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OGH vom 05.07.2018, 12Os65/18b

OGH vom 05.07.2018, 12Os65/18b

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Schroll als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. T. Solé, Dr. Oshidari, Dr. Michel-Kwapinski und Dr. Brenner in Gegenwart von OKontr. Trsek als Schriftführerin in der Strafsache gegen Daniel T***** und weitere Angeklagte wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 Abs 1 zweiter Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Askold L***** sowie über die Berufungen der Angeklagten Danijel N*****, Taha A***** und Sara D***** gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Jugendschöffengericht vom , GZ 151 Hv 13/18s-240, sowie über die Beschwerden gegen Beschlüsse nach §§ 50, 51 und 52 StGB der Angeklagten Taha A*****, Sara D***** und Askold L***** nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerden werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten Askold L***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch in Rechtskraft erwachsene Schuldsprüche weiterer Angeklagter und rechtskräftige Freisprüche enthält, wurde Askold L***** mehrerer Verbrechen des Raubes nach § 142 Abs 1 StGB (teilweise als Beteiligter nach § 12 dritter Fall StGB; I./D./, I./F./ und II./) sowie des Vergehens der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB (IV./b./) schuldig erkannt.

Soweit für das Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerde relevant, haben in W*****

I./ jeweils im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter (§ 12 StGB) anderen mit Gewalt gegen eine Person und durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben (§ 89 StGB) fremde bewegliche Sachen mit dem Vorsatz weggenommen und abgenötigt, sich und ihre Mittäter durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, und zwar

D./ Daniel T*****, Denis De*****, Danijel N*****, Cadgirabadan M*****, Iosif S*****, Sara D***** und Askold L***** mit den abgesondert verfolgten Usman Al***** und Arkadiusz K***** am dem Benjamin R*****, dem Alessandro P***** und dem Tykhon B***** insgesamt 85 Euro Bargeld, indem sie die Opfer drohend umringten und ihnen wiederholt Schläge androhten;

F./ Joshua O*****, Denis De***** und Askold L***** mit dem abgesondert verfolgten Usman Al***** am dem Konstantin Po*****, indem sie ihn drohend umringten und bedrängten sowie Bargeld unter Androhung von Schlägen von ihm forderten, Askold L***** den Rucksack des Opfers mit seiner Handytaschenlampe nach Wertsachen absuchte, Usman Al***** ihm 20 Cent und einen Rucksack samt Inhalt im Gesamtwert von 350 Euro gewaltsam aus der Hand riss und sie die Herausgabe eines Mobiltelefons forderten, woraufhin Joshua O***** ihm die Schuhe wegnahm;

G./ Joshua O***** und Denis De***** mit dem abgesondert verfolgten Usman Al***** am dem Samuel H***** ein Mobiltelefon sowie eine Geldbörse samt 2,50 Euro Bargeld, indem ihm Usman Al***** wiederholt Tritte in den Genitalbereich versetzte, sie ihn mehrmals stießen, ihm mehrere Schläge ins Gesicht versetzten und Usman Al***** das Opfer zudem würgte;

II./ Askold L***** am zu der unter I./G./ angeführten Tat beigetragen, indem er Joshua O***** und Denis De***** sowie den abgesondert verfolgten Usman Al***** in Kenntnis des Tatplans zum späteren Opfer Samuel H***** brachte;

IV./ im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter (§ 12 StGB) Urkunden, über die sie nicht verfügen durften, mit dem Vorsatz unterdrückt, zu verhindern, dass diese im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechtes, eines Rechtsverhältnisses oder einer Tatsache gebraucht werden, und zwar

b./ Joshua O*****, Denis De***** und Askold L***** mit dem abgesondert verfolgten Usman Al***** am durch die unter I./F./ angeführte Tathandlung die Sozialversicherungskarte des Konstantin Po*****.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen vom Angeklagten Askold L***** aus § 281 Abs 1 Z 5 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde kommt keine Berechtigung zu.

Indem der Rechtsmittelwerber ausführt, der abgesondert verfolgte Usman Al***** hätte ihn durch seine Angaben in „narzisstischer Selbstverwirklichung“ „hineinreiten“ wollen, seine Aussagen wirkten „zurecht gelegt und konstruiert“, richtet er sich nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht zulässigen Schuldberufung gegen die den Tatrichtern vorbehaltene Beweiswürdigung, ohne einen Nichtigkeitsgrund aufzuzeigen.

Der Mängelrüge (Z 5 dritter Fall) zu I./D./ des Schuldspruchs ist zu erwidern, dass die Behauptung eines Widerspruchs zu „sich aus dem Akt ergebenden“ Beweisergebnissen kein unter dem Aspekt dieses Nichtigkeitsgrundes relevantes Kriterium anspricht (RISJustiz RS0099602).

Soweit die Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) pauschal ausführt, „die vom Gericht herangezogenen überfallenen Zeugen lieferten in der Hauptverhandlung widersprüchliche Angaben“, fehlt es an der Herstellung des entsprechenden Aktenbezugs (RISJustiz RS0124172 [T9]).

Dass der Zeuge Tykon B***** den Angeklagten Askold L***** über das polizeilich angefertigte Lichtbild als jenen Täter identifizierte, der ihm das Geld abgenommen habe, was er auch in der Hauptverhandlung aufrecht hielt, nachdem er Askold L***** bei einer verdeckten Gegenüberstellung nicht mehr sicher erkannt hatte, haben die Tatrichter entgegen dem Vorbringen der Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) berücksichtigt (US 26).

Soweit die Nichtigkeitsbeschwerde (neuerlich Z 5 zweiter Fall) darauf hinweist, dass der Zeuge Alessandro P***** zu Protokoll gegeben habe, dass „L***** nicht von ihm das Geld genommen habe, sondern lediglich wie einer von denen aussehe“, verfehlt sie die prozessförmige Ausführung der Mängelrüge, weil es – wie bei umfangreichem Aktenmaterial erforderlich – an der Angabe der Fundstelle der Zeugenaussage fehlt (RISJustiz RS0124172 [T5]). Dass der Nichtigkeitswerber das Geld wegnahm, haben die Tatrichter im Übrigen gar nicht festgestellt (vgl US 20).

Das weitere Vorbringen der Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) verkennt, dass die Erörterung sämtlicher Details der Aussagen des Rechtsmittelwerbers (etwa betreffend seine Kleidung) insoweit nicht geboten war, als das Erstgericht dessen leugnende Verantwortung mit logisch und empirisch einwandfreier Begründung als unglaubwürdig ansah (US 27).

Inwiefern die Aussage der Angeklagten Sara D***** vor der Polizei, wonach Daniel T***** immer wieder mit einem Burschen ein Stück wegging und wieder kam, sowie die dies bestätigende Angabe des Angeklagten Danijel N***** in der Hauptverhandlung, gesondert erörterungsbedürftig sein sollten, wird nicht klar.

Das Vorbringen der Mängelrüge zu I./F./ des Schuldspruchs spricht keinen entscheidenden Umstand an, indem auf die Aussage des Zeugen Konstantin Po***** verwiesen wird, wonach der Angeklagte Askold L***** ihn nicht bedroht, nicht seine Schuhe angezogen habe und nur dabei gestanden sei, weil in dem – vom Rechtsmittelwerber zugestandenen – Hineinleuchten in den Rucksack des Opfers zumindest eine Beitragshandlung im Sinn des § 12 dritter Fall StGB zu erblicken ist. Inwiefern dieser Beitrag keinerlei Auswirkungen auf die Tat hatte und somit als unbenutzt und unwirksam Straflosigkeit bewirken sollte, legt der Rechtsmittelwerber nicht dar. Er erklärt auch nicht, weshalb es für § 12 dritter Fall StGB erforderlich sein sollte, dass die Vollbringung der Tat ohne den Beitrag unmöglich oder die Hilfe unbedingt notwendig gewesen sein sollte (RISJustiz RS0089832).

Soweit in der Beschwerde behauptet wird, ein „sonstiger Tatbeitrag“ wäre jedenfalls strafmildernd anzusehen gewesen, wird verkannt, dass mit Mängelrüge nur entscheidende Tatsachen bekämpft werden können.

Die Art strafbarer Beteiligung nach § 12 StGB kann weder aus Z 5 noch aus Z 10 des § 281 Abs 1 StPO angefochten werden. Ob der Täter unmittelbarer Täter oder Beitragstäter ist, ist angesichts der rechtlichen Gleichwertigkeit der Täterschaftsformen ohne Bedeutung für die Schuld oder die Subsumtionsfrage (RISJustiz RS0117604 [T8]).

Zu II./ des Schuldspruchs behauptet der Rechtsmittelwerber (Z 5 letzter Fall) der Zeuge Samuel H***** und auch der gesondert verfolgte Usman Al***** hätten in der Hauptverhandlung ausgesagt, gemeinsam zum Dönerstand L***** gefahren zu sein, wobei Usman Al***** angab, Askold L***** hätte Samuel H***** erst dort „herausgeholt“ und ihm den „Tipp“ gegeben, weshalb das Schöffengericht kein „Hinlotsen des Opfers zum Ausrauben“ hätte feststellen dürfen. Damit wird, weil auch das festgestellte Geben des Hinweises, dass es sich bei Samuel H***** um „ein leichtes Opfer zum Ausrauben“ handle (US 22), den Schuldspruch trägt, keine entscheidende Tatsache angesprochen (Ratz, WKStPO § 281 Rz 399).

Soweit die Nichtigkeitsbeschwerde behauptet (nominell Z 5, inhaltlich Z 9 lit a), da die Mitangeklagten ohnehin bereit waren, Serienraube auszuführen, konnte Askold L***** durch den Tipp zum Ausrauben des Samuel H***** keinen Beitrag mehr leisten, legt sie nicht dar, weshalb hier eine unbenutzte Beitragshandlung vorliegen sollte, und weshalb die Tat auch ohne den Beitrag in der konkreten Form (an diesem Opfer) verwirklicht worden wäre (RISJustiz RS0089832 [T9]).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus sich die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen und über die Beschwerden ergibt (§§ 285i, 498 Abs 3 StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2018:0120OS00065.18B.0705.000

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