OGH vom 17.12.2013, 10ObS181/13k

OGH vom 17.12.2013, 10ObS181/13k

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsrekursgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Fellinger und Dr. Hoch als weitere Richter (Senat nach § 11a Abs 3 ASGG) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei H*****, vertreten durch Mag. Barbara Helene Steindl, Rechtsanwältin in Wien, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, 1021 Wien, Friedrich Hillegeist Straße 1, wegen 1.450 EUR, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen vom , GZ 9 Rs 100/13m 28, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Der Kläger begehrt mit der am zunächst beim Bezirksgericht Döbling eingebrachten Klage von der beklagten Pensionsversicherungsanstalt die Zahlung von 1.450 EUR und brachte dazu vor, er habe von der Beklagten die schriftliche Zusage über die Zahlung von 1.450 EUR für behindertengerechte Umbauarbeiten erhalten. Trotz dieser Zusage sei der genannte Betrag nicht bezahlt worden.

Das Bezirksgericht Döbling sprach mit Beschluss vom seine sachliche Unzuständigkeit aus und überwies die Klage an das Arbeits und Sozialgericht Wien.

Das Arbeits und Sozialgericht Wien wies die Klage mit Beschluss vom „gemäß § 73 ASGG“ a limine zurück.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Klägers keine Folge und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Dem Einwand des Klägers, das Bezirksgericht Döbling habe seine Unzuständigkeit ausgesprochen und die Rechtssache an das Erstgericht überwiesen, welches an diesen rechtskräftigen Ausspruch gebunden sei und daher seine sachliche Unzuständigkeit nicht hätte aussprechen dürfen, hielt das Rekursgericht entgegen, dass das Erstgericht die Klage wegen Unzulässigkeit des Rechtswegs („gemäß § 73 ASGG“) zurückgewiesen habe. Dies könne in jeder Lage des Verfahrens erfolgen, soweit der Zurückweisung nicht eine die Zulässigkeit des Rechtswegs bejahende gerichtliche Entscheidung entgegenstehe, was hier nicht der Fall sei. Weiters führte das Rekursgericht aus, dass der Kläger eine Leistung aus dem Unterstützungsfonds iSd § 84 ASVG begehre. Im Unterschied zu anderen Leistungen eines Sozialversicherungsträgers, die „Pflichtleistungen ohne individuellen Rechtsanspruch“ sein können, handle es sich bei Leistungen aus dem Unterstützungsfonds nicht um Pflichtleistungen oder um Pflichtaufgaben. Da keine Bescheiderlassung vorgesehen sei, bestehe auch keine Möglichkeit, Leistungen aus einem Unterstützungsfonds im Leistungsstreitverfahren durchzusetzen. Da im vorliegenden Fall somit weder ein Bescheid vorliege, noch die Beklagte zur Erlassung eines Bescheids verpflichtet gewesen sei, stehe dem Begehren des Klägers die Unzulässigkeit des Rechtswegs entgegen. Das Erstgericht habe daher die Klage zu Recht gemäß § 73 ASGG zurückgewiesen.

Rechtliche Beurteilung

Der vom Kläger dagegen rechtzeitig erhobene außerordentliche Revisionsrekurs ist mangels Geltendmachung einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 528 Abs 1 ZPO unzulässig.

Soweit der Kläger in seinem außerordentlichen Revisionsrekurs geltend macht, das Erstgericht sei gemäß § 38 Abs 4 ASGG an den rechtskräftigen Überweisungsbeschluss des Bezirksgerichts Döbling bezüglich des Vorliegens der sachlichen Zuständigkeit des Erstgerichts gebunden gewesen, ist darauf hinzuweisen, dass gemäß § 38 Abs 4 ASGG das Gericht, an das die Rechtsstreitigkeit überwiesen worden ist, an den rechtskräftigen Ausspruch über die sachliche Zuständigkeit in dem Sinne gebunden ist, dass es nicht die sachliche Zuständigkeit des überweisenden Gerichts annehmen darf. In Bezug auf die Zulässigkeit des Rechtswegs schafft eine nach § 38 Abs 2 ASGG erfolgte Überweisung an ein anderes Gericht als Arbeits und Sozialgericht keine Änderung (vgl Neumayr in ZellKomm 2 § 38 ASGG Rz 2 mwN). Die Zulässigkeit des Rechtswegs ist aber in jeder Lage des Verfahrens bis zur Rechtskraft von Amts wegen wahrzunehmen. Es hat daher nach zutreffender Rechtsansicht des Rekursgerichts auch eine Zurückweisung der Klage wegen Unzulässigkeit des Rechtswegs gemäß § 73 ASGG in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu erfolgen, soweit der Zurückweisung nicht eine die Zulässigkeit des Rechtswegs bejahende gerichtliche Entscheidung entgegensteht (vgl Neumayr in ZellKomm 2 § 73 ASGG Rz 2 mwN).

Weiters macht der Kläger geltend, sein Klagebegehren sei entgegen der Rechtsansicht des Rekursgerichts nicht auf die Zusage von freiwilligen Leistungen aus dem Unterstützungsfonds der Pensionsversicherung nach § 84 ASVG gerichtet, sondern er habe von der beklagten Partei bereits präzise Zusagen zur Gewährung von Leistungen aus dem Unterstützungsfonds erhalten. Er habe daher nach Erhalt einer solchen Zusage auch einen Anspruch auf Auszahlung durch die beklagte Partei. Da ihm dieses Recht zustehe, hätte die beklagte Partei gemäß § 410 Abs 1 ASVG auch mittels Bescheid über seine Anträge auf Auszahlung der bereits zugesagten Leistung absprechen müssen. Da die beklagte Partei jedoch keinen entsprechenden Bescheid erlassen habe, sei seine Klage als (zulässige) Säumnisklage iSd § 367 Abs 1 Z 2 ASGG zu verstehen.

Dieses Vorbringen des Klägers ist im gegenständlichen Verfahren schon deshalb nicht zielführend, weil entsprechend der verfahrensrechtlichen Unterscheidung von Verwaltungs und Leistungssachen im Sozialversicherungsrecht auch der Rechtsschutz verschieden ausgestaltet ist. Während in Verwaltungssachen derzeit noch ein dem sonstigen administrativen Instanzenzug ähnlicher Rechtszug über Einspruch (§ 412 ASVG) vom Sozialversicherungsträger zum Landeshauptmann und in der Folge zum Bundesminister (§ 415 ASVG) führt, wird materieller Rechtsschutz in Leistungssachen vor den ordentlichen Gerichten als Sozialgerichten gewährt (vgl Oberndorfer/Muzak in Tomandl , SV System, 22. ErgLfg 659). Die vom Kläger allein geltend gemachte Bescheiderlassungspflicht der beklagten Partei gemäß § 410 Abs 1 ASVG würde daher zu einem Bescheid des Versicherungsträgers in Verwaltungssachen führen, welche im Rahmen des Verfahrens in Verwaltungssachen in dem oben beschriebenen Verwaltungsweg und nicht vor den Sozialgerichten zu bekämpfen wäre. Eine zulässige Säumnisklage iSd § 67 Abs 1 Z 2 ASGG würde daher selbst ausgehend vom Rechtsstandpunkt des Klägers nicht vorliegen.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:OGH0002:2013:010OBS00181.13K.1217.000