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VfGH vom 15.03.2000, B2767/97

VfGH vom 15.03.2000, B2767/97

Sammlungsnummer

15766

Leitsatz

Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch Verhängung von Verwaltungsstrafen über Anbieter von Kursen zur Heilpraktikerausbildung wegen Verstoßes gegen das AusbildungsvorbehaltsG; kein Verstoß gegen Gemeinschaftsrecht; Unabhängiger Verwaltungssenat kein vorlagepflichtiges Gericht

Spruch

Die Beschwerdeführer sind durch die angefochtenen Bescheide weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.

Die Beschwerden werden abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Der Beschwerdeführer zu B2767/97 wurde mit Berufungsbescheid des unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom , UVS-06/46/00491/97, wegen Übertretung des § 1 Abs 1 des Bundesgesetzes, mit dem die Ausbildung zu Tätigkeiten, die durch Rechtsvorschriften auf dem Gebiet des Gesundheitswesens geregelt sind, hiezu nicht berechtigten Einrichtungen untersagt wird (Ausbildungsvorbehaltsgesetz), BGBl. Nr. 378/1996, gemäß § 2 des genannten Gesetzes zu einer Geldstrafe verurteilt.

Das Tatbild wurde wie folgt umschrieben:

"Sie haben als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit zur Vertretung nach außen Berufener der D GmbH mit Sitz in 80331 München, ..., zu verantworten, daß diese Gesellschaft am in den Studienräumen der Schule in Wien 4., ..., insoferne gegen die Bestimmung des § 1 des Ausbildungsvorbehaltsgesetzes, BGBl. Nr. 378/1996, verstoßen hat, als

1) eine Lehrveranstaltung zur Ausbildung zum Heilpraktiker (Kollegstufe I) abgehalten wurde, die den Unterricht über klinische Symptome und Therapien verschiedener Krankheitsbilder, also die Anleitung zu diagnostischen und therapeutischen Tätigkeiten, die nach den Bestimmungen des Ärztgesetzes Ärzten vorbehalten sind, enthielt,

2) Anmeldeformulare für Sonderseminare für 'Homöopathie Gesamtausbildung', 'Homöopathie I', 'Homöopathie II' und 'Homöopathie III' auflagen, in denen als Ziel dieser dreistufigen Ausbildung 'durch selbständige Durchführung von Anamnese und Repertorisation das selbständige 'Simile' für den Patienten problemlos zu finden, das heißt die Form der anzuwendenden homöopathischen Behandlung zu finden, genannt wird. Ferner Prospekte auflagen, durch welche für die Ausbbildung zum 'qualifizierten Therapeuten für TCM-Akupunktur', zum 'qualifizierten Bachblüten-Therapeuten', zum 'qualifizierten Therapeuten für Chiropraktik', zum 'qualifizierten Therapeuten für cranioscrale Körpertherapie', zum 'qualifizierten Therapeuten für Homöopathie', zum 'qualifizierten Massagetherapeuten' und zum 'qualifizierten Hypnosetherapeuten' sowie eine Ausbildung in Imaginations- und Entspannungsmethoden geworben wurde, durch welche der Teilnehmer befähigt wird, Krankheiten zu erkennen und zu behandeln.'"

Der Unabhängige Verwaltungssenat vertrat in der Begründung des Bescheides die Auffassung, daß sich schon aus dem Wortlaut des § 1 Abs 1 des Ausbildungsvorbehaltsgesetzes ergebe, daß nicht nur die Ausbildung zum Beruf eines Arztes, Dentisten, Krankenpflegers etc. vom Verbot des § 1 Abs 1 leg. cit. erfaßt werden solle, sondern die Ausbildung zu (einzelnen) "Tätigkeiten", die den betreffenden Gesetzen (§1 Abs 1 Z 1 bis 8 Ausbildungsvorbehaltsgesetz) geregelt seien. Diesen sei gemeinsam, daß darin jeweils bestimmte Tätigkeiten bestimmten Berufsgruppen vorbehalten würden. Es handle sich dabei um Tätigkeiten, die bei sonstiger Strafbarkeit von keiner anderen Person als von solchen, die nach den genannten Rechtsvorschriften ausgebildet und zur Ausübung dieser Tätigkeit befugt sei, ausgeübt werden dürften. Auch die Gesetzesmaterialien brächten zum Ausdruck, daß den in zunehmenden Maße angebotenen "Heilpraktikerausbildungen" entgegengewirkt werden sollte.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die zu B2767/97 erhobene Beschwerde.

2. Derselbe Beschwerdeführer wurde wegen Übertretung der genannten Gesetzesbestimmungen auch mit Berufungsbescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom , UVS-06/18/0317/98 (angefochten zu B1185/98), ferner mit Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Vorarlberg vom , 1-0692 bis 1-0694/97/E2 (angefochten zu B1814/98), sowie mit Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom , UVS-06/42/0528/98 (angefochten zu B2205/98), wegen im Wesentlichen gleichartiger Vorgänge bestraft.

Gegen diese Bescheide richten sich die zu den genannten Zahlen protokollierten weiteren Beschwerden.

3. Der Beschwerdeführer zu B2356/98 wurde mit Berufungsbescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Salzburg vom , UVS-5/988/2-1998, wegen Übertretung gemäß §§1 und 2 des Ausbildungsvorbehaltsgesetzes zu einer Geldstrafe verurteilt. Auch ihm wurde vorgeworfen, daß er es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als das gemäß § 9 Verwaltungsstrafgesetz zur Vertretung nach außen berufene Organ einer näher bezeichneten GesmbH zu verantworten habe, daß von dieser Gesellschaft zumindest von Ende April 1997 bis an einem näher bezeichneten Standort in Salzburg Kurse zur Ausbildung in klassischer Homöopathie mit Kursort in Salzburg angeboten worden seien, wobei unter anderem Lehrinhalte, wie die Behandlung akuter oder chronischer Krankheiten usw. vermittelt worden seien, obwohl die Ausbildung zu Tätigkeiten, die durch das Ärztegesetz geregelt seien, ausschließlich dafür vorgesehenen Einrichtungen obliege. Das Anbieten oder Vermitteln solcher Ausbildungen durch andere Personen oder Einrichtungen sei verboten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die zu B2356/98 protokollierte Beschwerde.

4. Der Beschwerdeführer zu B321/99 wurde mit Berufungsbescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für Kärnten vom , KUVS-1009/2/98, wegen Übertretung der genannten Bestimmung des Ausbildungsvorbehaltsgesetzes zu einer Geldstrafe verurteilt. Er habe es als Geschäftsführer und somit als das gemäß § 9 VStG zur Vertretung nach außen berufene Organ einer näher bezeichneten GesmbH zu verantworten, daß in einer näher bezeichneten Zeitschrift ein Inserat veröffentlicht worden sei, wonach die GesmbH einen Ausbildungslehrgang zum qualifizierten Naturpraktiker bzw. Heilpraktiker angeboten habe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die zu B321/99 erhobene Beschwerde.

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat für Wien, der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Vorarlberg, der Unabhängige Verwaltungssenat Salzburg und der Unabhängige Verwaltungssenat für Kärnten legten die Verwaltungsakten vor, nahmen von der Erstattung einer Gegenschrift jedoch Abstand.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat nach Verbindung der Beschwerdesachen zu gemeinsamer Beratung und Entscheidung erwogen:

1. § 1 des Ausbildungsvorbehaltsgesetzes, BGBl. Nr. 378/1996, lautet:

"§1. Die Ausbildung zu Tätigkeiten, die durch das

1. Bundesgesetz über die Ausübung des ärztlichen Berufes und die Standesvertretung der Ärzte (Ärztegesetz 1984 - ÄrzteG 1984), BGBl. Nr. 373/1984,

...

jeweils in der geltenden Fassung, geregelt sind, obliegt ausschließlich den nach diesen Bundesgesetzen dafür vorgesehenen Einrichtungen. Das Anbieten oder Vermitteln solcher Ausbildungen durch andere Personen oder Einrichtungen ist verboten.

(2) Der Versuch ist strafbar. Werbung gilt als Versuch."

Durch BGBl. I Nr. 108/1997 wurde hinsichtlich der hier relevanten Z 1 nach § 1. der Ausdruck (1) eingefügt und der Tag des Inkrafttretens des neu gefaßten § 1 mit dem bestimmt.

2. In den im Wesentlichen gleichlautenden Beschwerden wird der jeweils belangten Behörde zusammengefaßt vorgeworfen, daß sie Willkür geübt habe: das Auslegungsergebnis der belangten Behörde, daß die genannte Bestimmung auch die Ausbildung zu Teiltätigkeiten medizinischer Berufe verbiete "schieße weit übers Ziel", sei willkürlich und verstoße gegen Art 6, Art 17 und Art 18 StGG. Die Behörde habe es jeweils unterlassen, im Einzelnen zu ermitteln und darzulegen, ob die inkriminierten Veranstaltungen tatsächlich unter ein Berufsbild im Sinne der Verbotsnorm fielen. Auch hätten die Beschwerdeführer keine der im Gesetz genannten Ausbildungen angeboten, weshalb sie keine strafbare Handlung begangen hätten. Schließlich wird geltend gemacht, das Ausbildungsvorbehaltsgesetz sei gemeinschaftsrechtswidrig; die Behörde habe es unterlassen, eine Vorabentscheidung beim EuGH zu erwirken, weshalb der Bf. in seinem Recht auf den gesetzlichen Richter verletzt sei.

3. Die Beschwerden sind zulässig, aber nicht begründet:

3.1. Ein willkürliches Verhalten der Behörde, das in die Verfassungssphäre eingreift, liegt ua. in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außerachtlassen des konkreten Sachverhaltes (zB VfSlg. 8808/1980 und die dort angeführte Rechtsprechung; VfSlg. 10.338/1985, 11.213/1987).

3.2. Die Beschwerdeführer bestreiten nicht, daß in den vorliegenden Beschwerdefällen die Ausbildung jeweils als eine solche zum Heilpraktiker oder zu bestimmten Teilgebieten des Berufsbildes eines Heilpraktikers beworben wurde. Die belangten Behörden durften ferner schon aufgrund der Ankündigungen der Beschwerdeführer denkmöglich davon ausgehen, daß die jeweils beworbenen Ausbildungsveranstaltungen auch Tätigkeiten, die dem Berufsbild des Arztes zugehören, umfaßten, sowie ferner, daß der gesetzliche Ausbildungsvorbehalt für jede zum Berufsbild eines Arztes gehörige Tätigkeit gilt.

Gegen das letztgenannte Auslegungsergebnis bringen die Beschwerdeführer aber vor, es verstieße "gegen den Grundsatz der Erwerbsfreiheit (Art6 Abs 1 StGG), den Grundsatz der Unterrichtsfreiheit (Art17 Abs 2 StGG)" und in Ansehung der Schüler auch "gegen den Grundsatz der freien Berufswahl und der Freiheit der Berufsausbildung (Art18 StGG)". Es gehe nicht an, in der Europäischen Union in einem Mitgliedsland die Ausbildung zu einem in einem anderen Mitgliedsland erlaubten und geregelten Beruf des Heilpraktikers zu untersagen. Die Beschwerdeführer berufen sich in diesem Zusammenhang auf ein von ihnen vorgelegtes Rechtsgutachten über die Niederlassungsfreiheit deutscher Heilpraktiker in Österreich, welche in diesem Gutachten bejaht wird.

3.3. Abgesehen davon, daß die Beschwerdeführer (anders als allenfalls Interessenten an der Ausbildung zum Heilpraktiker) - wie die Beschwerde zutreffend erkennt - durch die angefochtenen Bescheide in dem Grundrecht des Art 18 StGG nicht verletzt sein können, hegt der Verfassungsgerichtshof keine Bedenken dagegen, daß der Gesetzgeber, der die Ausübung der Heilkunde den Ärzten vorbehalten und den Beruf eines Heilpraktikers nicht zugelassen hat, dementsprechende Beschränkungen auch hinsichtlich der Ausbildung zu diesem Beruf vorsieht, wie sie in den genannten Bestimmungen des Ausbildungsvorbehaltsgesetzes enthalten sind.

Es ist nämlich aufgrund des schon im Erkenntnis VfSlg. 13.485/1993 herausgestellten Zusammenhanges zwischen berufsrechtlicher Regelung und Ausbildungsregelung sowohl unter dem Gesichtspunkt des Art 6 als auch unter jenem des Art 17 Abs 2 StGG verfassungsrechtlich zulässig, die Ausbildungsvorschriften an den jeweiligen Berufsbildern zu orientieren, und es ist insoweit folgerichtig, die Ausbildung zu Tätigkeiten im Sinne des in Österreich nicht zugelassenen Berufs eines Heilpraktikers ausschließlich der ärztlichen Ausbildung vorzubehalten. Dabei macht es keinen Unterschied, ob die Ausbildung zu einem nicht zugelassenen Beruf nur "im Ganzen" oder aber - wie in den Sachverhalten der vorliegenden Beschwerdefälle - in einzelnen (Teil-)Lehrgängen angeboten wurde: Ist die Ausübung der Tätigkeiten eines Heilpraktikers den Ärzten vorbehalten, so ist es nämlich verfassungsrechtlich unbedenklich, wenn die Ausbildung zu solchen Tätigkeiten ausschließlich jenen Personen und Institutionen übertragen wird, die fachlich in der Lage und gesetzlich autorisiert sind, die für eine solche Berufsausübung erforderlichen Kenntnisse zu vermitteln.

3.4. Zur Beantwortung der weiteren, der Sache nach in der Beschwerde aufgeworfenen Frage, ob die angewendeten Bestimmungen, hätten sie den von der Behörde angenommenen Inhalt, aus dem Grunde verfassungswidrig wären, weil sie es Unternehmen verwehren, Personen, die sich in Österreich aufhalten, zu einem in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union (nämlich in Deutschland) zugelassenen und daher den Grundfreiheiten des Gemeinschaftsrechts (insbesondere der Niederlassungs- und der Dienstleistungsfreiheit) unterliegenden Beruf auszubilden (womit ein - gegebenenfalls aus im Gemeinschaftsrecht gelegenen Gründen - unsachlicher und daher verfassungswidriger Eingriff in das Grundrecht auf Erwerbsfreiheit, in einem Fall allenfalls auch eine Gleichheitsverletzung sub titulo "Inländerdiskriminierung" behauptet zu werden scheint), ist zunächst zu untersuchen, ob die gemeinschaftsrechtlichen Prämissen, von denen die Beschwerdeführer ausgehen, zutreffen; dies ist indes nicht der Fall:

3.4.1. Der in diesem Zusammenhang einschlägige Art 47 (ex Art 57) EG lautet:

"(1) Um die Aufnahme und Ausübung selbständiger Tätigkeiten zu erleichtern, erläßt der Rat nach dem Verfahren des Artikels 251 Richtlinien für die gegenseitige Anerkennung der Diplome, Prüfungszeugnisse und sonstigen Befähigungsnachweise.

(2) Zu dem gleichen Zweck erläßt der Rat gemäß dem Verfahren des Artikels 251 Richtlinien zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Aufnahme und Ausübung selbständiger Tätigkeiten. Der Rat beschließt im Rahmen des Verfahrens des Artikels 251 einstimmig über Richtlinien, deren Durchführung in mindestens einem Mitgliedstaat eine Änderung bestehender gesetzlicher Grundsätze der Berufsordnung hinsichtlich der Ausbildung und der Bedingungen für den Zugang natürlicher Personen zum Beruf umfaßt. Im übrigen beschließt der Rat mit qualifizierter Mehrheit.

(3) Die schrittweise Aufhebung der Beschränkungen für die drztlichen, arztähnlichen und pharmazeutischen Berufe setzt die Koordinierung der Bedingungen für die Ausübung dieser Berufe in den einzelnen Mitgliedstaaten voraus."

3.4.2. Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) hat zu Art 47 Abs 3 (ex Artikel 57 Abs 3) EG in der Rechtsache Bouchoucha (Rs C-61/89, Urteil vom , Slg 1990 Seite I-3551), in deren Ausgangsverfahren es um die Bestrafung wegen unbefugter Ausübung der ärztlichen Tätigkeit (Osteopathie) durch einen in England ausgebildeten Heilpraktiker ging, in Beantwortung der Vorlagefrage folgendes entschieden:

"Solange es in bezug auf die Tätigkeiten, deren Ausübung ausschliesslich Ärzten vorbehalten ist, an einer Harmonisierung auf Gemeinschaftsebene fehlt, steht Artikel 52 EWG-Vertrag dem nicht entgegen, dass ein Mitgliedstaat eine arztähnliche Tätigkeit, wie etwa die Osteopathie, den Inhabern eines Diploms eines Doktors der Medizin vorbehält."

3.4.3. Die Beschwerdeführer berufen sich in ihren Beschwerden in diesem Zusammenhang auf ein von ihnen vorgelegtes Rechtsgutachten, worin die Geltung dieses Urteils insoweit relativiert wird, als - nach Auffassung der Autoren - seit der genannten Entscheidung des EuGH mit der sog. "Zweiten Anerkennungsrichtlinie" (Richtlinie 92/51/EWG des Rates vom über eine zweite allgemeine Regelung zur Anerkennung beruflicher Befähigungsnachweise in Ergänzung zur Richtlinie 89/48/EWG (Abl. Nr. L 209 v. , 25)) die arztähnlichen Berufe als gemeinschaftsrechtlich harmonisiert anzusehen seien, weil es sich um eine allgemeine, nicht auf bestimmte, spezifisch genannte Berufe eingeschränkte Richtlinie handle.

3.4.3.1. Art 47 EG sieht in seinem Abs 3 für den schrittweisen Abbau der Beschränkungen ua auch für arztähnliche Berufe die Koordinierung "der Bedingungen für die Ausübung dieser Berufe" in den einzelnen Mitgliedstaaten vor und läßt nicht bloß - wie Art 47 Abs 1 EG - eine Vorschrift über die gegenseitige Anerkennung von Befähigungsnachweisen genügen. Die erwähnte zweite Anerkennungsrichtlinie (gestützt ua. auf § 47 Abs 1 EG) koordiniert aber nicht die Bedingungen für die Ausübung arztähnlicher Berufe, sondern regelt lediglich die gegenseitige Anerkennung von Ausbildungen für "reglementierte Berufe" (sofern diese nicht Gegenstand einer Einzelrichtlinie sind) unterhalb des Niveaus der schon von der ersten Anerkennungsrichtlinie 89/48/EWG vom erfaßten Hochschulausbildung (vgl. die Erwägungsgründe 3ff).

3.4.3.2. Art 47 EG unterscheidet aber gerade zwischen Richtlinien über die gegenseitige Anerkennung von Ausbildungen in Abs 1 und Richtlinien zur "Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Aufnahme und Ausübung selbständiger Tätigkeiten" in Abs 2. Eine auf Art 47 Abs 2 EG gestützte Richtlinie zur Koordinierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten betreffend arztähnliche Berufe gibt es aber derzeit noch nicht, sodaß iS des erwähnten Urteils des EuGH bis zur Erlassung einer Harmonisierungsrichtlinie iS des Art 47 Abs 2 EG weiterhin davon auszugehen ist, daß Österreich gemeinschaftsrechtlich zulässigerweise Tätigkeiten, wie sie in Deutschland zugelassene Heilpraktiker verrichten, den Ärzten vorbehält.

3.4.4. Aufgrund des in Art 47 EG (vgl. dessen Abs 1 sowie Abs 2 zweiter Satz) auch selbst hergestellten engen Zusammenhanges zwischen Berufsausbildung einerseits und Berufszulassung bzw. Berufsausübung andererseits verstößt es auch nicht gegen das Gemeinschaftsrecht, die Ausbildung zu (Teil)Tätigkeiten des ärztlichen Berufes in jener Weise der ärztlichen Ausbildung vorzubehalten, wie dies im Ausbildungsvorbehaltsgesetz vorgesehen ist.

3.4.5. Es ist daher nicht denkunmöglich, wenn die belangten Behörden im Ergebnis davon ausgegangen sind, daß der Anwendung des Ausbildungsvorbehaltsgesetzes Gemeinschaftsrecht nicht entgegensteht.

3.4.6. Es bestehen gegen die Regelung des Ausbildungsvorbehaltsgesetzes, soweit die ärztliche Berufsausbildung in Rede steht, auch unter Einbeziehung der genannten gemeinschaftsrechtlichen Aspekte keine verfassungsrechtlichen Bedenken.

3.4.7. Den belangten Behörden ist daher zusammenfassend weder eine in die Verfassungssphäre reichende offenkundige Verkennung von Gemeinschaftsrecht (vgl. VfSlg. 14.886/1997, E. vom , B3073/96) vorzuwerfen, noch sind sie sonst zu einem verfassungswidrigen Auslegungsergebnis gelangt.

3.4.8. Die belangten Behörden haben auch die Strafbestimmung des Ausbildungsvorbehaltsgesetzes nicht denkunmöglich angewendet, sodaß der Vorwurf der Willkür hinsichtlich des Vollzuges nicht zurecht erhoben wird. Ob die angefochtenen Bescheide in jeder Hinsicht dem Gesetz (allenfalls auch dem Gemeinschaftsrecht) entsprechen, hat der Verfassungsgerichtshof unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten nicht zu beurteilen.

3.5. Die Beschwerdeführer wurden aber auch nicht dadurch, daß die belangten Behörden entscheidungserhebliche Fragen des Gemeinschaftsrechts nicht dem EuGH vorgelegt haben, in ihrem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt:

3.5.1. Dieses Grundrecht wird unter anderem dann verletzt, wenn eine als Gericht iSd Art 234 EG zu qualifizierende Verwaltungsbehörde entgegen der Anordnung des Art 234 Abs 3 EG eine vorlagepflichtige Frage der Interpretation des Gemeinschaftsrechts dem Europäischen Gerichtshof nicht zur Vorabentscheidung vorgelegt hat, wobei nicht nur eine grobe, sondern jede Verletzung der Vorlagepflicht zu dieser Konsequenz führt (vgl. mit näherer Begründung VfSlg. 14.390/1995, ferner 14.607/1996, 14.889/1997).

3.5.2. Der Verfassungsgerichtshof hat in den genannten Vorerkenntnissen jeweils eine solche Verfassungsverletzung angenommen, da die darin in Rede stehenden Entscheidungen des Bundesvergabeamtes (BVA) gemäß § 78 Abs 1 BVergG weder der Aufhebung oder Abänderung im Verwaltungsweg unterlagen noch gegen sie eine Verwaltungsgerichtshofbeschwerde zulässig gewesen ist und daher das BVA - da auch alle übrigen Voraussetzungen vorliegen - als vorlagepflichtiges Gericht im Sinne des Art 234 Abs 3 EG zu qualifizieren war.

Dies trifft auf die unabhängigen Verwaltungssenate nicht zu, gegen deren Entscheidungen das Beschwerderecht an den (iS des Art 234 Abs 3 EG vorlagepflichtigen) Verwaltungsgerichtshof eröffnet ist.

Es kann daher offenbleiben, ob vorliegendenfalls überhaupt Anlaß zu einer Vorlage an den EuGH bestanden hätte.

4. Die Beschwerdeführer wurden durch die angefochtenen Bescheide daher in keinem der geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte verletzt.

Das Verfahren hat auch nicht ergeben, daß die Beschwerdeführer in sonstigen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt wurden.

Angesichts der Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsgrundlagen ist es auch ausgeschlossen, daß sie in ihren Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm verletzt wurden.

Die Beschwerden waren daher abzuweisen.

5. Dies konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.