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OGH 24.03.2014, 8ObA23/14m

OGH 24.03.2014, 8ObA23/14m

Entscheidungstext

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Dr. Spenling als Vorsitzenden, den Hofrat Hon.-Prof. Dr. Kuras und die Hofrätin Dr. Tarmann-Prentner als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei B***** E*****, vertreten durch hba Held Berdnik Astner & Partner Rechtsanwälte GmbH in Graz, gegen die beklagte Partei Ö***** AG, *****, vertreten durch Dr. Barbara Auzinger, Rechtsanwältin in Wien, wegen 3.205,98 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Teilurteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 7 Ra 70/13p-20, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Akten werden dem Erstgericht zurückgestellt.

Text

Begründung:

Mit dem angefochtenen Teilurteil des Berufungsgerichts wurde die erstinstanzliche Entscheidung teilweise abgeändert und die ordentliche Revision für zulässig erklärt.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen dieses Teilurteil erhobene, als „außerordentliche“ bezeichnete Revision der Klägerin ist als ordentliches Rechtsmittel zu behandeln. Ist die Entscheidung des Berufungsgerichts von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO abhängig, so ist der Revisionswerber in seiner Anfechtung in keiner Weise beschränkt und kann auch andere erhebliche Rechtsfragen zur Begründung der Zulässigkeit seines Rechtsmittels heranziehen als jene, die vom Berufungsgericht genannt wurden (RIS-Justiz RS0043056; 9 Ob 140/03h mwN).

Auf den Umstand, dass in der Begründung des Zulassungsausspruchs des Berufungsgerichts eine andere Rechtsfrage für erheblich iSd § 502 Abs 1 ZPO erachtet wurde als jene, die von der Klägerin geltend gemacht wird, kommt es daher für die verfahrensrechtliche Behandlung des Schriftsatzes ebensowenig an wie auf die (unrichtige) Bezeichnung.

Das Erstgericht wird die Revision daher zunächst der beklagten Partei zuzustellen und nach allfälligem Einlangen einer rechtzeitigen Revisionsbeantwortung nach § 507b ZPO vorzugehen haben.

Entscheidungstext

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Prof. Dr. Spenling als Vorsitzenden, den Hofrat Hon.-Prof. Dr. Kuras und die Hofrätin Dr. Tarmann-Prentner sowie die fachkundigen Laienrichter KR Hermann Furtner und ADir. Angelika Neuhauser in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei B***** E*****, vertreten durch hba Held Berdnik Astner & Partner Rechtsanwälte GmbH in Graz, gegen die beklagte Partei Ö***** AG, *****, vertreten durch Dr. Barbara Auzinger, Rechtsanwältin in Wien, wegen 3.205,98 EUR sA (Revisionsinteresse 1.000 EUR), über die Revision der klagenden Partei gegen das Teilurteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 7 Ra 70/13p-20, mit dem das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht vom , GZ 33 Cga 18/13t-16, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei hat die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Die Klägerin ist bei der Beklagten als Zustellerin in wechselndem Ausmaß, mindestens aber 15 Stunden pro Woche, teilzeitbeschäftigt. Die Klägerin strebte eine Vollzeitbeschäftigung an, die ihr von ihrem Vorgesetzten auch in absehbarer Zeit in Aussicht gestellt wurde. Nachdem die Klägerin im Oktober 2012 der Beklagten ihre Schwangerschaft bekanntgegeben hatte, wurde ihr zuletzt vereinbartes Arbeitszeitausmaß vorübergehend reduziert und sie erlitt Lohneinbußen. Von ihrem Vorgesetzten wurde ihr außerdem bekundet, dass die in Aussicht gestellte Vollzeitbeschäftigung wegen ihrer Schwangerschaft nicht in Frage komme.

Die Klägerin begehrte die Nachzahlung von entgangenen Entgeltdifferenzen (1.205,98 EUR) sowie Schadenersatz für erlittene persönliche Beeinträchtigung nach § 12 Abs 6 GlBG in Höhe von 2.000 EUR. Sie sei bei der Festsetzung ihrer Arbeitsbedingungen auf Grund ihres Geschlechts diskriminiert worden.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.

Das Berufungsgericht gab dem Rechtsmittel der Klägerin teilweise Folge. Mit dem angefochtenen Teilurteil sprach es der Klägerin Verdienstentgang und 1.000 EUR als Schadenersatz nach § 12 Abs 6 GlBG unter Abweisung des Mehrbegehrens zu. Die ordentliche Revision erklärte es mit der Begründung für zulässig, es fehle höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage, ob auch das Entgelt für regelmäßig geleistete Mehrarbeit in die Ermittlung des durchschnittlichen Verdienstes gemäß § 14 MSchG einzubeziehen sei.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen den klagsabweisenden Teil dieser Entscheidung gerichtete, von der Beklagten beantwortete Revision der Klägerin ist nicht zulässig.

Der Revisionswerber muss in seinem Rechtsmittel eine Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO aufzeigen. Selbst wenn das Berufungsgericht zu Recht ausgesprochen hatte, die ordentliche Revision sei zulässig, das Rechtsmittel aber dann nur solche Gründe geltend macht, deren Erledigung nicht von der Lösung erheblicher Rechtsfragen abhängt, ist die Revision zurückzuweisen (RIS-Justiz RS0102181; RS0102059).

Die Klägerin wendet sich in ihrem Rechtsmittel ausschließlich gegen die Bemessung des Schadenersatzbetrags nach § 12 Abs 6 GlBG durch das Berufungsgericht als zu gering. Aus der sukzessiven Erhöhung normierter Mindestschadenersatzbeträge durch Novellen des GlBG in den Jahren 2008 und 2011 sei der Wille des Gesetzgebers herauszulesen, die gerichtliche Bemessungspraxis allgemein im Sinne eines Zuspruchs höherer Ersatzbeträge zu beeinflussen.

Mit diesen Ausführungen wird aber keine Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO aufgezeigt.

Fragen der Bemessung des Ersatzes für immaterielle Schäden hängen immer von den Umständen des Einzelfalls ab, sodass ihnen in der Regel keine über diesen hinausgehende Bedeutung zukommt, sofern keine auffallende Fehlbeurteilung, also eine krasse Verkennung der Auslegungsgrundsätze vorliegt, die im Interesse der Rechtssicherheit wahrgenommen werden muss (8 ObA 18/03k; 9 ObA 18/08z ua).

Im Allgemeinen ist bei der Entschädigung für eine erlittene Diskriminierung insbesondere auf deren Dauer und die Erheblichkeit der Beeinträchtigung Bedacht zu nehmen (RIS-Justiz RS0022442; 8 ObA 18/03k; 9 ObA 18/08z ua). Die Höhe der Entschädigung für die erlittene psychische Beeinträchtigung ist nach § 12 Abs 14 GlBG so zu bemessen, dass diese tatsächlich und wirksam ausgeglichen wird, die Entschädigung der erlittenen Beeinträchtigung angemessen ist und Diskriminierungen verhindert.

Die ausführlich begründete Entscheidung des Berufungsgerichts nimmt auf diese Kriterien Bedacht und orientiert sich an der höchstgerichtlichen Rechtsprechung und Literatur (8 ObA 11/09i; Hopf/Mayr/Eichinger, GlBG § 12 Rz 22). In der Bemessung des Schadenersatzes für die erlittene psychische Beeinträchtigung der Klägerin mit dem Doppelten des nach § 12 Abs 1 Z 2 GlBG normierten Höchstbetrags kann im Einzelfall keine krasse Fehlbeurteilung erblickt werden, die einer Korrektur durch den Obersten Gerichtshof bedürfte. Ob auch ein anderes Ergebnis vertretbar gewesen wäre, begründet für sich allein noch keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO.

Die Beklagte hat in ihrer Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels nicht hingewiesen, sodass dafür mangels der Voraussetzungen des § 41 Abs 1 ZPO kein Kostenersatz gebührt.

Zusatzinformationen


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Rechtsgebiet
Zivilrecht
Schlagworte
Arbeitsrecht
ECLI
ECLI:AT:OGH0002:2014:008OBA00023.14M.0324.000
Datenquelle

Fundstelle(n):
KAAAD-92995