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OGH vom 13.11.2018, 14Os117/18i

OGH vom 13.11.2018, 14Os117/18i

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Danek als Vorsitzenden, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Dr. Oshidari sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann in Gegenwart der Kontr. Gsellmann als Schriftführerin in der Strafsache gegen Mihael A***** wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 2 Z 1 und 3, Abs 3 zweiter Fall SMG und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Wels als Schöffengericht vom , GZ 12 Hv 70/18t-52, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Aus ihrem Anlass wird das Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Verfallsausspruch aufgehoben. Die Sache wird zur neuerlichen Entscheidung über den Verfall an das Landesgericht Wels verwiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung gegen den Strafausspruch werden die Akten vorerst dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Mihael A***** des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 2 Z 1 und 3, Abs 3 zweiter Fall SMG (1) und mehrerer Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 erster und zweiter Fall, Abs 2 SMG (2) schuldig erkannt.

Danach hat er vorschriftswidrig Suchtgift

1/ von Sommer 2016 bis Ende Februar 2018 in S*****, O***** und an anderen Orten in einer das 15-fache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge gewerbsmäßig (§ 70 Abs 1 Z 3 erster Fall StGB) im angefochtenen Urteil teils namentlich genannten Abnehmern überlassen, nämlich insgesamt 3.755 Gramm Cannabiskraut mit einem Reinheitsgehalt von 14,7 % THCA und 1,12 % Delta-9-THC sowie 5 Gramm Kokain mit einem Reinheitsgehalt von 20 %, wobei er schon einmal wegen einer Straftat nach § 28a Abs 1 SMG verurteilt worden und an Suchtmittel gewöhnt war und die Straftaten vorwiegend deshalb begangen hat, um sich für seinen persönlichen Gebrauch Suchtmittel oder Mittel zu deren Erwerb zu verschaffen;

2/ von Sommer 2016 bis in O***** und an anderen Orten wiederholt erworben und besessen, nämlich Cannabiskraut, Kokain und Amphetamin, wobei er die Straftaten ausschließlich zum persönlichen Gebrauch beging.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus § 281 Abs 1 Z 10 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten ist nicht im Recht.

Gestützt auf die Verantwortung des Beschwerdeführers, er habe 300 Gramm Cannabiskraut unbekannten Abnehmern im Tausch gegen „weniger als 30 Gramm Kokain“ überlassen (ON 51 S 3), vermeint die Subsumtionsrüge (Z 10), der Erwerb dieser 30 Gramm Kokain sei „offenbar“ vom Schuldspruch 2 erfasst, weshalb das im Austausch erfolgte Überlassen von 300 Gramm Cannabiskraut vom Schuldspruch wegen unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 erster und zweiter Fall, Abs 2 SMG (2) „konsumiert“ werde. Diese 300 Gramm seien daher von der Gesamtmenge überlassenen Cannabiskrauts abzuziehen, was den Wegfall der Qualifikation nach § 28a Abs 2 Z 3 SMG bewirke. Abgesehen davon, dass dieses Vorbringen nicht auf Basis des Urteilssachverhalts argumentiert (RISJustiz RS0099810), leitet sie nicht methodengerecht aus dem Gesetz ab (RISJustiz RS0116565), weshalb das Überlassen von Suchtgift – zumal hier auf Grund des festgestellten Additionsvorsatzes in die Qualifikationsgrenze (§ 28b SMG) übersteigender Menge – im Sinn einer (hier offenbar angesprochenen) typischen „Begleittat“ regelmäßig mit dem Erwerb von Suchtgift einhergehe und im Verhältnis zu diesem einen wesentlich geringeren Unwertgehalt aufweise (vgl RISJustiz RS0124022; Ratz in WK2 StGB Vor § 28–31 Rz 58).

Mit dem gegen die Annahme der Gewerbsmäßigkeitsqualifikation (§ 28a Abs 2 Z 1 SMG) gerichteten Vorbringen, der Beschwerdeführer habe nicht in der Absicht gehandelt, sich „durch die fortlaufende Tatbegehung ein entsprechendes Einkommen zu verschaffen“, vielmehr bloß „von vornherein einen betragsmäßig begrenzten Deliktserfolg“, nämlich die Tilgung einer Schuld (bei seinen Suchtgiftlieferanten), angestrebt (vgl Jerabek/Ropper in WK2 StGB § 70 Rz 8), verfehlt die Subsumtionsrüge ein weiteres Mal die gebotene Bezugnahme auf den Urteilssachverhalt (vgl US 4 und 6 f).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).

Bleibt anzumerken, dass das Erstgericht – soweit erkennbar – verfehlt davon ausgeht, dass gewerbsmäßige Begehung nach § 28a Abs 2 Z 1 SMG auch durch sukzessives Überlassen jeweils die Grenzmenge nicht übersteigender Teilmengen begründet werden könne (vgl US 4). Dieser Ansatz wurde jedoch vom Obersten Gerichtshof mit der Entscheidung des verstärkten Senats zu 12 Os 21/17f aufgegeben (RIS-Justiz RS0131856). Da sich vorliegend nach den Feststellungen die Absicht des Beschwerdeführers auch auf wiederkehrendes Überlassen je für sich (ohne Zusammenrechnung) die Grenzmenge übersteigender Suchtgiftquanten bezog, weist der Schuldspruch 1 jedoch keinen Rechtsfehler auf (vgl 15 Os 4/18d).

Aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde überzeugte sich der Oberste Gerichtshof von einem dem Verfallsausspruch anhaftenden Rechtsfehler zum Nachteil des Beschwerdeführers, den dieser nicht geltend macht und der daher von Amts wegen wahrzunehmen war (§ 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO).

Zum gemäß § 20 Abs 3 StGB ausgesprochenen Verfall führt das Erstgericht lediglich aus (US 4), der Beschwerdeführer habe den Geldbetrag von 500 Euro „für die Begehung der oa mit Strafe bedrohten Handlung erlangt (vgl Beweismittel aaO)“. Eine der von den Schuldsprüchen erfassten (mehreren) mit Strafe bedrohten Handlungen als Voraussetzung des Verfalls wird damit nicht ausreichend konkretisiert. Zudem enthält das Urteil keine Feststellungen dazu, dass der Beschwerdeführer diesen Geldbetrag von dritter Seite die Begehung, mit anderen Worten als Lohn für seine Tat, empfangen habe. Allenfalls in Betracht kommende Erlangung von Vermögenswerten die Begehung von Straftaten (hier von Suchtgifthandel) hat das Erstgericht im Zusammenhang mit dem Verfallsausspruch nicht angenommen (vgl Fuchs/Tipold in WK2 StGB § 20 Rz 12 ff und 20 f), weshalb diesem Ausspruch ein Rechtsfehler anhaftet (§ 281 Abs 1 Z 11 erster Fall StPO).

Der aufgezeigte Rechtsfehler war von Amts wegen wahrzunehmen, weil sich die Berufung des Angeklagten lediglich gegen den Ausspruch über die Strafe richtet, dem Berufungsgericht daher zufolge Beschränkung auf die der Berufung unterzogenen Punkte ein solches Vorgehen verwehrt ist (RISJustiz RS0130617). Der betroffene Ausspruch war in nichtöffentlicher Sitzung aufzuheben (vgl Ratz, WKStPO § 285i Rz 4) und die Sache im Umfang des Verfallsausspruchs an das Erstgericht zu verweisen (zur Zuständigkeit im selbständigen Verfahren vgl § 445 Abs 2 letzter Satz StPO; RISJustiz RS0117920, RS0100271).

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO, über die gegen den Strafausspruch gerichtete Berufung hat vorerst das Oberlandesgericht zu entscheiden (§ 285i StPO).

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2018:0140OS00117.18I.1113.000

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