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OGH vom 24.02.2009, 10ObS194/08i

OGH vom 24.02.2009, 10ObS194/08i

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Dr. Schinko als Vorsitzenden, die Hofräte Dr. Fellinger und Hon.-Prof. Dr. Neumayr sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Dr. Wolfgang Höfle und Dr. Michael Umfahrer (beide aus dem Kreis der Arbeitgeber) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Engelbert O*****, Pensionist, *****, vertreten durch Prof. Haslinger & Partner, Rechtsanwälte in Linz, gegen die beklagte Partei Sozialversicherungsanstalt der Bauern, Ghegastraße 1, 1031 Wien, wegen Betriebsrente, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 11 Rs 69/08h-10, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts Steyr als Arbeits- und Sozialgericht vom , GZ 24 Cgs 7/08p-6, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe :

Mit Urteil vom hat das Landesgericht Steyr als Arbeits- und Sozialgericht festgestellt, dass es sich bei der Erkrankung des Klägers - allergisches Asthma bronchiale bei Allergie auf Vorrats- bzw Lagermilben - um eine Berufskrankheit gemäß § 148e Abs 1 BSVG infolge Aufgabe der schädigenden Erwerbstätigkeit ab handelt. Der in diesem Verfahren beigezogene Sachverständige für Pneumologie Prim. Dr. Josef E***** hatte aufgrund einer Untersuchung des Klägers vom in seinem Gutachten vom , bei Gericht eingelangt am , festgehalten, dass die Erkrankung des Klägers durch die Ausübung der die Versicherung begründenden Beschäftigung bedingt sei und die Minderung der Erwerbsfähigkeit 30 vH betrage.

Über Antrag des Klägers vom wurde ihm von der beklagten Sozialversicherungsanstalt der Bauern ab die Erwerbsunfähigkeitspension zuerkannt.

Mit Bescheid vom hat die beklagte Partei die Gewährung einer Betriebsrente für die Folgen der anerkannten Berufskrankheit gemäß § 149d BSVG mit der Begründung abgelehnt, dass der Kläger zum Zeitpunkt des Rentenanfalls () bereits eine eigene Pension nach dem BSVG bezogen habe.

Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger Klage mit dem Begehren auf Zuspruch einer 30%igen Betriebsrente im gesetzlichen Ausmaß für die Folgen der Berufskrankheit. Aufgrund des Urteils vom habe er im Vertrauen auf die geltende Rechtslage davon ausgehen dürfen, dass ihm (im Hinblick auf den Eintritt des Versicherungsfalls am ) ab von der beklagten Partei eine Betriebsrente gewährt werde. Zum Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalls mit sei er noch nicht in Pension gewesen. Durch die Änderung des § 149d Abs 1 BSVG mit BGBl I 2006/60, ausgegeben am , sei seine Situation mit Wirkung für die Vergangenheit wesentlich verschlechtert worden, da die geänderte Rechtslage gemäß § 302 Abs 2 BSVG auf alle Versicherungsfälle anwendbar sei, die nach dem eingetreten seien. Hätte er zum Zeitpunkt der Pensionsantragstellung von der beabsichtigten rückwirkenden Gesetzesänderung gewusst, hätte er die Erwerbsunfähigkeitspension erst nach der Gewährung der Betriebsrente durch die beklagte Partei beantragt. Es liege ein Eingriff von erheblichem Gewicht in die bestehende Rechtslage vor, da er ohne diese rückwirkende Bestimmung ab jedenfalls eine Betriebsrente im Ausmaß von 30 vH der Vollrente erhalten hätte. Die rückwirkende Änderung des § 149d Abs 1 BSVG iVm § 302 Abs 1 BSVG sei wegen Verstoßes gegen den Gleichheitssatz verfassungswidrig.

Die beklagte Partei wandte ein, dass mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs vom die Wortfolge „und für den Versehrten zum Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalles noch kein Pensionsbezug aus eigener Pension gegeben ist" in § 149d Abs 1 erster Satz BSVG idF BGBl I 1998/140 als verfassungswidrig aufgehoben worden sei; der Verfassungsgerichtshof habe ausgesprochen, dass die Aufhebung mit Ablauf des in Kraft trete. Zur inhaltlichen Begründung habe der Verfassungsgerichtshof ausgeführt, dass zwischen einer Pensionsleistung aus einer anderen Beschäftigung als jener in der Land- und Forstwirtschaft und dem Bezug einer Betriebsrente aufgrund eines Arbeitsunfalls nach dem BSVG überhaupt kein Sachzusammenhang bestehe, der eine Regelung wie die angefochtene allenfalls rechtfertigen könnte. In Entsprechung dieses Erkenntnisses sei § 149d Abs 1 BSVG mit dem Bundesgesetz BGBl I 2006/60 insofern novelliert worden, als ein Anspruch auf Betriebsrente nur dann bestehe, wenn zum Zeitpunkt des Rentenanfalls (davor: zum Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalls) noch keine Pension aus eigener Pensionsversicherung nach dem BSVG bezogen werde. Gemäß der Schlussbestimmung des § 302 Abs 2 BSVG in der Fassung des erwähnten Bundesgesetzes sei § 149d Abs 1 BSVG in der geänderten Fassung nur auf Versicherungsfälle anwendbar, die nach dem eingetreten seien.

Ein schützenwertes Vertrauen des Klägers habe schon deshalb nicht beeinträchtigt werden können, weil zum Zeitpunkt der Antragstellung auf Erwerbsunfähigkeitspension am das Gutachten des Sachverständigen Prim. Dr. Josef E***** noch nicht vorgelegen sei. Da demgegenüber zu diesem Zeitpunkt (Antragstellung auf Erwerbsunfähigkeitspension) das VfGH-Erkenntnis bereits bekannt gewesen sei, hätte dem Kläger bewusst sein müssen, dass die gegenständliche Regelung, auf die er vertrauen habe wollen, jedenfalls ab eine Änderung durch den Gesetzgeber erfahren müsse. Mit der geänderten Rechtslage sei zwar ein rückwirkender Eingriff erfolgt, aber nur dahingehend, dass damit eine Enttäuschung von wirtschaftlichen Erwartungen in der Zukunft verbunden gewesen sei, während in laufende Betriebsrenten nicht eingegriffen worden sei. Weiters sei zu berücksichtigen, dass das in § 149d Abs 1 Z 2 BSVG idF BGBl I 2006/60 determinierte Abstellen auf den Rentenanfall den Zweck verfolgt habe, bisherige ungewollte Begünstigungen zu beseitigen. Sei im ersten Jahr nach Eintritt des Versicherungsfalls (sohin bis zum Rentenanfall) eine Eigenpension gewährt worden, so sei es ungewollt zu einer unbefristeten Gewährung der Betriebsrente ohne die Möglichkeit des Wegfalls der Rente nach § 148i Abs 1 BSVG gekommen. Es sei daher nicht nur zweckmäßig, sondern aus verfassungsrechtlicher Sicht auch geboten gewesen, in § 149d Abs 1 BSVG auf den Zeitpunkt des Rentenanfalls abzustellen.

Das Erstgericht hat das Klagebegehren abgewiesen. Der bekämpfte Bescheid entspreche der geltenden Rechtslage; die vom Kläger in Zweifel gezogene Verfassungsmäßigkeit der Neuregelung des § 149d Abs 1 BSVG könne in erster Instanz nicht überprüft werden.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers, in der dieser erneut die Verfassungsmäßigkeit des § 302 Abs 2 BSVG bezweifelte, nicht Folge.

Dem Gesetzgeber sei die Erlassung von Gesetzen mit rückwirkenden Eingriffen in gegebene Rechtspositionen erlaubt, sofern die Rückwirkung mit dem Gleichheitsgrundsatz vereinbar sei. Dies sei nicht der Fall, wenn die Normunterworfenen durch einen Eingriff von erheblichem Gewicht in einem berechtigten Vertrauen auf die Rechtslage enttäuscht würden und nicht etwa besondere Umstände diese Rückwirkung verlangten, etwa indem sie sich als notwendig erweise, um eine sonst eintretende Gleichheitswidrigkeit zu vermeiden. Dem Gesetzgeber sei es also nicht verwehrt, von einem einmal gewählten Ordnungsprinzip abzugehen, sofern die betreffende Regelung an sich sachlich begründbar sei. Ob und inwieweit im Ergebnis ein sachlich nicht gerechtfertigter und damit gleichheitswidriger Eingriff vorliege, hänge vom Ausmaß des Eingriffs und vom Gewicht der für die Rückwirkung sprechenden Gründe ab.

Den verfassungsrechtlichen Bedenken des Klägers gegen die mit § 302 Abs 2 BSVG rückwirkend mit in Kraft gesetzte Bestimmung des § 149d Abs 1 BSVG sei Folgendes entgegenzuhalten:

Zunächst zeige im speziellen Fall schon die zeitliche Abfolge, dass der Kläger nicht nur im Vertrauen darauf, dass er aufgrund des lungenfachärztlichen Gutachtens eine Betriebsrente erhalten würde, disponiert und den Antrag auf Gewährung der Erwerbsunfähigkeitspension gestellt haben könne. Dazu komme, dass er aufgrund des aufhebenden Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofs vom damit rechnen habe müssen, dass der Gesetzgeber ab eine neue Regelung - allenfalls mit einem rückwirkenden Geltungszeitraum - in Kraft setzen werde, weshalb er nicht auf den Fortbestand einer bestimmten Rechtslage vertrauen habe dürfen.

Aber auch der vom Gesetzgeber mit dem Leistungsrecht der bäuerlichen Unfallversicherung verfolgte Zweck der Betriebsrente lasse eine - vom Kläger im Übrigen nicht näher dargelegte - Ungleichbehandlung nicht erkennen. Betriebsrenten würden vor allem der Weiterführung des Betriebs dienen und einen echten Ausgleich für den unfallbedingten, auf Dauer eingetretenen Einkommensverlust bieten. Da Versehrten, die sich bereits in Pension befänden, als Ersatz für das entfallende Erwerbseinkommen im Regelfall die Pensionsleistung zur Verfügung stehe, solle die Alterssicherung der Absicherung des unfallbedingten Entfalls des Erwerbseinkommens vorgehen. In diesem Konzept sei es nur konsequent und im Rahmen des rechtspolitischen Spielraums des Gesetzgebers gelegen, neben einer Alterspension, deren Höhe aufgrund der Besonderheiten bei der Ermittlung der Beitragsgrundlagen nach dem BSVG in der Regel durch die geminderte Arbeitsfähigkeit des Landwirts nicht vermindert sein werde, die insoweit für die Aufrechterhaltung des Betriebs im bisherigen Umfang nicht mehr erforderliche Betriebsrente nicht (weiter) zu gewähren. Mit einem solchen System stehe dann aber notwendigerweise auch eine Regelung im Einklang, wonach die Betriebsrente mit dem Anfall eines anderen Anspruchs auf eine Eigenpension ende, sofern dies eine Betriebsaufgabe voraussetze. Dies sei aufgrund des gesetzlichen Erfordernisses der Aufgabe der Erwerbstätigkeit ua Voraussetzung für den Anfall einer Pension aus dem Versicherungsfall der Erwerbsunfähigkeit nach dem BSVG (§ 51 Abs 2 Z 2 3. Satz BSVG). In diesem Sinn bestünden auch gegen den Wegfall der Betriebsrente bei Anfall einer Pension aus dem Versicherungsfall der Erwerbsunfähigkeit nach dem BSVG keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Aufgrund des vom Gesetzgeber verfolgten Zwecks des Leistungsrechts der bäuerlichen Unfallversicherung, grundsätzlich Doppelbezüge von Betriebsrente und Eigenpension zu vermeiden, sei der mit der Novelle BGBl I 2006/60 vorgenommene Eingriff in die Rechtsposition des Klägers sachlich durchaus gerechtfertigt.

Die Änderung des § 149d Abs 1 BSVG sei auch notwendig gewesen, um eine mit dem Zweck des Leistungsrechts der bäuerlichen Unfallversicherung ungewollte Begünstigung zu vermeiden: Vor der Novelle BGBl I 2006/60 habe nämlich eine gewährte Betriebsrente gemäß § 148i Abs 1 BSVG nicht wegfallen können, wenn dem Versicherten noch im ersten Jahr nach Eintritt des Versicherungsfalls eine Eigenpension gewährt worden sei.

Das Berufungsgericht teile daher die verfassungsrechtlichen Bedenken des Klägers nicht.

Die Revision sei zulässig, weil der Oberste Gerichtshof zu den vom Kläger konkret vorgetragenen verfassungsrechtlichen Bedenken inhaltlich noch nicht Stellung genommen habe.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung im Sinne einer Stattgebung des Klagebegehrens abzuändern.

Die beklagte Partei hat sich am Revisionsverfahren nicht beteiligt.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig; sie ist jedoch nicht berechtigt.

Der Kläger macht in seiner Revision inhaltlich weiterhin allein verfassungsrechtliche Bedenken gegen die mit § 302 Abs 2 BSVG (BGBl I 2006/60) rückwirkend für alle nach dem eingetretenen Versicherungsfälle in Kraft gesetzte Bestimmung des § 149d Abs 1 BSVG geltend. Er habe ab dem Urteil des Landesgerichts Steyr vom im Hinblick auf die geltende Rechtslage (§ 149d BSVG in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl I 2006/60) darauf vertrauen dürfen, dass ihm die beklagte Partei ab (das ist ein Jahr nach Eintritt des Versicherungsfalls am ) eine Betriebsrente im Ausmaß von 30 vH der Vollrente gewähren müsse. Damit der Versicherungsfall eintrete, habe er seine Erwerbstätigkeit als Landwirt aufgeben müssen. Durch die Änderung des § 149d Abs 1 BSVG mit Wirkung für die Vergangenheit habe sich die rechtliche Situation des Klägers wesentlich verschlechtert; sein berechtigtes Vertrauen auf die bestehende Rechtslage sei plötzlich und intensiv und ohne sachliche Rechtfertigung enttäuscht worden. Die rückwirkende Änderung sei daher wegen Verstoßes gegen den Gleichheitssatz verfassungswidrig.

Dazu wurde erwogen:

Der Oberste Gerichtshof erachtet die Begründung des Urteils des Berufungsgerichts für zutreffend (§ 510 Abs 3 ZPO). Den Revisionsausführungen ist Folgendes zu erwidern:

1. Mit der 22. Novelle zum BSVG, BGBl I 1998/140, wurde das Recht der bäuerlichen Unfallversicherung für Versicherungsfälle, die ab dem eintreten, grundlegend neu geregelt. Das Kernstück der Reform bildete die Ausformung eines auf das bäuerliche Berufsleben abgestimmten eigenständigen Leistungsrechts. Als Leistung der Unfallversicherung wurde unter anderem die Betriebsrente eingeführt.

Nach den Gesetzesmaterialien (RV 1236 BlgNR 20. GP 30 f) bezweckt die Unfallversicherung im bäuerlichen Bereich primär die Aufrechterhaltung der Betriebsführung durch Ersatz jenes Teils des Erwerbseinkommens, der infolge des Arbeitsunfalls bzw der Berufskrankheit nicht mehr erworben werden kann. Betriebsrenten sollen daher vor allem der Weiterführung des Betriebs dienen und einen echten Ausgleich für den unfallsbedingten, auf Dauer eingetretenen, Einkommensverlust bieten. Der Anfallszeitpunkt der Betriebsrente (nach einem Zeitraum von 12 Monaten nach dem Eintritt des Versicherungsfalls) wird aus den Produktionsabläufen in der Landwirtschaft abgeleitet; ein früherer konkreter Einkommensabfall soll durch das Versehrtengeld sowie durch Betriebs- und Rehabilitationsbetriebshilfe aufgefangen werden. Bei bereits im Pensionsbezug stehenden Unfallopfern soll wegen des bereits vollzogenen Ausstiegs aus dem Erwerbsleben eine Betriebsrente nicht mehr anfallen; bei Pensionsanfall bzw Betriebsaufgabe sollen Betriebsrenten durch Kapitalisierung abgelöst werden (§§ 148i, 148j BSVG). Durch den Wegfall der Betriebsrente bei Anfall einer Direktpension soll ein gleichzeitiger Bezug von Rente und Pension ausgeschlossen werden.

§ 149d Abs 1 BSVG lautete ab :

„(1) Anspruch auf Betriebsrente besteht, wenn die Erwerbsfähigkeit des Versehrten durch die Folgen eines Arbeitsunfalles oder einer Berufskrankheit über ein Jahr nach dem Eintritt des Versicherungsfalles hinaus um mindestens 20 % vermindert ist und für den Versehrten zum Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalles noch kein Pensionsbezug aus einer eigenen Pension gegeben ist. Die Betriebsrente gebührt für die Dauer der Minderung der Erwerbsfähigkeit um mindestens 20 %."

2. Mit Erkenntnis vom , G 147/04-7 (VfSlg 17.502), hat der Verfassungsgerichtshof (VfGH) mit Wirkung ab in § 149d Abs 1 erster Satz BSVG die Wortfolge „und für den Versehrten zum Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalles noch kein Pensionsbezug aus einer eigenen Pension gegeben ist" als verfassungswidrig aufgehoben. Der Gerichtshof hielt eine Regelung, wonach ein Versicherter, der (wegen seiner weiterhin ausgeübten Tätigkeit) der Beitragspflicht in der Unfallversicherung nach dem BSVG unterliegt, nach einem Arbeitsunfall vom Bezug einer Betriebsrente nach § 149d Abs 1 BSVG ausgeschlossen ist, weil er aufgrund einer anderen (nach dem ASVG) versicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit eine Pension bezieht, für sachlich nicht gerechtfertigt. Nach Ansicht des VfGH besteht vielmehr zwischen einer Pensionsleistung aus einer anderen Beschäftigung und dem Bezug einer Betriebsrente aufgrund eines Arbeitsunfalls nach dem BSVG überhaupt kein Sachzusammenhang, der eine Regelung wie § 149d Abs 1 BSVG aF allenfalls rechtfertigen könnte.

In einem weiteren Erkenntnis vom , G 16/06 (VfSlg 17.870 = DRdA 2007/17, 208 [Schrammel]), hat der VfGH eine Regelung als nach dem Unfallversicherungsrecht des BSVG systemkonform bezeichnet, nach der die Betriebsrente mit dem Anfall eines anderen Anspruchs auf eine Eigenpension endet, sofern dieser eine Betriebsaufgabe voraussetzt. Als nicht sachlich rechtfertigbar erachtete der VfGH dagegen eine vorzeitige Beendigung des Anspruchs auf Betriebsrente schon bei Anfall von Pensionen aus dem Versicherungsfall der geminderten Arbeitsfähigkeit ua auch nach dem ASVG und dem GSVG.

3. Der Gesetzgeber hat auf das unter 2. genannte Erkenntnis des mit einer Änderung des BSVG durch das Bundesgesetz BGBl I 2006/60, ausgegeben am , reagiert. Danach erhielt § 149d Abs 1 BSVG folgende Fassung:

„(1) Anspruch auf Betriebsrente besteht, wenn

1. die Erwerbsfähigkeit der/des Versehrten durch die Folgen eines Arbeitsunfalles oder einer Berufskrankheit über ein Jahr nach dem Eintritt des Versicherungsfalles hinaus um mindestens 20 % vermindert ist und

2. die/der Versehrte zum Zeitpunkt des Rentenanfalles nach Abs. 3 noch keine Pension aus eigener Pensionsversicherung nach diesem Bundesgesetz bezieht.

Die Voraussetzung der Z 2 entfällt, wenn sich der Arbeitsunfall oder die Berufskrankheit in Ausübung der sich aus einer Jagd- oder Fischereipachtung ergebenden Berechtigung ereignet, sofern nicht aus dem Ertrag dieser Tätigkeit überwiegend der Lebensunterhalt bestritten wird (§ 5 Abs. 1 Z 1), oder der Versicherungsfall in einem Versicherungsverhältnis eintritt, welches erstmals nach dem Anfall einer Pension aus eigener Pensionsversicherung nach diesem Bundesgesetz begründet wurde. Die Betriebsrente gebührt für die Dauer der Minderung der Erwerbsfähigkeit um mindestens 20 %."

§ 149d Abs 1 ASVG idF BGBl I 2006/60 trat nach § 302 Abs 2 BSVG rückwirkend mit in Kraft und ist „nur auf Versicherungsfälle anzuwenden, die nach dem eingetreten sind".

In den Gesetzesmaterialien (RV 1280 BlgNR 22. GP) wird dazu Folgendes ausgeführt:

„Mit der vorgeschlagenen Gesetzesänderung soll mit Wirksamkeit vom eine den Ausführungen des Verfassungsgerichtshofes entsprechende Rechtslage geschaffen werden, wobei grundsätzlich am Prinzip der Konzentration der Betriebsrente auf die aktiv im Erwerbsleben stehenden Personen festgehalten werden soll.

Es wird daher folgende Regelung vorgeschlagen: Für Bezieher/innen einer Direktpension nach dem BSVG soll der Anspruch auf eine Betriebsrente dann gegeben sein, wenn aus der gleichen versicherten Erwerbstätigkeit noch keine Pension bezogen wird. ...

Bezieht ein/e Versicherte/r auf Grund einer anderen (zB nach dem ASVG) versicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit eine Pension, so soll sie/er - bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen - einen Anspruch auf eine Betriebsrente nach dem BSVG haben. ...

Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis G 147/04 ausgesprochen, dass die Aufhebung einer bestimmten Wortfolge im § 149d Abs. 1 BSVG mit Ablauf des in Kraft tritt. Nach Art. 140 Abs. 7 letzter Satz B-VG ist im Falle einer Fristsetzung das Gesetz auf alle bis zum Ablauf dieser Frist verwirklichten Tatbestände mit Ausnahme des Anlassfalles anzuwenden. Ein verwirklichter Tatbestand im Sinne des Art. 140 Abs. 7 B-VG liegt nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes insbesondere dann vor, wenn die vom Verfassungsgerichtshof aufgehobene Rechtsvorschrift durch einen unveränderbaren Tatbestand gekennzeichnet ist. Konkret ist Voraussetzung für den Anfall der Betriebsrente, dass die Erwerbsfähigkeit des/der Versehrten durch die Folgen eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit über ein Jahr nach dem Eintritt des Versicherungsfalles hinaus um mindestens 20 % vermindert ist. Die Übergangsbestimmung des § 302 Abs. 2 BSVG dient somit lediglich der Rechtsklarheit."

4. Beim Kläger ist der Versicherungsfall mit Aufgabe der schädigenden Erwerbstätigkeit (RIS-Justiz RS0084346), also mit eingetreten. Ein Anspruch auf Betriebsrente wäre daher grundsätzlich mit entstanden. Die Erwerbsunfähigkeitspension bezieht er - aufgrund seines Antrags vom - seit .

5. Während § 149d Abs 1 ASVG idF vor dem Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl I 2006/60 hinsichtlich der Betriebsrentenschädlichkeit eines Eigenpensionsbezugs auf den Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalls abstellte, ist seit der Geltung der novellierten Bestimmung der Zeitpunkt des Rentenanfalls maßgeblich.

Im Lichte der gesetzgeberischen Intentionen ist die Neuregelung konsequent: Wegen des Zwecks der Betriebsrente soll bei bereits im Pensionsbezug stehenden Unfallopfern wegen des bereits vollzogenen Ausstiegs aus dem Erwerbsleben eine Betriebsrente nicht mehr anfallen, damit ein gleichzeitiger Bezug von Rente und Pension ausgeschlossen ist.

Die frühere Regelung des § 149a Abs 1 BSVG führte nun aber dazu, dass bei Gewährung einer Eigenpension im ersten Jahr nach Eintritt des Versicherungsfalls (also vor dem Betriebsrentenanfall) der Anspruch auf Betriebsrente nach § 149a Abs 1 BSVG aF aufrecht blieb und nicht nach § 148i Abs 1 BSVG wegfallen konnte - eine vom Gesetzgeber ganz offensichtlich nicht gewollte Begünstigung, die mit der Novelle BGBl I 2006/60 beseitigt wurde.

6. Zweifellos konnte der Kläger durch die Novellierung in seinen wirtschaftlichen Erwartungen für die Zukunft enttäuscht werden. In einen laufenden Betriebsrentenanspruch wurde vom Gesetzgeber allerdings nicht eingegriffen.

Wie bereits das Berufungsgericht ausgeführt hat, ist der Gesetzgeber in Sozialversicherungssachen verfassungsrechtlich nicht gehindert, Gesetze mit rückwirkender Kraft zu erlassen und damit auch bereits geschaffene Rechtspositionen und Anwartschaftsrechte rückwirkend wieder zu beseitigen (RIS-Justiz RS0008686), soweit diese Rückwirkung mit dem Gleichheitsgrundsatz vereinbar ist. An dieser Vereinbarkeit mit dem Gleichheitsgrundsatz fehlt es nach der Judikatur des VfGH dann, wenn die Normunterworfenen durch einen Eingriff von erheblichem Gewicht in einem berechtigten Vertrauen auf die Rechtslage enttäuscht wurden und nicht etwa besondere Umstände diese Rückwirkung verlangen, etwa indem sie sich als notwendig erweist, um eine sonst eintretende Gleichheitswidrigkeit zu vermeiden (zuletzt etwa G 28/06 = VfSlg 17.892; siehe auch RIS-Justiz RS0008686 [T3] und RS0008687). Dem Gesetzgeber ist es also nicht einmal verwehrt, von einem einmal gewählten Ordnungsprinzip abzugehen, sofern die betreffende Regelung an sich sachlich begründbar ist (10 ObS 61/08f = RIS-Justiz RS0053889 [T20]) und seine jeweiligen rechtspolitischen Vorstellungen im Rahmen vertretbarer Zielsetzungen auf die ihm geeignet erscheinende Art zu verwirklichen (RIS-Justiz RS0053889 [T10]). Ob und inwieweit im Ergebnis ein sachlich nicht gerechtfertigter und damit gleichheitswidriger Eingriff vorliegt, hängt vom Ausmaß des Eingriffs und vom Gewicht der für die Rückwirkung sprechenden Gründe ab (RIS-Justiz RS0008686 [T7]).

Es wurde bereits dargestellt, dass sich der Gesetzgeber mit der Neuregelung durch das Bundesgesetz BGBl I 2006/60 durchaus im Rahmen des von ihm gewählten Ordnungsprinzips gehalten hat und es konsequent durchgezogen hat, sodass der Oberste Gerichtshof keine verfassungsrechtlichen Bedenken dagegen hegt. Zu einer Antragstellung nach Art 140 B-VG besteht daher kein Anlass.

Den Ausführungen in der Revision des Klägers kommt somit keine Berechtigung zu.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.