OGH vom 15.06.1988, 9ObA117/88
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof.Dr. Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith und Dr. Maier sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Friedrich Stefan und Leo Samwald als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Alfred H***, Pensionist, Vöcklabruck, Stadtplatz 24, vertreten durch Dr. Aldo Frischenschlager, Rechtsanwalt in Linz, wider die beklagte Partei S*** DER S*** V***, Vöcklabruck,
Stadtplatz 24, vertreten durch Dr. Gerhard Wildmoser, Rechtsanwalt in Linz, wegen S 285.408,80 sA infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 12 Ra 1111/87-19, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Kreisgerichtes Wels als Arbeits- und Sozialgericht vom , GZ 24 Cga 30/87-13, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Der Kläger ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 10.198,65 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (davon S 927,15 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger war seit dem Jahre 1938 bei der beklagten Sparkasse angestellt. Seit 1960 war er Sparkassenleiter. Im Zuge der Neuordnung des Sparkassenwesens durch das Bundesgesetz vom , BGBl. Nr. 64 (Sparkassengesetz-SpG) wurde der Kläger mit Wirkung vom gemäß § 37 Abs 1 SpG zum Vorsitzenden des Vorstandes (§ 16 Abs 3 SpG) bestellt und mit ihm der Anstellungsvertrag vom und abgeschlossen. In dieser Funktion war der Kläger bis tätig. Er hatte den Sparkassenrat der beklagten Partei schon vor dem Abschluß dieses Anstellungsvertrages schriftlich um vorzeitige Zuerkennung der Abfertigung ersucht, weil er befürchtete, daß Abfertigungszahlungen bei seiner künftigen Pensionierung im Jahre 1985 höher besteuert werden könnten und weil er mit der Abfertigung einen Privatkredit zurückzahlen wollte. Der Kläger erklärte, für den Fall der Bewilligung seines Ansuchens selbstverständlich auf zukünftige Abfertigungsansprüche zu verzichten. Die beklagte Partei kam dem Ansuchen des Klägers nach und zahlte ihm bei Beendigung des Dienstverhältnisses als Sparkassenleiter (im Sinne der früheren sparkassenrechtlichen Vorschriften) eine Abfertigung in Höhe eines (damaligen) Jahresbezuges von S 1,081.427,20 aus.
In den Anstellungsvertrag des Klägers vom wurden u.a. folgende Bestimmungen aufgenommen:
"VIII. Abfertigung
Mit Übernahme als Vorstand wurde Ihnen bereits eine Abfertigung im Ausmaß von 12/12 des Jahresbezuges ausbezahlt.
Sie haben erklärt, auf eine aus der Bestellung zum Vorstandsdirektor pro futuro anfallende neue Abfertigung zu verzichten.
.......
XIV. Sonstige Regelungen
1.) Soweit in diesem Vertrag nichts anderes bestimmt ist, findet
das Angestelltengesetz in dessen jeweils geltender Fassung sinngemäß
Anwendung.
2.) Die Bestimmungen des Sparkassendienstrechtes in deren
jeweils geltender Fassung (Kollektivvertrag für die
Sparkassenangestellten) finden auf das vorliegende Dienstverhältnis
nur insoweit Anwendung, als dies in diesem Vertrag ausdrücklich
bestimmt ist.
......."
Der letzte Jahresverdienst des Klägers betrug
S 1,366.836,-- brutto.
Der Kläger begehrt Zahlung einer restlichen Abfertigung von S 285.408,80 sA. Die ihm auf der Grundlage des letzten Jahresbezuges gebührende Abfertigung betrage S 1,366.836,--. Da die beklagte Partei nur S 1,081.427,20 bezahlt habe, stehe ihm noch der Unterschiedsbetrag zu. Nach den zwingenden Bestimmungen des Angestelltengesetzes habe der gesamte Abfertigungsanspruch durch eine vorzeitige Auszahlung der Abfertigung nicht verkürzt werden können. Der Kläger unterliege auch als Vorsitzender des Vorstandes den Bestimmungen des Angestelltengesetzes. Ein zwingender Abfertigungsanspruch ergebe sich auch aus dem Kollektivvertrag für die Angestellten der Sparkassen, der (hinsichtlich der Bestimmungen über die Arbeitszeit, die Überstundenentlohnung, die Abfertigung und die Reisekosten) auch für die Vorstandsmitglieder gelte (Art. I Abs 2).
Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete ein, daß der Kläger in seiner Stellung als weisungsfreier Vorsitzender des Vorstandes so wie die Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft in keinem echten Dienstverhältnis stehe, weil er Unternehmerfunktionen erfülle. Anstellungsverträge von Vorstandsmitgliedern unterlägen nicht dem Angestelltengesetz. Eine Vertragsklausel, welche die Anwendung der Bestimmungen des Angestelltengesetzes vorsehe, habe nur die Bedeutung, daß diese Bestimmungen zum Vertragsinhalt gemacht würden, soweit ihnen nicht zwingendes Recht entgegenstehe. Der Kläger habe daher wirksam auf künftige Abfertigungsansprüche verzichten können. Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.
Es war der Ansicht, daß die Stellung der Vorstandsmitglieder nach dem neuen Sparkassengesetz den Vorschriften des Aktienrechts angeglichen worden sei. Die Lehre und Rechtsprechung zur Rechtsstellung der Vorstandsmitglieder von Aktiengesellschaften könne daher auf die Vorstandsmitglieder von Sparkassen herangezogen werden. Es sei zwischen der (organrechtlichen) Bestellung zum Vorstand und dem schuldrechtlichen Anstellungsvertrag zu unterscheiden. Die Unabhängigkeit des Vorstandes bei seiner Geschäftsführungstätigkeit von anderen Organen und die völlige Weisungsfreiheit schließen es so wie bei Aktiengesellschaften aus, diese Organe als Angestellte im Sinne des Angestelltengesetzes zu qualifizieren. Die Klausel in Anstellungsverträgen, wonach das Angestelltengesetz sinngemäß Anwendung finde, könne nur die Bedeutung haben, daß die Bestimmungen dieses Gesetzes subsidiär gelten, soweit ihnen nicht zwingendes Recht oder andere Bestimmungen des Anstellungsvertrages entgegenstehen. Der zwischen den Streitteilen abgeschlossene Anstellungsvertrag sei daher ein freier Dienstvertrag, auf den das Angestelltengesetz nur zur Anwendung komme, soweit im Vertrag nichts anderes bestimmt sei. Der Umstand, daß die Handlungsfreiheit der Vorstände von Sparkassen durch Bestimmungen des Kreditwesensgesetzes (KWG) in verschiedenen Punkten eingeschränkt sei - wie zB bei Kreditgewährungen in bestimmter Höhe - ändere nichts daran, daß der Kläger als Vorstandsvorsitzender Unternehmerfunktion ausgeübt habe. Gegen diese Stellung spreche auch nicht, daß er hauptberuflich beschäftigt gewesen sei und seine ganze Arbeitskraft in die Dienste der beklagten Partei habe stellen müssen. Die Bestimmung des § 40 AngG sei daher nicht anzuwenden, und der Verzicht des Klägers auf künftige Abfertigungsansprüche sei rechtswirksam. Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge. Es billigte die Rechtsansicht des Erstgerichtes, wonach die rechtliche Organisation der Sparkassen durch das Sparkassengesetz den Vorschriften des Aktiengesetzes angeglichen worden sei, so daß die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zum Anstellungsvertrag von Vorstandsmitgliedern einer Aktiengesellschaft auch auf Vorstandsmitglieder einer Sparkasse anzuwenden seien. Es sei durchaus üblich, in den Anstellungsvertrag eines Vorstandsmitglieds einer Aktiengesellschaft die Klausel aufzunehmen, daß subsidiär die Bestimmungen des Angestelltengesetzes gelten sollten. Dadurch werde jedoch kein Dienstverhältnis im Sinne des Angestelltengesetzes begründet, weil Vorstandsmitglieder Unternehmerfunktionen zu erfüllen haben und ihnen in dieser Eigenschaft das für Angestellte charakteristische Ein- und Unterordnungsverhältnis gegenüber einem weisungsbefugten Dienstgeber fehle. Die Klausel der subsidiären Geltung des AngG könne sohin nur die Bedeutung haben, daß die Bestimmungen dieses Gesetzes zum Inhalt des Dienstvertrages gemacht wurden, soweit ihnen nicht zwingendes Recht entgegenstehe. Im Anstellungsvertrag des Klägers sei die Frage der Abfertigung im Punkt VIII. erschöpfend geregelt worden. Infolge der nur subsidiären Geltung des Angestelltengesetzes sei ein Verzicht auf eine weitere Abfertigung zulässig, weil die Bestimmung des § 40 AngG nicht zur Anwendung komme.
Da die Unternehmerfunktion des Vorstandes einer Sparkasse auf Grund der gesetzlichen Anordnung des § 16 SpG derart überwiege, daß dem Vorstand das charakteristische Ein- und Unterordnungsverhältnis gegenüber dem weisungsbefugten Dienstgeber fehle, habe es auch keine wesentliche Bedeutung, daß der Kläger an eine persönliche Arbeitspflicht und an die Anwesenheit im Betrieb und am Arbeitsplatz gebunden gewesen sei. Auch der Umstand, daß der Kläger vor der Berufung in den Vorstand Angestellter gewesen sei, habe keine Bedeutung. Soweit der Vorstand einer Sparkasse bei der Gewährung von Krediten in bestimmter Höhe gebunden sei, handle es sich nicht um Weisungen eines übergeordneten Organs der Sparkasse, sondern um statutenmäßig festgesetzte Zustimmungen eines anderen Sparkassenorgans bei Genehmigung von Rechtsgeschäften in bestimmtem Umfang.
Das Fehlen von Feststellungen über einschlägige Bestimmungen des Kollektivvertrages für die Angestellten der Sparkassen begründe keinen Mangel, weil der Inhalt kollektivvertraglicher Normen gemäß § 43 Abs 3 ASGG von Amts wegen zu ermitteln sei, wenn sich eine Partei auf sie berufe. Der Geltungsbereich des im Jahre 1981 gültigen Kollektivvertrages für die Angestellten der Sparkasse habe sich nicht auf Vorstandsmitglieder der Sparkassen bezogen. Erst in den mit in Kraft getretenen abgeänderten Kollektivvertrag sei in Art. I Abs 2 die Bestimmung eingefügt worden, daß der Kollektivvertrag bezüglich der Abfertigung auch für Vorstandsmitglieder gelte. Im Zeitpunkt des Abschlusses des Anstellungsvertrages habe der Kläger mangels Geltung des Kollektivvertrages auch für Vorstandsmitglieder rechtsgültig auf zukünftige Abfertigungsansprüche verzichten können. Der Kläger bekämpft das Urteil des Berufungsgerichtes mit Revision wegen Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung. Er beantragt, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, daß seinem Klagebegehren stattgegeben werde.
Die beklagte Partei beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision des Klägers nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Der Revisionswerber tritt der Ansicht der Vorinstanzen entgegen, er sei als Vorsitzender des Vorstands einer Sparkasse in einem "freien Dienstverhältnis" gestanden und behauptet, sein Anstellungsvertrag als Vorstandsvorsitzender sei eine kontinuierliche Weiterführung seines vorher bestandenen regulären Dienstverhältnisses. Eine grundlegende Änderung seiner bisherigen Position als Sparkassenleiter sei dadurch nicht eingetreten. Dem ist nicht zu folgen.
Was zunächst Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft
betrifft, so ist nach herrschender Auffassung zwischen der (nach den
Bestimmungen des Aktiengesetzes zu beurteilenden) Organstellung
eines Vorstandsmitglieds und dem schuldrechtlichen
Anstellungsvertrag zu unterscheiden. In § 75 Abs 1 AktG wird
nämlich die körperschaftsrechtliche Funktion des Vorstandsmitglieds,
welche auf einem Bestellungsakt beruht, von dem die
schuldrechtlichen Beziehungen zwischen der Aktiengesellschaft und
dem Vorstandsmitglied regelnden Anstellungsvertrag deutlich getrennt
(Hämmerle-Wünsch, Handelsrecht3 II 261; Kastner, Grundriß des
Gesellschaftsrechts4, 181; derselbe in Schmitz-FS I 96; Stölzle,
Bestellung und Anstellung von Vorstandsmitgliedern einer AG und von
Geschäftsführern einer GesmbH, GesRZ 1978, 102; Schiemer,
Hdkomm z AktG2 273 f; EvBl 1976/66 = SZ 48/79;
EvBl 1985/80 = Arb. 10.406; VwSlg. 10.452 A;
DRdA 1982/18, 407).
Das Wort "Anstellungsvertrag" wurde unverändert aus dem früheren Aktiengesetz übernommen und soll nicht auf das Angestelltengesetz hinweisen (Kastner, Grundriß aaO; EvBl 1985/80 = Arb. 10.406). Wohl ist es in Österreich üblich, in einem solchen Anstellungsvertrag die subsidiäre Anwendung des Angestelltengesetzes als lex contractus zu vereinbaren (GesRZ 1978, 36); eine solche Vereinbarung bedeutet aber nicht, daß das durch den Anstellungsvertrag zwischen der Aktiengesellschaft und dem Vorstandsmitglied begründete schuldrechtliche Verhältnis ein Dienstverhältnis iS des Angestelltengesetzes ist (Kastner in Schmitz FS I 97; ebenso Schiemer aaO 275; aM Schuster-Bonnott, Zustandekommen und Lösung des Angestelltenverhältnisses zwischen Vorstandsmitglied und AG, GesRZ 1983, 109 !115 ). Einer solchen Annahme stünde nämlich der Umstand entgegen, daß Vorstandsmitglieder Unternehmerfunktionen zu erfüllen haben. Auch fehlt den Vorstandsmitgliedern das für Angestellte iS des Angestelltengesetzes charakteristische Ein- und Unterordnungsverhältnis gegenüber einem weisungsbefugten Arbeitgeber; die Vorstandsmitglieder sind vielmehr in Ausübung ihrer Geschäftsführungstätigkeit grundsätzlich weisungsfrei
(SZ 46/113 = Arb. 9.185; EvBl 1976/66 = SZ 48/79;
EvBl 1985/80 = Arb. 10.406; auch DRdA 1982/18,
407). In § 70 Abs 1 AktG wird dem Vorstand die ausschließliche Zuständigkeit zur Leitung des von der Aktiengesellschaft betriebenen Unternehmens übertragen. Der Vorstand hat daher das Unternehmen unter eigener Verantwortung grundsätzlich selbständig zu leiten; er ist das willensbildende Organ der Gesellschaft und hat keinen Vorgesetzten. Er bestimmt seine Tätigkeit selbst (Geppert, Der "Anstellungs"Vertrag des Vorstandsmitglieds einer Aktiengesellschaft, DRdA 1980, 1 ff, 12, 15;
EvBl 1985/80 = Arb. 10.406). Kein Arbeitnehmer hat so wie ein Vorstandsmitglied die Stellung eines weisungsungebundenen, mit unbeschränkter Vertretungsmacht ausgestatteten Unternehmensleiters und kein Arbeitnehmer hat für Obliegenheitsverletzungen so einzustehen wie Vorstandsmitglieder, auf welche die Vorschriften des Dienstnehmerhaftpflichtgesetzes nicht Anwendung finden (Schiemer aaO 275; derselbe, Zur Bestellung und Anstellung von Vorstandsmitgliedern einer AG, GesRZ 1984, 11 !14 ; SZ 46/113 = Arb. 9.185; EvBl 1985/80 = Arb. 10.406). An der Unternehmerstellung der Vorstandsmitglieder kann es daher auch nichts ändern, daß sie - wirtschaftlich betrachtet - nicht Unternehmer sind und oft aus der Arbeitnehmerschaft herauswachsen (zweifelnd Spielbüchler in Floretta-Spielbüchler-Strasser, Arbeitsrecht2 I 18).
Daraus ist zu folgern, daß der mit der Organstellung in zeitlicher Hinsicht meistens gekoppelte Anstellungsvertrag eines Vorstandsmitgliedes mangels persönlicher Abhängigkeit kein Arbeitsvertrag, sondern ein "freier Dienstvertrag" ist, für welchen gerade das Fehlen der persönlichen Abhängigkeit charakteristisch ist (Geppert aaO, insbes. 15; Hämmerle-Wünsch aaO 261; Kastner, Grundriß 182; Wachter, Der sogenannte freie Dienstvertrag, DRdA 1984, 405 ff !418 ; grundsätzlich auch Krejci in Rummel, ABGB, Rz 88 zu § 1151; differenzierend Mayer-Maly, Österreichisches Arbeitsrecht2, 5; ebenfalls abwägend nach den Umständen des Einzelfalles Schuster-Bonnott in FS Kastner I 438; ebenso Martinek-Schwarz, AngG6 32; Marhold in der Besprechung von Kastners Grundriß in ZAS 1981, 36; aM !Auftragsverhältnis Schiemer aaO 276; derselbe in GesRZ 1984, 11 !12 ).
Diese Grundsätze gelten auch für Vorstandsmitglieder einer Sparkasse iS des Sparkassengesetzes (1979). Während die Führung der Sparkassen nach dem früheren Recht bei dem meist aus ehrenamtlichen Mitgliedern bestehenden Vorstand (alter Prägung) und einem Verwaltungsausschuß lag, deren Funktionen nicht klar getrennt waren, ist seit dem Inkrafttreten des Sparkassengesetzes nur noch die Bestellung eines ausschließlich hauptberuflich tätigen Vorstands zulässig, der die Aufgaben des bisher ehrenamtlich tätigen Vorstands mit jenen des bisherigen Sparkassenleiters in sich vereint (RV 843 BlgNR 14.GP 18 f). Mit der Einführung eines hauptberuflichen Vorstands und einer klaren Trennung der Aufgaben, Rechte und Pflichten der geschäftsführenden und überwachenden Organe der Sparkassen übernahm das Sparkassenrecht die bewährten Regelungen aus dem Aktienrecht. Die Geschäftsführung der Sparkasse obliegt ausschließlich einem hauptberuflichen Vorstand, während der Sparkassenrat die Funktion des Aufsichtsrats einer AG zu erfüllen hat (RV aaO 16, 19). Die Bestimmungen über den Vorstand sind daher weitgehend den aktienrechtlichen Vorschriften nachgebildet. Der Vorstand hat unter eigener Verantwortlichkeit die Geschäfte der Sparkasse zu führen. Seine Mitglieder sind vom Sparkassenrat auf bestimmte Zeit, höchstens auf fünf Jahre zu bestellen. Die Bestellung kann aus wichtigen Gründen, insbesondere bei grober Pflichtverletzung, widerrufen werden. Ansprüche aus dem Anstellungsvertrag werden dadurch nicht berührt (§ 16 Abs 1 und 4 SpG). Der Vorstand ist Dienstvorgesetzter aller Arbeitnehmer der Sparkasse (§ 16 Abs 6 SpG). Die Vorstandsmitglieder haben ihre Geschäfte mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsleiters zu führen. Sie sind der Sparkasse zum Ersatz jedes durch eine Pflichtverletzung entstehenden Schadens verpflichtet, soferne sie nicht beweisen, daß sie ihre Sorgfaltspflicht erfüllt haben (§ 16 Abs 7 SpG). Der Sparkassenrat (als kontrollierendes Organ der Sparkasse) darf Maßnahmen der Geschäftsführung nicht übernehmen (Haushofer-Schinnerer-Ulrich, KWG 188; § 17 Abs 3 SpG), doch kann die Satzung bestimmen, daß bestimmte Arten von Geschäften nur mit Zustimmung des Sparkassenrates oder eines dazu gemäß § 18 Abs 5 SpG eingesetzten Ausschusses (insbes. eines Kreditausschusses für bestimmte Kreditgeschäfte) durchgeführt werden dürfen. Das ändert jedoch an der eigenverantwortlichen Führung der Geschäfte durch den Vorstand nichts. Der Sparkassenrat hat dem Vorstand keine Weisungen zu erteilen.
Aus all diesen Vorschriften ergibt sich, daß die Stellung der Vorstandsmitglieder einer Sparkasse weitgehend jener einer Aktiengesellschaft entspricht (vgl. § 70 Abs 1, 75 Abs 1 und 4, 84 Abs 1 und 2 AktG).
Feststellungen über die Bindung des Klägers an den Arbeitsort, die Arbeitszeit und die Anwesenheit im Betrieb waren entgegen der Meinung des Revisionswerbers nicht erforderlich, weil sich daraus keine abweichende Beurteilung seines Rechtsverhältnisses als Vorsitzender des Vorstandes ergäbe. Die Pflicht des Klägers, seine gesamte Arbeitskraft in den Dienst der Sparkasse zu stellen, ergab sich schon aus der ordnungsgemäßen Erfüllung seiner Aufgaben als Vorstandsvorsitzender einer Gemeindesparkasse bedeutenden Umfangs. Auch die Bindung der Tätigkeit an einen bestimmten Arbeitsort, die notwendigerweise auch seine regelmäßige Anwesenheit im Betrieb erforderlich machte, ergab sich schon aus der übernommenen Vorstandsfunktion. Als Vorstandsmitglied oblag es ihm gemäß Punkt II. Z 1 des Anstellungsvertrages, die Geschäfte der Sparkasse nach Maßgabe der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen, der Satzung, der Geschäftsordnung und der Geschäftsverteilung zu führen. Gemäß § 16 Abs 7 SpG hatte er hiebei - wie bereits erwähnt - mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsleiters vorzugehen. Bei gewissenhafter Erfüllung dieser gesetzlichen und vertraglichen Pflichten unterlag aber der Kläger keinen persönlichen Weisungen des Sparkassenrates, sondern grundsätzlich nur dessen nachprüfender Kontrolle (zu diesem Problem eingehend Geppert in DRdA 1982, 409 ff !411 ).
Die wegen der Besonderheiten des Sparkassenwesens bestehenden Abweichungen vom Recht der Aktiengesellschaft sind für die Frage, ob Vorstandsmitglieder einer Sparkasse Unternehmerfunktionen ausüben oder - wie die früheren Sparkassenleiter - Angestellte sind, ohne rechtliche Bedeutung. Die Vorschrift, daß die Mitglieder des Vorstandes hauptberuflich bei der Sparkasse tätig sein müssen (§ 16 Abs 2 SpG), besteht zwar für Vorstandsmitglieder einer AG nicht, in der Praxis sind jedoch auch Vorstandsmitglieder einer AG in der Regel hauptberuflich tätig. Ob Träger der Sparkasse eine oder mehrere Gemeinden oder Vereine sind (§ 1 Abs 1 SpG), ist für die rechtliche Stellung der Vorstandsmitglieder ebenso bedeutungslos wie der Umstand, daß bei Sparkassen eine Gewinnausschüttung gesetzlich nicht möglich (§ 1 Abs 1 SpG) und ein Gewinn nach Maßgabe des § 22 SpG der Sicherheits- oder Widmungsrücklage zuzuführen ist. Auch aus § 15 Z 1 SpG ergibt sich nicht, daß Vorstandsmitglieder Arbeitnehmer sind. Dort wird zwar bestimmt, daß als Organmitglieder eines Sparkassenorgans "Arbeitnehmer der Sparkassen, ausgenommen Mitglieder des Vorstandes ... ausgeschlossen sind", doch kennt das SpG keinen eigenen Arbeitnehmerbegriff, sondern setzt ihn voraus, so daß andere Gesetze zur Auslegung heranzuziehen sind (Haushofer-Schinnerer-Ulrich, KWG 173). Den weiteren Ausführungen dieser Autoren, aus dem Dienstnehmerbegriff des § 4 Abs 2 ASVG ("Dienstnehmer iS dieses Bundesgesetzes ist, wer in einem Verhältnis persönlicher oder wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird"), ergebe sich, daß auch die hauptbe uflichen Vorstandsmitglieder Dienstnehmer seien, ist schon im Hinblick auf die seitherige Rechtsentwicklung (- das zitierte Werk ist 1980 erschienen) nicht zuzustimmen. Der Verwaltungsgerichtshof hat mehrmals (zB VwSlg. 10.452 A und DRdA 1982/18, 407 !Geppert ) ausgesprochen, daß Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft keine Arbeitnehmer iS des § 4 Abs 2 ASVG und daher nicht sozialversicherungspflichtig sind. Der Gesetzgeber hat dem mit der
37. ASVG-Nov. BGBl. 1981/588 Rechnung getragen und in § 4 Abs 3 Z 10 ASVG Vorstandsmitglieder (Geschäftsleiter) von Aktiengesellschaften, Sparkassen usw. Dienstnehmern gleichgestellt, soweit sie in dieser Tätigkeit nicht schon auf Grund anderer bundesgesetzlicher Vorschriften in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung pflichtversichert sind (dazu - wenn gleich nur für den sozialversicherungsrechtlichen Bereich - Geppert aaO 412). Damit hat auch der Gesetzgeber anerkannt, daß Vorstandsmitglieder von Aktiengesellschaften und Sparkassen in keinem echten Arbeitsverhältnis stehen, da es sonst dieser Sonderbestimmung nicht bedurft hätte.
Der Kläger blieb als Vorstandsvorsitzender auch nicht dadurch Angestellter, daß seine Bestellung auf Grund der Übergangsvorschrift des § 37 SpG erfolgte. Nach dieser Bestimmung waren die bei Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes (§ 42 SpG: ) definitiv als Sparkassenleiter (Stellvertreter) tätigen Arbeitnehmer einer Sparkasse, sofern sie im Zeitpunkt der erstmaligen Bestellung des Vorstandes diese Funktion noch ausübten, vom Sparkassenrat auf die Dauer von höchstens 7 Jahren, längstens jedoch bis zur Erreichung der gesetzlichen Altersgrenze als Vorstandsmitglieder zu bestellen. Damit sollte die für die Geschäftstätigkeit der Sparkasse wichtige Kontinuität in der Geschäftsführung gewährleistet (Haushofer-Schinnerer-Ulrich, KWG 226 FN 1) und nach Maßgabe des § 16 die Rechtsstellung der beim Inkrafttreten dieses Gesetzes tätigen Sparkassenleiter gesichert werden (RV aaO 22). Daraus ist zu schließen, daß eine Pflicht der früheren Sparkassenleiter zur Übernahme der neuen Funktion nicht bestand. Sparkassenleiter, die sich aber auf Grund der ihr Verbleiben in leitender Stellung sichernden Übergangsvorschrift des § 37 SpG zu Vorstandsmitgliedern bestellen ließen, haben alle Rechte und Pflichten, die sich aus § 16 SpG ergeben. Sie waren daher keine Angestellten mehr, auch wenn sie es vorher als Sparkassenleiter gewesen waren. Der Kläger war daher seit der Bestellung zum Vorsitzenden des Vorstandes mit Wirkung vom nicht mehr Angestellter. Die ihm aus seiner Angestelltentätigkeit bis gebührende Abfertigung hat er erhalten. Seit findet auf ihn die Bestimmung des § 40 AngG, wonach die dort aufgezählten Rechte des Angestellten (hier: auf Abfertigung gemäß § 23 AngG) durch den Dienstvertrag weder aufgehoben noch beschränkt werden können, in bezug auf seither entstandene (neue oder höhere) Abfertigungsansprüche keine Anwendung.
Auch aus den Bestimmungen des Kollektivvertrages für die Angestellten der Sparkasse, der im § 70 eine etwa dem AngG entsprechende Abfertigungsregelung enthält, kann der Kläger den erhobenen Anspruch nicht ableiten. Entgegen der Behauptung der Revision galt dieser Kollektivvertrag im Zeitpunkt der Bestellung des Klägers zum Vorstandsvorsitzenden () für Vorstandsmitglieder nicht. Laut Mitteilung des Hauptverbandes der österreichischen Sparkassen wurde erst mit Kollektivvertrag vom , in den bestehenden Kollektivvertrag folgende Bestimmung aufgenommen:
"Für Vorstandsmitglieder gilt dieser Kollektivvertrag nur hinsichtlich der Bestimmungen über die Arbeitszeit, die Überstundenentlohnung, die Abfertigung und die Reisekosten." Eine Rückwirkung dieses Kollektivvertrages wurde nicht normiert. Auch wenn man annimmt, daß durch Kollektivvertrag die Rechtsstellung von Vorstandsmitgliedern mit Normwirkung geregelt werden kann (iS des II. Teiles des ArbVG sind die zur gesetzlichen Vertretung einer juristischen Person berufenen Organmitglieder jedenfalls nicht Arbeitnehmer !§ 36 Abs 2 Z 1 ArbVG , während dies für den I. Teil des ArbVG nicht grundsätzlich ausgeschlossen wird !dazu Floretta-Strasser Komm z ArbVG 8 ) und für die Bemessung des ab auch für Vorstandsmitglieder geschaffenen kollektivvertraglichen Abfertigungsanspruches trotz des zunächst gültigen Verzichts des Klägers im Anstellungsvertrag alle vor dem Zeitpunkt des Geltungsbeginnes liegenden Beschäftigungszeiten berücksichtigt werden müßten, stünde ihm keine weitere Abfertigung zu. Die auf Initiative des Klägers zwischen den Streitteilen geschlossene, mit einem Verzicht auf künftige Abfertigungsansprüche verbundene Vereinbarung war für ihn im Sinne des § 3 ArbVG günstiger als die Regelung des Kollektivvertrages: Bei der praktischen Anwendung des Günstigkeitsprinzips ist grundsätzlich auf den Einzelfall des betroffenen Arbeitnehmers abzustellen (Floretta-Strasser aaO 37) und die Rechtslage nach dem Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarung zu beurteilen (JBl 1987, 538). Das Günstigkeitsprinzip greift auch bei Verzicht auf unabdingbare Ansprüche durch und ermöglicht sinnvolle Vertragsgestaltungen (Arb. 10.290 = DRdA 1985, 403 !Eypeltauer ).
Beide Parteien gingen davon aus, daß die Dienstzeiten des Klägers als Sparkassenleiter und die Funktionszeiten als Vorstandsvorsitzender für den Erwerb und die Fälligkeit des Abfertigungsanspruches als Einheit zu betrachten waren, der Kläger also bei seiner Bestellung zum Vorsitzenden des Vorstandes nur Anwartschaften, jedoch noch keinen fälligen Abfertigungsanspruch erworben hatte. Durch die um etwa vier Jahre vorgezogene Auszahlung der Abfertigung hat der Kläger insbesondere durch die Möglichkeit, einen Privatkredit zurückzuzahlen Vorteile erlangt, die den nunmehr begehrten Mehrbetrag aus der Inanspruchnahme des kollektivvertraglichen Abfertigungsanspruches, wie er am zu berechnen gewesen wäre, mehr als aufwiegen (vgl. Arb. 10.290). Außerdem hat er dadurch vier Jahre früher einen Anspruch erworben, dessen Entstehen noch keineswegs gewiß war. Das Anstellungsverhältnis des Klägers hätte ja durch Tod mit der Rechtsfolge des § 23 Abs 6 AngG und unter Umständen auch durch eigene Kündigung, berechtigte Entlassung usw. enden können, sodaß ein Abfertigungsanspruch überhaput nicht entstanden wäre. Der Verzicht des Klägers auf künftige Abfertigungsansprüche blieb daher als günstigere Vereinbarung im Sinne des § 3 ArbVG wirksam.
Der Revision ist ein Erfolg zu versagen.