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OGH vom 17.02.2006, 10ObS2/06a

OGH vom 17.02.2006, 10ObS2/06a

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger und Dr. Hoch sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Dr. Wolfgang Höfle (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Dr. Vera Moczarski (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Elfriede Q*****, Pensionistin, *****, im Revisionsverfahren nicht vertreten, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, 1021 Wien, Friedrich-Hillegeist-Straße 1, vertreten durch Dr. Vera Kremslehner und andere Rechtsanwälte in Wien, wegen Witwenpension, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 11 Rs 53/05a-10, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Steyr als Arbeits- und Sozialgericht vom , GZ 30 Cgs 193/04d-6, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass die Entscheidung zu lauten hat:

„Das Klagebegehren, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei eine Witwenpension im gesetzlichen Ausmaß ab dem zu bezahlen, wird abgewiesen."

Text

Entscheidungsgründe:

Die zwischen der Klägerin und Franz Q***** am geschlossene Ehe wurde mit Beschluss des Landes- (früher: Kreis-)gerichtes Steyr vom , 3 Cg 89/84, im Einvernehmen geschieden. Im Scheidungsvergleich verzichteten die Ehegatten wechselseitig auf jeden Unterhalt, auch für den Fall der Not. Die Scheidung erfolgte auf Grund finanzieller Schwierigkeiten (Schulden) beider Ehegatten, wobei man sich eine Besserung der finanziellen Lage erhoffte. Die Ehegatten lebten auch nach der Scheidung weiterhin in einer Lebensgemeinschaft, die bis zum Tod des Franz Q***** am dauerte. Franz Q***** leistete der Klägerin nach der Scheidung „Unterhaltszahlungen" in unterschiedlicher Höhe von zunächst S 2.000,-- (= EUR 145,34) bis zuletzt EUR 500,-- monatlich. Die Zahlungen erfolgten in bar jeweils am Monatsende, wenn die Pension des Franz Q***** auf seinem Konto eingelangt war. Im Dezember 2003 wurde ein Dauerauftrag zur Überweisung von EUR 500,-- monatlich auf das Konto der Klägerin eingerichtet. Diese „Unterhaltszahlungen" wurden von der Klägerin für die Bezahlung von Lebensmitteln und für ihre persönlichen Bedürfnisse wie beispielsweise Kleidung verwendet. Vom Konto des Verstorbenen wurden monatlich Miete, Strom und Gas für die gemeinsame Wohnung abgebucht. Die Klägerin ging nach ihrer Scheidung nur fallweise einer Berufstätigkeit als geringfügig Beschäftigte nach und erzielte dadurch nur ein geringes Einkommen. So verdiente sie in der Zeit vom bis bei einer Reinigungsfirma (zuletzt) EUR 171,05 brutto (monatlich). Mit Bescheid vom lehnte die beklagte Pensionsversicherungsanstalt den Antrag der Klägerin vom auf Gewährung der Witwenpension mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 258 Abs 4 ASVG ab, weil zum Zeitpunkt des Todes des Versicherten Franz Q***** keine gerichtliche oder vertragliche Unterhaltsverpflichtung bestanden habe und der Versicherte der Klägerin auch tatsächlich keinen Unterhalt geleistet habe. Dagegen erhob die Klägerin fristgerecht Klage mit dem Begehren auf die abgelehnte Leistung im gesetzlichen Ausmaß ab . Auch wenn sie im Zuge der Scheidung formell auf Unterhalt verzichtet habe, so habe sie von ihrem geschiedenen Ehegatten auch nach der Scheidung laufende Unterhaltszahlungen von zumindest monatlich S 2.000,-- erhalten. Ab Jänner 2003 habe sie von ihm monatlich EUR 500,-- zur Finanzierung des gemeinsamen Lebens bekommen. Sämtliche laufenden Ausgaben wie Miete, Strom und TV-Gebühren seien schon immer von ihm bezahlt worden. Das Bargeld habe zur Abdeckung der Kosten für die Einkäufe für den gemeinsamen Haushalt, aber auch zur Finanzierung ihrer Kleidung und ihrer persönlichen Dinge gedient. Zuletzt sei sie bei der Firma H***** von September 2001 bis Jänner 2003 teilzeitbeschäftigt gewesen, wo sie durchschnittlich EUR 500,-- netto monatlich verdient habe.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Eine bloße Lebensgemeinschaft mit dem Versicherten begründe, auch wenn sie dem typischen Erscheinungsbild des Zusammenlebens von Ehepartnern entspreche, nach dem Tod des Versicherten keinen Anspruch auf Witwenpension. Dies gelte auch für geschiedene Ehepartner, die nach der Scheidung so wie vorher weiter zusammen leben. Die Klägerin habe selbst im Verfahren über die Gewährung einer Ausgleichszulage angegeben, dass sie keinen Unterhaltsanspruch gegen ihren geschiedenen Ehegatten habe und von ihm keinen Unterhalt beziehe. Im Übrigen würde eine tatsächliche Unterhaltsgewährung nach der Ehescheidung ohne vorherige Vereinbarung keinen Anspruch auf Witwenpension begründen.

Das Erstgericht gab ausgehend vom eingangs wiedergegebenen Sachverhalt dem Klagebegehren dem Grunde nach statt und trug der beklagten Partei bis zur Erlassung des die Höhe der Leistung festsetzenden Bescheides eine vorläufige Zahlung von EUR 500,-- monatlich ab auf.

In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht im Wesentlichen aus, dass die Klägerin die von ihrem geschiedenen Ehegatten geleisteten „Unterhaltszahlungen" für die Bezahlung von Lebensmitteln und Kleidung verwendet habe. Die Klägerin habe selbst kein bzw nur ein sehr geringes Einkommen von brutto EUR 171,50 (monatlich) gehabt. Weiters sei zu berücksichtigen, dass die Kosten für Wohnung und die damit verbundenen Kosten für Heizung usw ebenfalls von Franz Q***** getragen worden seien und als Unterhaltsleistung im Sinn der Befriedigung der notwendigen und üblichen materiellen menschlichen Bedürfnisse angesehen werden müssten. Ein Unterhaltsbedarf der Klägerin sei daher jedenfalls gegeben. Dass die Unterhaltszahlungen von Franz Q***** in unterschiedlicher Höhe erfolgt seien, stehe dem Anspruch der Klägerin auf Witwenpension nicht entgegen. Gemäß § 89 Abs 2 ASGG sei der beklagten Partei die Erbringung einer vorläufigen Zahlung in Höhe von EUR 500,-- monatlich (§ 273 Abs 1 ZPO) aufzutragen.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der beklagten Partei nur insoweit Folge, als es die Höhe der von ihr zu erbringenden vorläufigen Zahlung auf EUR 300,-- monatlich herabsetzte. In seinen Rechtsausführungen vertrat das Berufungsgericht im Wesentlichen die Auffassung, der Oberste Gerichtshof habe zwar in seiner Entscheidung 10 ObS 370/01m (= SSV-NF 16/41) für den Fall, dass die Klägerin und ihr geschiedener Ehegatte beiderseits Leistungen für das gemeinsame Leben erbracht, wie Lebensgefährten gemeinsam gewirtschaftet und demnach auch ihre Einkünfte miteinander geteilt haben, die Ansicht vertreten, es könne in diesem Fall nicht davon ausgegangen werden, dass einer der Parteien regelmäßig dem anderen bewusst Leistungen zum Zwecke der Abdeckung von dessen Unterhalt erbracht hätte, sodass die Erbringung von Leistungen der Partner in einer Lebensgemeinschaft nicht die von § 258 Abs 4 lit d ASVG für einen Anspruch auf Witwenpension geforderten Voraussetzungen erfülle. Der dieser Entscheidung zugrundeliegende Sachverhalt sei jedoch mit dem vorliegenden nicht vergleichbar, weil die Klägerin von ihrem geschiedenen Ehegatten nicht nur monatliche Zahlungen erhalten habe, mit denen sie den Einkauf von Lebensmitteln und ihrer persönlichen Sachen finanziert habe, sondern ihr geschiedener Ehegatte auch die Miete, den Strom und das Gas für die gemeinsame Wohnung monatlich bezahlt habe. Damit habe aber der geschiedene Ehegatte der Klägerin geldwerte Leistungen zur Deckung ihres Unterhaltsbedarfes erbracht. Ob und in welcher Höhe die Klägerin ein eigenes Einkommen gehabt habe, sei rechtlich nicht relevant, weil es nicht darauf ankomme, ob sie rechtlich einen Unterhaltsanspruch hätte. Dass die Klägerin mit ihrem fallweise erzielten Einkommen selbst Leistungen für das gemeinsame Leben erbracht habe, lasse sich dem festgestellten Sachverhalt nicht entnehmen.

Es sei zwar richtig, dass nicht jene geldwerten Leistungen des geschiedenen Ehegatten an die Klägerin, mit denen sein „Anteil" an den Kosten der gemeinsamen Lebensführung beglichen worden sei, sondern nur jene, mit denen der Unterhaltsbedarf der Klägerin gedeckt worden sei, als Unterhaltsleistung im Sinn des § 258 Abs 4 lit d ASVG angesehen werden könnten; es finde aber die Rechtsprechung, wonach die Unterhaltshöhe aus dem Titel bestimmt und leicht bestimmbar hervorgehen müsse, nur auf die Tatbestände des § 258 Abs 4 lit a bis c ASVG, nicht aber auch auf den Tatbestand des § 258 Abs 4 lit d ASVG Anwendung. Berechtigt seien allerdings die Berufungsausführungen der beklagten Partei zur Höhe der vorläufigen Zahlung. Da derzeit nur feststehe, dass die Klägerin neben dem von ihrem geschiedenen Ehegatten bezahlten Kosten für die Wohnung (Miete, Strom, Gas) einen monatlichen Bargeldbetrag zwischen EUR 145,34 und EUR 500,-- als weitere Unterhaltszahlung erhalten habe, erscheine unter Anwendung des § 273 ZPO die Festsetzung der vorläufigen Zahlung im Ausmaß von EUR 300,-- monatlich für angemessen.

Das Berufungsgericht erklärte die ordentliche Revision gegen seine Entscheidung für zulässig, weil der Oberste Gerichtshof in seinen Entscheidungen 10 ObS 70/02w und 10 ObS 370/01m unterschiedliche Auffassungen dazu vertreten habe, ob es sich bei der Frage nach den tatsächlich geleisteten „Unterhaltszahlungen" um eine Beweis- oder eine Rechtsfrage handle.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision der beklagten Partei wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne einer Abweisung des Klagebegehrens abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Die Klägerin hat keine Revisionsbeantwortung erstattet.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, weil das Berufungsgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abgewichen ist. Sie ist auch berechtigt.

Die Revisionswerberin macht im Wesentlichen geltend, die Erbringung von Leistungen der geschiedenen Partner in einer Lebensgemeinschaft erfülle von vornherein nicht die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Witwenpension. Die Annahme von konkludenten Unterhaltszahlungen bei Lebensgemeinschaften würde ein vielfältiges Betätigungsfeld an Umgehungsmöglichkeiten zu Lasten der Sozialversicherungsträger eröffnen. Da unstrittig sei, dass die geschiedenen Ehegatten eine Lebensgemeinschaft geführt haben, der geschiedene Ehegatte danach jedenfalls Naturalleistungen erbracht und die Klägerin selbst bereits seit eine eigene Pensionsleistung samt Ausgleichszulage in Richtsatzhöhe bezogen habe, hätte sich das Berufungsgericht jedenfalls mit dem Bestehen eines Unterhaltsbedarfes der Klägerin auseinandersetzen müssen. Das Berufungsgericht hätte feststellen müssen, dass die Klägerin schon auf Grund des Bezuges ihrer Pensionsleistung samt Ausgleichszulage im relevanten Zeitraum von einem Jahr vor dem Tod des geschiedenen Ehegatten ein Mindesteinkommen bezogen habe, welches sie in die Lage versetzt habe, den notwendigen Unterhalt aus eigenem Einkommen zu bestreiten. Die objektive Beweislast für tatsächliche und regelmäßige Zahlungen, welche darüber hinaus zur Deckung des persönlichen Unterhaltes geleistet worden seien, treffe die Klägerin. Diese habe im Verfahren zur Erlassung einer Ausgleichszulage selbst angegeben, keinen Unterhaltsanspruch gegen ihren geschiedenen Ehegatten zu haben und von ihm keine Unterhaltsleistungen zu erhalten. Sollte sich die Unrichtigkeit dieser Angaben der Klägerin herausstellen, wäre sie mit einer Rückforderung nicht gebührender Ausgleichszulage ab Pensionsbeginn zu konfrontieren.

Diesen Ausführungen kommt im Ergebnis Berechtigung zu. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass ein möglicher Anspruch der Klägerin auf Witwenpension mit Erfolg nur auf den Rechtsgrund des § 258 Abs 4 lit d ASVG gestützt werden kann, weil die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Witwenpension nach den Tatbeständen des § 258 Abs 4 lit a bis c ASVG zweifellos nicht vorliegen.

Nach § 258 Abs 4 lit d ASVG gebührt die Witwenpension auch dem früheren Ehepartner des Versicherten, wenn ihm dieser zur Zeit seines Todes Unterhalt (einen Unterhaltsbeitrag) geleistet hat, und zwar regelmäßig zur Deckung des Unterhaltsbedarfes ab einem Zeitpunkt nach der Rechtskraft der Scheidung bis zu seinem Tod, mindestens während der Dauer des letzten Jahres vor seinem Tod, wenn die Ehe mindestens 10 Jahre gedauert hat. Durch diese Regelung sollte - um Härtefälle zu vermeiden - ein Anspruch auf Hinterbliebenenpension auch dann entstehen, wenn für eine bestimmte Zeit nachweislich bis zum Tod des Versicherten regelmäßig tatsächlich Unterhalt geleistet worden ist (SSV-NF 9/25 ua).

Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes ist der Begriff des Unterhaltsbedarfes in § 258 Abs 4 lit d ASVG einschränkend dahin auszulegen, dass es nur auf den faktischen (tatsächlichen) Leistungsbetrag, nicht aber auf einen - gar nicht weiter zu prüfenden - rechtlichen Anspruch auf Unterhalt ankommt, sofern nur ein Unterhaltsbedarf besteht (SSV-NF 16/37 mwN ua; RIS-Justiz RS0108427, RS0108428). Sowohl der Gesetzeswortlaut des § 258 Abs 4 lit d ASVG als auch die Gesetzesmaterialien stellen darauf ab, dass die erbrachten Leistungen einen Unterhaltsbedarf decken müssen. Unterhalt dient nach der Rechtsprechung der Befriedigung der notwendigen und üblichen materiellen menschlichen Bedürfnisse, insbesondere jener nach Nahrung, Kleidung und Wohnung, Heizung und Stromversorgung, Hygiene, medizinische Betreuung und der übrigen Bedürfnisse wie etwa nach Erholung, Religionsausübung, Kultur- und Freizeitgestaltung, Benützung von Kommunikations- und Massenmedien uä (Schwimann/Ferrari in Schwimann, ABGB3 § 94 Rz 1 mwN). Wesentlich ist dabei, dass einer der beiden (geschiedenen) Ehegatten dem anderen geldwerte Leistungen erbringt, um die Erfüllung dessen genannter Bedürfnisse zu gewährleisten (SSV-NF 16/41). Die Maßgeblichkeit der „Deckung des Unterhaltsbedarfes" laut § 258 Abs 4 lit d ASVG berührt daher diejenigen Fälle, in denen Leistungen erbracht werden, die nicht Unterhaltscharakter haben, sondern anderen Zwecken dienen (SSV-NF 16/37, 16/41). Da die Hinterbliebenenpension an einen geschiedenen Ehepartner Ersatz für den Entfall der Unterhaltsleistungen des früheren Ehepartners sein soll, können auch nur Leistungen, die Unterhaltscharakter haben, zur Begründung eines Witwenpensionsanspruches führen (SZ 2002/139 mwN). Dabei betrifft die Frage, ob der verstorbene Versicherte mindestens während der Dauer des letzten Jahres vor seinem Tod tatsächlich regelmäßige Zahlungen an seinen geschiedenen Ehegatten geleistet hat, eine vom Revisionsgericht nicht mehr überprüfbare Beweisfrage. In diesem Sinne sind auch die Ausführungen in der vom Berufungsgericht zitierten Entscheidung 10 ObS 70/02w (= SSV-NF 16/22) zu verstehen. Dem gegenüber stellt die Frage, ob vom verstorbenen Versicherten zur Deckung des Unterhaltsbedarfes des geschiedenen Ehegatten regelmäßig Unterhalt geleistet wurde, nach zutreffender Rechtsansicht des Berufungsgerichtes eine Rechtsfrage dar, die auch vom Obersten Gerichtshof im Revisionsverfahren überprüft werden kann. Geht ein Unterhaltsberechtigter eine Lebensgemeinschaft mit einem neuen Partner ein, nimmt die ständige Rechtsprechung das Ruhen des Unterhaltsanspruches gegenüber dem geschiedenen Ehegatten an. Das Ruhen des Unterhaltsanspruches wird aus der Sittenwidrigkeit eines Unterhaltsbegehrens bei Lebensgemeinschaft (und nicht der Lebensgemeinschaft an sich) gefolgert (keine Besserstellung von bloßen Lebensgefährten gegenüber Wiederverheirateten). Eine tatsächliche Unterhaltsgewährung durch den Lebensgefährten wird nicht verlangt, es wird allerdings widerlegbar vermutet, dass die Lebensgefährten gemeinsam wirtschaften und deshalb ihre Einkünfte teilen (Koch in KBB § 75 EheG Rz 2 mwN).

Im vorliegenden Fall ist unstrittig davon auszugehen, dass die Klägerin und ihr geschiedener Ehegatte, die bei der Scheidung wechselseitig auf jeden Unterhalt verzichtet haben, nach der Scheidung bis zum Tod des Versicherten in einer (nichtehelichen) Lebensgemeinschaft gelebt haben. Entscheidungswesentlich ist daher die Frage, ob die Erbringung von Leistungen durch die geschiedenen Ehegatten in einer (nichtehelichen) Lebensgemeinschaft die von § 258 Abs 4 lit d ASVG für einen Anspruch auf Witwenpension geforderten Voraussetzungen erfüllen kann.

Auszugehen ist davon, dass ein (bloßer) Lebensgefährte bei Tod des Versicherten keinen Anspruch auf Hinterbliebenenpension hat, da die Hinterbliebenenpension, wie bereits erwähnt, Ersatz für den Entfall einer Unterhaltsleistung sein soll und eine Unterhaltsverpflichtung unter Lebensgefährten nicht besteht. Auch wenn daher im Unterhaltsbereich der Grundsatz der finanziellen Eigenverantwortlichkeit eines jeden Lebensgefährten gilt und ein Lebensgefährte - anders als ein Ehepartner - nicht gesetzlich zum Unterhalt verpflichtet ist, so ist doch bis zum Beweis des Gegenteiles davon auszugehen, dass Lebensgefährten gemeinsam wirtschaften und demnach auch ihre Einkünfte miteinander teilen (10 ObS 185/01f; SZ 70/225 ua). Auch die (nichteheliche) Lebensgemeinschaft setzt nämlich im Allgemeinen das Bestehen einer Geschlechts-, Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft voraus. Diese typischen Merkmale müssen zwar grundsätzlich kumulativ vorliegen, doch kann das eine oder andere Merkmal auch weniger ausgeprägt sein oder im Einzelfall sogar ganz fehlen. Von einer Wirtschaftsgemeinschaft spricht die Judikatur insbesondere dann, wenn die Lebensgefährten die Bedürfnisse des täglichen Lebens auf gemeinsame Rechnung bestreiten, dh die Mittel zur Haushaltsführung gemeinschaftlich aufwenden, oder einer auch für den Lebensunterhalt des anderen aufkommt (vgl 3 Ob 204/99t mwN).

In der in SSV-NF 8/124 veröffentlichten Entscheidung hat der Oberste Gerichtshof ausgesprochen, dass ein Witwenpensionsanspruch nach § 258 Abs 4 lit d ASVG grundsätzlich auch dann bestehen kann, wenn der geschiedene Ehegatte seiner geschiedenen Frau nach der Scheidung der Ehe im Rahmen einer (nichtehelichen) Lebensgemeinschaft tatsächlich Unterhalt geleistet hat. Die (damalige) Klägerin erhielt von ihrem geschiedenen Ehegatten, mit dem sie weiterhin in einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft lebte und der die gesamten laufenden Lebenshaltungskosten (Miete, Strom, Gas und Nahrungsmittel) beider Lebensgefährten finanzierte, nach der Scheidung darüber hinaus weiterhin einen monatlichen Geldbetrag von S 3.000,--, der eindeutig als Unterhalt gewidmet war. In der bereits vom Berufungsgericht zitierten Entscheidung SSV-NF 16/41 war ebenfalls ein Witwenpensionsanspruch der (damaligen) Klägerin, die nach der Scheidung mit ihrem geschiedenen Ehegatten weiterhin in Lebensgemeinschaft lebte, zu beurteilen. Nach den damals maßgebenden Feststellungen wurden die gemeinsamen Lebenshaltungskosten sowie der sonstige persönliche Bedarf aus dem Einkommen der beiden geschiedenen Ehegatten bestritten. In diesem Fall gelangte der erkennende Senat zu dem Ergebnis, dass die (damalige) Klägerin und ihr geschiedener Mann in einer bestimmten Gestaltung beiderseits Leistungen für das gemeinsame Leben erbracht haben, wie eben Lebensgefährten gemeinsam wirtschaften und demnach auch ihre Einkünfte miteinander teilen. Die Erbringung von Leistungen der Partner einer Lebensgemeinschaft nach geschiedener Ehe, in die beide ihren Verdienst zur Tragung der gemeinsamen Kosten einbringen, erfülle aber nicht die von § 258 Abs 4 lit d ASVG für einen Anspruch auf Witwenpension geforderten Voraussetzungen, weil insbesondere nicht die Gestaltung, aus welchem Einkommen der beiden Partner einer Lebensgemeinschaft bestimmte Kosten zur Abdeckung der materiellen Bedürfnisse beglichen werden, dafür ausschlaggebend sein könne, dass einer der beiden Partner Leistungen mit Unterhaltscharakter erbringe, der andere aber nicht (SSV-NF 16/41).

Ausgehend von dieser Rechtsansicht, an der weiterhin festzuhalten ist, liegt aber auch im gegenständlichen Fall keine taugliche Rechtsgrundlage für einen Anspruch der Klägerin auf Witwenpension gemäß § 258 Abs 4 lit d ASVG vor. Auch im vorliegenden Fall ist nämlich auf Grund der getroffenen Feststellungen und der unstrittigen Aktenlage davon auszugehen, dass die Klägerin mit ihrem Einkommen aus Alterspension und Ausgleichszulage (vgl dazu die in dem vom Erstgericht verlesenen Pensionsakt erliegenden Bescheide der beklagten Partei) sowie ihr geschiedener Ehegatte mit seinem Pensionseinkommen die Kosten der gemeinsamen Lebensführung jedenfalls während des maßgebenden Zeitraumes des letzten Jahres vor dem Tod des geschiedenen Ehegatten getragen haben, wobei nach dem eigenen Prozessvorbringen der Klägerin auch davon auszugehen ist, dass sie auch den gemeinsamen Haushalt mit ihrem bereits kranken Lebensgefährten geführt hat. Allein der Umstand, dass von dem nach der Aktenlage etwas höheren (Pensions-)Einkommen des geschiedenen Ehegatten der Klägerin auch ein größerer Teil der laufenden Lebenshaltungskosten bestritten wurde, rechtfertigt nach den dargelegten Grundsätzen noch nicht die Annahme des Berufungsgerichtes, diese Zahlungen seien als „Unterhaltsleistung" zu qualifizieren. Wirtschaften nämlich Lebensgefährten bloß aus einem gemeinsamen Topf, so liegen keine Unterhaltsleistungen vor und es sind in diesem Fall auch die Voraussetzungen nach § 258 Abs 4 lit d ASVG nicht erfüllt (SSV-NF 16/41; vgl dazu auch Heckenast, Zum Anspruch auf Witwenpension von Geschiedenen gemäß § 258 Abs 4 lit d ASVG, DRdA 2003, 78 ff). Dass auch die Klägerin selbst die von ihr nunmehr vorgebrachten Zahlungen ihres geschiedenen Ehegatten ganz offenbar als dessen Beitrag im Rahmen des gemeinsamen Wirtschaftens in der (nichtehelichen) Lebensgemeinschaft und nicht als nacheheliche Unterhaltsleistung trotz gegenseitigen Unterhaltsverzichtes angesehen hat, zeigt schließlich auch der Umstand, dass die Klägerin, wie die beklagte Partei bereits im Verfahren erster Instanz mit Recht geltend gemacht hat, in einem Fragebogen zur Gewährung einer Ausgleichszulage am ausdrücklich angegeben hat, dass sie keinen Unterhaltsanspruch gegen ihren geschiedenen Ehegatten habe und von diesem auch keine Unterhaltszahlung erhalte. Von einer Widmung als „Unterhaltsleistung" im Sinne der erwähnten Entscheidung SSV-NF 8/124 kann daher keine Rede sein.

Es waren daher in Stattgebung der Revision der beklagten Partei die Urteile der Vorinstanzen im Sinne einer Abweisung des Klagebegehrens abzuändern.

Eine Kostenentscheidung hatte zu unterbleiben, weil Kosten zutreffend nicht verzeichnet wurden.