VfGH vom 28.11.2000, b256/98
Sammlungsnummer
16007
Leitsatz
Keine Gleichheitswidrigkeit der Einbeziehung von dienstnehmerähnlich beschäftigten, im übrigen nach GSVG versicherten Personen in die Sozialversicherungspflicht nach dem ASVG; keine Verpflichtung des Gesetzgebers zur Rückerstattung von Beiträgen im Falle von Mehrfachversicherung
Spruch
Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid nicht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. Gemäß dem - mit in Kraft getretenen - § 4 Abs 4 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955 in der im vorliegenden Fall maßgeblichen Fassung des Art 34 Z 3 des Strukturanpassungsgesetzes 1996, BGBl. Nr. 201, sowie des (rückwirkend mit in Kraft gesetzten) ArtI Z 9 des Sozialrechts-Änderungsgesetzes 1996 (= 53. Novelle zum ASVG), BGBl. Nr. 411, unterliegen der Pflichtversicherung in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung jene Personen,
"die sich auf bestimmte oder unbestimmte Zeit zu Dienstleistungen für
1. einen Auftraggeber (Dienstgeber) im Rahmen seines Geschäftsbetriebes, seiner Gewerbeberechtigung, seiner berufsrechtlichen Befugnis (Unternehmen, Betrieb usw.) oder seines statutenmäßigen Wirkungsbereiches (Vereinsziel usw.), mit Ausnahme der bäuerlichen Nachbarschaftshilfe,
2. eine Gebietskörperschaft oder eine sonstige juristische Person des öffentlichen Rechts bzw. die von ihnen verwalteten Betriebe, Anstalten, Stiftungen oder Fonds (im Rahmen einer Teilrechtsfähigkeit)
verpflichten, ohne Dienstnehmer im Sinne des Abs 2 zu sein, und aus dieser Tätigkeit ein Entgelt beziehen, sofern sie nicht bereits auf Grund dieser Tätigkeit der Pflichtversicherung nach diesem oder einem anderen Bundesgesetz unterliegen bzw. unterliegen könnten (§2 Abs 1 FSVG)."
Gemäß § 4 Abs 2 ASVG ist Dienstnehmer,
"wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen".
II. 1.1. Der Beschwerdeführer ist emeritierter Universitätsprofessor und übt eine Konsulententätigkeit für die Kammer für Arbeiter und Angestellte für Oberösterreich aus. Mit Bescheid vom 19. Feber 1997 sprach die Oberösterreichische Gebietskrankenkasse aus, daß der Beschwerdeführer auf Grund seiner Konsulententätigkeit der Pflichtversicherung in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung gemäß § 4 Abs 4 ASVG unterliege.
Begründend wird dazu im wesentlichen ausgeführt, zwischen dem Beschwerdeführer und der Kammer für Arbeiter und Angestellte für Oberösterreich bestehe ein Konsulentenvertrag, worin sich der Beschwerdeführer verpflichtet habe, gegen ein monatliches Entgelt, das die in § 5a Abs 1 ASVG normierte Freigrenze von S 7.000,-- übersteige, Leistungen zu erbringen; diese bestünden im wesentlichen darin, gemeinsam mit Mitarbeitern der arbeits- und der sozialrechtlichen Abteilung der Kammer für Arbeiter und Angestellte für Oberösterreich regelmäßig wissenschaftliche Seminare abzuhalten. Der Beschwerdeführer sei im Rahmen seiner Konsulententätigkeit als freier Dienstnehmer anzusehen, weil er nach dem Konsulentenvertrag an keine bestimmte Arbeitszeit gebunden und es ihm erlaubt sei, bei seiner Tätigkeit Assistenten des Institutes für Arbeitsrecht der Universität Linz beizuziehen. Es bestehe zwar keine wirtschaftliche Abhängigkeit, diese sei jedoch auch nicht Voraussetzung für das Vorliegen eines freien Dienstvertrages.
1.2. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Einspruch an den Landeshauptmann von Oberösterreich, der dieses Rechtsmittel mit Bescheid vom als unbegründet abwies und den erstinstanzlichen Bescheid bestätigte.
Der Beschwerdeführer erhob gegen diese Entscheidung Berufung an die (damalige) Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales, die dieses Rechtsmittel jedoch mit Bescheid vom ebenfalls als unbegründet abwies.
Diese Berufungsentscheidung wird im wesentlichen wie folgt begründet (Hervorhebungen jeweils im Original):
"Der Berufungswerber bringt gegen das Vorliegen der Versicherungspflicht nach § 4 Abs 4 ASVG weiters vor, dass dafür Dienstnehmerähnlichkeit vorliegen müsste, d.h. dass er hinsichtlich seines Beschäftigers wirtschaftlich unselbständig und abhängig sein müsste.
Zu der Frage, ob § 4 Abs 4 ASVG nur solche freien Dienstverträge betreffe, bei denen Dienstnehmerähnlichkeit im Sinne wirtschaftlicher Unselbständigkeit und Abhängigkeit vorliege, ist folgendes anzuführen:
Es stellt sich vorerst die Frage, ob unter dem Begriff der wirtschaftlichen Abhängigkeit im Sinne der älteren arbeitsrechtlichen Judikatur Lohnabhängigkeit und das Angewiesensein auf das Entgelt als Existenzgrundlage oder im Sinne der überwiegenden neueren arbeitsrechtlichen Judikatur in Übereinstimmung mit der des VwGH die fehlende Verfügungsgewalt über die Produktionsmittel gemeint ist (vgl. Schwarz-Löschnigg, Arbeitsrecht, 4. Auflage, 118, unter Hinweis auf Arb 7848 und die Rechtsprechung des VwGH).
Der OGH versteht im Erkenntnis vom , 8 Ob S 1, 10/96, wiederum diesen Begriff als Gegensatz zur wirtschaftlichen Unselbständigkeit und inhaltlich im wesentlichen das Angewiesensein auf eine bestimmte Geschäftsverbindung. Die ständige Judikatur des VwGH zu § 4 Abs 2 ASVG legt den Begriff der wirtschaftlichen Abhängigkeit wie folgt aus:
Die wirtschaftliche Abhängigkeit, die nach der Rechtsprechung ihren sinnfälligen Ausdruck im Fehlen der im eigenen Namen auszuübenden Verfügungsmacht über die nach dem Einzelfall für den Betrieb wesentlichen organisatorischen Einrichtungen und Betriebsmittel findet, ist bei entgeltlichen Arbeitsverhältnissen die zwangsläufige Folge persönlicher Abhängigkeit. Demnach kann zwar persönliche Abhängigkeit nicht ohne wirtschaftliche Abhängigkeit, wohl aber wirtschaftliche Abhängigkeit bei persönlicher Unabhängigkeit bestehen (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 81/08/0061).
Das Bundesministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales bleibt auch im Zusammenhang mit § 4 Abs 4 ASVG bei jenem Inhalt des Begriffes der wirtschaftlichen Abhängigkeit, der ihm bisher in der Judikatur zu § 4 ASVG zukam. Es ist zu bemerken, dass im Bereich der Sozialversicherung - wie im § 4 Abs 2 ASVG gefordert - nur der Begriff der wirtschaftlichen Abhängigkeit eine Rolle spielte, die wirtschaftliche Unselbständigkeit bisher in der sozialversicherungsrechtlichen Judikatur nicht verwendet wurde.
Wirtschaftliche Unselbständigkeit ist nach der ständigen arbeitrechtlichen Rechtsprechung (vgl. u.a. 9 Ob A48, 1008/95 in RdA 1996, 180 und 8 Ob S 1, 10/96 in ARD 4771/19/96) das Charakteristikum der Dienstnehmerähnlichkeit, worunter wiederum folgendes zu verstehen ist: Wirtschaftliche Abhängigkeit von einem oder mehreren, nicht aber von einer unbegrenzten, ständig wechselnden Anzahl von Unternehmern;
Regelmäßigkeit der Arbeitsleistung; Erbringung der Arbeitsleistung in wirtschaftlicher Unterordnung für die Zwecke eines anderen;
Bestreitung des Lebensunterhalts zu einem nicht unerheblichen Teil aus den Einkünften dieser Tätigkeit; Fremdbestimmung der Arbeit;
Beschränkung des Beschäftigten in seiner Entschlussfähigkeit bezüglich der ausgeübten Tätigkeit auf ein Minimum; Erbringung der Arbeitsleistung nicht im Rahmen eines eigenen Unternehmens, sondern in Einordnung in den fremden Betrieb. Von (...) Bedeutung ist auch die soziale Schutzbedürftigkeit, letztlich die Gesamtbeurteilung der Kriterien.
(...)
Nach der Literatur und Judikatur liegen freie Dienstverträge sowohl dann vor, wenn Dienstnehmerähnlichkeit vorliegt, als auch ohne diese Eigenschaft. Strasser (Zur Werk- und Dienstvertragsregelung im Strukturanpassungsgesetz (und) im SRÄG 1996, ecolex 1996, 779) führt unter Bezug auf das ARD 4763/35/96, VwSlg 10.140, 12.015 und Mayer-Maly, Arbeitsrecht I (FN 2, 55) aus, dass zwischen freien Dienstverträgen, die Arbeitnehmerähnlichkeit des Beschäftigten bewirken(,) und solchen() ohne Arbeitnehmerähnlichkeit zu unterscheiden ist. Gerade die als typische Beispiele eines freien Dienstvertrages angeführten freien Berufe (Konsulentenverträge etc., vgl. Wachter, aaO) weisen keine wirtschaftliche Abhängigkeit auf. Wachter (...) stellt fest, dass auf die unterschiedlichen Typen der freien Dienstverträge jeweils unterschiedlich die arbeitsrechtlichen Normen anzuwenden sind.
Geht man - nach Auffassung des Bundesministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales zu Recht - davon aus, dass diese Lehre und Judikatur über den freien Dienstvertrag auch für den § 4 Abs 4 ASVG anwendbar ist, so spricht dies gegen das Erfordernis der Dienstnehmerähnlichkeit:
Wenn § 4 Abs 4 ASVG vor dem in der Gesetzwerdung bekannten Hintergrund weder im Gesetzestext noch in den Materialien eine Einschränkung trifft, dass nur dienstnehmerähnliche freie Dienstverträge unter die Versicherungspflicht fallen sollen, so ist eine solche Einschränkung im Interpretationswege nicht ergänzend hinzuzufügen.
(...)
Als weiteres Argument für die Position der Berufungsbehörde ist noch anzuführen, dass der Dienstnehmerbegriff des § 4 Abs 2 ASVG die Beschäftigung in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit verlangt. Diese Zusatzkriterien sind in § 4 Abs 4 ASVG aber im Gegensatz zur Entgeltlichkeit der Tätigkeit nicht angeführt. Da der Gesetzestext keineswegs die Bezeichnung 'freier Dienstvertrag' verwendet, sondern lediglich von 'Dienstleistungen auf bestimmte oder unbestimmte Zeit' spricht, wird daber deutlich, dass das Gesetz hier keine überwiegende Abhängigkeit oder Unselbständigkeit verlangt, also den sogenannten freien Dienstvertrag meint. 'Frei' bedeutet in diesem Zusammenhang das Fehlen der persönlichen Abhängigkeit.
(...)
Für die Sozialversicherungspflicht eines freien Dienstvertrages nach § 4 Abs 4 ASVG ist es nach Meinung des Bundesministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales daher unerheblich, ob die Tätigkeit in völliger wirtschaftlicher Unabhängigkeit oder 'dienstnehmerähnlich' ausgeübt wird.
(...)"
2.1. Gegen diesen - letztinstanzlichen - Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde gemäß Art 144 Abs 1 B-VG, worin ausschließlich die Verletzung in Rechten wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes behauptet wird. Der Beschwerdeführer regt an, die Regelung des § 4 Abs 4 ASVG von Amts wegen einem Gesetzesprüfungsverfahren zu unterwerfen, und beantragt, den bekämpften Bescheid kostenpflichtig aufzuheben.
Begründend wird dazu im wesentlichen folgendes ausgeführt:
Es widerspreche dem Gleichheitssatz, eine uneingeschränkte Versicherungspflicht für "freie Dienstnehmer" - ohne Rücksicht darauf, ob diese als "dienstnehmerähnlich" einzustufen seien oder nicht - einzuführen. Die Einbeziehung von dienstnehmerähnlich beschäftigten Personen ("Werkvertragsnehmern") in die Versicherungspflicht sei deshalb erfolgt, weil bei diesem Personenkreis eben jene wirtschaftliche Abhängigkeit vorliege, wie sie generell bei Dienstnehmern iS des § 4 Abs 2 ASVG anzutreffen sei. Bei "freien Dienstnehmern" sei indes häufig - wie auch im Fall des Beschwerdeführers - keine wirtschaftliche Abhängigkeit und damit auch keine soziale Schutzbedürftigkeit gegeben, die jener von Dienstnehmern und dienstnehmerähnlich beschäftigten Personen entspreche. Die in § 4 Abs 4 ASVG getroffene Gleichstellung von - wirtschaftlich unabhängigen - freien Dienstnehmern mit - wirtschaftlich abhängigen - dienstnehmerähnlich Beschäftigten setze sich über diesen Unterschied im Tatsächlichen hinweg und sei somit gleichheitswidrig.
Die Beschwerde erachtet es überdies als gleichheitswidrig, daß für die Versicherungspflicht gemäß § 4 Abs 4 ASVG ohne Belang sei, ob der Betroffene nicht schon auf Grund einer anderen Tätigkeit im Rahmen des ASVG oder eines diesem gleichwertigen Systems durch eigene Beiträge voll versichert bzw. gesichert sei. Freie Dienstnehmer seien somit verpflichtet, Beiträge zu leisten, ohne daß diesen Beiträgen eine Erhöhung des Leistungsanspruches korrespondierte. Eine Erstattung von Krankenversicherungsbeiträgen gemäß § 70a Abs 1 ASVG sei im vorliegenden Fall bloß eingeschränkt möglich, weil diese Bestimmung erst mit in Kraft getreten sei. In jenem Umfang, in dem eine Erstattung von Kranken- und Pensionsversicherungsbeiträgen nicht vorgesehen sei, sei von einer - als ASVG-Beitrag "getarnten" - Ertragsteuer, im übrigen hingegen von einem "zinsenlosen Darlehen" an die Kranken- bzw. Pensionsversicherungsträger auszugehen, weil die erstatteten Beiträge nicht verzinst würden.
Im übrigen wendet sich die Beschwerde gegen die Inkrafttretensbestimmung des § 564 Abs 3 ASVG idF des SRÄG 1996, wonach eine Versicherungspflicht für dienstnehmerähnlich beschäftigte Personen (§4 Abs 5 ASVG idF des SRÄG 1996) nur bestehe, wenn die jeweilige vertragliche Vereinbarung nach dem abgeschlossen worden sei, während für freie Dienstnehmer keine solche Einschränkung vorgesehen sei; vielmehr begründeten auch jene freien Dienstverträge, die vor dem abgeschlossen worden sind, eine Versicherungspflicht gemäß § 4 Abs 4 ASVG. Diese Verschiedenbehandlung von freien Dienstverträgen und dienstnehmerähnlichen Beschäftigungsverhältnissen wird als gleichheitswidrig kritisiert.
2.2. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie im wesentlichen auf die Begründung des angefochtenen Bescheides verweist und beantragt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
III. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:
1. Der Gerichtshof kann nicht finden, daß die vom Beschwerdeführer kritisierte Regelung des § 4 Abs 4 ASVG dem Gleichheitssatz widerspräche.
2.1. § 4 Abs 4 ASVG idF des SRÄG 1996 ist nach seinem unzweideutigen Wortlaut auf Personen anzuwenden, die sich zu Dienstleistungen für einen Auftraggeber (Dienstgeber) oder für eine Gebietskörperschaft (sonstige juristische Person des öffentlichen Rechtes) verpflichten, ohne Dienstnehmer iSd § 4 Abs 2 ASVG zu sein und ohne auf Grund dieser Tätigkeit der Pflichtversicherung nach dem ASVG oder nach einem anderen Bundesgesetz zu unterliegen.
Wie den EB (72 BlgNR XX. GP 251 ff bzw. 214 BlgNR XX. GP 27 ff) zu entnehmen ist, unterwirft diese Regelung freie Dienstverträge insgesamt der (Voll-)Versicherungspflicht, uzw. ausdrücklich in Anlehnung an § 4 Abs 3 ASVG (idF vor dem Arbeits- und Sozialrechts-Änderungsgesetz 1997, BGBl. I Nr. 139), welche Regelung bereits vor Inkrafttreten des Strukturanpassungsgesetzes 1996 bzw. des SRÄG 1996 für eine Reihe von persönlich und wirtschaftlich relativ unabhängig Erwerbstätigen, die zT unzweifelhaft als freie Dienstnehmer anzusehen sind, eine solche Versicherungspflicht normiert hat (zB für Vorstandsmitglieder von Aktiengesellschaften: § 4 Abs 3 Z 10 ASVG (seit : § 4 Abs 1 Z 6 ASVG); zur Rechtfertigung der - mit der 37. ASVG-Novelle, BGBl. Nr. 588/1981, erfolgten - Einbeziehung von Vorstandsmitgliedern von Aktiengesellschaften in die Sozialversicherung vgl. EB 907 BlgNR XV. GP 10).
Der Gerichtshof hegt keine Bedenken gegen die Entscheidung des Gesetzgebers, den Kreis der freien Dienstnehmer insoweit in die Vollversicherungspflicht gemäß dem ASVG einzubeziehen, als die betreffenden Personen - hierin dem Regelfall der nach § 4 Abs 2 ASVG Versicherten ähnlich - in dieser Eigenschaft nur für einen Auftraggeber arbeiten, sie im übrigen aber dem GSVG (vgl. dessen § 2 Abs 1 Z 4) zu unterstellen. Soweit die Beschwerde vorbringt, daß es unzulässig sei, freie Dienstnehmer, soweit sie nicht "arbeitnehmerähnlich" seien, demselben Regime zu unterstellen wie "echte" Dienstnehmer, übersieht sie zum einen, daß der Gesetzgeber ohnehin an ein - freilich vergröberndes, dafür aber leicht feststellbares - Merkmal der Arbeitnehmerähnlichkeit anknüpft. Selbst wenn man daher die Auffassung des Beschwerdeführers teilt, bestehen gegen eine Regelung, die bei der Abgrenzung der Versicherungspflicht nach dem ASVG von jener nach dem GSVG (bzw. nach dem FSVG) zulässiger Weise von einer Durchschnittsbetrachtung ausgeht, aus dem Blickwinkel des Gleichheitssatzes keine Bedenken.
Zum anderen läßt die Beschwerde offen, aus welchem Grund es dem Gesetzgeber verwehrt sein sollte, (auch) für freie Dienstnehmer überhaupt eine Versicherungspflicht vorzusehen. In der Frage, welche Personengruppen in die Sozialversicherungspflicht einzubeziehen sind, ist dem Gesetzgeber ein weiter Gestaltungsspielraum zuzubilligen, dessen - aus dem Gleichheitssatz und dem diesem innewohnenden Sachlichkeitsgebot erfließende - Grenzen nach Ansicht des Gerichtshofs hier nicht überschritten sind. In diesem Zusammenhang ist auch in Erinnerung zu rufen, daß in jenen Fällen, in denen die Einbeziehung eines Personenkreises in die Sozialversicherungspflicht erfolgt, diesem nicht allein eine Beitragspflicht auferlegt wird, sondern - damit korrespondierend - ein Leistungsanspruch erwächst (zu diesem funktionellen Konnex vgl. bereits VfSlg. 3670/1960).
Abgesehen davon vermag der Verfassungsgerichtshof dem Beschwerdevorbringen nicht zu folgen, wonach von Verfassungs wegen nur für jene Personen, bei denen "Schutzbedürftigkeit" vorliege, eine Versicherungspflicht nach dem ASVG normiert werden dürfte, zumal der Gesetzgeber die in Rede stehenden freien Dienstnehmer in der zureichend begründeten Annahme, daß auch sie angesichts des eingetretenen Wandels der Arbeitswelt des sozialversicherungsrechtlichen Schutzes bedürfen, insgesamt in die gesetzliche Sozialversicherung, teils nach dem ASVG, im übrigen nach dem GSVG einbezogen hat. Allein aus dem Umstand, daß es Fälle geben kann, in denen ein solches Bedürfnis nach Versicherungsschutz im Einzelfall in einem geringeren Ausmaß als bei anderen oder - nach dem subjektiven Empfinden des Betroffenen zumindest in der Pensions- und Krankenversicherung - überhaupt nicht vorhanden ist, ist keinesfalls eine Pflicht des Gesetzgebers abzuleiten, entsprechende Ausnahmen von der Versicherungspflicht vorzusehen. Wie immer das Ausmaß der Schutzbedürftigkeit im einzelnen zu beurteilen sein mag, hier kommt es nämlich nicht auf die Ausnahmen, sondern auf die typischen Fälle an (vgl. VfSlg. 4688/1964 (S 172); s. ferner VfSlg. 11.469/1987 (S 232 f mwN)).
2.2. Der Beschwerdeführer kritisiert die in § 4 Abs 4 ASVG getroffene Regelung ferner deshalb als verfassungswidrig, weil sie eine Versicherungspflicht auch dann vorsieht, wenn bereits - auf Grund einer anderen Erwerbstätigkeit - eine Versorgung eingetreten ist oder sonst ein ausreichender Versicherungsschutz besteht.
Wie der Verfassungsgerichtshof indes bereits wiederholt ausgesprochen hat (zusammenfassend jüngst das hg. Erkenntnis vom , G7-9/00 (Pkt. II.3.1.2.)), steht in der Sozialversicherung der Versorgungsgedanke im Vordergrund, wohingegen der Versicherungsgedanke in der Ausprägung der Vertragsversicherung (Äquivalenz von Leistung und Gegenleistung) zurückgedrängt ist (zB VfSlg. 4580/1963, 5241/1966, 6015/1969, 7047/1973 mwN). Dem entspricht es, daß - wie der Gerichtshof in seiner ständigen Rechtsprechung ebenfalls mehrfach betont hat - es keinen verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet, für Personen, die eine sozialversicherungspflichtige Erwerbstätigkeit aufnehmen, trotz eingetretener Versorgung eine Beitragspflicht vorzusehen (zB VfSlg. 12.739/1991 mwN); gegen eine gesetzliche Pflichtversicherung bestehen somit auch dann keine Bedenken, wenn es trotz bestehender Versicherungspflicht künftig zu keinem Rentenanfall kommt, etwa weil im jeweiligen Leistungsrecht festgesetzte Wartefristen nicht erfüllt sind (zB VfSlg. 6015/1969, 7047/1973). Aus dieser Rechtsprechung folgt, daß der Gesetzgeber von Verfassungs wegen nicht verpflichtet ist, Beiträge rückzuerstatten, die aus mehreren versicherungspflichtigen Erwerbstätigkeiten zu einer Beitragsleistung führen, die insgesamt die Beitragsleistung auf Grund der Höchstbemessungsgrundlage übersteigt (VfSlg. 14.802/1997 (S 420 f)).
2.3. Der Beschwerdeführer wendet sich schließlich dagegen, daß die Versicherungspflicht für freie Dienstverträge mit unabhängig davon eingeführt worden sei, ob der Vertrag bereits vor oder erst nach Inkrafttreten des § 4 Abs 4 ASVG abgeschlossen worden ist, wohingegen gemäß § 564 Abs 3 ASVG idF des SRÄG 1996 bloß jene Verträge mit dienstnehmerähnlich beschäftigten Personen in die Versicherungspflicht einbezogen worden seien, die nach dem abgeschlossen worden sind.
Der Gerichtshof vermag auch diesem Bedenken nicht beizutreten:
Vorausgeschickt sei, daß der Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom , G392/96 ua. Zlen
(= VfSlg. 14.802/1997), ua. die Regelung des § 4 Abs 5 ASVG idF des SRÄG 1996 als verfassungswidrig aufgehoben und ausgesprochen hat, daß frühere gesetzliche Bestimmungen nicht wieder in Wirksamkeit treten (vgl. die Kundmachung BGBl. I Nr. 39/1997, ausgegeben am ).
Eine - von der Beschwerde offenbar übersehene - Konsequenz dieser - ohne Fristsetzung erfolgten und daher im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides bereits wirksam gewordenen - Aufhebung besteht nun darin, daß die Bestimmung des § 564 Abs 3 ASVG idF des SRÄG 1996 betreffend den zeitlichen Anwendungsbereich des § 4 Abs 5 ASVG idF des SRÄG 1996 seither ins Leere geht. Damit ist diesem gleichheitsrechtlichen Bedenken des Beschwerdeführers aber der Boden entzogen.
3. Da sich somit die Behauptungen des Beschwerdeführers, wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt zu sein, insgesamt als unzutreffend herausgestellt haben, war die Beschwerde als unbegründet abzuweisen. Mangels eines entsprechenden Vorbringens war dabei nicht zu prüfen, ob der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht verletzt worden ist (zB VfSlg. 12.495/1990 mwN).
4. Diese Entscheidung konnte ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung gefällt werden (§19 Abs 4 erster Satz VerfGG 1953).