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OGH vom 30.04.1998, 8ObA224/97t

OGH vom 30.04.1998, 8ObA224/97t

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Petrag als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Langer und Dr.Rohrer sowie die fachkundigen Laienrichter Richard Thöndel und MR Dr.Lothar Matzenauer als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der antragstellenden Partei Österreichischer Gewerkschaftsbund, Gewerkschaft öffentlicher Dienst, 1010 Wien, Teinfaltstraße 7, vertreten durch Dr.Andre Alvarado-Dupuy, Zentralsekretär der Gewerkschaft öffentlicher Dienst, wider die Antragsgegnerin Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur, 1011 Wien, Singerstraße 17-19, infolge des gemäß § 54 Abs 2 ASGG gestellten Feststellungsantrages in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften werden folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1) "Kann eine Vorabentscheidung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften gemäß Art 177 des EG-Vertrages in einem Verfahren eingeholt werden, in dem auf Grund eines von einer Partei behaupteten, als wahr anzunehmenden, von namentlich bestimmten Personen unabhängigen Sachverhaltes über das Begehren dieser Partei auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens von Rechten oder Rechtsverhältnissen auf dem Gebiet des Arbeitsrechtes, die nach dem als wahr anzunehmenden Vorbringen dieser Partei für mindestens drei Arbeitgeber oder Arbeitnehmer von Bedeutung sind, vom Obersten Gerichtshof als erste und zugleich letzte Instanz zu entscheiden ist?"

Bei Bejahung der Frage 1):

2) "Verbietet es Art 48 EG-Vertrag oder eine andere Vorschrift des Gemeinschaftsrechtes, insbesondere Art 7 der Verordnung des Rates Nr 1612/68, den für die Einreihung der bei der Antragsgegnerin beschäftigten Vertragslehrer und Vertragsassistenten in das jeweilige Entlohnungsschema maßgeblichen Vorrückungsstichtag insoweit unterschiedlich festzusetzen, als die in einer Beschäftigung mit mindestens der Hälfte des für Vollbeschäftigte vorgeschriebenen Ausmaßes in einem Dienstverhältnis zu einer inländischen Gebietskörperschaft oder im Lehrberuf an einer inländischen öffentlichen Schule, Universität, Hochschule oder an der Akadamie der bildenden Künste oder an einer mit Öffentlichkeitsrecht ausgestatteten inländischen Privatschule verbrachten Zeiten zur Gänze dem Tag der Anstellung vorangesetzt werden, während an vergleichbaren Institutionen von Mitgliedsstaaten verbrachte Zeiten nur mit Zustimmung des Bundesministers für Finanzen, wenn sie für die erfolgreiche Verwendung des Vertragsbediensteten von besonderer Bedeutung sind, zur Gänze, anderenfalls jedoch bei Beginn des Dienstverhältnisses bis zum zur Hälfte, bei späterem Beginn nur insoweit sie insgesamt drei Jahre nicht übersteigen, zur Hälfte berücksichtigt werden?"

Bei Bejahung der Fragen 1) und 2):

3) "Findet die Anrechnung von an den genannten Institutionen vergleichbaren Einrichtungen in Mitgliedsstaaten verbrachten Zeiten zeitlich unbegrenzt statt?"

Text

Begründung:

Beim Obersten Gerichtshof ist ein Verfahren nach § 54 Abs 2 Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz (ASGG) anhängig. Nach dieser Gesetzesstelle können kollektivvertragsfähige Körperschaften der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer im Rahmen ihres Wirkungsbereichs gegen eine kollektivvertragsfähige Körperschaft der Arbeitnehmer bzw der Arbeitgeber beim Obersten Gerichtshof einen Antrag auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens von Rechten oder Rechtsverhältnissen anbringen, die einen von namentlich bestimmten Personen unabhängigen Sachverhalt betreffen. Der Antrag muß eine Rechtsfrage des materiellen Rechts auf dem Gebiet der Arbeitsrechtssachen nach § 50 ASGG zum Gegenstand haben, die für mindestens drei Arbeitgeber oder Arbeitnehmer von Bedeutung ist. Der Oberste Gerichtshof entscheidet in diesem Verfahren in erster und letzter Instanz und hat seiner rechtlichen Beurteilung den vom Antragsteller behaupteten Sachverhalt ohne weitere Prüfung zugrundezulegen. Auch die Behauptung des Antragstellers, die Entscheidung sei für mindestens drei Arbeitgeber oder Arbeitnehmer von Bedeutung, ist nicht weiter zu überprüfen. Der Antragsgegner kann gegen den vom Antragsteller behaupteten Sachverhalt im Tatsachenbereich nichts vorbringen, sondern ist auf rechtliche Argumente beschränkt. Dies ergibt sich aus § 54 Abs 4 ASGG, wonach der Oberste Gerichtshof über den Feststellungsantrag auf der Grundlage des darin angegebenen Sachverhalts durch den einfachen Senat zu entscheiden hat.

Der Oberste Gerichtshof hat die Ansicht vertreten, das im § 54 Abs 2 bis 4 ASGG vorgesehene Verfahren entspreche unter Zugrundelegung eines heute wohl als herrschend anzusehenden materiellen Begriffs nicht dem traditionellen Bild der Gerichtsbarkeit. Vielmehr handle es sich um ein vom Obersten Gerichtshof zu erstattendes Rechtsgutachten, welches in den Mantel einer Gerichtsentscheidung gekleidet wurde. Der Oberste Gerichtshof erachtete daher die gesetzlichen Regelungen aus mehrfachen Gründen als bedenklich, so insbesondere deshalb, weil entgegen der Grundsatzbestimmung des Art 92 Abs 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) der Oberste Gerichtshof in den genannten Fällen nicht als letzte Instanz, sondern als Eingangs- (und einzige) Instanz angerufen werde. Der Oberste Gerichtshof stellte daher in mehreren anhängigen Verfahren an den Verfassungsgerichtshof den Antrag, § 54 Abs 2 bis 4 ASGG und die darauf bezughabenden Wortfolgen in anderen gesetzlichen Bestimmungen als verfassungswidrig aufzuheben (8 ObA 801/94 = ArbSlg 11.366 ua). Diese Anträge wies der Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom , G 52-56/95, G 1318/95, G 146/96, ab.

Der Oberste Gerichtshof verkennt nicht, daß auch der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in ständiger Rechtsprechung judiziert, Art 177 EG-V weise ihm nicht die Aufgabe zu, Gutachten zu allgemeinen oder hypothetischen Fragen abzugeben, sondern verleihe ihm lediglich die Befugnis zur Beantwortung von Fragen, die dem objektiven Bedürfnis nach einer wirksamen Entscheidung eines konkreten Rechtsstreits entsprechen (Urteile "Foglia" vom und , EuGHSlg 1980, 745, RandNr 11 und EuGHSlg 1981, 3045, RandNr 18; Beschluß "Borker" vom , EuGHSlg 1980, 1975, RandNr 4; Beschluß "Greis Unterweger" vom , EuGHSlg 1986, 955, RandNr 4; Urteil "Job Centre Coop.arl." vom , EuGHSlg 1995, I-3361, RandNr 8 und 9). Die dargestellte Rechtslage gebietet es dem Obersten Gerichtshof jedoch in Erfüllung seiner aus Art 177 EG-V erfließenden Pflicht, die sich im hier zu entscheidenden Verfahren ergebenden Fragen der Vertragsauslegung dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften zur Vorabentscheidung vorzulegen, wobei vorerst - durch die erste Frage - die Zuständigkeit des Gerichtshofes gemäß Art 177 des EG-Vertrages zu klären ist, da es in Absatz 2 dieser Bestimmung heißt "Wird eine derartige Frage einem Gericht eines Mitgliedsstaates gestellt und hält dieses Gericht eine Entscheidung darüber zum Erlaß seines Urteiles für erforderlich, so kann es diese Frage dem Gerichtshof zur Entscheidung vorlegen".

Die Antragstellerin begehrte zuletzt, der Oberste Gerichtshof wolle gemäß § 54 Abs 2 ASGG feststellen, daß die von der Antragsgegnerin beschäftigten Vertragslehrer im Entlohnungsschema I L und Vertragsassistenten, sofern ihre Tätigkeit nicht ausnahmsweise eine unmittelbare oder mittelbare Teilnahme an der Ausübung hoheitlicher Befugnisse oder an der Wahrnehmung von Aufgaben, die auf die Wahrung der allgemeinen Belange des Staates oder anderer öffentlicher Körperschaften gerichtet sind, mit sich bringt, ab Einreihung in das jeweilige Entlohnungsschema, frühestens jedoch ab , Anspruch auf die Anrechnung aller in Staaten, die heute der EU oder dem EWR angehören, jemals im Lehramt an öffentlichen oder staatlich anerkannten Schulen, Hochschulen und Universitäten sowie im Staatsdienst oder bei sonstigen Körperschaften öffentlichen Rechts, die österreichischen Gebietskörperschaften gleichzuhalten sind, zurückgelegter Beschäftigungszeiten entsprechend den im § 26 Vertragsbedienstetengesetz 1948 (VBG) vorgesehenen Bestimmungen für Vordienstzeiten zu inländischen Gebietskörperschaften oder im Lehramt im Inland sowie auf entsprechende Entlohnung und Anrechnung dieser Zeiten haben. Begründend führte die Antragstellerin aus, die Antragsgegnerin beschäftige ca 40.000 Lehrer an allgemeinbildenden und berufsbildenden mittleren und höheren Schulen, wovon ca 40 % Vertragslehrer seien, sowie ungefähr 10.000 Universitätslehrer, unter denen sich allerdings nur eine geringe Zahl von Vertragslehrern und Vertragsassistenten finde. Vertragslehrer und Vertragsassistenten an Schulen, Hochschulen und Universitäten, die in einem privatrechtlichen Dienstverhältnis zur Antragsgegnerin stehen, hätten vielfach vor ihrer Anstellung bei der Antragsgegnerin auch Beschäftigungszeiten im öffentlichen Dienst oder an Schulen, Hochschulen oder Universitäten mit staatlich anerkannten Bildungsabschlüssen in jenen Staaten, die heute der EU oder dem EWR angehören, zurückgelegt. Derartige Vordienstzeiten könnten von derzeit noch beschäftigten Vertragslehrern oder Vertragsassistenten während des gesamten Zeitraumes ab 1945 zurückgelegt worden sein.

Derartige ausländische Vordienstzeiten und ihre rechtliche Qualifikation seien relevant, wenn Vertragslehrer und Vertragsassistenten in das Entlohnungsschema I L gemäß § 41 VBG bzw in das Entlohnungsschema für Vertragsassistenten gemäß § 54 VBG einzureihen seien. In diesem Fall stelle sich die Frage der Anrechnung von Vordienstzeiten für die Vorrückung gemäß § 26 VBG. Diese Rechtsfrage sei für zumindest drei Arbeitnehmer der Antragsgegnerin aus den Berufsgruppen der Vertragslehrer bzw der Vertragsassistenten von Bedeutung.

Zwischen den Parteien sei strittig, ob derartige Vordienstzeiten im öffentlichen Dienst der EU- oder EWR-Staaten, die einer Anstellung bei einer österreichischen Gebietskörperschaft entsprechen, oder Beschäftigungen an Schulen mit staatlich anerkanntem Bildungsabschluß, Hochschulen oder Universitäten dieser Staaten, aufgrund der europarechtlichen Normen rechtlich so zu behandeln sein, als ob sie bei inländischen Gebietskörperschaften oder an inländischen öffentlichen Schulen und Universtitäten zurückgelegt worden wären. Es stelle sich daher insbesondere die Frage, ob diese Vordienstzeiten kraft Vorranges von Art 48 EG-V ohne zeitliche Einschränkung wie entsprechende inländische Vordienstzeiten für die Entlohnung zu berücksichtigen seien. Ein auf eine derartige Anrechnung gerichtetes Begehren der Antragstellerin habe der Staatssekretär für den öffentlichen Dienst mit Schreiben vom (Beilage A) abgelehnt.

Der Ausnahmetatbestand des Art 48 Abs 4 EG-V sei für die Berufsgruppen der Lehrer und Hochschullehrer aufgrund der restriktiven Auslegung des Begriffes "öffentliche Verwaltung" durch den EuGH nicht gegeben. Soweit Ausnahmefälle denkbar seien, in denen Vertragslehrer eine Schulleiterfunktion ausüben oder mit einer Schulaufsichtsfunktion betraut seien, in welchen Fällen nach Ansicht der Antragstellerin von einer Tätigkeit auf dem Gebiet der "öffentlichen Verwaltung" im europarechtlichen Sinn ausgegangen werden könne, werde diesem Umstand durch eine entsprechende Einschränkung des Feststellungsbegehrens Rechnung getragen.

Dem Diskriminierungsverbot des Art 48 EG-V habe der österreichische Gesetzgeber durch das EWR-Dienstrechtsanpassungsgesetz mit Wirksamkeit vom nur derart entsprochen, daß er die Frage des Zugangs zur Beschäftigung als Vertragsbediensteter neu geregelt habe. Die Bestimmung des § 26 VBG sei jedoch unverändert geblieben und es bestehe daher weiterhin die Differenzierung, wonach jegliche Vordienstzeiten in mindestens 50 %-igem Ausmaß der Vollbeschäftigung bei inländischen Gebietskörperschaften oder in Lehrberufen an inländischen öffentlichen Schulen, Privatschulen mit Öffentlichkeitsrecht und an Universitäten automatisch zur Gänze als Vordienstzeiten bei der besoldungsrechtlichen Einreihung berücksichtigt würden, während ausländische Vordienstzeiten nur ausnahmsweise gemäß § 26 Abs 3 VBG für die Vorrückung angerechnet werden, wenn die Tätigkeit für die erfolgreiche Verwendung des Vertragsbediensteten bzw Vertragslehrers von besonderer Bedeutung sei. Seit dem Strukturanpassungsgesetz 1995 seien "inländische unterhälftige" Vordienstzeiten unbegrenzt zur Hälfte für die Vorrückung anzurechnen, ausländische Vordienstzeiten - und zwar auch solche im Ausmaß einer Vollbeschäftigung - jedoch nur maximal im Ausmaß von drei Jahren zur Hälfte. Trotz formell nunmehr unbehinderten Zuganges zum öffentlichen Dienst werde der Wechsel von Bewerbern mit Berufspraxis im öffentlichen Dienst aus dem EU- bzw EWR-Ausland nach Österreich durch diese Art der Anrechnung der Vordienstzeiten massiv behindert.

In Ermangelung entsprechender Übergangs- bzw Ausnahmeregelungen in den Beitrittsverträgen Österreichs zur Europäischen Union bzw zum Europäischen Wirtschaftsraum seien sämtliche Zeiten, die nunmehrige Gemeinschaftsbürger jemals in Staaten, die heute der EU bzw dem EWR angehören, in anrechenbarer Beschäftigung verbracht haben, zu berücksichtigen. Weder Art 48 EG-V noch Art 28 EWR könne entnommen werden, daß es für die Berücksichtigung von Vordienstzeiten auf den Zeitpunkt des Beitritts eines Mitgliedsstaates ankomme. Ein Abstellen auf den Beitrittszeitpunkt sei abzulehnen, weil dies zu zufälligen und ungleichgewichtigen Unterschieden zwischen den Gemeinschaftsbürgern verschiedener Mitgliedsstaaten führen würde. Vorstellbar wäre allenfalls ein Ausschluß von Zeiten vor Errichtung der EWG, d.h. vor dem bzw vor dem (Inkrafttreten von Art 48 EG-V). Die Antragstellerin gehe jedoch davon aus, daß auch eine solche Beschränkung nicht dem Vertragsziel der Mobilität des Produktionsfaktors Arbeit im gemeinsamen Markt entspreche und daher nicht gerechtfertigt wäre.

Die Antragsgegnerin, die die aktive und passive Antragslegitimation der Parteien nicht in Zweifel zog, brachte vor, daß zum Stichtag bei der Republik Österreich 13.434 Vertragslehrer des Entlohnungsschemas I L und 1529 Vertragsassistenten beschäftigt gewesen seien. Daten, wieviele dieser Vertragsbediensteten Vordienstzeiten im Sinne des Antrages aufwiesen, welches Ausmaß diese Zeiten erreichten und wie sie zeitlich gelagert seien und inwieweit sie im Einzelfall nicht ohnedies gemäß § 26 Abs 3 VBG berücksichtigt worden seien, lägen derzeit nicht vor. Die Antragsgegnerin bestreite die Möglichkeit nicht, daß Vertragslehrer und/oder Vertragsassistenten konkret vor ihrer Anstellung bei der Antragsgegnerin Zeiten einer Beschäftigung im öffentlichen Dienst oder an Bildungseinrichtungen anderer EU- oder EWR-Mitgliedsstaaten zurückgelegt haben.

Dem Antrag komme allerdings keine Berechtigung zu. Durch das EWR-Dienstrechtsanpassungsgesetz habe der Gesetzgeber für das Vertragsbedienstetenrecht ausreichend Vorsorge dafür getroffen, daß der Zugang zum Dienstverhältnis - abgesehen von den gemäß Art 48 Abs 4 EG-V weiterhin zulässigen Fällen des Inländervorbehalts - österreichischen Staatsbürgern und Staatsangehörigen eines Landes, dessen Angehörigen aufgrund eines Staatsvertrages im Rahmen der europäischen Integration dieselben Rechte wie Inländern für den Berufszugang zu gewähren sind, in gleicher Weise offen stehe. Durch die Übernahme des Instrumentariums der Diplomanerkennung (§ 4a des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979) in die Regelungen über die Einreihung in die Entlohnungsgruppen der Vertragslehrer sei auch dieser Aspekt der Voraussetzungen für den Berufszugang europarechtskonform gestaltet worden.

Die Bestimmungen des Art 48 EG-V fänden gemäß seinem Abs 4 "auf die Beschäftigung in der öffentlichen Verwaltung" keine Anwendung. Auch nach der Rechtsprechung des EuGH seien die antragsgegenständlichen Berufsgruppen der "öffentlichen Verwaltung" zuzuzählen, zumal sie nach herrschender Lehre und gefestigter Rechtsprechung in Vollziehung der Gesetze, also im Bereich der Hoheitsverwaltung, tätig werden. Aus den von der Antragstellerin zitierten Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes folge nicht, daß bei der Anrechnung von Vordienstzeiten im Sinne des § 26 VBG nicht zwischen Vordienstzeiten bei inländischen Gebietskörperschaften und anderen Vordienstzeiten unterschieden werden dürfe. Beschränkungen der Freizügigkeit, welche nicht unmittelbar an die Staatsangehörigkeit anknüpften, seien mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar, wenn sie durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt würden und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprächen. Dies sei bei den Bestimmungen des § 26 VBG der Fall, weil im gegenwärtigen Stadium des Integrationsprozesses die öffentlichen Dienste der Mitgliedsstaaten keineswegs miteinander dermaßen verbunden seien, daß generell von gleichen Beschäftigungsarten in den einzelnen Mitgliedsstaaten gesprochen werden könne. Jedenfalls seien die öffentlichen Dienste der Mitgliedsstaaten nicht in dem Ausmaß miteinander verbunden, wie es aufgrund des in Österreich verfassungsrechtlich vorgegebenen dienstrechtlichen Homogenitätsprinzips im Verhältnis der österreichischen Gebietskörperschaften untereinander der Fall sei. Gemäß Art 21 Abs 1 zweiter Satz B-VG dürfen die das Dienstrecht der Landes-, Gemeinde- und Gemeindeverbandsbediensteten regelnden Gesetze und Verordnungen der Länder von den dienstrechtlichen Gesetzen und Verordnungen des Bundes nicht in einem Ausmaß abweichen, daß der gemäß Art 21 Abs 4 B-VG vorgesehene Wechsel des Dienstes wesentlich behindert werde. Schutzgut dieser Regelung sei die Freizügigkeit zwischen Bundes- und Landesdienst und den verschiedenen Landesdiensten untereinander. Eine solche Vorgabe einer im wesentlichen denselben Grundsätzen folgenden Ausgestaltung der Dienstrechte bestehe aber zwischen den Mitgliedsstaaten nicht. Es sei Angelegenheit der Mitgliedsstaaten, die inhaltliche Ausgestaltung ihrer Dienstrechtssysteme vorzusehen und dabei insbesondere auch die für die Entlohnung maßgeblichen Parameter festzulegen. Es stehe dem nationalen Dienstrechtsgesetzgeber frei, im Rahmen des Entlohnungssystems bestimmte Modelle mit genereller oder individueller Berücksichtigung bestimmter Vordienstzeiten zu entwickeln. Zu dieser - mangels einer Gemeinschaftskompetenz in diesem Bereich zweifellos zulässigen - Vielfalt der Entlohnungssysteme träten Unterschiede in den jeweiligen Entgelthöhen hinzu. Einem Vorrückungsmodell mit Dienstzeitanrechnung könnten dabei verschiedene entlohnungspolitische Konzepte zugrundeliegen. Derartige legitime entlohnungspolitische Zielsetzungen würden in unvertretbarer Weise unterlaufen, wenn man die Verpflichtung annehme, im Vordienstzeitensystem des VBG 1948, das von einem strukturell einheitlichen Dienstrechtssystem innerhalb des österreichischen öffentlichen Dienstes geprägt sei, Vordienstzeiten aus naturgemäß anders gestalteten Entlohnungssystemen des In- oder Auslands schematisch zu übernehmen. Eine solche europaweit geforderte schematische Übernahme würde eine einseitige Belastung jener aufnehmenden Mitgliedsstaaten darstellen, die ein vordienstzeitenbezogenes Entlohnungssystem aufweisen und in deren System Vertragsbedienstete in weiterer Folge auch in ein Beamtendienstverhältnis überstellt werden könnten, weil ein Mechanismus zur Aufteilung der Versorgungslasten unter den öffentlichen Dienstgebern, der die beamtenrechtlichen Sondersysteme der Altersversorgung in den einzelnen Mitgliedsstaaten einbeziehe, derzeit nicht bestehe.

Der Oberste Gerichtshof hat hiezu erwogen:

Rechtliche Beurteilung

Im Verfahren gemäß § 54 Abs 2 ASGG ist unter anderem die aktive und passive Antragslegitimation von Amts wegen zu prüfen (RdW 1990, 25; 9 ObA 612/93). Aktiv und passiv legitimiert sind ausschließlich kollektivvertragsfähige Körperschaften der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer (§ 54 Abs 2 ASGG unter Hinweis auf §§ 4 bis 7 ArbVG), welche im Rahmen ihres Wirkungsbereichs Anträge stellen können. Es ist nicht zweifelhaft, daß die Antragstellerin als auf freiwilliger Mitgliedschaft beruhende Berufsvereinigung gemäß § 4 Abs 2 Arbeitsverfassungsgesetz (ArbVG) kollektivvertragsfähig ist (Cerny in Cerny/Haas-Laßnigg/Schwarz, Arbeitsverfassungsrecht 2, 55). Gemäß § 7 ArbVG sind juristische Personen des öffentlichen Rechtes für zu ihnen bestehende Arbeitsverhältnisse kollektivvertragsfähig, soweit sie den Vorschriften des I.Hauptstückes des Gesetzes unterliegen. Gemäß § 1 Abs 2 Z 3 ArbVG sind unter anderem von den Bestimmungen des I. und IV.Hauptstücks des Gesetzes ausgenommen Arbeitsverhältnisse zum Bund, zu den Ländern, Gemeindeverbänden und Gemeinden sowie zu den von diesen Gebietskörperschaften verwalteten Betrieben, Unternehmungen, Anstalten, Stiftungen und Fonds für die aufgrund eines Gesetzes Vorschriften Anwendung finden, die den wesentlichen Inhalt des Arbeitsvertrages zwingend festlegen. Zu diesen Vorschriften zählt unter anderem auch das Vertragsbedienstetengesetz 1948 (Cerny aaO 28). Dennoch ist die Passivlegitimation der Antragsgegnerin zu bejahen. Wie der Oberste Gerichtshof in seiner Entscheidung 9 ObA 513/89 = SZ 62/217 ausführlich dargestellt hat, wird durch den Verweis auf §§ 4 bis 7 ArbVG im § 54 Abs 2 ASGG der Kreis der legitimierten Personen verdeutlicht und klargestellt, daß die in diesen Bestimmungen genannten Körperschaften zur Beteiligung an dem Verfahren berufen sind. Der Umstand, daß aufgrund anderer, im § 54 Abs 2 ASGG nicht genannter Bestimmungen für einzelne Fälle ein Ausschluß der Möglichkeit, Kollektivverträge abzuschließen, besteht, steht der Legitimation im Verfahren nach § 54 Abs 2 ASGG nicht entgegen. Auch durch die in der genannten Gesetzessstelle gebrauchte Wendung "für ihren Wirkungsbereich" wird nicht auf die Berechtigung zum Abschluß von Kollektivverträgen im Einzelfall abgestellt, sondern nur zum Ausdruck gebracht, daß eine kollektivvertragsfähige Körperschaft nur dann als Antragsteller oder Antragsgegner aufzutreten befugt ist, wenn ein entsprechendes Naheverhältnis zu dem vom Antrag betroffenen Personenkreis besteht, die Körperschaft also nach ihrem sachlichen und persönlichen Wirkungsbereich auch als zur Beteiligung bei Klärung der den Gegenstand des Verfahrens bildenden Fragen berufen angesehen werden kann. Nur diese Gesetzesauslegung vermeidet die mit der Zielsetzung der Bestimmung, eine generelle Regelung für alle privatrechtlichen Dienstverhältnisse zu treffen, nicht zu vereinbarende Folge, daß alle im Rahmen eines Vertragsbedienstetenverhältnisses beschäftigten Personen, bzw die sie vertretenden kollektivvertragsfähigen Körperschaften von einer Antragstellung nach § 54 Abs 2 ASGG ausgeschlossen wären. An dieser Rechtsprechung ist festzuhalten, weshalb die Passivlegitimation der Antragsgegnerin zu bejahen ist.

Das Bundesgesetz vom über das Dienst- und Besoldungsrecht der Vertragsbediensteten des Bundes (Vertragsbedienstetengesetz 1948; VBG) ist nach seinem § 1 Abs 1 - von hier nicht relevanten Ausnahmen abgesehen - auf Personen anzuwenden, die in einem privatrechtlichen Dienstverhältnis zum Bund stehen. Gemäß § 37 Abs 1 VBG sind vom Regelungsbereich des Gesetzes erfaßte Personen auch Vertragslehrer, somit Vertragsbedienstete, die im Lehramt oder an Bundeserziehungsanstalten, Bundeskonvikten, Blindeninstituten, Taubstummeninstituten oder an gleichartigen Anstalten als Erzieher verwendet werden. Gemäß Abs 2 der Gesetzesstelle finden auf Vertragslehrer - von hier nicht relevanten Ausnahmen abgesehen - die Bestimmungen des Abschnittes I Anwendung. Gemäß § 51 Abs 1 VBG sind Vertragsassistenten Vertragsbedienstete des Bundes. Auch auf sie ist der Abschnitt I des Gesetzes - abgesehen von hier nicht relevanten Ausnahmen - insoweit sinngemäß anzuwenden, als sich aus den folgenden Bestimmungen nichts anderes ergibt.

Abschnitt I des VBG enthält unter anderem in seinem § 11 das nach insgesamt 21 Entlohnungsstufen zustehende Monatsentgelt des vollbeschäftigten Vertragsbediensteten des Entlohnungsschemas I. Gemäß § 19 Abs 1 VBG rückt der Vertragsbedienstete nach jeweils zwei Jahren in die nächsthöhere für ihn vorgesehene Entlohnungsstufe vor. Für die Vorrückung ist, soweit im folgenden nichts anderes bestimmt ist, der Vorrückungsstichtag maßgebend. Dieser ist gemäß § 26 VBG zu ermitteln. Abs 1 dieser Gesetzesbestimmung idgF lautet:

"Der Vorrückungsstichtag ist dadurch zu ermitteln, daß - unter Ausschluß der vor der Vollendung des 18.Lebensjahres liegenden Zeiten und unter Beachtung der einschränkenden Bestimmungen der Abs 4 bis 8 - dem Tag der Anstellung vorangesetzt werden:

1. Die im Abs 2 angeführten Zeiten zur Gänze,

2. die im Abs 2 Z 1 lit a und b und Z 4 lit e und f angeführten Zeiten, wenn sie mit weniger als der Hälfte des für Vollbeschäftigte vorgeschriebenen Ausmaßes zurückgelegt worden sind, zur Hälfte,

3. sonstige Zeiten,

a) die die Erfordernisse des Abs 3 erfüllen, zur Gänze,

b) die die Erfordernisse des Abs 3 nicht erfüllen, soweit sie insgesamt drei Jahre nicht übersteigen, zur Hälfte."

Abs 2 der Gesetzesstelle hat - soweit hier relevant - folgenden Inhalt:

"Gemäß Abs 1 Z 1 sind voranzusetzen:

1. die Zeit, die in einer Beschäftigung mit mindestens der Hälfte des für Vollbeschäftigte vorgeschriebenen Ausmaßes

a) in einem Dienstverhältnis zu einer inländischen Gebietskörperschaft oder

b) im Lehrberuf

aa) an einer inländischen öffentlichen Schule, Universität oder Hochschule oder

bb) an der Akademie der bildenden Künste oder

cc) an einer mit Öffentlichkeitsrecht ausgestatteten inländischen Privatschule

zurückgelegt worden ist; ...

4. die Zeit ....

e) einer Tätigkeit oder Ausbildung bei einer inländischen Gebietskörperschaft, soweit auf sie die arbeitsmarktpolitischen Förderungsmaßnahmen des Arbeitsmarktförderungsgesetzes BGBl Nr 31/1969 anzuwenden waren und diese Zeit in einer Beschäftigung mit mindestens der Hälfte des für vollbeschäftigte Dienstnehmer vorgeschriebenen Ausmaßes zurückgelegt wurde,

f) in einer Beschäftigung mit mindestens der Hälfte des für Vollbeschäftigte vorgeschriebenen Ausmaßes in einem Dienstverhältnis, das im Rahmen der Rechtsfähigkeit einer inländischen Universität oder Hochschule der Akademie der bildenden Künste, der Akademie der Wissenschaften, der Österreichischen Nationalbibliothek oder einer sonstigen wissenschaftlichen Einrichtung gemäß Forschungsorganisationsgesetz BGBl Nr 341/1981 oder eines Bundesmuseums eingegangen worden ist;"

Die übrigen Anrechnungsvorschriften des Abs 2 betreffen Zeiten der Ableistung des Präsenz- oder Zivildienstes, der Arbeit in der Entwicklungshilfe, bestimmte Fälle des Bezuges von Beschädigtenrenten aufgrund des Heeresversorgungsgesetzes, die Zeit des Unterrichtspraktikums oder der Einführung in das praktische Lehramt, der Gerichtspraxis, der nach dem Ärztegesetz zur ärztlichen Berufsausübung vorgeschriebenen praktischen Tätigkeit an einer zugelassenen Ausbildungsstätte, bestimmte Fälle der Eignungsausbildung, bestimmte Fälle der Ausbildung und Praxis für Beamte und Vertragsbedienstete, Studien- und Ausbildungszeiten an höheren Schulen, Akademien für Sozialarbeit, Universitäten oder Hochschulen, soferne diese Zeiten im Dienste einer österreichischen Institution absolviert wurden oder mit einer solchen Dienstverrichtung in Zusammenhang stehen.

Abs 3 des § 26 VBG lautet:

"Zeiten gemäß Abs 1 Z 3, in denen der Vertragsbedienstete eine Tätigkeit ausgeübt oder ein Studium betrieben hat, können mit Zustimmung des Bundesministers für Finanzen im öffentlichen Interesse insoweit zur Gänze berücksichtigt werden, als die Tätigkeit oder das Studium für die erfolgreiche Verwendung des Vertragsbediensteten von besonderer Bedeutung ist. Solche Zeiten sind jedoch ohne Zustimmung des Bundesministers für Finanzen zur Gänze zu berücksichtigen,

1. soweit sie bereits im unmittelbar vorangegangenen Bundesdienstverhältnis nach dem 1.Satz oder nach einer gleichartigen Bestimmung einer anderen Rechtsvorschrift zur Gänze berücksichtigt worden sind und

2. der Vertragsbedienstete bei Beginn des nunmehrigen Dienstverhältnisses nach wie vor die hiefür maßgebende Verwendung ausübt."

§ 26 VBG wurde unter anderem durch BGBl Nr 297/1995 (Strukturanpassungsgesetz) mit Wirksamkeit vom (§ 76 Abs 9 VBG) geändert. Davor waren gemäß § 26 Abs 1 lit a die (im unverändert gebliebenen) Abs 2 angeführten Zeiten zur Gänze und gemäß § 26 Abs 1 lit b die sonstigen Zeiten zur Hälfte anzurechnen, wobei der sonst ebenfalls gleichlautende Absatz 3 auf die Bestimmung des Abs 1 lit b Bezug nahm.

Mit Inkrafttreten des Beitrittsvertrages wurde Österreich am Mitglied der EU. Mit diesem Zeitpunkt ist das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR), dessen Mitglied Österreich seit war, im Verhältnis zwischen Österreich und den Mitgliedsstaaten der EU überholt (EvBl 1995/94; WBl 1996, 284). Ab genießt das unmittelbar wirkende Gemeinschaftsrecht Vorrang gegenüber nationalem Recht (WBl 1996, 284; SZ 69/102). Zu diesem - primären - Gemeinschaftsrecht werden auch jene "allgemeinen Rechtsgrundsätze" gezählt, die der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften im Wege der Lückenfüllung innerhalb der Verträge erarbeitet hat, wie sich dies aus Art 164 EG-V ergibt (Grabits/Hilf, Kommentar zur Europäischen Union, Rz 48 zu Art 164 EG-V; Beutler/Bieber/Pipkorn/Streil, Die Europäische Union4, 188 ff, 205, 240 ff; Kucsko-Stadlmayer, Der Vorrang des EU-Rechts vor österreichischem Recht, ecolex 1995, 338). Die Befugnis des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften zu dynamischer, dh vertragsändernder Rechtsfortentwicklung war den österreichischen Organen bei EU-Beitritt sowie der entsprechenden Gesamtänderung der Bundesverfassung bekannt (vgl 460 BlgNR 18.GP, 1105). Auf die Frage der Begrenzung unmittelbarer Wirksamkeit der dynamischen Rechtsfortbildung durch den Gerichtshof im Hinblick auf die Grundprinzipien des österreichischen Bundesverfassungsrechtes (vgl Kucsko-Stadlmayer aaO, 341) braucht hier nicht näher eingegangen werden. Für den hier interessierenden Bereich genügt der abschließende Hinweis, daß Entscheidungen des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften für die Gerichte der Mitgliedsstaaten allgemein bindende Wirkung zukommt (Mayer-Maly, Das Arbeitsrecht Österreichs und die EU, WBl 1996, 1, hier: 2; SZ 69/102).

"Leitmotiv" des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EG-V) ist das Diskriminierungsverbot, das sich in verschiedenen Konkretisierungen durch den Gesamtvertrag zieht und Interpretationsmaxime aller weiteren Bestimmungen ist (1 Ob 560/95 = WBl 1996, 284). Dieses ursprünglich auf die Überwindung von Präferenzen für die eigenen Staatsangehörigen (Art 6 Abs 1 EG-V) gerichtete Diskriminierungsverbot wurde vom Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in seiner neueren Rechtsprechung dahin fortentwickelt, daß eine nationale Regelung auch dann, wenn sie ohne Unterscheidung nach der Staatsangehörigkeit angewandt wird, aber die Ausübung der durch den Vertrag garantierten grundlegenden Freiheiten durch die Staatsangehörigen der Mitgliedsstaaten behindert und weniger attraktiv macht, vertragswidrig ist. Die Mitgliedsstaaten dürfen daher auch ihren eigenen Bürgern keine Hindernisse in den Weg legen, wenn diese von ihren gemeinschaftsrechtlich garantierten Rechten Gebrauch machen wollen oder schon Gebrauch gemacht haben (EuGHSlg 1992, I-3351 - "Ramrath"; EuGHSlg 1995, I-4033 - "Vougioukas"; EuGHSlg 1994, I-505 - "Scholz" mit Glosse Kirschbaum in DRdA 1994, 436; Schrammel, Freizügigkeit der Arbeitnehmer in der EU, ecolex 1996, 467, hier: 469; zuletzt: = RdW 1998, 213).

Art 48 EG-V garantiert die Freizügigkeit der Arbeitnehmer. Wie bereits eingangs dargestellt, legt der Gerichtshof der europäischen Gemeinschaften das Diskriminierungsverbot des Art 48 Abs 2 EG-V als ein von der jeweiligen Staatsbürgerschaft unabhängiges "allgemeines" Verbot, die Freizügigkeit zu beschränken, aus. Er hat damit die Bestimmung über ihren Wortlaut ("... Abschaffung jeder auf der Staatsangehörigkeit beruhenden unterschiedlichen Behandlung der Arbeitnehmer der Mitgliedsstaaten ...") hinaus, jedoch im wohlverstandenen Sinn des Vertrages umgeformt. Verpönt sind daher nicht nur offensichtliche Diskriminierungen aufgrund der Staatsangehörigkeit, sondern auch alle versteckten Formen der Diskriminierung, die durch die Anwendung anderer Unterscheidungsmerkmale tatsächlich zu dem gleichen Ergebnis führen (EuGHSlg 1990, I-1779 - "Biehl"; Schrammel aaO; Mayer-Maly aaO 4). So wurde etwa in der Entscheidung EuGHSlg 1989, 1591 - "Allue, Coonan", eine verschleierte Form der Diskriminierung darin gesehen, daß die Dauer des Arbeitsverhältnisses zwischen Universitäten und Fremdsprachenlektoren, die überwiegend aus anderen Mitgliedsstaaten stammten, begrenzt war, während eine solche Begrenzung für die übrigen Arbeitnehmer grundsätzlich nicht bestand. In EuGHSlg 1994, I-505 - "Scholz", erblickte der Gerichtshof die Benachteiligung einer Bewerberin für den Posten einer Kantinenleiterin in der Universität von Cagliari darin, daß dieser für die Einstellung geforderte Vordienstzeiten deshalb nicht angerechnet wurden, weil sie in Deutschland erworben worden waren. Der Gerichtshof sprach aus, daß der Mitgliedsstaat, der die Berücksichtigung früherer Berufstätigkeiten der Bewerber innerhalb einer öffentlichen Verwaltung vorsieht, nicht danach unterscheiden dürfe, ob diese Tätigkeit im öffentlichen Dienst dieses Mitgliedsstaates oder in dem eines anderen Mitgliedsstaates ausgeübt worden sei. Im Fall EuGHSlg 1995, I-4921 - "Bosman", erachtete der Gerichtshof von Sportverbänden aufgestellte Regelungen, wonach Berufsfußballspieler bei Ablauf des Vertrages nur dann von einem anderen Verein beschäftigt werden dürfen, wenn dieser eine Transfer-, Ausbildungs- oder Förderungsentschädigung zahle, als unzulässig, weil damit Gemeinschaftsangehörige benachteiligt werden könnten, wenn sie im Gebiet eines anderen Mitgliedsstaats eine sportliche und damit auch wirtschaftliche Tätigkeit ausüben wollen (vgl hiezu und zu weiteren Fallbeispielen die Zusammenstellung bei Hammerschlag, Die mittelbare Diskriminierung aufgrund der Staatsbürgerschaft und des Geschlechts - ein Vergleich der EuGH-Judikatur, RdA 1997, 150). In seinem Urteil vom , Rs C-15/96 - "Schoening-Kougebetopulou" (RdW 1998, 213) erkannte der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften Bestimmungen des deutschen Bundesangestelltentarifvertrages als diskriminierend, nach denen einer im öffentlichen Dienst angestellten Fachärztin Vordienstzeiten im öffentlichen Dienst eines anderen Mitgliedsstaates nicht angerechnet wurden.

Der Arbeitnehmerbegriff des Art 48 EG-V ist nicht näher definiert. Sein Verständnis hat sich nach Gemeinschaftsrecht zu richten, weil anderenfalls das Gebot der Freizügigkeit der Arbeitnehmer durch autonome nationale Regelungen, die nicht der Kontrolle der Gemeinschaftsorgane unterliegen, unterlaufen werden könnte. Für den gemeinschaftsrechtlichen Arbeitnehmerbegriff ist ausschließlich entscheidend, daß es sich um eine Tätigkeit wirtschaftlicher Natur handelt, und daß die Tätigkeit gegen Entgelt und in Abhängigkeit vom Empfänger der Dienste erbracht wird (Schrammel aaO).

Gemäß Art 48 Abs 4 EG-V findet dieser Artikel keine Anwendung auf die Beschäftigung in der öffentlichen Verwaltung. Der Gerichtshof der europäischen Gemeinschaften definiert diese Bestimmung dahin, daß dadurch jene Stellen vom Anwendungsbereich der ersten drei Absätze des Art 48 EG-V ausgenommen werden, die eine unmittelbare oder mittelbare Teilnahme an der Ausübung hoheitlicher Befugnisse und an der Wahrnehmung solcher Aufgaben mit sich bringen, die auf die Wahrung der allgemeinen Belange des Staates oder anderer öffentlicher Körperschaften gerichtet sind. Die Beschäftigung auf derartigen Stellen setze nämlich ein Verhältnis besonderer Verbundenheit des jeweiligen Stelleninhabers zum Staat sowie die Gegenseitigkeit von Rechten und Pflichten voraus, die dem Staatsangehörigkeitsband zugrunde liegen. Dagegen gelte der Vorbehalt des Art 48 Abs 4 EG-V nicht für Stellen, die zwar dem Staat oder anderen öffentlich-rechtlichen Einrichtungen zuzuordnen sind, jedoch keine Mitwirkung bei der Erfüllung von Aufgaben mit sich bringen, die zur öffentlichen Verwaltung im eigentlichen Sinn gehören (EuGHSlg 1980, 3881 - "Kommission/Belgien"). In EuGHSlg 1986, 2121 - "Blum", hatte der Gerichtshof der europäischen Gemeinschaften über die Rechtmäßigkeit des Ausschlusses einer nicht die deutsche Staatsangehörigkeit besitzenden Klägerin vom Vorbereitungsdienst für das Lehramt (Studienreferandar) zu befinden. Er sprach aus, daß die Klägerin unabhängig von der im Mitgliedsstaat normierten Rechtsnatur des Beschäftigungsverhältnisses als Arbeitnehmer im Sinn des Art 48 Abs 1 EG-V anzusehen sei. Weiters erwiderte er dem Hinweis, ein Studienreferendar habe hoheitliche Befugnisse auszuüben, weil er den Unterricht gestalte, die Schüler benote und an der Entscheidung über ihre Versetzung in die nächsthöhere Klasse mitwirke, daß die sehr engen Voraussetzungen des Art 48 Abs 4 EG-V nicht erfüllt seien, auch wenn der Studienreferendar tatsächlich die aufgezählten Entscheidungen zu treffen habe. Ausgenommen vom Diskriminierungsverbot seien bei Vorliegen der bereits aufgezählten Merkmale nur die Stellen, die in Anbetracht der mit ihnen verbundenen Aufgaben und Verantwortlichkeiten die Merkmale der spezifischen Tätigkeiten der Verwaltung auf den genannten Gebieten aufweisen können.

Der letztgenannten Entscheidung können sehr beachtliche Parallelen zu dem hier zu entscheidenden Fall entnommen werden. In Anbetracht der allgemein gehaltenen Ausführungen des Gerichtshofs zur Frage des Vorliegens des Ausnahmetatbestands des Art 48 Abs 4 EG-V kann dessen Erkenntnis wohl nicht nur auf den Vorbereitungsdienst für das Lehramt bezogen werden. Nach Ansicht des erkennenden Senates erübrigt es sich aber, auf diese Frage weiter einzugehen und allenfalls eine diesbezügliche Vorabentscheidung des Gerichtshofs der europäischen Gemeinschaften herbeizuführen, weil sie nicht entscheidungswesentlich ist:

Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften judiziert nämlich in ständiger Rechtsprechung, daß Art 48 Abs 4 EG-V zwar den einzelnen Mitgliedsstaaten die Möglichkeit einräumt, ihren eigenen Staatsangehörigen diejenigen Stellen vorzubehalten, die unter den bereits mehrfach genannten Voraussetzungen einen Zusammenhang mit der Ausübung hoheitlicher Befugnisse und der Wahrung allgemeiner Belange aufweisen (EuGHSlg 1980, 3881 - "Kommission/Belgien"), er hat jedoch ebenso mehrfach darauf verwiesen, daß im Falle ein Mitgliedsstaat die Staatsangehörigen anderer Mitgliedsstaaten zur Beschäftigung in der öffentlichen Verwaltung im Sinne von Art 48 Abs 4 EG-V zuläßt, diese in bezug auf Entlohnung oder sonstige Arbeitsbedingungen nicht diskriminiert werden dürfen, da sonst Art 48 Abs 2 EG-V verletzt würde (EuGHSlg 1987, 2625 - "Kommission/Italien"; EuGHSlg 1989, 723 - "Echternach"). Diesem Auslegungsverständnis hat auch der österreichische Gesetzgeber durch das EWR-Dienstrechtsanpassungsgesetz BGBl Nr 389/1994 Rechnung getragen. Damit wurde für den Bereich des Ausschreibungsgesetzes 1989, des Landeslehrer-Dienstrechtsgesetzes 1984, des Beamtendienstrechtsgesetzes 1979 und des Vertragsbedienstetengesetzes 1948 zwar das generelle Erfordernis österreichischer Staatsbürgerschaft für den Zugang zum öffentlichen Dienst weitestgehend beseitigt, jedoch gleichzeitig eine Beschränkung hinsichtlich hoheitlicher Aufgaben eingeführt. Beispielhaft für die im wesentlichen gleichlautenden Bestimmungen sei § 6b VBG zitiert:

"Verwendungen, die ein Verhältnis besonderer Verbundenheit zu Österreich voraussetzen, die nur von Personen mit österreichischer Staatsbürgerschaft erwartet werden kann, sind ausschließlich Vertragsbediensteten mit österreichischer Staatsbürgerschaft zuzuweisen. Solche Verwendungen sind insbesondere jene, die

1. die unmittelbare oder mittelbare Teilnahme an der Besorgung hoheitlicher Aufgaben und

2. die Wahrnehmung allgemeiner Belange des Staates beinhalten."

Mit dieser Gesetzeslage wird auch dem vom Gerichtshof der europäischen Gemeinschaften entwickelten Grundsatz Rechnung getragen, daß das Gemeinschaftsrecht es einem Mitgliedsstaat nicht verbiete, seinen eigenen Staatsangehörigen innerhalb einer Laufbahn diejenigen Aufgaben vorzubehalten, die Teil der Ausübung hoheitlicher Befugnisse oder der Wahrung der allgemeinen Belange des Staates sind (EuGHSlg 1980, 3881 - "Kommission/Belgien"; EuGHSlg 1987, 2625 - "Kommission/Italien"). Im Lichte dieser Rechtslage ist allerdings die Einschränkung der Antragstellerin, welche jene Vertragslehrer, die eine Schulleiter- oder Schulaufsichtsfunktion ausüben, von der angestrebten Entscheidung im besonderen Feststellungsverfahren ausnehmen will, nicht recht verständlich. Wenn man die mehrfach zitierte Bestimmung des § 26 VBG als diskriminierend erachten wollte, müßte sie dies auch für jene Bereiche sein, welche dem Art 48 Abs 4 EG-V zu unterstellen wären, weil - wie dargestellt - sich dieser zugunsten des nationalen Gesetzgebers eingeräumte Vorbehalt nur hinsichtlich Zugangsbeschränkungen auswirken kann. Ist jedoch eine Person einmal mit der Dienststelle oder der Funktion betraut, wäre eine Schlechterstellung in Besoldung und Vorrückung nur in Anbetracht der Art der ausgeübten Tätigkeit sachlich nicht begründbar und daher wohl auch verfassungsrechtlich bedenklich. Allerdings hindert diese Selbstbeschränkung der Antragstellerin die Entscheidung über den Antrag und damit auch die Einholung einer Vorabentscheidung nicht, weil es jedermann freisteht, an die Gerichte nur einen Teil der ihm zustehenden Ansprüche zur Entscheidung heranzutragen.

Art 48 Abs 3 EG-V stellt die aus dem Grundsatz der Freizügigkeit entspringenden Rechte der Arbeitnehmer unter den Vorbehalt von aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Gesundheit gerechtfertigten Beschränkungen. Dazu hat der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften wiederholt ausgesprochen, daß nachgewiesen werden müsse, im betreffenden Tätigkeitsbereich lägen zwingende Gründe des Allgemeininteresses vor, die die Beschränkungen der Freizügigkeit rechtfertigen, sowie daß das gleiche Ergebnis nicht durch weniger einschneidende Rechtsvorschriften erreicht werden könne (EuGHSlg 1992, I-3351 - "Ramrath"). Auch könne die Diskriminierung gerechtfertigt sein, wenn sie dazu diene, ein bestehendes (Steuer-)System aufrecht zu erhalten (EuGHSlg 1992, I-249 - "Bachmann"; EuGHSlg 1992, I-305 - "Kommission/Belgien"). Gerade darauf beruft sich aber die Antragsgegnerin, wenn sie meint, daß die gesetzliche Regelung des § 26 VBG lediglich den unterschiedlichen Ausformungen der Beschäftigung im öffentlichen Dienst in den Mitgliedsstaaten Rechnung trage, somit verhältnismäßig und außerdem für die Aufrechterhaltung des besonderen Beförderungs- und Besoldungssystems in der öffentlichen Verwaltung erforderlich sei. Abgesehen von diesem Vorbringen wurde - soweit überblickbar - bisher vom Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften ein vergleichbarer Fall insoweit nicht entschieden, als gemäß § 26 VBG in anderen Mitgliedstaaten verbrachte Vordienstzeiten nicht in jedem Falle unbeachtlich sind, sondern mit Genehmigung des Bundesministers für Finanzen zur Gänze angerechnet werden können. Dies scheint aber ein Indiz für das Bemühen um Verhältnismäßigkeit im Sinne ausgewogener Berücksichtigung der Art der im anderen Mitgliedstaat erbrachten Tätigkeit zu sein. Inwieweit es im Einzelfall dennoch zu Diskriminierungen kommen kann, kann in Anbetracht der eingangs beschriebenen Besonderheiten des Verfahrens gemäß § 54 Abs 2 ASGG nicht beurteilt werden. Es bedarf einer die dargestellte Regelung des VBG berücksichtigenden Auslegung des Vertrages, um welche gemäß Art 177 EG-V der Oberste Gerichtshof zwingend den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften zu ersuchen hat. Gleiches gilt für die von der Antragstellerin aufgeworfene Frage, ob für den Fall der Pflicht zur Anrechnung auch in Mitgliedsstaaten verbrachter Vordienstzeiten diese zeitlich unbeschränkt anzurechnen sind oder nur ab bestimmten Stichtagen wie etwa dem Zeitpunkt des Abschlusses des EWG-Vertrages oder des Beitrittsdatums der einzelnen Mitgliedsstaaten.

Es ist daher spruchgemäß zu entscheiden.