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OGH vom 18.05.2004, 10ObS185/03h

OGH vom 18.05.2004, 10ObS185/03h

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisions- und Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger und Dr. Schramm sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Johannes Pflug (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Eva-Maria Florianschütz (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in den verbundenen Sozialrechtssachen der klagenden Partei Ing. Ilse K*****, vertreten durch Dr. Hoffmann-Ostenhof Rechtsanwalts GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei Steiermärkische Gebietskrankenkasse, 8011 Graz, Josef-Pongratz-Platz 1, vertreten durch Dr. Helmut Destaller, Dr. Gerald Mader und Dr. Walter Niederbichler, Rechtsanwälte in Graz, wegen Kostenerstattung und Rückforderung, infolge Revision und Rekurses der klagenden Partei gegen das Teilurteil und den Beschluss des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 8 Rs 239/02g-22, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht vom , GZ 41 Cgs 18/02f-15, teilweise bestätigt und teilweise aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision und der Rekurs werden zurückgewiesen.

Mit dem in der Rekursbeantwortung gestellten Antrag, der Oberste Gerichtshof möge "von der Rückverweisung hinsichtlich Spruchpunkt 3 an das Erstgericht absehen und feststellen, dass die klagende Partei schuldig ist einen Betrag von 629,72 EUR (8.665,20 ATS) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zurückzuerstatten", wird die beklagte Partei auf die Entscheidung über den Rekurs der klagenden Partei verwiesen.

Die klagende Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Die am geborene Klägerin bezog ab vom Arbeitsmarktservice Graz einen Pensionsvorschuss, der ihr ab im Ausmaß der Notstandshilfe gewährt wurde.

Am fuhr die Klägerin zur zahnmedizinischen Behandlung zu einem Zahnarzt in Ungarn, wo sie sich durchgehend bis aufhielt. Nach einem Panoramaröntgen und einer Beratung wurden 17 Zähne gezogen. An den beiden Eckzähnen im Unterkiefer wurde zur Erreichung eines besseren Haltes der Unterkieferzahnprothese unter konservierender Versorgung der Wurzelreste jeweils ein Kunststoffzahnaufbau vorgenommen. Über sechs Zähne im Unterkiefer wurde eine provisorische Prothese angefertigt.

Am wurde eine Kunststofftotalzahnprothese mit 14 Zähnen für den Oberkiefer und unter Einbeziehung der beiden Eckzahnaufbauten eine weitere Kunststoffprothese für den Unterkiefer angefertigt. Zu dieser Behandlung reiste die Klägerin am nach Ungarn und am wiederum ab.

Die Klägerin zahlte dem ungarischen Zahnarzt für die zahnmedizinische Behandlung insgesamt S 8.850,-- und für die Ober- und Unterkiefertotalprothese S 6.030,--.

Nach Vorlage der Rechnungen ersetzte die beklagte Partei bis Juni 1998 der Klägerin insgesamt S 9.343,20.

Am beantragte die Klägerin unter Detaillierung der Kosten einzelner Behandlungsschritte den Ersatz weiterer S 5.100,--, andernfalls ein abweisender Bescheid darüber zu erlassen wäre.

Am beantragte die Klägerin den Ersatz weiterer S 7.440,--, weil sie versehentlich Kostenersatz nur für die Prothese an einem Kiefer beantragt habe. Außerdem sei ein Verwaltungskostenbeitrag von 20 %, somit S 5.620,80, nicht gerechtfertigt, weshalb die Zahlung auch dieses Betrages bzw im Fall der Ablehnung die bescheidmäßige Erledigung beantragt werde.

Zu beiden Anträgen erließ die beklagte Partei keinen Bescheid.

Am brachte die Klägerin beim Erstgericht gegen die beklagte Partei eine (Säumnis-)Klage über S 5.100,-- mit der Begründung ein, ihrem auf Ersatz dieses Betrags gerichteten Antrag vom habe die beklagte Partei nicht entsprochen.

Mit einer weiteren beim Erstgericht gegen die beklagte Partei eingebrachten (Säumnis-)Klage vom verlangte die Klägerin den Zuspruch von S 13.060,80. Dieser Betrag entspreche dem im Antrag vom geforderten.

Mit Bescheiden vom widerrief die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Graz den der Klägerin zuerkannten Bezug von Pensionsvorschussleistungen im Ausmaß der Notstandshilfe für den 6. und für den und verpflichtete die Klägerin zur Rückzahlung der unberechtigt empfangenen Notstandshilfe im Gesamtausmaß von S 508,--. Die Berufungsbehörde bestätigte diese Bescheide. Die von der Klägerin gegen den Bescheid der Berufungsbehörde erhobenen Beschwerden an den Verfassungsgerichtshof und an den Verwaltungsgerichtshof blieben erfolglos.

Mit Bescheid vom sprach die beklagte Partei aus, die Klägerin habe die Kostenzuschüsse für die in Ungarn am durchgeführten Zahnextraktionen und die am angefertigten Totalprothesen für das Ober- und das Unterkiefer zu Unrecht erhalten, und verpflichtete die Klägerin, den Betrag von S 9.943,20 zuzüglich Portospesen von S 47,-- binnen vier Wochen rückzuerstatten. Da am 6. 3. und für die Klägerin im Ausland kein Krankenversicherungsschutz bestanden habe und die Klägerin ihren Auslandsaufenthalt nicht dem Arbeitsmarktservice gemeldet habe, seien die Kosten der wahlzahnärztlichen Leistungen zu Unrecht erstattet worden. Hätte die Klägerin die Auslandsaufenthalte auch nur bei der beklagten Partei angezeigt bzw anlässlich der Antragstellung auf Kostenerstattung daraufhin gewiesen, wäre die Arbeitslosenversicherungspflicht und der Anspruch auf Notstandshilfe von der beklagten Partei im Einvernehmen mit dem Arbeitsmarktservice bereits vor der Leistungsgewährung geprüft worden und wäre es im Hinblick auf die Bescheide des Arbeitsmarktservices vom nicht zu den unrechtmäßigen Kostenerstattungen gekommen.

Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin am Klage mit dem Begehren, sie sei nicht schuldig, der beklagten Partei S 9.943,20 rückzuerstatten. Sie brachte unter anderem vor, die Zahnbehandlung habe bereits am begonnen.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung der Klagebegehren.

Das Erstgericht wies die mit den Säumnisklagen erhobenen Klagebegehren (EUR 370,63 sA und EUR 949,17 sA) zur Gänze und das Bescheidklagebegehren im Umfang von EUR 629,72 ab und verpflichtete die Klägerin zur Zahlung dieses Betrages an die beklagte Partei, während es dem Bescheidklagebegehren im Ausmaß von EUR 290,88 - unangefochten - stattgab.

Das Berufungsgericht bestätigte mit Teilurteil die Abweisung des mit der ersten Säumnisklage erhobenen Klagebegehrens hinsichtlich eines Betrags von EUR 15,17 sowie des gesamten Zinsenbegehrens und des mit der zweiten Säumnisklage erhobenen Klagebegehrens zur Gänze. Mit Beschluss hob es das Ersturteil im Umfang der ausgesprochenen Zahlungsverpflichtung und der Abweisung der Bescheidklage sowie eines Betrages von EUR 355,46 des Klagebegehrens der ersten Säumnisklage auf. Es führte aus, der mit der zweiten Säumnisklage erhobene Anspruch bestehe nicht zu Recht, weil die beklagte Partei entsprechend dem § 32 Abs 7 der Satzung die Kosten der Dauerprothesen in der tatsächlichen Höhe zur Gänze ersetzt habe und die Tragung von 20 % der vertragstariflichen Kosten der Behandlung durch den ungarischen Zahnarzt dem § 131 Abs 1 ASVG entspreche. Die Argumente der Klägerin könnten Bedenken an der Gesetzmäßigkeit des § 32 Abs 7 der Satzung der beklagten Partei und an der Verfassungsmäßigkeit und Europarechtskonformität des § 131 ASVG nicht erwecken. Da Ungarn nicht Mitglied der Europäischen Union sei, könnten europarechtliche Belange nicht tangiert sein. Die im Klagebegehren der ersten Säumnisklage enthaltenen Kosten der Beratung seien nach § 32 Abs 1 der Satzung der beklagten Partei in Verbindung mit der Honorarordnung für die Vertragsfachärzte für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde und Vertragsdentisten nicht zu erstatten, weil im Anschluss an die Beratung eine andere vertragstarifliche Leistung erbracht worden sei. Im Übrigen sei die Sache aber nicht spruchreif. Zum einen erscheine die von der Klägerin gerügte Feststellung des Erstgerichts bedenklich, dass der Behandlungsbeginn der vorgelegen sei. Zum anderen sei nach den Feststellungen des Erstgerichts nicht auszuschließen, dass der die Zahnbehandlung und den Zahnersatz erfordernde regelwidrige Körperzustand schon lange vor dem gelegen sei. Sollte, was sich den erstgerichtlichen Feststellungen nicht eindeutig entnehmen lasse, die Herstellung des Zahnersatzes bei der Klägerin wegen der bereits zu Gelenksentzündungen führenden Zahnentzündungen - also einer Krankheit iSd § 120 Abs 1 Z 1 ASVG - erfolgt sein, so sei im vorliegenden Fall für die Frage des Eintritts des Versicherungsfalls nicht auf den Behandlungsbeginn, sondern den Beginn des Krankheitszustandes abzustellen. Insofern unterscheide sich der vorliegende Sachverhalt von jenem, der der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs 10 ObS 252/97z(SSV-NF 11/96) zugrundegelegen sei. In dieser Entscheidung sei ausgesprochen worden, der Versicherungsfall der Kranken-(Zahn-)behandlung trete mit dem faktischen Beginn der Behandlung und nicht der Behandlungsbedürftigkeit ein. In diesem Fall sei es um die Erstattung der Kosten für Zahnersatz gegangen. Im Schrifttum sei diese Entscheidung dahin verstanden worden, dass es sich beim Zahnersatz um eine Leistung aus dem Versicherungsfall des Gebrechens und nicht der Krankheit handle. Das als natürliche Folge des Alters eingetretene Erfordernis der Herstellung von Zahnersatz sei dem Versicherungsfall des Gebrechens zuzuordnen. Anders verhalte es sich aber, wenn der Zahnersatz deshalb erforderlich geworden sei, weil Zahn- und daraus resultierende Gelenksentzündungen, somit ein regelwidriger Körperzustand, die Extraktion von Zähnen und in der Folge die Anfertigung von Zahnersatz erforderlich machten. Was den Rückersatzanspruch der beklagten Partei betreffe, werde zu prüfen sein, ob die Klägerin die Auszahlung der Beträge tatsächlich durch bewusste Verschweigung maßgebender Tatsachen herbeigeführt habe. Als maßgebende Tatsache komme im vorliegenden Fall nur das durch die Auslandsaufenthalte am 6. 3. und bewirkte Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld und der damit bewirkte Verlust des Krankenversicherungsschutzes in Frage. Es müsste zumindest feststehen, dass die Klägerin das Vorliegen der Ruhensvoraussetzungen des § 16 Abs 1 lit g AlVG und des dadurch bewirkten Entfalls des Krankenversicherungsschutzes ernsthaft für möglich gehalten und sich damit abgefunden habe. Da zu den maßgeblichen Fragen des Eintritts des Versicherungsfalls nur eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofs vorliege, die überdies auf Kritik der Lehre gestoßen sei, und zur Gesetzmäßigkeit des § 37 Abs 7 der Satzung der beklagten Partei höchstgerichtliche Rechtsprechung fehle und diese Rechtsfragen weit über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung hätten, seien die Revision und der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zuzulassen gewesen.

Gegen diese Entscheidung - mit Ausnahme der Abweisung des Zinsenbegehrens - richten sich die Revision und der Rekurs der Klägerin.

Die beklagte Partei hat eine Revisions- und Rekursbeantwortung erstattet.

Rechtliche Beurteilung

Die Rechtsmittel der Klägerin sind unzulässig.

Die Anfechtung einer berufungsgerichtlichen Entscheidung ist nur möglich, wenn das Rechtsmittel die unrichtige Lösung einer iSd § 502 Abs 1 ZPO erheblichen Rechtsfrage geltend macht (JBl 1992, 794 ua). Nur in diesem Fall hat der Oberste Gerichtshof aus Anlass der Revision (des Rekurses) die rechtliche Beurteilung durch das Berufungsgericht in jeder Richtung zu überprüfen. Bei der Prüfung der Zulässigkeit des Rechtsmittels ist der Oberste Gerichtshof an den Ausspruch des Berufungsgerichts nicht gebunden (§ 508a ZPO). Selbst wenn das Berufungsgericht - zu Recht - ausgesprochen hat, die ordentliche Revision (oder der Rekurs an den Obersten Gerichtshof) sei zulässig, das Rechtsmittel dann aber nur solche Gründe geltend machen, deren Erledigung nicht von der Lösung erheblicher Rechtsfragen abhängt, ist die Revision (der Rekurs) trotz der Zulässigerklärung durch das Gericht zweiter Instanz zurückzuweisen (RdW 1998, 454 mwN; RIS-Justiz RS0048272). Eine die Anrufung des Obersten Gerichtshofs rechtfertigende Rechtsfrage liegt insbesondere dann nicht vor, wenn das Revisionsgericht die verfassungsrechtlichen Bedenken des Rechtsmittelwerbers nicht teilt (10 ObS 182/02s; 5 Ob 144/02s).

Die Klägerin nimmt in ihren Rechtsmitteln auf die vom Berufungsgericht als erheblich erachtete Rechtsfrage (Eintritt und Qualifikation des Versicherungsfalles) nicht Bezug. Die in den Rechtsmittel geltend gemachten Rechtsfragen vermögen die Zulässigkeit der Rechtsmittel aber nicht zu begründen:

1. Zur Revision:

Die Klägerin wiederholt zunächst die schon vom Berufungsgericht nicht geteilten Bedenken an der Verfassungsmäßigkeit der Regelung des § 131 Abs 1 ASVG idF BGBl 1996/411, wonach bei Inanspruchnahme eines Wahlarztes der Ersatz der Kosten dieser Krankenbehandlung im Ausmaß von 80 vH des Betrages gebührt, der bei Inanspruchnahme der entsprechenden Vertragspartner des Versicherungsträgers von diesem aufzuwenden gewesen wäre. Der Verfassungsgerichtshof habe diese Regelung zwar für gleichheitskonform befunden, dabei jedoch übersehen, aus welchem Grund diese Kostenersatzbeschränkung eingeführt worden sei. Nach den Gesetzesmaterialien sei die Kostenersatzbeschränkung zur Abdeckung der höheren Verwaltungskosten eingeführt worden. Die Einführung von Abgaben (Gebühren müssten dem tatsächlichen Aufwand entsprechen) für die Inanspruchnahme von Kostenersatz sei nicht vom Kompetenztatbestand "Sozialversicherungsrecht" gedeckt. Es gebe auch keinerlei Deckelung. Die Kürzung der Wahlarztkostensätze stelle ein erhebliches "Körberlgeld" für die Kassen dar, das zweifelsohne weit über dem in der Regierungsvorlage genannten Verwaltungskostenbeitrag liege. Damit verstoße die Regelung gegen das finanzverfassungsrechtliche Äquivalenzprinzip von Gebühren zur erbrachten Staatsleistung. Tatsächlich sei der 20 %ige Verwaltungskostenbeitrag keine Verwaltungskostenabgeltung. Denn Gebühren seien immer öffentlich-rechtliches Entgelt für eine besondere, dem Bürger erbrachte Leistung einer Gebietskörperschaft oder der öffentlichen Hand. Mit derartigen Argumenten habe sich der Verfassungsgerichtshof nicht befasst. Er habe übersehen, dass der Gesetzgeber die Regelung mit einer Argumentation beschlossen habe, die nach den Kompetenztatbeständen nicht in den Bereich der Sozialversicherung falle.

Ferner meint die Rechtsmittelwerberin, die Kostenersatzbeschränkung in § 131 Abs 1 ASVG verstoße gegen Gemeinschaftsrecht. Der österreichische Gesetzgeber dürfe zwar österreichische Ärzte diskriminieren, nicht jedoch Ärzte aus der Europäischen Union. Daher dürften gegenüber einem Wahlarzt - zB aus Deutschland - keine 20 % Abschläge vorgenommen werden. Die Kostenersatzbeschränkung wirke als gemeinschaftsrechtswidrige Handelsschranke. Die Gesetzesmaterialien begründeten die Beschränkung des Kostenersatzes mit der Kostenbelastung, die den Kassen durch die Abrechnung von Honoraren von Wahlärzten entstünden. Damit würden Wahlärzte und ihre Patienten gegenüber Vertragsärzten diskriminiert. Die Kassen müssten nämlich auch die Honorare ihrer Vertragsärzte abrechnen. Vertragsärzten wie auch Wahlärzten würden jedoch dieselben Sätze gewährt. Österreichische Patienten würden deutsche Ärzte weniger gerne aufsuchen, weil sie dann 20 % der Kosten jedenfalls selbst tragen müssten. Es verstoße gegen die Dienstleistungsfreiheit, wenn inländische und ausländische Arztkosten unterschiedlich behandelt würden. Der deutsche Arzt werde gegenüber dem österreichischen Kassenarzt dadurch diskriminiert, das er einen Kassenvertrag gar nicht erhalten könne. Dies verstoße gegen die Dienstleistungsfreiheit und sei durch nichts gerechtfertigt. Nach dem verfassungsrechtlichen Gleichheitsgrundsatz dürfe der ungarische Arzt nicht gegenüber dem deutschen Arzt und der Krankenversicherte, der einen ungarischen Arzt aufsuche, nicht gegenüber dem Krankenversicherten, der einen deutschen Arzt aufsuche, diskriminiert werden. Nach Art 2 StGG sei eine Diskriminierung zwischen Ausländern unzulässig. Hätte die Klägerin einen deutschen Zahnarzt aufgesucht, so verstieße die Kostenersatzbeschränkung gegen die Dienstleistungsfreiheit. Nach Art 2 StGG dürfe der ungarische Zahnarzt aber gegenüber dem deutschen Zahnarzt nicht diskriminiert werden.

Dem kann nicht gefolgt werden:

Der erkennende Senat versteht diese Ausführungen dahin, dass die Klägerin selbst - zutreffend - einräumt, dass der vorliegende Sachverhalt keinen Bezug zum Gemeinschaftsrecht hat, und daher eine Verletzung von unmittelbar anwendbarem Gemeinschaftsrecht nicht behauptet. Der in Ungarn ordinierende Arzt und die dessen Leistung in Anspruch nehmende Klägerin befanden sich zur Zeit der Leistungserbringung nicht in einer gemeinschaftsrechtlich geregelten Situation. Die nach Auffassung der Klägerin relevanten EU-rechtlichen Freiheiten (Warenverkehrsfreiheit, Dienstleistungsfreiheit) können daher nicht berührt sein.

Sowohl nach Art 2 StGG als auch nach Art 7 B-VG gilt der Gleichheitssatz nur für österreichische Staatsbürger und inländische juristische Personen (VfSlg 6.240, 10.324 uva). Einen gewissen Diskriminierungsschutz unabhängig von der Staatsbürgerschaft sieht das BVG betreffend das Verbot rassischer Diskriminierung (BGBl 1973/390) vor, das in Durchführung des internationalen Übereinkommens zur Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung ergangen ist. Nach Art I Abs 1 dieses BVG ist jede Form rassischer Diskriminierung verboten. Gesetzgebung und Vollziehung haben jede Unterscheidung aus dem alleinigen Grund der Rasse, der Hautfarbe, der Abstammung oder der nationalen oder ethnischen Herkunft zu unterlassen; nach Art I Abs 2 dieses BVG dürfen österreichischen Staatsbürgern besondere Rechte eingeräumt und besondere Verpflichtungen auferlegt werden. Durch dieses BVG wurde der Gleichheitssatz auch auf das Verhältnis der Ausländer untereinander ausgedehnt (VfSlg 13.836, 14.191 ua). Der Verfassungsgerichtshof leitet aus Art I Abs 1 das (auch an den Gesetzgeber gerichtete) Verbot ab, sachlich nicht gerechtfertigte unterschiedliche Regelungen für Staatsangehörige verschiedener Staaten zu treffen, und meint, dass Art I Abs 1 (auch) das allgemeine, sowohl an die Gesetzgebung als auch an die Vollziehung gerichtete Verbot enthält, sachlich nicht begründbare Unterscheidungen zwischen Fremden vorzunehmen. Die Ungleichbehandlung von Fremden ist also nur dann insoweit zulässig, als hiefür ein vernünftiger Grund erkennbar und die Ungleichbehandlung nicht unverhältnismäßig ist (VfSlg 14.191). Eine sachliche Rechtfertigung für eine unterschiedliche Behandlung von Ausländern stellen insbesondere der EU-Beitrittsvertrag (BGBl 1995/45) sowie der EWR-Vertrag (EWR-Abkommen, BGBl 1993/909, und Anpassungsprotokoll zum EWR-Abkommen, BGBl 1993/910) dar (Korinek, Der gleichheitsrechtliche Gehalt des BVG gegen rassische Diskriminierung, in FS Rill (1995), 183 ff [189], vgl VfSlg 13.836). Demnach kann die von der Klägerin behauptete Gemeinschaftsrechtswidrigkeit der Kostenersatzbeschränkung in § 131 Abs 1 ASVG, der im Übrigen weder nach der Lage der Ordination noch nach der Nationalität des Wahlarztes differenziert im vorliegenden Fall, nicht Bedenken an seiner Verfassungsmäßigkeit unter dem Blickwinkel des Gleichheitssatzes begründen. Dass die Begrenzung der Kostenerstattung für Leistungen von Wahlärzten auf 80 vH des Betrages, der bei Inanspruchnahme eines Vertragsarztes vom Krankenversicherungsträger aufzuwenden wäre, wegen der höheren Verwaltungskosten sachlich gerechtfertigt ist, hat der Verfassungsgerichtshof bereits ausgesprochen (VfSlg 15.787). Es ist nicht erkennbar, weshalb diese das sozialversicherungsrechtliche Leistungsverhältnis betreffende Regelung - ein Selbstbehalt - nicht unter den Kompetenztatbestand "Sozialversicherungswesen" (vgl dazu VfSlg 16.474) fallen soll.

Es besteht daher kein Anlass, das von der Rechtsmittelwerberin angeregte Gesetzesprüfungsverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und ein Vorabentscheidungsverfahren vor dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften einzuleiten.

2. Zum Revisionsrekurs:

Die Ausführungen der Klägerin, § 16 Abs 1 lit g AlVG, der iVm §§ 38, 24 Abs 2 und 25 Abs 1 AlVG Grundlage des rechtskräftigen Widerrufs des Bezugs von Pensionsvorschussleistungen im Ausmaß der Notstandshilfe für den 6. und den war, sind nicht weiter beachtlich, weil die Gerichte an den rechtskräftigen Bescheid des Arbeitsmarktservices gebunden sind (vgl SSV-NF 3/31). Damit steht fest, dass die Klägerin an diesen Tagen aus dem Leistungsbezug nach dem AlVG ausgeschieden ist. Ihr verblieb gemäß § 43 AlVG der Anspruch auf Leistungen der Krankenversicherung nach Maßgabe des § 122 Abs 2 Z 2 ASVG, wenn ein Versicherungsfall an diesen Tagen eintrat. Nach § 122 Abs 4 Satz 3 ASVG werden Leistungen nach § 122 Abs 2 Z 2 ASVG nicht gewährt, wenn sich die betreffende Person ins Ausland begibt. Dies gilt nicht aufgrund der Verordnung (EWG) Nr 1408/71 bei Aufenthalt in einem Mitgliedsstaat der Europäischen Union oder aufgrund besonderer zwischenstaatlicher Regelungen in den Vertragsstaaten (Teschner/Widlar, MGA ASVG 744/1). Zwischen Österreich und Ungarn bestanden im Jahr 1998 keine zwischenstaatlichen Beziehungen im Bereich der sozialen Sicherheit (Siedl/Spiegl, MGA Zwischenstaatliches Sozialversicherungsrecht Band 3 "Ungarn"). Entgegen der Ansicht der Klägerin, ist die Frage, ob ihr nach § 16 Abs 3 AlVG das Ruhen der Notstandshilfe gemäß § 16 Abs 1 lit g AlVG nachzusehen ist, von den Gerichten nicht als Vorfrage zu prüfen. Denn die Entscheidung, ob auf Antrag des Arbeitslosen Nachsicht vom Ruhen bei Vorliegen und berücksichtigungswürdiger Umstände zu gewähren ist, ist zwingend dem Arbeitsmarkservice übertragen, das nach Anhörung des regionalen Beirats den Antrag bescheidmäßig zu erledigen hat. Im Übrigen verstoßt die Klägerin mit ihrem Vorbringen über eine allfällige Nachsicht gegen das Neuerungsverbot.

Die Klägerin meint, § 32 Abs 7 der Satzung der beklagten Partei (wohl gemeint: § 32 Abs 7 der Satzung 1995, Soziale Sicherheit, Amtliche Verlautbarung Nr 49/1995 idF der 3. Änderung Soziale Sicherheit, Amtliche Verlautbarung Nr 85/196) sei unsachlich und verfassungswidrig, insoweit darin die Kostenerstattung bei Inanspruchnahme der Leistung eines Wahlzahnarztes auf die diesem tatsächlich bezahlten Kosten beschränkt werde. Damit werde die Klägerin gegenüber anderen Krankenversicherten schlechter behandelt, weil sie im Ergebnis eine geringere Leistung von der Kasse erhalte als die übrigen Versicherten.

Der erkennende Senat kann nicht finden, dass die Regelung, die für alle Versicherten gleich gilt, unsachlich wäre, liegt es doch schon im Begriff der Kostenerstattung, Kosten höchstens in der angefallenen Höhe zu vergüten, und führte die Auffassung der Klägerin zu einer Bereicherung, für deren Berechtigung kein Grund ersichtlich ist.

Schließlich behauptet die Klägerin eine Verfassungswidrigkeit des § 132 ASVG. Nach dieser Gesetzesstelle können die Träger der Krankenversicherung in ihren Satzungen bestimmen, das für Versicherte, deren Arbeitsverdienst einen in der Satzung festzusetzenden Betrag überschreitet, anstelle der Sachleistungen bare Leistungen gewährt werden. Die Höhe der baren Leistungen darf 80 vH der dem Versicherten tatsächlich erwachsenen Kosten nicht überschreiten. Die Klägerin übersieht, dass diese Bestimmung nicht präjudiziell ist, hat doch die beklagte Partei in ihrer Satzung in der anzuwendenden Fassung von dieser Ermächtigung nicht Gebrauch gemacht.

Es besteht kein Anlass zur Einleitung eines Verordnungs- und Gesetzesprüfungsverfahrens beim Verfassungsgerichtshof.

Auf den Sachantrag der beklagten Partei in ihrer Rekursbeantwortung kann schon deshalb nicht eingegangen werden, weil der Rekurs der Klägerin als unzulässig zurückzuweisen war (vgl 6 Ob 41/98t).

Abschließend sei festgehalten, dass dann, wenn die Zahnbehandlung am begonnen hätte, sämtliche Leistungen der Zahnbehandlungen und der Zahnersatz Leistungen aus einem einheitlichen Versicherungsfall wären.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG. Es besteht bei einem unzulässigen Rechtsmittel kein Grund, Kosten nach Billigkeit zuzusprechen.