OGH 27.08.2013, 9ObA107/13w
Entscheidungstext
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon-Prof. Dr. Kuras und Mag. Ziegelbauer sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Johannes Pflug und Mag. Ernst Bassler als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei N***** G*****, vertreten durch Dr. Michael Drexler, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Stadt Wien, Magistrat der Stadt Wien, MA 2, 1082 Wien, Rathausstraße 4, vertreten durch Dr. Harald Hauer, Rechtsanwalt in Wien, wegen 84.380,73 EUR sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 9 Ra 32/13m-90, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Gegenstand des Verfahrens ist im Wesentlichen die Nachzahlung der offenen Entgeltansprüche der klagenden begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes für die Zeit nach Feststellung des aufrechten Bestands ihres Dienstverhältnisses.
Die Vorinstanzen haben sich bei der Stattgebung an der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs vom zu 8 ObA 111/03m orientiert. Dafür, dass für den begünstigten Behinderten keine geeignete Erwerbsersatztätigkeit vorhanden ist, trifft den Arbeitgeber die Beweislast (vgl 8 ObA 111/03m unter Hinweis auf 8 ObA 79/02d).
Zu der hier maßgeblichen Frage der Entgeltansprüche der Behinderten, wenn diese in ihrer Arbeitsfähigkeit beeinträchtigt sind, hat der Oberste Gerichtshof auf § 7 BEinstG hingewiesen, wonach bei der Bestimmung des Entgelts der begünstigten Behinderten eine Minderung aufgrund der Behinderung nicht vorgenommen werden darf.
Soweit sich die Beklagte gegen diese Rechtsprechung mit dem Argument wendet, dass es dann ja keinen Anspruch auf Krankengeld nach dem ASVG geben könne, ist wieder auf die Entscheidung 8 ObA 111/03m zu verweisen. Der Oberste Gerichtshof hat darin festgehalten, dass nur dann, wenn eine Einschränkung aufgrund der Behinderung selbst erfolgt, § 7 BEinstG zum Tragen kommt, nicht aber wenn es sich um einen Krankheitsfall handelt, der davon nicht erfasst ist; insoweit kommt auch eine Erschöpfung des Entgeltfortzahlungszeitraums in Betracht (vgl in diesem Sinne etwa auch Ernst/Widy, BEinstG7, Erl 2, aber auch schon Marhold, Beschäftigungspflicht und Entgeltanspruch nach dem Behinderteneinstellungsgesetz, RdW 1990, 51).
Dass nun die Zeiten, in denen die Klägerin aufgrund von bloßen Krankheitszuständen völlig arbeitsunfähig war, zur Erschöpfung des Entgeltfortzahlungsanspruchs geführt hätten, macht die Beklagte nicht geltend. Allein der Umstand, dass die Klägerin aufgrund ihrer behinderungsbedingten Einschränkungen den konkreten Arbeitsplatz nicht mehr ausfüllen konnte, vermag aber ebenfalls keinen Entfall des Entgeltfortzahlungsanspruchs zu begründen. Der Oberste Gerichtshof hat ja auch bereits ausgesprochen, dass es dafür des Nachweises bedürfte, dass keine anderen für die Klägerin zumutbaren Arbeitsplätze vorhanden gewesen wären (vgl 8 ObA 111/03m; Mayr in ZellKomm² § 7 BEinstG Rz 3; vgl auch § 1155 ABGB).
Mit der weiters relevierten Frage, inwieweit es hier einer Erklärung der Klägerin nach § 14 Abs 1 letzter Satz BEinstG bedurft hätte, also dass sie innerhalb von drei Monaten nach Eintritt der Rechtskraft des in Abs 1 aufgezählten Bescheides weiterhin dem Kreis der begünstigten Behinderten angehören möchte, haben sich die Vorinstanzen ausführlich auseinandergesetzt. Ihre Rechtsansicht, dass dann, wenn die Behinderte selbst einen Antrag nach Abs 2 des § 14 BEinstG gestellt hat, es auf eine Erklärung im Sinne der bei den Feststellungsbescheiden nach Abs 1 des § 14 BEinstG vorgesehenen Art nicht ankommt, findet nicht nur in dem Gesetzeswortlaut und der Gesetzessystematik eine klare Stütze, sondern auch im einschlägigen Schrifttum (Ernst/Widy aaO 550, aber auch 183). Geht es bei den Bescheiden nach § 14 Abs 1 BEinstG doch offenkundig gerade nicht um jene unmittelbar nach dem Behinderteneinstellungsgesetz zufolge § 14 Abs 2 BEinstG erfolgten Feststellungen, sondern um jene aus dem Versorgungsbereich und der gesetzlichen Unfallversicherung. Die dem Behinderten eingeräumte Dispositionsfreiheit nach § 14 Abs 1 BEinstG wird vom Behinderten bei einem Antrag nach Abs 2 des § 14 BEinstG ohnehin wahrgenommen.
Insgesamt vermögen die Ausführungen der Beklagten jedenfalls keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO darzustellen.
Entscheidungstext
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon-Prof. Dr. Kuras und Mag. Ziegelbauer als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei N***** G*****, vertreten durch Dr. Michael Drexler, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Stadt Wien, Magistrat der Stadt Wien, MA 2, 1082 Wien, Rathausstraße 4, vertreten durch Dr. Harald Hauer, Rechtsanwalt in Wien, wegen 84.380,73 EUR sA, im Verfahren über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 9 Ra 32/13m-90, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Revisionsbeantwortung wird zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Die außerordentliche Revision der Beklagten wurde bereits mit Beschluss des Obersten Gerichtshofs vom zurückgewiesen. Eine Revisions-beantwortung wurde nicht freigestellt. Die erst am beim Erstgericht eingebrachte und am dem Obersten Gerichtshof vorgelegte Revisionsbeantwortung ist wegen der inzwischen endgültig erledigten Streitsache zurückzuweisen (9 ObA 3/13a; RIS-Justiz RS0043690 [T4]).
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Rechtsgebiet | Zivilrecht |
Schlagworte | Arbeitsrecht |
ECLI | ECLI:AT:OGH0002:2013:009OBA00107.13W.0827.000 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
CAAAD-93264