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OGH vom 26.02.2019, 11Os160/18s

OGH vom 26.02.2019, 11Os160/18s

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab als Vorsitzenden sowie die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger und Mag. Fürnkranz und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl als weitere Richter in Gegenwart der FOI Bayer als Schriftführerin in der Strafsache gegen Ertan Ö***** wegen des Verbrechens der schweren Körperverletzung nach § 15, 84 Abs 4 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Schöffengericht vom , GZ 40 Hv 99/18k-16, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit der Vertreterin der Generalprokuratur, Generalanwältin MMag. Jenichl, des Angeklagten und dessen Verteidigers Dr. Hrubesch zu Recht erkannt:

Spruch

In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, in der Nichtvornahme der Subsumtion nach § 83 Abs 1, Abs 3 StGB sowie demgemäß im Strafausspruch aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht Salzburg verwiesen.

Mit ihrer Berufung wird die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung verwiesen.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Ertan Ö***** des Verbrechens der schweren Körperverletzung nach § 15 Abs 1, 84 Abs 4 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er am in S***** „den O-Busfahrer Kurt H***** dadurch, dass er sich zunächst in äußerst kurzer Distanz vor ihm aufgestellt, beinahe bis zur Rückenlage Schwung geholt und ihm sodann einen heftigen Kopfstoß auf die Stirn versetzt hat, wodurch dieser eine Prellung am Kopf erlitt, eine schwere Körperverletzung zuzufügen versucht“.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 10 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft.

Sie strebt einen Schuldspruch des Angeklagten auch nach § 83 Abs 1, Abs 3 StGB an und geht mit methodisch korrekter Begründung zutreffend davon aus, dass diese strafbare Handlung mit § 84 Abs 4 StGB (weil kein Scheinkonkurrenztypus zutrifft) echt konkurriert (vgl Tipold PK-StGB § 84 Rz 22; siehe zum Verhältnis echter Konkurrenz zwischen § 84 Abs 4 StGB und der § 83 Abs 3 StGB vergleichbaren Bestimmung des § 84 Abs 2 StGB auch Burgstaller/Fabrizy in WK² StGB § 84 Rz 104, Leukauf/Steininger/Nimmervoll StGB4§ 84 Rz 69 sowie 13 Os 111/18z).

Nach den wesentlichen Urteilsannahmen war Ö***** mit seinem Moped hinter dem von H***** gelenkten O-Bus. Als dieser in eine Haltestelle schwenkte, um Fahrgäste aussteigen zu lassen, fuhr der Angeklagte sein Fahrzeug zwischen den dort befindlichen Pollern auf den Gehsteig und äußerst knapp an den aussteigenden Passagieren vorbei. Daraufhin stieg H***** aus, um Ö***** zur Rede zu stellen und verständigte die Polizei. Unmittelbar darauf kam der Angeklagte auf H***** zu und versetzte ihm
– unter billigender Inkaufnahme einer schweren Kopfverletzung des Opfers, deren Eintritt er ernstlich für möglich hielt – mit einer nach hinten ausholenden Bewegung einen starken Kopfstoß in Richtung Stirn, wodurch dieser eine Prellung am Kopf erlitt (US 2).

Wie die Anklagebehörde richtig darstellt, umfasst die Lenkung eines Beförderungsmittels einer dem öffentlichen Verkehr dienenden Anstalt (hier eines Linienbusses; vgl Burgstaller/Fabrizy in WK² StGB § 83 Rz 42 und Jerabek/Ropper in WK² StGB § 91a Rz 9 f) neben der Inbetriebnahme auch mit dem Betrieb regelmäßig verbundene Tätigkeiten. Buslenker tragen die Verantwortung für die sichere Beförderung der Passagiere und bleiben auch während fahrplanmäßiger Aufenthalte geschützt, sofern sie weiterhin für Fahrzeug und Passagiere (mit-)verantwortlich sind (Jerabek/Ropper in WK² StGB § 91a Rz 21 f).

Auf Grundlage der getroffenen Feststellungen beging der Angeklagte die Körperverletzung an H***** demnach (zumindest) während der Ausübung dessen Tätigkeit als Busfahrer.

Unter Bezugnahme auf das festgestellte äußere Tatgeschehen sowie die (mit Fundstelle bezeichnete) Einlassung des Angeklagten vermisst die Beschwerde zu Recht dadurch indizierte, vom Erstgericht aber unterlassene Feststellungen zur subjektiven Tatseite, die einen Schuldspruch wegen des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1, Abs 3 StGB auch in subjektiver Hinsicht tragen.

Demnach war – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt zu bleiben hatte, in der Nichtvornahme der Subsumtion nach § 83 Abs 1, Abs 3 StGB sowie demgemäß im Strafausspruch aufzuheben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht Salzburg zu verweisen.

Mit ihrer Berufung war die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung zu verweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO (Lendl, WKStPO § 390a Rz 7; RISJustiz RS0101342).

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2019:0110OS00160.18S.0226.000

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