenkung gehen auch 3/5 der eingangs angeführten Betriebsliegenschaften und die darauf lastenden Schulden auf den Geschenknehmer über. Die Übergabe und Übernahme der Schenkung von 60% des Betriebsvermögens des Kur- und Sporthotel P nach dem Stande vom mit den in diesem Betriebsvermögen enthaltenen und ebenfalls zu 3/5 schenkungsweise übergehenden Liegenschaften erfolgt zum mit der Auflage, daß Herr Dipl.-Ing. L K mit seiner Gattin eine Kommanditgesellschaft begründet, in dieser Kommanditgesellschaft die Rechtsstellung eines Kommanditisten mit 60% Beteiligung einnimmt und gemeinsam mit seiner Gattin den nachfolgenden Gesellschaftsvertrag errichtet.

Beide Vertragsteile sind damit einverstanden, daß die notwendiges Betriebsvermögen bildende Liegenschaften nicht ins Eigentum der Kommanditgesellschaft übertragen werden, sondern vorerst im Miteigentum der Gesellschafter im Verhältnis 2/5 R K und 3/5 Dipl.-Ing. R K verbleiben.

Für die Übertragung der Liegenschaften wird eine gesonderte Urkunde errichtet."

Im Abschnitt B der Vereinbarung vom finden sich die Bestimmungen über den Gesellschaftsvertrag.

2.1. Mit Bescheid vom schrieb das Finanzamt Feldkirch dem Bf. Grunderwerbsteuer im Betrage von 75378 S vor.

2.2. Die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung wurde von der Finanzlandesdirektion für Vbg. mit Bescheid vom , Z 1041-3/1980, als unbegründet abgewiesen.

3.1. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art 144 B-VG gestützte Beschwerde, in der eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Unversehrtheit des Eigentums behauptet und die Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird.

3.2. Die bel. Beh. hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde begehrt.

4. Der VfGH hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

4.1. Der Bf. erachtet sich im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums verletzt.

Mit dem angefochtenen Bescheid wird eine Abgabe vorgeschrieben; er greift somit in das Eigentumsrecht ein. Dieser Eingriff wäre nach der ständigen Judikatur des VfGH (zB VfSlg. 8776/1980, 9014/1981) dann verfassungswidrig, wenn der ihn verfügende Bescheid ohne jede Rechtsgrundlage ergangen wäre oder auf einer verfassungswidrigen Rechtsgrundlage beruhte oder wenn die Behörde bei Erlassung des Bescheides eine verfassungsrechtlich unbedenkliche Rechtsgrundlage in denkunmöglicher Weise angewendet hätte, ein Fall, der nur dann vorläge, wenn die Behörde einen so schweren Fehler begangen hätte, daß dieser mit Gesetzlosigkeit auf eine Stufe zu stellen wäre.

Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die den angefochtenen Bescheid tragenden Rechtsgrundlagen (insbesondere § 1 Abs 1 Z 1, § 3 Z 2 und §§11 und 12 Grunderwerbsteuergesetz 1955 - GrEStG -, § 1 Abs 2 Bewertungsgesetz 1955) macht die Beschwerde nicht geltend; da auch beim VfGH aus Anlaß des vorliegenden Beschwerdefalles solche nicht hervorgekommen sind, ist lediglich zu prüfen, ob die Behörde das Gesetz denkunmöglich angewendet hat.

4.2.1. Der Bf. lastet dies der bel. Beh. aus folgenden Gründen an:

Er habe von seiner Gattin 60 vH ihres Betriebsvermögens, zu dem auch Liegenschaften gehörten, geschenkt erhalten. Betriebsvermögen bilde nach den steuerrechtlichen Bestimmungen ein Sondervermögen; auch ideelle Anteile eines Betriebsvermögens seien steuerrechtlich gesehen eine Einheit wie das Betriebsvermögen als Ganzes. Der Bf. habe mit der Schenkung von 60% des Betriebsvermögens seiner Gattin entgegen der Ansicht der bel. Beh. keine Auflagen übernommen, sondern 60% einer Sachgesamtheit, die nach den Grundsätzen des Steuerrechtes eine Einheit bilde. Er habe durch die Schenkung persönlich auch keine Schulden übernommen, sondern einen Betriebsvermögensanteil, mit dem er einen Kommanditanteil an eine uno actu neu gegründete Gesellschaft leistete. Aus § 18 des Erbschafts- und Schenkungssteuergesetzes 1955 (ErbStG) ergebe sich, daß die Wertermittlung für Erbschaften und Schenkungen in gleicher Weise zu erfolgen habe. Wäre dem Bf. der 60prozentige Anteil des Betriebsvermögens seiner Gattin im Erbwege zugefallen, so wäre das Problem einer Grunderwerbsteuerpflicht nie zur Diskussion gestanden. In § 19 ErbStG sei festgelegt, wie das Vermögen, das Gegenstand eines unentgeltlichen Erwerbes ist, zu bewerten ist. Der VwGH habe mit Erk. vom , Z 1719/67, ausgesprochen, daß die Einheitlichkeit einer Schenkung auch dann nicht verloren gehe, wenn die Bewertung einzelner Vermögensgegenstände nach verschiedenen Bewertungsvorschriften zu erfolgen habe. Da ein und dasselbe Gesetz für den unentgeltlichen Erwerb durch Schenkung und Erbanfall anzuwenden sei, beruhe das Vorgehen der bel. Beh., das von Grundsätzen getragen sei, die beim Erbanfall nicht in Frage kämen, auf einer denkunmöglichen Gesetzeshandhabung.

4.2.2. Die bel. Beh. geht im angefochtenen Bescheid davon aus, daß § 1 Abs 1 Z 1 GrEStG jeden rechtsgeschäftlich begründeten Anspruch auf Übereignung eines inländischen Grundstückes erfasse. Auch der Erwerb einer Gesamtsache (zB Unternehmen), die ein inländisches Grundstück umfasse, führe zur Grunderwerbsteuerpflicht, was sich aus dem Gesetzeswortlaut zweifelsfrei ergebe und auch in Lehre und Rechtsprechung Deckung finde. Wenn der Bf. darauf verweise, daß ein Wechsel der Gesellschafter bei einer OHG oder KG keinen Erwerbsvorgang auslöse, der einer Grunderwerbsteuer unterliege, lasse sich für ihn daraus nichts gewinnen, da die vorliegende Schenkung aus dem Alleinvermögen seiner Gattin stamme. Wohl seien Grundstücksschenkungen unter Lebenden gemäß § 3 Z 2 GrEStG von der Grunderwerbsteuer ausgenommen, auf Schenkungen unter einer Auflage treffe dies nach der gleichen Gesetzesstelle aber nur soweit zu, als der Wert des Grundstückes den Wert der Auflage übersteige. Daraus ergebe sich - wie der VwGH mit Erk. VwSlg. 2172 F/1960 dargetan habe -, daß eine Schenkung dann nicht von der Besteuerung ausgenommen sei, wenn der nach abgabenrechtlichen Bestimmungen ermittelte Wert der Auflage höher sei als der ebenso ermittelte Wert des Grundstückes. Wie der Reichsfinanzhof mit Urteil vom 25. Feber 1930, II A 28/30, RSTBl. S 209, ausgesagt habe, sei unter einer Auflage begrifflich eine dem Beschenkten auferlegte Leistung zu verstehen, die zwar keine vertragliche Gegenleistung bilde, jedoch die Bereicherung des Beschenkten und damit auch die zu erhebende Schenkungssteuer herabmindere. Der VwGH habe sich dieser Auffassung mit Erk. vom , Z 1455/65, ausdrücklich angeschlossen. Werde demnach ein ganzes Unternehmen mit allen Aktiven, zu denen auch Grundstücke gehören, und allen Passiven - gegen oder ohne eine weitere Gegenleistung - übernommen, so bestehe die Gesamtgegenleistung aus den Passiven und einer etwaigen weiteren Gegenleistung. Auf eine von den Parteien gewählte Bezeichnung des Vertrages könne es bei der grunderwerbsteuerrechtlichen Beurteilung hiebei nicht ankommen. Der Bf. habe für den Erwerb des 60prozentigen Anteils am Unternehmen seiner Gattin betriebliche Schulden in einem solchen Ausmaß übernommen, daß durch diese Auflage der anteilige Einheitswert der erworbenen Grundstücksanteile erheblich überstiegen werde. Der als Schenkung deklarierte Übertragungsvorgang stelle sich somit aus grunderwerbsteuerrechtlicher Sicht als entgeltliches Rechtsgeschäft dar, sodaß für die Erhebung einer Schenkungssteuer insoweit kein Raum bleibe. Damit falle aber auf der Grundlage der anteiligen Gegenleistung für den Grunderwerb Grunderwerbsteuer an.

4.2.3. Der VfGH kann nicht finden, daß die bel. Beh. mit diesen Erwägungen das Gesetz denkunmöglich ausgelegt und angewendet hätte. Zunächst übersieht der Bf., daß § 3 Z 2 GrEStG den Grundstückserwerb durch Schenkung von der Besteuerung nicht ausnimmt, wenn er unter einer Auflage erfolgt, deren Wert den Wert des Grundstückes übersteigt. Der VwGH hat in VwSlg. 660 F/1952 ausgesprochen, daß auf derartige gemischte Schenkungen § 11 GrEStG 1940 idF BGBl. 185/1946 anzuwenden ist, da die dort gegebene Aufzählung keine ausschließliche ist; gleichartige Erwägungen sind für § 11 GrEStG 1955 keineswegs ausgeschlossen (in den Materialien zur RV, 556 BlgNR VII. GP, S 10, wird zu § 11 ausgeführt, daß diese Gesetzesbestimmung der bisherigen Regelung entspricht). Der VfGH vermag den Überlegungen der bel. Beh. aber auch durchaus zu folgen, insoweit diese den - Liegenschaftsanteilen und Betriebsvermögensanteile umfassenden - Schenkungsvorgang als teilbar erachtete und damit zu einem anderen Ergebnis kam, als der VwGH in dem vom Bf. zitierten Erk. vom , Z 1719/67; während es sich nämlich in der angesprochenen Entscheidung des VwGH um die Übertragung einer Gesamtsache, die im ideellen Miteigentum mehrerer Personen stand, an eine Personenmehrheit handelte, geht es im vorliegenden Beschwerdefall darum, daß eine Einzelperson ideelle Anteile von in ihrem Alleineigentum stehendem (auch Grundstücke umfassenden) Betriebsvermögen ihrem Gatten überträgt. Die Beurteilung der hier maßgeblichen Frage durch die bel. Beh. ist jedenfalls nicht so fehlerhaft, daß sie in die Verfassungssphäre reichen würde. Ob die Behörde richtig entschieden hat, ist ausschließlich vom VwGH zu beurteilen.

Eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Unversehrtheit des Eigentums liegt somit offensichtlich nicht vor.

4.3. Das Verfahren hat auch nicht ergeben, daß der Bf. in sonstigen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt wurde. Angesichts der Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsgrundlagen ist es auch ausgeschlossen, daß er in seinen Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm verletzt wurde.

Die Beschwerde war daher abzuweisen.