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OGH 12.10.1995, 8Ob15/95

OGH 12.10.1995, 8Ob15/95

Entscheidungstext

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Huber als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Petrag, Dr.Langer, Dr.Rohrer und Dr.Adamovic als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Walter B*****, 2. Miroslav B*****, 3. Caroline D*****, 4. Josef F*****, 5. Franz F*****, 6. Wilhelm H*****, 7. Walter H*****, 8. Luka K*****, 9. Werner L*****, 10. Udo M*****, 11. Nenad N*****, 12. Gordana P*****,

13. Johann P*****, 14. Christian R*****, 15. Alfred S*****, 16. Georg S*****, 17. Ljubomir S*****, 18. Johann S*****, 19. Thomas T*****,

20. Stefan W*****, 21. Norbert W*****, 22. Alois Z*****, alle vertreten durch Dr.Robert Krepp, Rechtsanwalt in Wien, und der auf Seite der klagenden Parteien beigetretenen Nebenintervenientin W***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Norbert Nagele, Dr.Klaus Haslinger, Dr.Christoph Zepp, Dr.Thomas Kurt, Mag.Wilhelm Bergthaler, Rechtsanwälte in Linz, wider die beklagte Partei Dr.Helmut Platzgummer, Rechtsanwalt, 1010 Wien, Wollzeile 24, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der W***** Transportgesellschaft mbH, ***** wegen S 3,063.136,-- sA, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom , GZ 3 R 211/94-15, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom , GZ 25 Cg 20/94-8, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil, welches in Ansehung der fünft-, sechst-, siebent-, neunt-, elft-, zwölft-, vierzehnt- und siebzehntklagenden Partei als unangefochten unberührt bleibt, wird in Ansehung der zwanzigstklagenden Partei bestätigt. Darüber hinaus werden die Urteile der Vorinstanzen dahin abgeändert, daß das Klagebegehren, es werde festgestellt, daß den Klägern im Konkurs der W***** TransportgesmbH folgende Nettoansprüche als Konkursforderungen zustehen:

Der erstklagenden Partei S 68.878,--,

der zweitklagenden Partei S 99.527,--,

der drittklagenden Partei S 168.283,--,

der viertklagenden Partei S 113.855,--,

der achtklagenden Partei S 361.302,--,

der zehntklagenden Partei S 544.435,--,

der dreizehntklagenden Partei S 739.706,--,

der fünftzehntklagenden Partei S 127.208,--,

der sechzehntklagenden Partei S 227.552,--,

der achtzehntklagenden Partei S 137.976,--,

der neunzehntklagenden Partei S 83.713,--,

der einundzwanzigstklagenden Partei S 89.039,--,

der zweiundzwanzigstklagenden Partei S 71.419,--,

abgewiesen

wird.

Die klagenden Parteien sind schuldig, der beklagten Partei die wie folgt bestimmten Kosten der Verfahren aller drei Instanzen binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen:

Die erstklagende Partei S 7.223,09 (darin S 621,50 USt, S 3.494,-- Barauslagen),

die zweitklagende Partei S 10.517,27 (darin S 904,63 USt, S 5.089,-- Barauslagen),

die drittklagende Partei S 18.058,22 (darin S 1.554,08 USt, S 8.735,-- Barauslagen),

die viertklagende Partei S 11.711,35 (darin S 902,02 USt, S 5.775,-- Barauslagen),

die achtklagende Partei S 38.336,76 (darin S 3.300,85 USt, S 18.532,-- Barauslagen),

die zehntklagende Partei S 57.738,98 (darin S 4.978,95 USt, S 27.865,-- Barauslagen),

die dreizehntklagende Partei S 78.577,37 (darin S 6.767,40 USt, S 38.579,-- Barauslagen),

die fünfzehntklagende Partei S 13.298,04 (darin S 1.139,42 USt, S 6.462,-- Barauslagen),

die sechzehntklagende Partei S 23.396,10 (darin S 2.002,60 USt, S 11.407,-- Barauslagen),

die achtzehntklagende Partei S 14.642,63 (darin S 1.263,60 USt, S 7.060,-- Barauslagen),

die neunzehntklagende Partei S 8.930,78 (darin S 766,50 USt, S 4.331,-- Barauslagen),

die einundzwanzigstklagende Partei S 9.323,36 (darin S 807,90 USt, S 4.475,-- Barauslagen),

die zweiundzwanzigstklagende Partei S 6.951,67 (darin S 587,06 USt, S 3.430,-- Barauslagen).

Die beklagte Partei ist schuldig, der auf Seiten der zwanzigstklagenden Partei beigetretenen Nebenintervenientin die mit S 830,20 (darin S 138,36 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Kläger waren bei der W***** Transportgesellschaft mbH beschäftigt, über deren Vermögen am der Konkurs eröffnet wurde. Masseverwalter ist der Beklagte. Die Gemeinschuldnerin betrieb ein Transportunternehmen. Fuhrpark, Betriebsliegenschaft und Geschäftsausstattung wurden ihr im Weg eines Unternehmenspachtvertrages von der Oskar W***** OHG überlassen. Beide Unternehmen hatten dieselbe Geschäftsführerin, welche wegen wirtschaftlicher Schwierigkeiten einen Käufer für die spätere Gemeinschuldnerin suchte. Ein Kaufinteressent lehnte aus haftungsrechtlichen Überlegungen den sofortigen Erwerb ab, stellte jedoch für den Fall der Konkurseröffnung den Ankauf der Anlagegüter der Oskar W***** OHG in Aussicht. Zu diesem Zweck gründete er die Nebenintervenientin, welche den in der Firma der Gemeinschuldnerin enthaltenen Familiennamen als Firmenbestandteil weiterführte. Anfang September 1993 setzte die Geschäftsführerin den Achtkläger in seiner Funktion als Betriebsrat davon in Kenntnis, daß die Liquidation der Gemeinschuldnerin sowie die Beendigung aller Dienstverhältnisse mit Ende September bevorstehe. Am sprach sie mit Zustimmung des Achtklägers die Kündigung aller Dienstverhältnisse per aus. Zu diesem Zeitpunkt waren die Dienstverhältnisse aufgrund Einvernehmens mit den Klägern beendet. Der Achtkläger war auch mit der einvernehmlichen Auflösung seines eigenen Dienstverhältnisses einverstanden. Am kaufte die Nebenintervenientin von der OHG bestimmte Güter des Anlagevermögens, darunter insbesondere den Fuhrpark und erhielt Teile des Betriebsgeländes zur Nutzung überlassen. Nach Zustandekommen des Kaufvertrages schloß die Nebenintervenientin mit den meisten ehemaligen Dienstnehmern der Gemeinschuldnerin Dienstverträge ab. Lediglich der Zwanzigstkläger trat in den Ruhestand.

Die Kläger meldeten im Konkurs über das Vermögen der Gemeinschuldnerin Ansprüche an, welche vom Beklagten in der Prüfungstagsatzung in Ansehung der Positionen Abfertigung, Kündigungsentschädigung, anteilige Sonderzahlung und Urlaubsentschädigung bestritten wurden.

Mit ihrer am beim Erstgericht eingelangten Klage begehrten die Kläger die Feststellung der vom Beklagten bestrittenen Nettoansprüche als Konkursforderungen. Entgegen der Rechtsansicht des Beklagten liege kein Anwendungsfall des § 3 Abs.1 AVRAG vor. Das Unternehmen der Gemeinschuldnerin sei nicht auf die Nebenintervenientin übergegangen; dies sei auch niemals beabsichtigt gewesen. Durch die erst nach Abschluß des Kaufvertrages erfolgte Einstellung der Kläger bei der Nebenintervenientin seien völlig neue Dienstverhältnisse begründet worden. Die OHG, die bereits 1985 die Ausübung des Transportgewerbes eingestellt und den gesamten Geschäftsbetrieb in einem Unternehmenspachtvertrag an die Gemeinschuldnerin weitergegeben habe, sei erst aufgrund der Betriebseinstellung der Gemeinschuldnerin in der Lage gewesen, die ihr dann wieder zur Verfügung stehenden Anlagegüter zu veräußern. Der bloße Übergang von Maschinen und Geräten stelle jedoch keinen Betriebsübergang im Sinne des § 3 Abs.1 AVRAG dar. Selbst wenn man dies unterstellen wolle, käme § 3 Abs.2 AVRAG zum Tragen, der die Anwendung des ersten Absatzes der zitierten Gesetzesstelle für den Fall des Konkurses des Veräußerers ausschließe. "Veräußerer" im Sinne dieser Gesetzesstelle sei jede natürliche oder juristische Person, die aufgrund eines Betriebsüberganges durch vertragliche Übertragung oder durch Verschmelzung als Inhaber ausscheide: hier also die Gemeinschuldnerin. Ein Übergang der Dienstverhältnisse sei auch deshalb auszuschließen, da diese bereits vor dem wirksam beendet worden seien.

Der Beklagte bestritt das Klagebegehren, beantragte dessen Abweisung und brachte vor: Die Nebenintervenientin sei an derselben Adresse, unter derselben Telefonnummer und unter derselben Telefaxverbindung erreichbar wie die Gemeinschuldnerin. Sie betreue mit derselben Mannschaft und auf denselben Maschinen weitgehend denselben Kundenstock. Ungeachtet des Umstandes der Teilung des ursprünglichen Transportunternehmens in eine Betriebs- und eine Besitzgesellschaft habe der von der Nebenintervenientin übernommene Betrieb organisatorisch eine Einheit und damit einen einzigen Betrieb im Sinn des § 3 AVRAG dargestellt. Durch den Kaufvertrag vom sei die Nebenintervenientin in die Lage versetzt worden, den Betrieb des Transportunternehmens fortzuführen. Es liege daher ein Betriebsübergang vor. § 3 Abs.2 AVRAG komme nicht zur Anwendung, da der Vertragspartner der Nebenintervenientin, nämlich die OHG, nicht insolvent sei. Die Beendigung von Dienstverhältnissen zu einem vor dem Übergangsstichtag liegenden Zeitpunkt sei unwirksam, wenn eine vertragliche Neueinstellung beim Betriebsnachfolger unmittelbar folge. Der Betriebsüberlassungsvertrag zwischen der OHG und der Gemeinschuldnerin sei spätestens mit beendet worden. Dadurch seien sämtliche Dienstverhältnisse der Gemeinschuldnerin auf die nicht insolvente OHG zurückgefallen und in weiterer Folge auf die Nebenintervenientin übergegangen.

Das Erstgericht gab dem Begehren sämtlicher Kläger statt. Es führte aus: § 3 Abs.1 AVRAG stelle nicht auf ein bestimmtes Rechtsgeschäft, sondern auf Betriebsübergänge und damit auf den Inhaberwechsel ab. Es sei daher zu prüfen, ob der Betrieb des früheren Inhabers mit dem zu vergleichen sei, was der neue Inhaber erhalten habe. Im vorliegenden Fall seien alle wesentlichen Elemente des Transportunternehmens der Gemeinschuldnerin auf die Nebenintervenientin übergegangen, wobei die fast nahtlose Fortführung zeige, daß ein lebensfähiger Betrieb übernommen worden sei. Die Beendigung der Dienstverhältnisse der Kläger mit wäre - sollte § 3 Abs.1 AVRAG anzuwenden sein - als Umgehungshandlung unwirksam. Allerdings komme § 3 Abs.1 AVRAG im Hinblick auf § 3 Abs.2 AVRAG nicht zum Tragen, da sich der bisherige Inhaber des übergegangenen Betriebes zum Zeitpunkt des Betriebsüberganges im Konkurs befunden habe. Der Gesetzgeber habe mit der letztgenannten Gesetzesstelle die Sanierung von Betrieben im Konkurs ermöglichen wollen und dafür auch den in solchen Fällen in der Regel zweckmäßigen Sozialabbau in Kauf genommen. Die Vorgangsweise der Nebenintervenientin sei daher legitim. Da der Konkurs der Gemeinschuldnerin die Anwendung des § 3 Abs.1 AVRAG ausschließe, seien die Dienstverhältnisse der Kläger nicht auf die Nebenintervenientin übergegangen und bestünden daher gegenüber der Gemeinschuldnerin zu Recht.

Das Gericht zweiter Instanz gab der Berufung des Beklagten aus folgenden Gründen nicht Folge: Nach den Gesetzesmaterialien sei der Begriff "Betrieb" des § 3 Abs.1 AVRAG im Sinne des Arbeitsverfassungsgesetzes zu verstehen, also als organisatorische Einheit, innerhalb welcher eine physische oder juristische Person oder eine Personengemeinschaft mit technischen oder immateriellen Mitteln die Erzielung bestimmter Arbeitsergebnisse fortgesetzt verfolge. Veräußerer sei jede natürliche oder juristische Person, die als Inhaber ausscheide, und Erwerber jede natürliche oder juristische Person, die als Inhaber in den Betrieb eintrete. Für die Anwendbarkeit des § 3 AVRAG sei daher entscheidend, ob die bisherige organisatorische Einheit unter Wahrung ihrer wesentlichen Identität von einem Inhaber auf einen anderen übergehe. Im gegenständlichen Fall könne nicht zweifelhaft sein, daß der bis zum von der Gemeinschuldnerin geführte Betrieb mit dem am von der Nebenintervenientin geführten Betrieb in den wesentlichen Belangen weitgehend identisch sei. Als "Veräußerer" im Sinne des § 3 Abs.2 AVRAG komme nur die als Inhaber des Betriebes ausscheidende Gemeinschuldnerin, nicht aber die OHG in Frage. Der Betrieb der Gemeinschuldnerin sei auch nicht zuerst auf die OHG und erst dann auf die Nebenintervenientin übergegangen. Nach dem wirtschaftlichen Gehalt der Ereignisse könne nicht zweifelhaft sein, daß die als Betriebsinhaberin ausscheidende Gemeinschuldnerin durch die Nebenintervenientin ersetzt worden sei. Im Zeitpunkt des Betriebsüberganges sei aber die Gemeinschuldnerin im Konkurs gewesen, sodaß die Ausnahmebestimmung des § 3 Abs.2 AVRAG Platz greife. Eine teleologische Reduktion dieser Ausnahmebestimmung auf Konkurse, in denen es "zur Zerschlagung des Unternehmens bzw. zur Auflösung des verschuldeten Betriebes kommt", verbiete der unmißverständliche Wortlaut des Gesetzes.

Rechtliche Beurteilung

Der in Ansehung der Ansprüche der Erst- bis Viert-, Acht-, Zehnt-, Dreizehnt-, Fünfzehnt-, Sechzehnt-, Achtzehnt- bis Zweiundzwanzigstkläger erhobenen Revision des Beklagten kommt teilweise Berechtigung zu.

Vorweg ist zur Gerichtsbesetzung auszuführen, daß gegenständlich eine Rechtsstreitigkeit zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis im Sinne des § 50 Abs.1 ASGG vorliegt. Derartige während des Konkursverfahrens streitig werdende Ansprüche, die sonst vor die Arbeits- und Sozialgerichte gehören, waren gemäß § 111 Abs.1 KO aF vor dem Konkursgericht durchzusetzen (§ 178 Abs.2, § 179 Z 3 KO). Die Bestimmungen des ASGG über die Gerichtsbesetzung fanden im Prüfungsprozeß keine Anwendung (SZ 61/249). Durch die ASGG-Novelle 1994 BGBl 624 wurde § 111 Abs.1 KO durch Anfügen eines letzten Satzes "Dies gilt nicht für Arbeitsrechtssachen nach § 50 ASGG" dahin novelliert, daß die ausschließliche Zuständigkeit des Konkursgerichtes für arbeitsrechtliche Prüfungsprozesse beseitigt wurde. Solche Verfahren sind daher nach der geänderten Rechtslage vor dem Arbeits- und Sozialgericht auch dann auszutragen, wenn die Prüfungsklage erst nach der Konkurseröffnung eingebracht wird. Gemäß Art.X § 1 Abs.1, § 2 Z 1 der genannten Novelle ist die neue Zuständigkeitsvorschrift auf Verfahren anzuwenden, in denen die Klage nach dem bei Gericht eingelangt ist. Da die gegenständliche Klage vor diesem Zeitpunkt, nämlich am , beim Erstgericht überreicht wurde, ist somit auf die Bestimmungen des ASGG über die Zuständigkeit und Gerichtsbesetzung nicht Bedacht zu nehmen.

Das Arbeitsvertrags-Anpassungsgesetz (AVRAG) regelt in seinem § 3 den Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Betriebsteilen auf einen anderen Inhaber. Gemäß Abs.1 der genannten Gesetzesstelle tritt im Falle des Überganges eines Unternehmens, Betriebes oder Betriebsteiles auf einen anderen Inhaber dieser als Arbeitgeber mit allen Rechten und Pflichten in die im Zeitpunkt des Überganges bestehenden Arbeitsverhältnisse ein. Diese Bestimmung gilt gemäß Abs.2 nicht im Fall des Konkurses des Veräußerers. Die Formulierung des Abs.1 entspricht Art.1 und Art.3 Abs.1 der Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaften vom zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedsstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Betriebsteilen (77/187/EWG). Aus der Präambel zu dieser Richtlinie ergibt sich, daß Änderungen in den Unternehmensstrukturen, die sich unter anderem aus dem Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Betriebsteilen auf einen anderen Inhaber durch vertragliche Übertragung oder durch Verschmelzung ergeben, Bestimmungen erforderlich machen, die die Arbeitnehmer bei einem Inhaberwechsel schützen und insbesondere die Wahrung ihrer Ansprüche gewährleisten. Die Tragweite der Betriebsübergangs-Richtlinie kann nach der Rechtsprechung des EuGH (EuGHSlg 1991, 4105) nicht allein aufgrund einer wörtlichen Auslegung bestimmt werden. Entscheidend ist vielmehr der Zweck, welcher darin besteht, die Aufrechterhaltung der Rechte der Arbeitnehmer bei einem Wechsel des Unternehmensinhabers so weit wie möglich zu gewährleisten, indem sie den Arbeitnehmern die Möglichkeit einräumt, ihr Beschäftigungsverhältnis mit dem neuen Inhaber zu denselben Bedingungen fortzusetzen, die mit dem Veräußerer vereinbart waren (EuGHSlg 1987, 5465; EuGHSlg 1988, 3057; Tomandl, Arbeitsrechtliche Konsequenzen beim Übergang eines Betriebsteiles, ZAS 1993, 194; Runggaldier, Betriebsübergang und Übergang der Arbeitsverhältnisse, RdW 1992, 377).

Ob die Voraussetzungen für die Annahme eines Betriebsüberganges vorliegen, ist aufgrund der den betreffenden Vorgang kennzeichnenden tatsächlichen Umstände zu beurteilen, wie etwa der Übernahme der materiellen und immateriellen Aktiva und des Großteils der Belegschaft, des Überganges der Kundschaft, des Grades der Ähnlichkeit zwischen der vor und nach dem Übergang verrichteten Tätigkeit und der Dauer einer eventuellen Einstellung dieser Tätigkeit im Zusammenhang mit dem Übergang (EuGHSlg 1986, 1119; Tomandl aaO 195). Das Bundesarbeitsgericht judiziert zu dem insoweit vergleichbaren § 613a BGB, daß ein Betriebsübergang dann vorliege, wenn der neue Inhaber mit den übernommenen sachlichen und immateriellen Betriebsmitteln und mit Hilfe der Arbeitnehmer bestimmte arbeitstechnische Ziele erreichen könne. Es komme auch darauf an, ob die immateriellen Betriebsmittel wie Marktstellung, Kundenkontakte und Auftragsbestand übernommen werden (NJW 86, 451; BAG AP 82 zu § 613a BGB). Kein Betriebsübergang liegt vor, wenn lediglich Arbeitnehmer von einem Betrieb zum anderen wechseln, ohne daß gleichzeitig die organisatorische und wirtschaftliche Einheit in die diese arbeitsmäßig eingebunden waren, mitübergeht. Das Arbeitsverhältnis wird nämlich inhaltlich durch die Verbindung zwischen dem Arbeitnehmer und dem Unternehmen gekennzeichnet, dem er zur Erfüllung seiner Aufgaben angehört (Tomandl aaO 198).

Gemäß § 34 Abs.1 ArbVG gilt jede Arbeitsstätte als Betrieb, die eine organisatorische Einheit bildet, innerhalb derer eine physische oder juristische Person oder eine Personengemeinschaft mit technischen oder immateriellen Mitteln die Erzielung bestimmter Arbeitsergebnisse fortgesetzt verfolgt, ohne Rücksicht darauf, ob Erwerbsabsicht besteht oder nicht. Der Betriebsbegriff der Betriebsverfassung findet im Arbeitsrecht zwar keine schematische bzw. generelle Anwendung, es kommt ihm jedoch grundsätzliche Bedeutung dort zu, wo dies die nach der Gesetzes- und Interessenlage vorzunehmende Wertung gebietet (ArbSlg 10.672; Schwarz/Löschnigg, Arbeitsrecht5, 189). Dem eingangs dargestellten Schutzzweck der Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaften und des AVRAG entspricht es aber ohne weiteres, diese Definition zugrundezulegen. Da sowohl Richtlinie als auch Gesetz auch auf den Begriff des Unternehmens, somit die wirtschaftliche Einheit, in welche Betriebe eingebettet sind, abstellen (vgl. EuGHSlg 1986, 1119, wonach zu prüfen ist, ob eine bestehende wirtschaftliche Einheit veräußert wurde), ist die schon bisher von der Rechtsprechung im Rahmen der Betriebsverfassung vorgenommene Auslegung des Begriffes sachgerecht. Die Zuordnung eines Betriebes zu mehreren rechtlich selbständigen Unternehmen ist in Österreich im Prinzip anerkannt (Mayer-Maly/Marhold, Österreichisches Arbeitsrecht II 123 f; Marhold, Nichtigkeit einer Betriebsratswahl DRdA 1995, 139). Der Verwaltungsgerichtshof hat juristische Personen, die zur Erreichung eines gemeinsamen Zweckes zwar keine Personengemeinschaft mit Rechtspersönlichkeit bilden, wohl aber wirtschaftlich kooperieren, als einen einheitlichen Betrieb im Sinne des Betriebsverfassungsrechtes angesehen. In ArbSlg 8846 ging es darum, daß eine Grundstücks-GmbH aufgrund einer Vereinbarung mit einer Kaufhaus-GmbH ihre eigenen Geschäfte mit Hilfe der Arbeitnehmer der Kaufhaus-GmbH betrieb. Im zweiten Fall hatte eine Gesellschaft Personal und ihre Betriebsräumlichkeiten an eine andere verleast, die selbst nur einen einzigen Angestellten hatte, und mit den geleasten Arbeitnehmern ein Ambulatorium betrieb (RdW 1986, 279). In beiden Fällen kam der Verwaltungsgerichtshof zu dem Schluß, hier liege eine die personellen wie sachlichen Betriebsmittel beider Gesellschaften verbindende einheitliche und beiden Gesellschaften gemeinsame Arbeitsstätte vor, in der trotz des für beide Gesellschaften unterschiedlichen Unternehmensgegenstandes tatsächlich von beiden Gesellschaften ein einheitlicher, durch den Unternehmensgegenstand der zweiten Gesellschaft bestimmter gemeinsamer Betriebszweck verfolgt werde.

Der Oberste Gerichtshof hat in DRdA 1984/19 zur Frage des Weiterbestandes der Betriebsidentität eines Zeitungsunternehmens bei Betriebsinhaberwechsel ausgeführt, daß unter einem Zeitungsunternehmen die zum Zwecke der Herausgabe einer periodischen Druckschrift erfolgte Zusammenfassung rechtlicher, organisatorischer und wirtschaftlicher Mittel zu einer mit dem Erscheinen eines bestimmten Blattes verknüpften Betriebseinheit zu verstehen sei. Nicht der Verlag, in dem eine bestimmte Zeitung erscheint oder die Druckerei, in der sie gedruckt wird, sei die Zeitungsunternehmung, sondern jene Einheit von Mitteln, die ausschließlich auf die Herausgabe eines bestimmten Blattes gerichtet ist. Die komplexe rechtliche und wirtschaftliche Einheit umfasse insbesondere die Verlagsrechte, den good will, die Mitarbeiter, technische Mittel und den Zeitungstitel. In DRdA 1995/7, welche Entscheidung sich abermals mit der Betriebseigenschaft im Zusammenhang mit einem Zeitungsunternehmen auseinanderzusetzen hatte, führte der Oberste Gerichtshof aus, daß der Betriebsinhaber mit dem arbeitsvertraglichen Arbeitgeber nicht identisch sein müsse. Für die Betriebsverfassung sei lediglich bedeutsam, daß die Arbeitnehmer dem Betriebsinhaber so zugeordnet seien, daß sie von diesem zur Verfolgung der Arbeitsergebnisse eingesetzt werden können. Die Frage der Betriebsidentität hänge nicht von der formaljuristischen oder firmenbuchmäßigen Selbständigkeit eines Unternehmens ab. Schon aus dem Wortlaut des § 34 ArbVG ergebe sich, daß auch mehrere rechtlich selbständige Personen gemeinsam eine Arbeitsstätte und damit letztlich auch einen Betrieb unterhalten könnten. Während der Begriff des Betriebes auf die Hervorbringung von Arbeitsergebnissen, mit deren Hilfe die unternehmerische Zielsetzung verwirklicht werden soll, abstelle, enthalte der Begriff des Unternehmens zwar ebenso das Vorliegen einer organisatorischen Einheit, deren Eigenständigkeit aber in bezug auf den kaufmännisch-wirtschaftlichen Zweck gegeben sein müsse.

Mehrere Unternehmen können sich zur Führung eines gemeinsamen Betriebes in Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechtes zusammenschließen, welche gemäß § 1175 ABGB immer dann vorliegt, wenn zwei oder mehrere Personen durch einen Vertrag einwilligen, ihre Mühe allein oder auch ihre Sachen zum gemeinschaftlichen Nutzen zu vereinigen. Diese weitreichende Definition umfaßt die meisten Absprachen zwischen Unternehmen, wie insbesondere Stimmrechtsbindungsverträge, Interessengemeinschaften, Kartelle, Arbeitsgemeinschaften, Kooperationsverträge (Kastner/Doralt/Nowotny, Grundriß des österreichischen Gesellschaftsrechts5 53 f). Da keine gesetzlichen Formvorschriften für die Errichtung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts bestehen, kann eine solche auch unter den Voraussetzungen des § 863 ABGB stillschweigend abgeschlossen werden, es muß jedoch der Wille der Vertragspartner auf die Gründung einer Gesellschaft gerichtet sein. Auch wenn in den meisten Fällen einer betrieblichen Zusammenarbeit mit mehreren Unternehmen diese Voraussetzungen für die Errichtung einer Gesellschaft ohnedies gegeben sein werden, bedarf es aber des Vorliegens einer Gesellschaft bürgerlichen Rechtes nicht, um eine einheitliche Betriebsleitung anzunehmen. Diese kann sowohl innerhalb einer Gesellschaft als auch zwischen mehreren Gesellschaften eingerichtet sein, etwa durch rechtliche Verfügungen der Betriebsinhaber oder auch durch die faktische Ausübung der Leitung. Mehrere Unternehmen können daher auch ohne Gründung einer gemeinsamen Gesellschaft die arbeitsorganisatorische Leitung eines Betriebes einheitlich einrichten und damit Betriebsinhaber sein (S.Gahleitner, Zum Betriebsbegriff - Einheitliche Betriebsleitung durch mehrere Unternehmen DRdA 1995, 18 ff).

Ausgehend von diesen Überlegungen ist für den gegenständlichen Fall vorerst darauf zu verweisen, daß sowohl OHG als auch GesmbH durch denselben Geschäftsführer geleitet und damit schon aufgrund dieser Personenidentität das Vorliegen einer organisatorischen Einheit zu bejahen ist. Auch die rechtlichen Verfügungsmöglichkeiten waren damit in einer Person konzentriert, sodaß nach den vorliegenden Verfahrensergebnissen, insbesondere der festgestellten Gestion der beiden Gesellschaften, ohneweiteres von einer derartig engen Verknüpfung der beiden Gesellschaften (wofür nicht zuletzt die sich aus der im Akt erliegenden Korrespondenz ergebende Beteiligung der OHG mit 30 % am Umsatz der GesmbH spricht) auszugehen ist, daß über das Vorliegen eines bloßen Pachtverhältnisses hinaus die gemeinsame Führung des Betriebes der rechtlichen Beurteilung zugrundegelegt werden muß.

Ausgehend von dem auch bereits von den Vorinstanzen angenommenen Vorliegen eines einheitlichen Betriebes kann aber die Ausnahmebestimmung des § 3 Abs.2 AVRAG über die Nichtgeltung der Regeln über den Betriebsübergang im Falle des Konkurses des Veräußerers nicht streng formal nur an jenes Unternehmen geknüpft werden, mit welchem die Arbeitsverträge abgeschlossen wurden. Wie bereits dargestellt muß der Betriebsinhaber nicht mit dem arbeitsvertraglichen Arbeitgeber identisch sein (DRdA 1995/7). Als Veräußerer traten vielmehr im gegenständlichen Fall der wirtschaftlichen Realität entsprechend sowohl OHG als auch GesmbH, vertreten durch die gemeinsame Geschäftsführerin, auf.

Der Europäische Gerichtshof befaßte sich vor allem in vier Entscheidungen (EuGHSlg 1985, 469; EuGHSlg 1985, 511; EuGHSlg 1985, 519; EuGHSlg 1987, 5465) mit der Anwendbarkeit der Richtlinie im Konkurs des Unternehmens. Nach dieser Judikatur ist Art.1 Abs.1 der Richtlinie über die Anwendbarkeit derselben auf den Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Betriebsteilen auf einen anderen Inhaber nicht auf jene Übergänge anzuwenden, bei welchen über das Vermögen des Veräußerers der Konkurs eröffnet wurde und das betreffende Unternehmen oder der betreffende Betrieb zur Konkursmasse gehörte (vgl. Heinze, Probleme des Betriebs(teil)überganges aus der Sicht der Europäischen Union und Deutschlands in Tomandl, Wr.Beiträge zum Arbeits- und Sozialrecht, Der Betriebs(teil)übergang im Arbeitsrecht, 22). In seiner Entscheidung EuGH NZA 1993, 137 stellte der Europäische Gerichtshof allerdings die uneingeschränkte Geltung der Richtlinie dann fest, wenn im Rahmen eines Insolvenzverfahrens der Übergang eines sich in der Krise befindenden Unternehmens zum Zwecke der Fortsetzung der Geschäftstätigkeit angeordnet werde, und zwar gelte dann die Richtlinie solange, wie diese Anordnung der Fortsetzung der Geschäftstätigkeit in Kraft bleibe. Es soll hier jedoch nur eine Tendenz der Rechtsprechung des EuGH aufgezeigt werden, ohne daß abschließend geprüft werden müßte, ob daher die Einschränkung in den Erläuternden Bemerkungen (1077 BlgNR 18.GP, 11), daß die Ausnahme des § 3 Abs.2 AVRAG deshalb vorgesehen worden sei, weil es im Konkurs in der Regel zur Zerschlagung des Unternehmens bzw. zur Auflösung des verschuldeten Betriebes komme, tatsächlich eine teleologische Reduktion der genannten Gesetzesstelle in diesem Sinne erforderlich macht. Der zitierten Rechtsprechung des EuGH kann nämlich jedenfalls entnommen werden, daß die Bestimmung des § 3 Abs.2 AVRAG keinesfalls ausdehnend ausgelegt werden darf, sondern sie im strengen, insbesondere Umgehungen von Richtlinie und Gesetz weitestgehend ausschließenden Sinne zu verstehen ist.

Wird daher wie im gegenständlichen Falle ein einheitlicher Betrieb von zwei Unternehmen geführt, sind zumindest dann beide Unternehmen als Veräußerer im Sinne des § 3 Abs.2 AVRAG anzusehen, wenn gerade das Unternehmen, welches die materiellen Betriebsmittel zur Verfügung stellt, nicht in Konkurs verfallen ist. Es kann dann nicht zur Anwendung der genannten Ausnahmebestimmung kommen.

Gemäß Art.4 Abs.1 der Richtlinie stellt der Übergang eines Unternehmens, Betriebes oder Betriebsteiles als solcher für den Veräußerer oder Erwerber keinen Grund zur Kündigung dar. Der Europäische Gerichtshof judiziert hiezu (EuGHSlg 1988, 3057), daß nur diejenigen Arbeitnehmer Ansprüche aus der Richtlinie herleiten können, deren Arbeitsvertrag oder Arbeitsverhältnis zum Zeitpunkt des Überganges bestehe. Ob zu diesem Zeitpunkt das Arbeitsverhältnis aufrecht sei, sei nach dem innerstaatlichen Recht der Mitgliedsstaaten zu beurteilen. Dabei seien aber die zwingenden Vorschriften der Richtlinie über den Schutz der Arbeitnehmer gegen eine wegen des Überganges erfolgte Kündigung zu beachten. Arbeitnehmer, deren Arbeitsvertrag oder Arbeitsverhältnis vor dem Übergang unter Verstoß gegen das Kündigungsverbot der Richtlinie beendet worden sei, seien zum Zeitpunkt des Überganges als noch bei dem Unternehmen beschäftigt anzusehen, was zur Folge habe, daß die ihnen gegenüber bestehenden Arbeitgeberpflichten kraft Gesetzes vom Veräußerer auf den Erwerber übergehen. Um zu bestimmen, ob die Kündigung allein durch den Übergang begründet gewesen sei, seien die objektiven Umstände zu berücksichtigen, unter denen die Kündigung erfolgt sei, wie vor allem die Tatsache, daß die Kündigung zu einem Zeitpunkt nahe dem des Überganges wirksam geworden sei und daß die betroffenen Arbeitnehmer vom Erwerber wieder eingestellt worden seien. In diesem Sinne judizieren auch die deutschen Arbeitsgerichte (vgl. Heinze, aaO 21). § 613a Abs.4 BGB erklärt die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Arbeitnehmers durch den bisherigen Arbeitgeber oder durch den neuen Inhaber wegen des Überganges eines Betriebes oder eines Betriebsteiles als unwirksam. Eine vergleichbare Regelung kennt das AVRAG nicht. Gleichwohl muß man die Unwirksamkeit einer derartigen Kündigung auch für den österreichischen Rechtsbereich dann bejahen, wenn die Beendigung des Arbeitsverhältnisses im wesentlichen nur dazu dienen soll, die grundsätzlich nur relativ zwingenden Bestimmungen des AVRAG (§ 8) zu unterlaufen. Aus dem Sinn des § 3 Abs.1 AVRAG ist ein Verbot derartiger Kündigungen, welche durch den allgemeinen Kündigungsschutz nicht generell verhindert werden können, abzuleiten (Grillberger, Betriebsübergang und Arbeitsverhältnis - Neuregelung durch das AVRAG, WBl 1993, 307, Holzer, Kündigungen bei Betriebsübergängen, DRdA 1995, 375 f).

Die mehrfach zitierte Richtlinie soll nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes sicherstellen, daß den durch den Betriebsübergang betroffenen Arbeitnehmern ihre Ansprüche aus dem Arbeitsvertrag bzw. dem Arbeitsverhältnis erhalten bleiben. Dieser Schutz ist der Verfügung der Parteien des Arbeitsvertrages entzogen, insbesondere sind die Bestimmungen der Richtlinie über den Schutz der Arbeitnehmer gegen eine Kündigung aufgrund des Betriebsüberganges als zwingend in dem Sinne anzusehen, daß von ihnen nicht zum Nachteil des Arbeitnehmers abgewichen werden darf. Daraus folgt, daß die betroffenen Arbeitnehmer nicht auf die Rechte (hier: den Kündigungsschutz) verzichten können, die ihnen aufgrund der Richtlinie zustehen und daß eine Verkürzung dieser Rechte selbst mit ihrer Zustimmung unzulässig ist. An dieser Auslegung ändert auch der Umstand nichts, daß der Arbeitnehmer als Ausgleich für die Nachteile, die ihm aufgrund einer Änderung seines Arbeitsverhältnisses entstehen, neue Vorteile solcher Art erhält, daß er insgesamt gesehen nicht schlechter gestellt ist als vorher (EuGHSlg 1988, 739; S.Gahleitner, Arbeitskräfteüberlassung und Betriebsübergang DRdA 1994, 382). Die in Richtlinie und Gesetz vorgesehene Eintrittsautomatik wirkt daher unabhängig vom allenfalls gegenteiligen Wollen des bisherigen und des neuen Inhabers ebenso wie des einzelnen betroffenen Arbeitnehmers. Letzterem steht zwar frei, das Arbeitsverhältnis nach dessen Übergang mit dem neuen Unternehmensinhaber nicht fortzusetzen (vgl. S.Gahleitner aaO 381 mwN), ein darüber hinausgehendes Recht durch einvernehmliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Veräußerer und Abschluß eines neuen Arbeitsvertrages mit dem Übernehmer die Bestimmungen des AVRAG zu Lasten Dritter - hier des Insolvenz-Ausfallgeld-Fonds und der übrigen Konkursgläubiger - zu umgehen, steht ihm jedoch nicht zu. Die parallele Gebundenheit des Arbeitnehmers ergibt sich unzweifelhaft aus der Existenz des speziell eingeschränkten Widerspruchsrechtes (§ 3 Abs.4 AVRAG) und des begünstigten Selbstkündigungsrechtes gegenüber dem Betriebsnachfolger (§ 3 Abs.5 AVRAG). Beides würde zumindest in der Kombination und wegen der materiellen Einschränkungen anderenfalls keinen Sinn machen (Schrank, Eintrittsautomatik bei Betriebsübergang (I) ecolex 1993, 542).

Entgegen der Ansicht der Kläger sind nicht nur diese allein zur Geltendmachung der Unwirksamkeit der einvernehmlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses legitimiert, sondern kommt diese Legitimation jedenfalls auch dem Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen des ehemaligen Arbeitgebers zu. Dieser ist nämlich schon in Anbetracht der im § 7 IESG normierten Bindungswirkung verpflichtet, auch die Interessen des Insolvenz-Ausfallgeld-Fonds (vgl. EvBl 1991/4; SZ 61/249; ZAS 1991/15) sowie der übrigen Konkursgläubiger zu wahren.

Da somit die einvernehmliche Beendigung der Dienstverhältnisse mit der GesmbH und der geradezu unmittelbar anschließende Abschluß neuer Verträge mit der Nebenintervenientin für einen im wesentlichen gleichartigen Arbeitsbereich als im Sinne des § 879 ABGB unwirksames Umgehungsgeschäft anzusehen ist, ist die Beendigung der Arbeitsverhältnisse als unwirksam zu qualifizieren und sind die Kläger - mit Ausnahme des Zwanzigstklägers, wie noch darzustellen sein wird - so zu behandeln, als wären ihre Dienstverträge im Zeitpunkt des Betriebsüberganges noch aufrecht gewesen.

Gemäß § 6 Abs.1 AVRAG haftet der Veräußerer - soferne nicht für den Arbeitnehmer günstigere Regelungen bestehen - für Verpflichtungen aus einem Arbeitsverhältnis, die vor dem Zeitpunkt des Überganges begründet wurden, mit dem Erwerber zur ungeteilten Hand. Gemäß Abs.2 der genannten Gesetzesstelle haftet der Veräußerer für Abfertigungsansprüche, die nach dem Betriebsübergang entstehen, nur mit jenem Betrag, der dem fiktiven Abfertigungsanspruch im Zeitpunkt des Betriebsüberganges entspricht. Die Kläger machen im Verfahren neben Kündigungsentschädigung und anteiligen Sonderzahlungen auch Abfertigungsansprüche geltend. Diese sind als aufschiebend bedingte Forderungen zu qualifizieren. Gemäß § 16 KO kann, wer eine bedingte Forderung hat, das Begehren auf Sicherstellung der Zahlung für den Fall des Eintrittes der aufschiebenden Bedingung stellen. Die Sicherstellung hat gemäß § 133 Abs.2 KO durch gerichtlichen Erlag zu erfolgen (SZ 33/14; SZ 49/137; SZ 54/100). Der Teilnahmeanspruch darf während der Schwebe der Bedingung nur mit dieser Beschränkung ausgeübt und festgestellt werden. Der Zuspruch ist auch bei Feststellungsklagen nach § 110 KO als "minus" zulässig (SZ 56/196; RdW 1988, 319). Allerdings hat gemäß § 137 Abs.2 KO der gerichtliche Erlag des auf die Forderung entfallenden Betrages zu unterbleiben, wenn der Eintritt der Bedingung so unwahrscheinlich ist, daß die bedingte Forderung gegenwärtig keinen Vermögenswert hat. Die Sicherstellung hat daher zu unterbleiben, wenn zur Zeit der Schlußverteilung nicht mit dem Eintritt der Bedingung gerechnet werden kann (Petschek/Reimer/Schiemer, Das österreichische Insolvenzrecht 117).

Sämtlichen Klägern, deren Ansprüche im Revisionsverfahren zu prüfen waren, mit Ausnahme des Zwanzigstklägers stehen daher gegen die Beklagte die geltend gemachten Ansprüche nicht zu, da ihre Arbeitsverhältnisse gemäß § 3 Abs.1 AVRAG auf die Nebenintervenientin übergegangen sind und die in § 6 Abs.2 AVRAG normierte Haftung des Veräußerers für Abfertigungsansprüche eine Sicherstellung im Konkurs nicht rechtfertigt.

In Ansehung des Zwanzigstklägers ist die Revision zwar zulässig, weil die zu entscheidende Rechtsfrage bisher an den Obersten Gerichtshof nicht herangetragen wurde, aber nicht berechtigt.

Nach den Feststellungen ist der Zwanzigstkläger kein neues Dienstverhältnis bei der Nebenintervenientin eingegangen, sondern nach Beendigung seiner Tätigkeit bei der nachmaligen Gemeinschuldnerin in Ruhestand getreten. Wie bereits dargelegt, steht es dem Arbeitnehmer frei, auf den in Richtlinie und Gesetz vorgesehenen Schutz freiwillig zu verzichten und mit dem Veräußerer zu vereinbaren, daß sein Arbeitsverhältnis nicht auf den Erwerber übergehe. Der Arbeitnehmer kann nämlich nicht verhalten sein, für einen Arbeitgeber zu arbeiten, den er nicht frei gewählt hat (Schrank, Eintrittsautomatik bei Betriebsübergang (I), ecolex 1993, 542; S.Gahleitner, Arbeitskräfteüberlassung und Betriebsübergang DRdA 1994, 383 mwH). In einem derartigen Fall bleibt der Veräußerer alleiniger Schuldner des Arbeitnehmers (vgl. Heinze, aaO 13). Die im übrigen dem Grunde und der Höhe nach nicht mehr strittigen Ansprüche des Zwanzigstklägers gegen die Beklagte bestehen daher zu Recht.

Es war daher wie im Spruche zu entscheiden.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 50, 41 ZPO unter Bedachtnahme auf § 46 Abs.1 ZPO.

Entscheidungstext

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Huber als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Petrag, Dr.Langer, Dr.Rohrer und Dr.Adamovic als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Walter B*****, 2. Miroslav B*****, 3. Caroline D*****, 4. Josef F*****, 5. Franz F*****, 6. Wilhelm H*****, 7. Walter H*****, 8. Luka K*****, 9. Werner L*****, 10. Udo M*****, 11. Nenad N*****, 12. Gordana P*****,

13. Johann P*****, 14. Christian R*****, 15. Alfred S*****, 16. Georg S*****, 17. Ljubomir S*****, 18. Johann S*****, 19. Thomas T*****,

20. Stefan W*****, 21. Norbert W*****, 22. Alois Z*****, alle vertreten durch Dr.Robert Krepp, Rechtsanwalt in Wien, und der auf Seite der klagenden Parteien beigetretenen Nebenintervenientin W***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Norbert Nagele, Dr.Klaus Haslinger, Dr.Christoph Zepp, Dr.Thomas Kurt, Mag.Wilhelm Bergthaler, Rechtsanwälte in Linz, wider die beklagte Partei Dr.Helmut Platzgummer, Rechtsanwalt, 1010 Wien, Wollzeile 24, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der W***** Transportgesellschaft mbH, ***** wegen S 3,063.136 sA, über den Antrag der klagenden Parteien auf Ergänzung des Urteiles des Obersten Gerichtshofes vom , GZ 8 Ob 15/95 (25 Cg 20/94-20 des Handelsgerichtes Wien), in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:

Spruch

Das Urteil des Obersten Gerichtshofes vom , 8 Ob 15/95, wird in seiner Kostenentscheidung dahin ergänzt und berichtigt, daß als letzter Absatz im Spruch eingefügt wird:

"Durch diesen Kostenausspruch tritt die Kostenentscheidung im Urteil erster Instanz in Ansehung der klagenden Parteien mit S 127.481.- und in Ansehung der Nebenintervenientin mit S 48.791.- sowie im Urteil zweiter Instanz in Ansehung der klagenden Parteien mit S 65.419.- und in Ansehung der Nebenintervenientin mit S 50.881.- außer Kraft."

Die antragstellenden klagenden Parteien haben die Kosten ihres Ergänzungsantrages selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Beide Vorinstanzen gaben dem Begehren der insgesamt 22 klagenden Parteien Folge. Das Erstgericht erkannte die beklagte Partei schuldig, den klagenden Parteien die mit S 137.817,86 und der auf ihrer Seite beigetretenen Nebenintervenientin die mit S 52.747,60 bestimmten Verfahrenskosten zu ersetzen. Das Gericht zweiter Instanz erkannte die beklagte Partei schuldig, den klagenden Parteien die mit S 70.723,36 und der Nebenintervenientin die mit S 55.007,06 bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens zu ersetzen. In Anbetracht der fünft-, sechst-, siebent-, neunt-, elft-, zwölft-, vierzehnt- und siebzehntklagenden Parteien erwuchs das Urteil des Berufungsgerichtes in Rechtskraft, da wegen des S 50.000 nicht übersteigenden Wertes des Entscheidungsgegenstandes die Revision jedenfalls unzulässig war. Hinsichtlich der übrigen klagenden Parteien erhob die beklagte Partei Revision (hinsichtlich der zwanzigstklagenden Partei außerordentliche Revision). Die klagenden Parteien beteiligten sich nicht am Revisionsverfahren. Lediglich die auf ihrer Seite dem Verfahren beigetretene Nebenintervenientin erstattete Revisionsbeantwortung.

Mit seinem Urteil vom bestätigte der Oberste Gerichtshof in Ansehung der zwanzigstklagenden Partei das Berufungsurteil und änderte darüber hinaus die Urteile der Vorinstanzen dahin ab, daß das Klagebegehren hinsichtlich der erst-, zweit-, dritt-, viert-, acht-, zehnt-, dreizehnt-, fünfzehnt-, sechstzehnt-, achtzehnt-, neunzehnt-, einundzwanzigst- und zweiundzwanzigstklagenden Parteien abgewiesen wurde. Diese klagenden Parteien wurden schuldig erkannt, der beklagten Partei aufgrund der jeweiligen Streitwerte anteilig errechnete Verfahrenskosten zu ersetzen. Die beklagte Partei wurde schuldig erkannt, der (auch) auf Seiten der zwanzigstklagenden Partei beigetretenen Nebenintervenientin anteilige Verfahrenskosten zu ersetzen.

Mit ihrem Urteilsergänzungsantrag begehrten die im Revisionsverfahren unterlegenen klagenden Parteien die Ergänzung der Kostenentscheidung. Es fehle eine Entscheidung über das Kostenersatzbegehren der in allen drei Instanzen erfolgreichen zwanzigstklagenden Partei und es sei eine Kostenentscheidung hinsichtlich jener klagenden Parteien unterblieben, die im Hinblick auf die Unzulässigkeit der Bekämpfung der bestätigenden Berufungsentscheidung mit ihrem Klagebegehren rechtskräftig durchgedrungen seien. Die Revisionsentscheidung habe zur Folge, daß die Kostenentscheidungen der Vorinstanzen, in denen allen Klägern jeweils ein gemeinsamer Kostenbetrag zugesprochen worden war, zur Gänze weggefallen sei. Es wäre daher in der Revisionsentscheidung auch eine neue Entscheidung über das Kostenersatzbegehren dieser Kläger zu fällen gewesen.

Rechtliche Beurteilung

Dem Urteilsergänzungsantrag kommt teilweise Berechtigung zu.

Sämtliche klagenden Parteien, hinsichtlich welcher die Ergänzung der Kostenentscheidung begehrt wird, haben sich am Revisionsverfahren nicht beteiligt. Ein Zuspruch von Kosten des Revisionsverfahrens an die zwanzigstklagende Partei kam daher schon aus diesem Grunde nicht in Frage. Die Kostenentscheidungen erster und zweiter Instanz erwuchsen - insoweit sie von der meritorischen Entscheidung des Obersten Gerichtshofes nicht berührt wurden - in Rechtskraft, sodaß dem Obersten Gerichtshof eine Neubemessung verwehrt war. Allerdings ist den antragstellenden klagenden Parteien insoweit beizupflichten, daß darüber Unklarheit bestehen kann, in welchem Umfang die Kostentitel der Vorinstanzen aufgrund der abändernden Entscheidung des Obersten Gerichtshofes beseitigt wurden. Dieser Ausspruch war nachzuholen, wobei wegen der erheblich differierenden Streitwerte § 46 Abs 1 zweiter Satz ZPO analog angewendet wurde. Stellt man die Summe der eingeklagten Streitwerte der Summe der im Revisionsverfahren abgewiesenen Ansprüche gegenüber, ergibt sich, daß die vom Klagevertreter in den beiden Vorinstanzen auf der Basis des Gesamtstreitwertes verzeichneten Kosten im Umfang von rund 92,5 % von der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes insoweit betroffen wurden als die im Revisionsverfahren unterlegenen klagenden Parteien diesbezüglich keinen Kostenersatzanspruch mehr haben.

Das Außerkrafttreten der Kostenentscheidungen der Vorinstanzen war daher mit den diesem Prozentsatz entsprechenden Kapitalsbeträgen hinsichtlich der antragstellenden klagenden Parteien mit Ergänzungsurteil (RZ 1974/41) festzustellen. Hinsichtlich der auf Seiten der klagenden Parteien dem Verfahren beigetretenen Nebenintervenientin, auf deren Kostenersatzanspruch die dargestellten Erwägungen ebenfalls zutreffen, konnte gemäß § 419 ZPO mit einer Berichtigung der die Kosten betreffenden Entscheidungen erster und zweiter Instanz vorgegangen werden.

Da die antragstellenden klagenden Parteien in der Hauptsache zur Gänze unterlegen sind, haben sie keinen Anspruch auf Ersatz der Kosten ihres Ergänzungsantrages (vgl Rechberger in Rechberger ZPO § 423 Rdz 8).

Zusatzinformationen


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Rechtsgebiet
Zivilrecht
ECLI
ECLI:AT:OGH0002:1995:0080OB00015.95.1012.000
Datenquelle

Fundstelle(n):
LAAAD-93718

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