Suchen Hilfe
OGH vom 09.11.2000, 8Ob149/99s

OGH vom 09.11.2000, 8Ob149/99s

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Langer als Vorsitzende und den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rohrer, Dr. Spenling und Dr. Kuras als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Volksbank K*****, vertreten durch Dr. Farhad Paya, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wider die beklagte Partei Miloje R*****, Angestellter, ***** vertreten durch Dr. Matthäus Grilc und andere Rechtsanwälte in Klagenfurt, wegen S 78.300 sA, infolge Revision des Beklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Berufungsgericht vom , GZ 1 R 330/98v-19, womit infolge Berufung des Beklagten das Urteil des Bezirksgerichtes Klagenfurt vom , GZ 15 C 2116/97a-12, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt: folgenden

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 6.086,40 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 1.014,40 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Dem Beklagten, einem Hobbyflieger, wurden im Juli 1997 von Benjamin L*****, einem ihm seit längerem bekannten Piloten des Aeroclub P*****, in Gegenwart des Gianpaolo V***** 29 Verrechnungsschecks übergeben, die größtenteils auf Fremdwährungen lauteten, jeweils von unterschiedlichen Ausstellern stammten und als Empfänger jeweils unterschiedliche, großteils italienische Unternehmen auswiesen. Sämtliche Schecks kamen während ihrer Übersendung per Post abhanden. Unbekannte Täter setzten Blankoindossamente auf die Rückseite der Schecks und fälschten die Unterschriften der Begünstigten; sämtliche Indossamente wiesen dasselbe Schriftbild auf. Über unbekannte Mittelsmänner gelangten die Schecks schließlich an Gianpaolo V*****, einen italienischen Geschäftsmann. Dieser übergab die Schecks Benjamin L***** mit dem Ersuchen, sie für ihn bei österreichischen Banken einzulösen. Dieser bat den Beklagten, die Scheckeinlösung für ihn vorzunehmen. Gianpaolo V***** stellte sowohl Benjamin L***** als auch dem Beklagten für die Einlösung der Schecks 10 % der Schecksumme als Provision in Aussicht. Der Beklagte setzte sich mit der klagenden Partei am in Verbindung und vereinbarte den als Termin für die Einlösung der Schecks. Er eröffnete bei der klagenden Partei am gleichzeitig mit der Vorlage sämtlicher 29 Schecks drei auf verschiedene Währungen lautende Girokonten, auf denen die Schecksummen gutgeschrieben werden sollten. Während die klagende Partei die übrigen Schecks zum Inkasso übernahm, ohne dass zunächst eine Gutschrift auf den vom Beklagten eröffneten Konten erfolgte, zahlte sie nach telefonischer Rückfrage bei der bezogenen Bank A*****AG dem Beklagten über dessen Ersuchen aufgrund des gegenständlichen, von der O***** GmbH, *****, ausgestellten Schecks der B***** AG den Betrag von S 78.300 sogleich bar aus. Der Beklagte erklärte gegenüber dem Angestellten der klagenden Partei, er sei Geschäftsmann und habe die Schecks als Provisionszahlungen aus seiner geschäftlichen Tätigkeit erhalten. Entgegen ihrer telefonisch erteilten Einlösungszusage verweigerte die B***** AG die Einlösung des streitgegenständlichen Schecks und stellte ihn an die klagende Partei mit dem Vermerk "unbezahlt retourniert" zurück, da der Scheck gesperrt war. Insgesamt hat die klagende Partei letztlich einen Betrag von 1,2 Mio S an den Beklagten für die von ihm vorgelegten Schecks gezahlt.

Die klagende Partei begehrt, den Beklagten zur Zahlung von S 78.300 sA zu verpflichten. Der Beklagte habe durch unrichtige Angaben über seine materielle Berechtigung die Zahlung durch die als Inkassobank fungierende klagende Partei veranlasst. Da die bezogene B***** AG die Einlösung des Schecks wegen seiner missbräuchlichen Verwendung verweigert habe, sei der klagenden Partei ein Schaden in Höhe des ausgezahlten Betrages entstanden.

Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Er habe den Scheck in der Überzeugung, er sei in Ordnung, über Ersuchen eines Bekannten zur Einlösung gebracht und in der Folge die von der klagenden Partei ausgezahlte Summe an seinen Auftraggeber weitergeleitet. Abgesehen davon, dass den Schaden nur der Aussteller geltend machen könne, werde den Ansprüchen der klagenden Partei ein erhebliches Mitverschulden entgegengehalten, da sie angesichts der Umstände des Falles zu einer sorgfältigen Prüfung des Sachverhaltes verpflichtet gewesen wäre und bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt eine Bareinlösung des Schecks hätte ablehnen müssen.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren - mit Ausnahme eines Zinsenmehrbegehrens - statt. Werde zur Einlösung eines Schecks eine Inkassobank eingeschaltet, bestehe eine Anweisungslage nur zwischen dem Aussteller, der bezogenen Bank und der Inkassobank. Da die Inkassobank den Scheck bei der bezogenen Bank im Auftrag des Kunden einreiche und daher bloß zur Herausgabe des von ihr für den Kunden erlangten Nutzens verpflichtet sei, könne die Inkassobank selbst nach Gutschrift noch geltend machen, dass sie von der bezogenen Bank in Wahrheit nichts erhalten habe oder das Erlangte wieder herausgeben musste. Bei Einlösung von gefälschten oder gestohlenen Schecks könne die Inkassobank, sofern sie endgültig in Anspruch genommen worden sei, die dem Kunden erbrachte Gutschrift rückgängig machen. Habe der Kunde über den Betrag aber schon verfügt, stehe ihr wegen grundloser Leistung gemäß § 1431 ABGB ein Kondiktionsanspruch auf Herausgabe des Geleisteten gegen den Kunden zu. Dass der Beklagte den Scheck tatsächlich bloß im Auftrage bzw als Vertreter eines Dritten zur Einlösung gebracht habe, ändere nichts an der Zulässigkeit des Bereicherungsanspruchs der klagenden Partei gegen den Beklagten, da der Beklagte im eigenen Namen aufgetreten sei und sich als materiell berechtigter Scheckinhaber ausgegeben habe. Auch wenn der Beklagte das empfangene Geld sofort an seinen Auftraggeber weitergeleitet haben sollte, ändere dies nichts am Anspruch der klagenden Partei, da nachträglicher Wegfall des Nutzens den Bereicherungsschuldner nicht mehr befreie. Der Anspruch stehe der klagenden Partei auch aus dem Titel des Schadenersatzes zu, da der Beklagte angesichts der Umstände des Erwerbes des Schecks an dessen Rechtmäßigkeit hätte Zweifel haben müssen; er hätte entweder von der Einreichung des Schecks Abstand nehmen oder die klagende Partei über die wahren Verhältnisse aufklären müssen, statt vorzugeben, selbst berechtigter Scheckinhaber zu sein. Was den Einwand des Mitverschuldens betreffe, sei dem Beklagten zuzugestehen, dass das Verhalten der Angestellten der klagenden Partei den im konkreten Fall gebotenen Sorgfaltsanforderungen nicht entsprochen habe. Dennoch könne daraus ein die Ansprüche der klagenden Partei gegen den Beklagten minderndes Mitverschulden nicht abgeleitet werden, weil die von der klagenden Partei missachtete Prüfungspflicht nicht dem Schutz des unredlichen bzw fahrlässig handelnden Scheckeinreichers diene.

Das Berufungsgericht bestätigte das Urteil des Erstgerichtes und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei. Die Inkassobank habe den ihr treuhändig übertragenen Scheck aufgrund des ihr vom Einreicher erteilten Auftrages bei der bezogenen Bank im eigenen Namen aber für fremde Rechnung geltend zu machen. Sie habe alle für die Einlösung notwendigen Maßnahmen zu setzen, insbesondere den Scheck der bezogenen Bank vorzulegen und den erlangten Nutzen herauszugeben. Da daher die Inkassobank nur zur Herausgabe des von ihr erlangten Nutzens verpflichtet sei, könne sie auch noch nach Gutschrift geltend machen, dass sie von der bezogenen Bank in Wahrheit nichts erhalten habe. Habe die einziehende Bank die Valuta an den Einreicher schon ausgezahlt, erhalte sie aber - etwa infolge Widerrufs durch den Aussteller - nichts von der bezogenen Bank, habe der Scheckeinreicher der Inkassobank die ihm bereits ausgefolgte Valuta zu ersetzen. Aus der "Einlösungszusage" der bezogenen Bank könne der Beklagte nichts für seinen Standpunkt gewinnen, weil eine Verpflichtung der auszahlenden Bank, zunächst gegen die bezogene Bank vorzugehen, nicht bestehe. Auch der Einwand des Mitverschuldens gehe ins Leere, weil der dem Beklagten angeblich durch Weitergabe des Klagsbetrages an Gianpaolo V***** entstandene Schaden nicht vom Schutzzweck des Vertrages umfasst sei.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Beklagten aus dem Grund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, es im Sinne der gänzlichen Klageabweisung, in eventu, ausgehend von einer Verschuldensteilung von 1 : 7 zu Lasten der klagenden Partei im Sinne der Abweisung des einen Betrag von S 9.787,50 sA übersteigenden Mehrbegehrens abzuändern.

Die klagende Partei beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, da eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage, ob die den Erwerber eines Schecks gemäß Art 21 ScheckG treffende Prüfpflicht auch dem Schutz eines materiell nicht berechtigten Einreichers dient, fehlt.

Die Revision ist aber nicht berechtigt.

Zunächst ist dem Berufungsgericht darin beizupflichten, dass die Inkassobank aufgrund des ihr vom Einreicher erteilten Auftrages nur verpflichtet ist, den ihr vom Einreicher treuhändig übergebenen Scheck gegenüber der bezogenen Bank im eigenen Namen und für Rechnung des Einreichers geltend zu machen und den erlangten Nutzen herauszugeben (siehe auch Koziol in Avancini/Iro/Koziol, Österreichisches Bankvertragsrecht I Rz 7/87). Was die "Einlösungszusage" der bezogenen Bank betrifft, die von der klagenden Partei aus eigenem und nicht auf Ersuchen des Beklagten eingeholt und von dem mit der Sache befassten Angestellten der klagenden Partei am auf der Rückseite des Schecks mit einem handschriftlichen Vermerk festgehalten wurde, wurde sie nicht gegenüber dem Beklagten, sondern gegenüber der klagenden Inkassobank in deren Interesse ohne Prüfung der nur der Inkassobank vorliegenden Urkunde abgegeben (zur Bedeutung des Vorliegens des Schecks bei der bezogenen Bank für die Auslegung ihrer Erklärung zur Anfrage des Scheckinhabers siehe Häuser, Scheckeinlösungszusage, in Schimansky-FS [Köln 1999], 183 f [198 f]). Aus dieser nur den Interessen der den Scheck im eigenen Namen geltend machenden Inkassobank dienenden Wissenserklärung (vgl Koziol aaO Rz 7/91) kann der Scheckeinreicher keine Verpflichtung der Inkassobank ableiten, nicht ihn, sondern die bezogene Bank in Anspruch zu nehmen, zumal sich eine derartige Auskunft nicht auf die Berechtigung des Scheckeinreichers, sondern nur auf die Deckung des Schecks durch das darin genannte Konto der Ausstellerin beziehen konnte und eine Ablehnung der Einlösung nach Feststellung der fehlenden materiellen Berechtigung des einreichenden Scheckinhabers jedenfalls nicht ausschloss (siehe auch 2 Ob 506/78, wonach eine Verpflichtung der ausstellenden Bank, zunächst gegen die bezogene Bank vorzugehen nicht besteht; vgl auch 7 Ob 561/85, teilweise veröffentlicht in RdW 1985, 370, zum Zweck einer banküblichen telefonischen Deckungsanfrage; siehe weiters Koziol in der Anm zu 4 Ob 73/97g, ÖBA 1997, 733 f, wonach die Inkassobank dem Einreicher nur das herauszugeben hat, was sie für ihn von der bezogenen Bank erlangte). Darüber hinaus ist darauf hinzuweisen, dass selbst dann, wenn man die Erklärung der bezogenen Bank als Willenserklärung im Sinne der Annahme der mit dem Scheck verbundenen bürgerlich-rechtlichen Anweisung qualifizieren würde, sie dann, wenn in Wahrheit - wegen der im vorliegenden Fall vorgenommenen Scheckfälschung - keine gültige Anweisung zugunsten des einreichenden Scheckinhabers vorliegt, trotz ihrer Erklärung nicht zur Einlösung verpflichtet ist (siehe Koziol aaO Rz 7/91).

Auch der vom Beklagten erhobene Einwand des Mitverschuldens ist, wie die Vorinstanzen zutreffend erkannt haben, nicht berechtigt.

Wie der Oberste Gerichtshof bereits in der in einem Rechtsstreit zwischen der klagenden Partei und der Ausstellerin eines vom Beklagten gleichzeitig eingereichten Schecks ergangenen Entscheidung 8 Ob 59/99f ausgesprochen hat, hat die klagende Partei die nach Art 21 ScheckG obliegende Prüfpflicht verletzt, weil die Begleitumstände der Einreichung der 29 Verrechnungsschecks die klagende Partei zu Nachforschungen hätten veranlassen müssen. Der eine Prüfpflicht des Erwerbers normierende Art 21 ScheckG räumt jedoch nur dem früheren Inhaber, dem der Scheck irgendwie abhanden gekommen ist, einen Herausgabeanspruch bei grob fahrlässiger Verletzung der Prüfpflicht durch Erwerber ein und dient daher nur dem Schutz des früheren (berechtigten) Inhabers, dem der Scheck abhanden gekommen ist, nicht aber dem Schutz des den Scheck zur Einlösung einreichenden (nicht berechtigten) Inhabers (siehe Baumbach/Hefermehl, Wechsel- und Scheckgesetz21 Art 21 SchG Anm 11 b, wonach die bei Verrechnungsschecks erhöhte Prüfungspflicht dem Schutz des Ausstellers dient).

Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

Fundstelle(n):
GAAAD-93562