OGH vom 17.12.2013, 8ObA25/13d
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Dr. Spenling als Vorsitzenden, den Hofrat Hon. Prof. Dr. Kuras und die Hofrätin Dr. Tarmann Prentner sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Josef Schleinzer und Dr. Peter Schnöller als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei P***** H*****, vertreten durch Mag. Thomas Mödlagl, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Marktgemeinde W*****, vertreten durch Mag. Robert Hofbauer, Rechtsanwalt in W*****, wegen 24.960,48 EUR brutto sA, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen vom , GZ 9 Ra 111/12b 13, mit dem das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Arbeits- und Sozialgericht vom , GZ 3 Cga 15/12f 9, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit 1.470,24 EUR (darin 245,04 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger ist seit bei der beklagten Marktgemeinde als Musiklehrer beschäftigt. Auf sein Dienstverhältnis sind nach § 46 NÖ GVBG 1976 iVm den Übergangsbestimmungen der GVBG Novelle LGBl 2420 38 sinngemäß die Bestimmungen des VBG 1948 idF BGBl Nr 738/1988 iVm GehG 1956 Anl 1 anzuwenden.
Bei seinem Eintritt wurde der Kläger in die Entlohnungsgruppe l 3 eingestuft. Von 1993 bis 1996 absolvierte er erfolgreich ein berufsbegleitendes Studium mit Diplomabschluss und erfüllte damit die für eine Einstufung in die nächsthöhere Entlohnungsgruppe l 2b 1 erforderlichen formalen Voraussetzungen. An seiner vereinbarten Tätigkeit änderte sich nichts.
Der Kläger begehrt, die Beklagte zur Nachzahlung der Differenz zwischen den Gehältern der Entlohnungsgruppen l 3 und l 2b 1 ab bis zur Klagseinbringung zu verpflichten. Die Beklagte wäre verpflichtet gewesen, ihn ab dem Erwerb seines Diploms in die höhere Entlohnungsgruppe überzuleiten. Zwei andere bei der Beklagten beschäftigte Musiklehrer mit gleicher Ausbildung seien ohne weiteres in die Entlohnungsgruppe l 2b 1 eingereiht worden, nur dem Kläger sei die Überstellung aus unsachlichen Gründen vorenthalten worden.
Die Beklagte gestand zu, dass der Kläger die formalen Voraussetzungen für die angestrebte Überstellung seit 1996 erfüllt hätte. Weitere Voraussetzung für die Überstellung in die höhere Gehaltsgruppe wäre aber das Vorhandensein einer entsprechend bewerteten Planstelle, die nicht zur Verfügung stehe. Die in der Klage genannten anderen Musiklehrer seien mit dem Kläger nicht vergleichbar, weil sie die Voraussetzung für die höhere Gehaltsgruppe schon bei ihrer jeweiligen Anstellung erfüllt hätten. Es gehe nicht an, dass der Kläger nach Abschluss seines Dienstvertrags einseitig durch eine freiwillige weitere Ausbildung die Überstellung erzwingen könne.
Das Erstgericht wies die Klage ab. Gemäß § 46b Abs 1 NÖ GVBG 1976 seien die Voraussetzungen für eine Einreihung eines Musikschullehrers in eine Entlohnungsgruppe ein freier Dienstposten im Dienstpostenplan und die Erfüllung der Ernennungserfordernisse für die vorgesehene Entlohnungsgruppe. Für die Überstellung eines Vertragsbediensteten in eine andere Entlohnungsgruppe seien nach § 13 NÖ GVBG 1976 sinngemäß die Bestimmungen des § 17 NÖ GBGO 1976 anzuwenden. Diese böten keine Grundlage für einen Anspruch auf Überstellung ex lege bei bloßer Erfüllung des Ernennungserfordernisses, schon gar nicht, wenn das Ernennungserfordernis erst im Laufe des Dienstverhältnisses erfüllt werde und sich an der Tätigkeit nichts geändert habe. Seinen Diskriminierungsvorwurf habe der Kläger nicht substantiiert ausgeführt. Ihm sei sein vermeintlicher Anspruch seit bekannt gewesen, dessen ungeachtet habe er nach anfänglichem Bemühen davon Abstand genommen, seine höhere Einreihung weiterzuverfolgen. Dieses Verhalten könne iSd § 863 ABGB nur als schlüssiger Verzicht auf die Geltendmachung seines Anspruchs aufgefasst werden.
Das Berufungsgericht gab dem Rechtsmittel des Klägers Folge und änderte die Entscheidung im klagsstattgebenden Sinn ab. Aufgrund der Verweisung in § 46 NÖ GVBG 1976 seien die Ansprüche des Klägers nur nach dem VBG 1948 iVm GehG 1956 zu beurteilen. Für seine Einstufung seien danach die tatsächlich überwiegend geleisteten und maßgeblichen Dienste und die Erfüllung allfälliger besonderer Ernennungserfordernisse entscheidend, aber nicht, ob eine entsprechend bewertete Planstelle dieser Art frei ist. Das Zuwarten des Klägers mit der Verfolgung seines Anspruchs führe lediglich dazu, dass länger als drei Jahre zurückliegende laufende Differenzbeträge verjährt seien. Selbst die Beklagte habe sich nicht auf einen Verzicht berufen. Die ordentliche Revision sei zulässig, weil zur Frage der einseitigen Änderung des Dienstvertrags eines Vertragsbediensteten nur durch vom Dienstnehmer gesetzte Maßnahmen (Höherqualifizierung durch Ablegen einer Prüfung) keine höchstgerichtliche Rechtsprechung ersichtlich sei.
Rechtliche Beurteilung
Die vom Kläger beantwortete Revision der Beklagten ist zulässig, weil die Rechtslage im Sinne der Ausführungen des Berufungsgerichts einer Klarstellung bedarf. Die Revision ist jedoch nicht berechtigt.
1. Auf die an den von den Gemeinden erhaltenen privaten Unterrichtsanstalten verwendeten Vertragslehrer finden nach § 46 Abs 1 NÖ GVBG 1976 die Bestimmungen des VBG 1948 sinngemäß Anwendung. Dies gilt auch für Musikschullehrer, soweit im Gesetz nicht etwas anderes bestimmt ist. Aufgrund dieser Sonderregelung sind die Bestimmungen des I. Abschnitts des NÖ GVBG 1976, wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, auf die Rechtsbeziehung der Streitteile nicht anwendbar (RIS Justiz RS0113895). Unstrittig gelten auch nicht die mit in Kraft getretenen Sonderregelungen für Musikschullehrer in den §§ 46a ff NÖ GVBG, weil die Parteien keine Erneuerungvereinbarung, die für eine Anwendung auf bestehende Dienstverhältnisse erforderlich gewesen wäre, abgeschlossen haben.
Die Entlohnung eines Vertragsbediensteten richtet sich nach den geleisteten Diensten. Der Bedienstete ist selbst dann seiner tatsächlichen Verwendung gemäß einzureihen und zu entlohnen, wenn im Stellenplan eigentlich kein freier Dienstposten dieser Art vorgesehen ist. Soweit besondere Einstufungserfordernisse festgelegt werden, sind aber auch diese zu beachten (RIS Justiz RS0082007 [insb T 16, T 17]; RS0127643).
Die Vertragslehrer sind von hier nicht interessierenden Ausnahmen abgesehen gemäß § 39 VBG 1948 in das Entlohnungsschema I L einzureihen, das die Entlohnungsgruppen l ph, l 1, l 2a 2, l 2a 1, l 2b 3, l 2b 2, l 2b 1 und l 3 umfasst. Nach § 40 Abs 2 VBG 1948 gelten die im § 202 BDG 1979 und in der Anlage 1 zum BDG 1979 samt Übergangsregelungen enthaltenen Bestimmungen über die Ernennungserfordernisse für Lehrer auch als Bestimmungen über die Voraussetzungen für die Einreihung in die Entlohnungsgruppen l pa, l 1, l 2 und l 3.
Voraussetzung für die Einreihung in die Entlohnungsgruppe l 2b 1 nach der Anlage 1 zum BDG 1979, Punkt 26, ist eine der angeführten Verwendungen und die Erfüllung der für die betreffende Verwendung vorgeschriebenen Erfordernisse. Für die Entlohnungsgruppe l 2b 1 (Anlage 1 zum BDG 1979, Punkt 26.1.) ist dies die Verwendung als Lehrer an mittleren und höheren Schulen und an der Heereslogistikschule, soweit nicht die Erfordernisse für eine der Gruppen l 2a oder einer höheren erfüllt sind; zusätzliches Erfordernis ist (in der bei Abschluss des Dienstvertrags geltenden Fassung) alternativ die 2. Diplomprüfung einer musikalischen Studienrichtung oder eine Lehrbefähigungsprüfung. Die Entlohnungsgruppe l 3 (Anlage 1 zum BDG 1979, Punkt 27) ist dagegen für alle Lehrer an mittleren und höheren Schulen vorgesehen, die nicht die Erfordernisse für eine höhere Verwendungsgruppe erfüllen.
Wie das Berufungsgericht zutreffend hervorgehoben hat, kommt es bei diesen Erfordernissen nur auf die absolvierte Ausbildung an, aber nicht auf den Umfang, die Methode oder den Inhalt der Lehrtätigkeit. Es liegt offenkundig in der Intention des Gesetzgebers, den Abschluss qualifizierter Ausbildungen dadurch zu fördern, dass die Unterrichtstätigkeit eines diplomierten Lehrers höher zu entlohnen ist, ohne dass es weiterer Voraussetzungen bedarf. Auch der nunmehr geltende, auf das Dienstverhältnis des Klägers aber noch nicht anwendbare § 46d NÖGVBG über die Aufnahmeerfordernisse für Musiklehrer enthält wieder rein formale, auf die Ausbildung und nicht auf Ausmaß oder Qualität des Unterrichts bezogene Abgrenzungskriterien.
Die auf Lehrer im Bundesdienst abgestimmten weiteren Verwendungserfordernisse für die Entlohnungsgruppen l 2b 1 (nämlich als Lehrer an einer mittleren oder höheren Schule) können bei der Einstufung eines Gemeindebediensteten nicht zum Tragen kommen; die im § 46 NÖGVBG angeordnete, lediglich sinngemäße Anwendung des VBG 1948 muss sich daher auf die Ausbildungserfordernisse beschränken. Nichts anderes entspricht offensichtlich auch der Auffassung der Beklagten, da für die im Dienstvertrag des Klägers vorgesehene Entlohnungsgruppe l 3 das selbe Verwendungserfordernis normiert ist und die Erfüllung der Kriterien für die Entlohnungsgruppe l 2b nicht bestritten wird.
Der Umstand, dass der Kläger die Diplomausbildung aus eigenem Antrieb absolviert hat und sie für die Ausübung seiner vereinbarten Tätigkeit nicht unbedingt notwendig gewesen wäre, ändert nichts daran, dass er ab dem Studienabschluss mit Wissen und Willen der Beklagten tatsächlich als diplomierter Musiklehrer beschäftigt war. Nicht der Studienabschluss als solcher, sondern die nachfolgende höherwertige Verwendung verschaffte ihm auch den Anspruch auf Entlohnung nach der für diese Tätigkeit vorgesehenen Entlohnungsgruppe. Außerhalb von Sonderverträgen steht es dem öffentlichen Dienstgeber nicht frei, in einem Dienstvertrag zum Nachteil des Vertragsbediensteten von den gesetzlichen Rahmenbedingungen abzuweichen.
Ob auch eine Betrachtung des festgestellten Sachverhalts unter dem Aspekt des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes (zu dessen Anwendbarkeit vgl RIS Justiz RS0031488; RS0031453) zum selben Ergebnis führen würde, weil die Beklagte nicht ohne sachliche Rechtfertigung einzelnen Bediensteten bei gleichwertiger Ausbildung eine günstigere Einstufung vorenthalten darf, die sie anderen gewährt, kann dahingestellt bleiben (vgl 9 ObA 9/13h; RIS Justiz RS0016829; RS0016815; RS0028240; RS0060204).
Auf die Übergangsbestimmungen der GVBG Novelle LGBl 2420 38, die für Musikschullehrer mit vorbestehenden, nicht erneuerten Dienstverträgen eine Überstellung in eine höhere Entlohnungsgruppe an den Abschluss eines Erneuerungsvertrags binden, kann sich die Beklagte schon deswegen nicht mit Erfolg berufen, weil der Kläger seinen Anspruch bereits vor dem Inkrafttreten dieser Bestimmungen erworben hat.
Auf den bereits vom Berufungsgericht verneinten Einwand des Verzichts auf den Anspruch kommt die Revision nicht mehr zurück.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 2 ASGG iVm §§ 41 und 50 ZPO.