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OGH vom 17.08.2011, 15Os86/11b

OGH vom 17.08.2011, 15Os86/11b

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Danek als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. T. Solé und Mag. Lendl sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner Foregger und Dr. Michel Kwapinski als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Böhm als Schriftführer in der Strafsache gegen Zdzislaw K***** und einen anderen Angeklagten wegen des Verbrechens der schweren Erpressung nach §§ 15, 144 Abs 1, 145 Abs 1 Z 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten K***** gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom , GZ 12 Hv 26/11h 157, sowie über dessen Beschwerde gegen den unter einem gefassten Beschluss nach § 494a Abs 1 StPO nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten K***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch einen in Rechtskraft erwachsenen Schuldspruch eines Mitangeklagten enthält, wurde Zdzislaw K***** der Verbrechen des gewerbsmäßigen schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1, 130 dritter und vierter Fall StGB (I.), der schweren Erpressung nach §§ 15, 144 Abs 1, 145 Abs 1 Z 1 StGB (II.) und des verbrecherischen Komplotts nach § 277 Abs 1 StGB (III.1.) sowie des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 und 2 StGB (III.2.) schuldig erkannt.

Danach hat er

I. in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung der Tat eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, nachgenannten Personen fremde bewegliche Sachen in einem 3.000 Euro, nicht jedoch 50.000 Euro übersteigenden Gesamtwert teils durch Einbrechen und Einsteigen in ein Gebäude, teils durch Einbrechen in einen abgeschlossenen Raum, der sich in einem Gebäude befand, mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, und zwar

1. im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit dem abgesondert verfolgten Marek S*****

a) am in W***** Christina A***** und Dr. Jörg A***** aus deren Wohnhaus durch Durchschneiden eines Maschendrahtzaunes und Aufbrechen der Eingangstüre Elektronikgeräte, Festplatten, eine Fotoausrüstung, Schmuck und Kosmetikartikel im Gesamtwert von ca 17.400 Euro,

b) zwischen 26. und in Graz Verantwortlichen der Wirtschaftskammer Steiermark aus deren Geschäftsräumlichkeiten durch Aufbrechen der Haupteingangstür sowie mehrerer Bürotüren drei Computermonitore, neun Scanner und einen Videoprojektor im Gesamtwert von 4.055,60 Euro;

2. alleine zwischen 6. und in Graz Matthias K***** und Joachim P***** aus deren Geschäftsräumlichkeiten durch Aufbrechen eines Fensters und Einsteigen in das Lokal mehrere Werkzeuge, ein Mobiltelefon der Marke „Apple iPhone“, einen Laptop und einen Computer, Computerbestandteile, einen Verstärker, vier Stück Boxen sowie mehrere Kabel im Gesamtwert von 4.200 Euro;

II. im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit Marek B***** und dem abgesondert verfolgten Marek S***** am in Graz Christina A***** und Dr. Jörg A***** durch gefährliche Drohung mit dem Tod, einer Verletzung an der Ehre des Dr. Jörg A***** und der Vernichtung dessen gesellschaftlicher Stellung, zu einer Handlung, die diese am Vermögen schädigen sollte, und zwar zur Bezahlung von 200.000 Euro zu nötigen versucht, wobei sie mit dem Vorsatz handelten, durch das Verhalten der Genötigten sich unrechtmäßig zu bereichern, indem sie telefonisch ankündigten, sie würden öffentlich bekannt machen, dass Dr. Jörg A***** auf seiner Festplatte kinderpornographisches Material gespeichert habe, sollte man ihnen nicht 200.000 Euro bezahlen und mittels SMS ihrer Geldforderung durch die Worte „zol ich dich platt machen“ Nachdruck verliehen;

III. in Graz

1. zwischen 15. und mit einem anderen, nämlich dem abgesondert verfolgten Marek S*****, dadurch, dass sie vereinbarten, Dr. Jörg A***** zu töten, die gemeinsame Ausführung eines Mordes verabredet und

2. am Marek B***** dadurch, dass er diesem gegenüber eine Bewegung mit seiner Hand quer über seinen Hals machte, den Genannten mit dem Tod gefährlich bedroht, um ihn in Furcht und Unruhe zu versetzen.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die auf Z 5a des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, die ihr Ziel verfehlt.

Der formelle Nichtigkeitsgrund nach Z 5a greift seinem Wesen nach erst dann, wenn Beweismittel, die in der Hauptverhandlung vorkamen oder vorkommen hätten können und dürfen, nach allgemein menschlicher Erfahrung gravierende Bedenken gegen die Richtigkeit der bekämpften Urteilsannahmen aufkommen lassen, mit anderen Worten intersubjektiv gemessen an Erfahrungs und Vernunftsätzen eine unerträgliche Fehlentscheidung qualifiziert nahelegen. Eine über die Prüfung erheblicher Bedenken hinausgehende Auseinandersetzung mit der Überzeugungskraft von Beweisergebnissen wie sie die Berufung wegen Schuld des Einzelrichterverfahrens einräumt wird dadurch nicht ermöglicht (RIS Justiz RS0119583).

Die Tatsachenrüge will daher nur geradezu unerträgliche Feststellungen zu entscheidenden Tatsachen und völlig lebensfremde Ergebnisse der Beweiswürdigung durch konkreten Verweis auf aktenkundige Beweismittel (bei gleichzeitiger Bedachtnahme auf die Gesamtheit der tatrichterlichen Beweiswerterwägungen) verhindern. Tatsachenrügen, die außerhalb solcher Sonderfälle auf eine Überprüfung der Beweiswürdigung abzielen, beantwortet der Oberste Gerichtshof ohne eingehende eigene Erwägungen, um über den Umfang seiner Eingriffsbefugnisse keine Missverständnisse aufkommen zu lassen (RIS Justiz RS0118780).

Indem der Beschwerdeführer den Urteilsannahmen lediglich seine eigene Verantwortung gegenüberstellt, auf widersprüchliche vom Gericht indes gewürdigte - Angaben des Erstangeklagten B***** hinweist, die - selektiv wiedergegebene - Aussage der Zeugin Pu***** ins Treffen führt und die Beweiswürdigung der Tatrichter zur subjektiven Tatseite insgesamt als „mehr als verfehlt“ erachtet, gelingt es ihm nicht erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der den entscheidenden Tatsachen zugrunde liegenden Feststellungen zu erwecken. Die Konstatierungen zur subjektiven Tatseite stützten die Tatrichter entgegen den Beschwerdeausführungen zudem nicht nur auf die allgemeine Lebenserfahrung (s US 22).

Dem weiteren Vorbringen zuwider (inhaltlich Z 5 zweiter Fall) hat sich das Erstgericht mit den Aussagen des Angeklagten vor der Polizei, die diesem in der Hauptverhandlung vorgehalten wurden, auseinander gesetzt, sie aber als unglaubwürdig erachtet. Schließlich ist der zur Überzeugung der Tatrichter von der Glaubwürdigkeit einer Person (hier des Mitangeklagten B*****) aufgrund des von dieser in der Hauptverhandlung gewonnenen persönlichen Eindrucks führende kritisch psychologische Vorgang als solcher einer Anfechtung aus Z 5a entzogen (RIS Justiz RS0099649).

Die vom Verteidiger ausgeführte Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sogleich zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Die nach diesem Rechtsmittel beim Obersten Gerichtshof eingelangten, als Berufung bezeichneten eigenständigen Ausführungen des Angeklagten selbst konnten auf sich beruhen, weil das Gesetz nur eine einzige Ausführung der Beschwerdegründe zulässt ( Ratz , WK StPO § 285 Rz 6 f).

Die Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde kommt somit dem Oberlandesgericht zu (§§ 285i, 498 Abs 3 StPO).

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.