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OGH vom 29.04.2020, 9ObA115/19f

OGH vom 29.04.2020, 9ObA115/19f

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Dr. Hopf als Vorsitzenden, die Hofrätin Dr. Fichtenau, den Hofrat Dr. Hargassner sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Ingomar Stupar (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Mag. Werner Pletzenauer (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei A*****, vertreten durch MMag. Dr. Thomas Mildner, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagte Partei O*****, vertreten durch Dr. Markus Orgler, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen 19.891,87 EUR, über die Revision der beklagten Partei (Revisionsinteresse 12.536,63 EUR), gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 15 Ra 26/19i91, mit dem das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht vom , GZ 16 Cga 13/16s84, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 939,24 EUR (darin enthalten 156,54 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger war aufgrund des Dienstvertrags vom für die beklagte Gesellschaft ab als Revierjäger tätig. Sein Aufgabengebiet war die Betreuung des von der beklagten Gesellschaft mit Rücksicht auf das jagdliche Interesse der Eheleute Gu***** und Gr***** gepachteten Jagdreviers. Mit Schreiben vom sprach die Beklagte gegenüber dem Kläger die Kündigung zum aus. Am wurde der Kläger (unbegründet) entlassen.

Im Revisionsverfahren noch strittig sind 12.536,99 EUR brutto für Überstundengrundentgelte, 50%ige Zuschläge für „normale“ Überstunden, 100%ige Zuschläge für Sonn, Feiertags und Nachtstunden sowie eine Abgeltung für nicht konsumierte freie Tage, die der Kläger unter Berufung auf das Gutsangestelltengesetz (GAngG), die Tiroler Landarbeitsordnung (LAO) 2000 und den Kollektivvertrag für die im Land Tirol tätigen Berufsjäger begehrt.

Der brachte – soweit für das Revisionsverfahren noch wesentlich – zusammengefasst vor, das Ehepaar Gu***** und Gr***** sei ihm gegenüber de facto als Arbeitgeber aufgetreten, er habe dessen Anweisungen Folge zu leisten gehabt. Mangels ihm zur Verfügung gestellter Informationen habe er das Jagdgebiet selbständig erkunden und sehr viel Zeit investieren müssen, um das Revier – wie gefordert – bis August 2015 in einen perfekten Zustand „für perfekte Spiele“ zu bringen. Gr***** habe ihm den Auftrag erteilt, ein Jagdtagebuch über die von ihm täglich geleisteten Arbeiten und die dafür aufgewendeten Arbeitszeiten zu führen und ihr bzw ihrem Ehemann das Jagdtagebuch vorzulegen. Bei den schon während aufrechten Dienstverhältnisses angeordneten mehrmaligen Vorlagen habe Gr***** gegen die darin vom Kläger verzeichneten Arbeitsstunden keine Einwände erhoben.

Die wendete im Wesentlichen ein, das Ehepaar sei nicht zur organschaftlichen Vertretung der Beklagten befugt gewesen. Nur der Geschäftsführer der Beklagten hätte rechtswirksame Vereinbarungen schließen dürfen, nur ihm gegenüber hätten für die Beklagte rechtswirksame Erklärungen abgegeben werden können. Angesichts der vereinbarten freien Arbeitszeiteinteilung hätte der Kläger keine Überstunden leisten dürfen. Überstunden seien auch nicht erforderlich gewesen, weil der Kläger dem Ehepaar nur bei den wenigen Gelegenheiten deren Anwesenheit im Revier zur Verfügung stehen hätte müssen und sich sonst die Arbeit so ökonomisch wie möglich einteilen hätte sollen. Arbeitszeitaufzeichnungen seien nie akzeptiert worden, zudem seien sie unrichtig.

Sowohl das Erstgericht als auch das Berufungsgericht gingen im zweiten Rechtsgang von den in beiden Rechtsgängen getroffenen Feststellungen als Entscheidungsgrundlage aus. Das Erstgericht hat die Festellungen des ersten Rechtsgangs aber nur mehr teilweise wiederholt. Wenngleich dieser Vorgang nicht der Übersichtlichkeit förderlich war, bewirkt er keinen vom Obersten Gerichtshof aufzugreifenden Mangel (vgl 7 Ob 21/07z; 1 Ob 238/05i).

Ausgehend davon lassen sich die Sachverhaltsfeststellungen – soweit für das Revisionsverfahren noch wesentlich – gerafft wie folgt zusammenfassen:

Die Eheleute Gu***** und Gr***** suchten nach einem Jäger für das Jagdrevier. Bei einem Treffen mit dem Kläger im März 2015 wurde ihm von Gu***** die mündliche Einstellungszusage erteilt. Laut schriftlichem Dienstvertrag ist eine Arbeitszeit von 173 Stunden im Monatsdurchschnitt vereinbart, die Arbeitszeiteinteilung hat sich nach den jeweiligen Jagderfordernissen zu richten. Als Entlohnung wurden 1.913 EUR brutto monatlich festgesetzt, weiters wurde eine Dienstaufwandsentschädigung in Höhe von 155 EUR monatlich, Kostenersatz für die Hundeführung in Höhe von 121 EUR monatlich sowie eine Überzahlung in Höhe von 199,33 EUR monatlich gewährt (Pkt IV des Dienstvertrags). Nachdem der Kläger den Dienstvertrag unterfertigt hatte, wurde er für die Beklagte von deren Alleingesellschafter und Geschäftsführer gegengezeichnet. Der Kläger hatte mit Ausnahme eines Gesprächs mit der Lohnverrechnerin der Beklagten zu einem Jagdabschuss keinen direkten Kontakt zur Beklagten.

Der Kläger konnte seine Arbeitszeit frei einteilen. Er erhielt von Gr***** die Anweisung, ein Jagdtagebuch zu führen, wobei diese darauf bestand, dass daraus Datum, Wetterverhältnisse, Uhrzeit, durchgeführte Arbeiten und auch die geleisteten Arbeitsstunden ablesbar sein sollten. Entsprechend dieser Anweisung führte der Kläger für seinen gesamten Tätigkeitszeitraum (April bis August 2015) Jagdtagebücher, deren Inhalt von den Vorinstanzen im Einzelnen festgestellt wurde. Beispielweise weist das Jagdtagebuch für den folgenden Inhalt auf: „: sonnig, 7.30-12.00: Füttern R*****, Füttern L***** mit X*****, 15.00 bis 17.00: Füttern T 20 Sack Rehfutter verliefert; : Schneeregen, 6.30-9.00: R***** Nachschau L***** Füttern (Vorsilo fertig) 14.30-17.00: Füttern T*****“. In einer Spalte ganz rechts sind die jeweils geleisteten Arbeitsstunden aufgelistet, etwa für den vormittags 4 Stunden und nachmittags 2 Stunden; für den vormittags 3 Stunden und nachmittags 3,5 Stunden. Für den Monat April 2015 ist zum Monatsletzten als Gesamtsumme der geleisteten Arbeitsstunden die Summe von 209,2 Stunden ausgeworfen, für den Monat Mai die Summe von 217,25 Stunden, für Juni die Summe von 185,25 Stunden etc. Der Kläger hat die in den Jagdtagebüchern von April bis einschließlich August 2015 festgehaltenen Arbeiten zum genannten Datum, zur genannten Uhrzeit und im genannten Umfang tatsächlich ausgeführt. Bei den zwischen den Eheleuten und dem Kläger regelmäßig stattfindenden Besprechungen hatte der Kläger die Jagdtagebücher zur Einsicht vorzulegen. Die Ehegatten erhoben bei Durchsicht der Aufzeichnungen keine Einwände. Die aus den Jagdtagebüchern ersichtlichen Überstunden sowie die Stunden an Sonn – und Feiertagen, Ruhezeiten oder Nachtarbeit waren bei diesen Besprechungen kein Thema.

Zum bisherigen Verfahrensgang:

Das Erstgericht sprach im ersten Rechtsgang dem Kläger die damals noch einen Klagegegenstand bildende Urlaubsentschädigung in Höhe von 1.286,04 EUR sA sowie 609,72 EUR sA für diverse kollektivvertragliche Ansprüche (Schussgelder, Wertersatz für Wildbret, Kosten der Jagdkarte etc) zu und wies das auf Überstunden, Abgeltung von Nachtarbeit, Sonntagsruhe, Feiertagsruhe und Ruhezeiten gerichtete Mehrbegehren in Höhe von 30.743,32 EUR sA ab. Rechtlich ging es zusammengefasst davon aus, dass der Beklagten hinsichtlich der Ansprüche für Überstunden, Nachtarbeit, Sonntags- und Feiertagsarbeit und Unterschreiten der Mindestruhezeiten keine Passivlegitimation zukomme.

Das gab der Berufung des Klägers Folge und hob das Ersturteil auf. Es überband dem Erstgericht die Rechtsansicht, die Beklagte müsse sich das Verhalten der Eheleute aufgrund einer aus Sicht des Klägers anzunehmenden Anscheinsvollmacht wie ihr eigenes Verhalten zurechnen lassen. Weiters überband es dem Erstgericht die Rechtsansicht, die nach den Feststellungen vom Kläger erbrachten Überstundenleistungen, dessen Arbeitsleistungen während der Sonn- und Feiertagsruhe, während der Nacht- sowie dessen sonstige (Ersatz-)Ruhezeiten seien von dem Ehepaar laufend kontrolliert und zumindest schlüssig genehmigt worden. Nehme der Dienstgeber Überstunden unter gewöhnlichen Umständen entgegen, bedeute dies bei objektiver Betrachtungsweise, dass er sie mit seinem Einverständnis dulde, weshalb die vorbehaltlose Entgegennahme von Überstundenleistungen einer schlüssigen Anordnung gleichkomme. Da die Arbeitszeiten sowie die Lage der Arbeitsstunden laut Jagdtagebuch von der Beklagten nie substantiiert bestritten worden seien, stünden dem Kläger die gebührenden Entgelte zu. Dennoch seien die aus diesen Titeln geltend gemachten Forderungen noch erörterungsbedürftig, weil der Kläger zumindest teilweise eine Mehrfachverrechnung von Entgeltansprüchen vornehme.

Die Beklagte brachte im fortgesetzten Verfahren vor, selbst wenn man ihr das Handeln der Ehegatten zurechne, könnte deren Verhalten nicht mehr bewirken, als jenes des Arbeitgebers bewirkt hätte. Die Vorlage eines Jagdtagebuchs, und dessen widerspruchslose Hinnahme stelle noch keine nachträgliche Genehmigung von nicht vereinbarten Überstunden dar. Wenngleich die geleisteten Stunden feststehen, stehe nicht fest, welche Arbeiten der Kläger in dieser Zeit verrichtet habe und warum sie erforderlich waren. Dies sei im Verfahren bisher nicht geklärt worden. Der Kläger werde darzulegen haben, warum er Überstunden ohne vorherige Rücksprache und Genehmigung erbracht habe und diese derart dringend erforderlich gewesen sein sollten, dass er sie schon vor Einholung eines konkreten Arbeitsauftrags habe erbringen müssen.

Das Erstgericht gab im zweiten Rechtsgang dem Klagebegehren im Umfang von 12.526,63 EUR brutto sA statt und wies das Mehrbegehren von 7.365,24 EUR brutto sA ab.

Rechtlich ging das Erstgericht entsprechend der ihm überbundenen rechtlichen Beurteilung des Berufungsgerichts davon aus, dass die gemäß § 79 LAO 2000 gebührenden Überstunden-, Sonntag-, Feiertags- und Nachtarbeitsentgelte sowie die in § 5 des Kollektivvertrags für die im Land Tirol tätigen Berufsjäger vorgesehenen Entgelte für nicht konsumierte freie Tage zuzusprechen seien. Eine Kumulierung der Entgelte für nicht konsumierte freie Tage mit den in § 79 Abs 2 und 3 LAO vorgesehenen Zuschlägen habe nicht stattzufinden.

Das Berufungsgericht änderte in seiner im zweiten Rechtsgang getroffenen Entscheidung infolge Berufung des Klägers das Ersturteil teilweise dahin ab, dass die Beklagte schuldig ist, dem Kläger den 12.536,99 EUR brutto sA zu bezahlen und das Mehrbegehren von 7.354,88 EUR brutto sA abgewiesen wurde. Der Berufung der Beklagten gab es nicht Folge. Es ließ die Revision mit der Begründung zu, dass noch keine höchstgerichtliche Rechtsprechung zu der Frage bestehe, welche gesetzlichen und kollektivvertraglichen Rechtsgrundlagen für Dienstverhältnisse von Berufsjägern (insbesondere in Tirol) maßgeblich seien und ob die in § 79 der Tiroler LAO 2000 vorgesehenen Stundenzuschläge kumulierbar oder nicht kumulierbar seien.

Gegen den klagestattgebenden Teil des Berufungsurteils richtet sich die Revision der Beklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung und Mangelhaftigkeit des Verfahrens mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne der gänzlichen Klageabweisung.

Der Kläger beantragte die Zurückweisung der Revision, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der Beklagten ist zur Klarstellung zulässig, sie ist aber nicht berechtigt.

I.1 Die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts, die Beklagte müsse sich aufgrund der festgestellten Umstände das Verhalten der Eheleute nicht nur bei Begründung des Dienstverhältnisses, sondern auch während laufendem Dienstvertrag gegenüber dem Kläger aufgrund der aus dessen Sicht anzunehmender Anscheinsvollmacht wie ihr eigenes Verhalten zurechnen lassen, ist nach Lage des Falls zutreffend. Auf die Begründung der Entscheidung kann vorweg gemäß § 510 Abs 3 Satz 2 ZPO verwiesen werden.

I.2 Ergänzend ist den Revisionsausführungen entgegenzuhalten:

Eine Anscheinsvollmacht setzt voraus, dass Umstände vorliegen, die geeignet sind, im Dritten den begründeten Glauben an die Berechtigung des Vertreters zum Abschluss des beabsichtigten Geschäfts zu erwecken (RS0019609). Der die Vertretungsmacht begründende Anschein hat von einem Verhalten des Vertretenen bzw eines vertretungsbefugten Organs auszugehen (RS0020145). Der auf diese Weise gesetzte, dem Vertretenen zurechenbare äußere Tatbestand muss das Vertrauen des Dritten vom Vorhandensein der Vertretungsmacht rechtfertigen (vgl RS0020251).

I.2.1 Von Beklagtenseite wurde bereits bei Begründung des Dienstverhältnisses gegenüber dem Kläger der Anschein der Bevollmächtigung der Eheleute Gu***** und Gr***** gesetzt. Der Dienstvertrag mit dem von den Eheleuten ausgewählten, der Beklagten unbekannten Kläger zu den von diesen ausverhandelten Konditionen wurde offenbar anstandslos unterschrieben und der Kläger zur Sozialversicherung angemeldet. Auch in der weiteren Folge ist nach der Lage des Falls davon auszugehen, dass der Geschäftsführer der Beklagten den Eheleuten ohne Beanstandung gegenüber dem Kläger das Agieren in dienstlichen Belangen überließ.

I.2.2 Vor diesem Hintergrund konnte der Kläger von einer Vertretungsmacht der Eheleute für die Beklagte ausgehen. Der Geschäftsführer trat gegenüber dem Kläger persönlich nicht in Erscheinung, veranlasste aber, dass dessen Gehälter namens der Beklagten ausbezahlt wurden. Dienstanweisungen und Kontrollen überließ der Geschäftsführer hingegen den Eheleuten ohne sich weiter einzumengen. Sie zogen den Kläger zu regelmäßigen Besprechungen heran und ließen sich die von ihm geführten Jagdtagebücher (in denen ua seine Arbeitszeiten verzeichnet waren) vorlegen. Aus all dem folgerte das Berufungsgericht zu Recht, dass der Kläger den von der Beklagten veranlassten und geduldeten Eindruck gewinnen musste, dass die Eheleute vom Geschäftsführer mit der Wahrnehmung der Aufgaben als Vorgesetzte betraut und zur Erteilung von dienstlichen Anordnungen befugt seien (RS0020331 [T3]). Die Beklagte muss sich daher das Verhalten der Eheleute Gu***** und Gr***** gegenüber dem Kläger zurechnen lassen.

I.3 Zu den geleisteten Überstunden (Überstundengrundentgelte, 50%ige Zuschläge für „normale“ Überstunden, 100%ige Zuschläge für Sonn, Feiertags und Nachtstunden) sowie zur Abgeltung für nicht konsumierte freie Tage:

Auch dazu kann vorweg auf die zutreffende rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts verwiesen werden. Den Revisionsausführungen ist noch ergänzend entgegenzuhalten:

I.3.1 Vereinbart war eine Arbeitszeit von 173 Stunden im Monatsdurchschnitt, wobei sich der Kläger die Arbeitszeit nach den jeweiligen Jagderfordernissen einteilen konnte. Feststeht, dass der Kläger auch die klageweise geltend gemachten Überstunden tatsächlich erbracht hat.

I.3.2 Voraussetzung für die Qualifikation und Abgeltung von Überstunden ist nach ständiger Rechtsprechung, dass die Überstundenleistung im Einverständnis mit dem Arbeitgeber erfolgt ist (Pfeil in ZellKomm3 § 10 AZG Rz 5 mwN). Anspruch auf Überstundenzahlung ist daher nach ständiger Rechtsprechung dann gegeben, wenn diese ausdrücklich oder schlüssig angeordnet wurden oder wenn der Dienstgeber Arbeitsleistungen entgegennahm, die auch bei richtiger Einteilung der Arbeit nicht in der normalen Arbeitszeit erledigt werden konnten (RS0051431).

I.3.3 Sind – wie im vorliegenden Fall – die Überstunden vor deren Erbringung zwar nicht ausdrücklich angeordnet worden, hat aber die dem Kläger übertragene Aufgabe der Betreuung des Jagdreviers die Leistung von Überstunden notwendig gemacht, musste der Kläger dies dem Arbeitgeber anzeigen, um seinen Anspruch auf Überstundenvergütung zu wahren. Hat der Arbeitgeber die Überstunden geduldet und entgegengenommen, kann er deren Bezahlung nicht unter Berufung darauf verweigern, dass er Überstundenarbeit nicht angeordnet habe (RS0051441).

I.3.4 Wie im vorliegenden Fall feststeht hat Gr***** dem Kläger die Führung eines Jagdtagebuchs aufgetragen und darauf bestanden, dass daraus unter anderem die geleisteten Arbeitszeiten hervorgehen sollten (mit welchem Auftrag sie ihm die nach § 281 LAO 2000 LGBl 27/2000 dem Arbeitgeber obliegende Verpflichtung zur Aufzeichnung der geleisteten Arbeitsstunden und die Beschäftigung an Sonn- und Feiertagen überbunden hat). Die vom Kläger entsprechend dieser Anweisung für jeden Tag des Beschäftigungsverhältnisses geführten Jagdtagebücher, enthielten somit nicht nur das Datum und die Art der von ihm im Zusammenhang mit der Betreuung des Jagdreviers täglich geleisteten Arbeiten, sondern – in einer eigenen Tabelle – die dafür aufgewendeten Arbeitszeiten. Zum Monatsende wurde darüber hinaus die Summe der jeweils monatlich geleisteten Arbeitsstunden verzeichnet; ebenso waren aus den Jagdtagebüchern die an Samstagen, Sonntagen und Feiertagen für die Beklagte erbrachten Arbeitsleistungen ablesbar. Bei der vom Ehepaar angeordneten regelmäßigen Vorlage dieser Aufzeichnungen war daher erkennbar, dass der Kläger mit der im schriftlichen Dienstvertrag vereinbarten monatlichen Arbeitszeit von 173 Stunden nicht das Auslangen fand. Auch ohne zusätzlicher mündlicher Mitteilung des Klägers, dass Überstunden notwendig wären, wurde den Eheleuten durch die eigens ausgeworfene monatliche Summe der in den Jagdtagebüchern verzeichneten Arbeitsstunden vor Augen geführt, dass der Kläger regelmäßig in nicht unerheblichem Umfang Überstunden verrichtete. An Hand der detaillierten Angaben in den Jagdtagebüchern wären die Eheleute in der Lage gewesen, auch die Notwendigkeit der geleisteten Überstunden im Einzelnen zu hinterfragen oder gegebenenfalls auch zu bestreiten. Wären die Überstunden nicht gewollt gewesen, wäre dies unmissverständlich klarzustellen gewesen (vgl 8 ObA 21/17x). Haben die Eheleute dies nicht getan, durfte der Kläger nach Lage des Falls auf deren Einverständnis schließen (RS0051441 [T3]).

I.3.5 Nimmt der Arbeitgeber unter gewöhnlichen Umständen Überstunden entgegen, bedeutet dies im Regelfall bei objektiver Betrachtungsweise, dass er diese duldet. Hat das Ehepaar für die Beklagte die Mehrdienstleistungen des Klägers vorbehaltlos geduldet und entgegengenommen, kann die Beklagte die Entlohnung dieser Tätigkeiten daher nicht mehr unter Berufung darauf verweigern, sie seien gar nicht notwendig oder gewünscht gewesen (4 Ob 54/75, Arb 9406; 8 ObA 21/17x).

I.4 Der in der Revision geltend gemachte Mangel des Berufungsverfahrens liegt nicht vor:

Die Beurteilung des Vorliegens einer schlüssigen Willenserklärung aufgrund konkret festgestellter Tatsachen ist der rechtlichen Beurteilung zuzurechnen (RS0118759; RS0043429). Wenn das Erstgericht im zweiten Rechtsgang die ihm vom Berufungsgericht überbundene Rechtsansicht wiedergab, es liege eine schlüssige Genehmigung (der geleisteten Überstunden) vor, stellt dies keine Tatsachenfeststellung dar, sondern eine der rechtlichen Beurteilung zuzuordnende Ausführung. Die Nichterledigung der von der Beklagten in deren Berufung dagegen (vorsichtsweise) erhobene Tatsachenrüge kann daher keinen Mangel des Berufungsverfahrens begründen.

II. Zu den Rechtsgrundlagen des Dienstverhältnisses:

II.1. Zum Gutsangestelltengesetz:

II.1.1 Gemäß § 1 Abs 1 GutsangestelltenG BGBl 1923/538 (GAngG) gelten die Bestimmungen dieses Gesetzes für das Dienstverhältnis von Personen, die in land- und forstwirtschaftlichen Betrieben oder deren Nebengewerbe vorwiegend zur Leistung höherer oder kaufmännischer Dienste oder zu Kanzleiarbeiten angestellt sind. Den land- und forstwirtschaftlichen Betrieben im Sinn dieses Gesetzes ist ua die Jagd gleichgestellt.

II.1.2 Der Begriff „höherer Dienst“ ist im GAngG nicht umgrenzt. Entscheidend ist, ob es sich um Dienste handelt, die ihrer Natur nach regelmäßig eine besondere Eignung, eine gewisse höhere Qualifikation (Vorbildung und besondere Vertrautheit mit dem Aufgabenkreis) voraussetzen, wie etwa die Hege und Pflege eines Jagdbereichs (Haager, Die rechtliche Stellung der privaten Gutsangestellten2 [1933] S 9, 14 ff). Ein selbständiger Revierjäger, dem die Pirschführung und das Bestätigen des Wildes und gelegentlich die Wildverwertung obliegt, unterliegt dem Gutsangestelltengesetz (SZ 28/3; RS0061106). Davon, dass die Tätigkeit des Klägers als Revierjäger dem GAngG unterliegt, geht auch die Revisionswerberin aus.

II.2. Zum Bundesgesetz betreffend die Grundsätze für die Regelung des Arbeitsrechts in der Land- und Forstwirtschaft (Landarbeitsgesetz 1984 - LAG), BGBl 1984/287, und zur Landarbeitsordnung 2000 (LAO 2000), LGBl 2000/27, für das Land Tirol:

II.2.1 Das GAngG enthält keine Regelungen für Überstunden. Für Angestellte in der Land- und Forstwirtschaft, die dem GAngG bzw dem LAG unterliegen, gelten aus kompetenzrechtlichen Gründen nicht die Arbeitszeitbestimmungen des AZG und das ARG (§ 1 Abs 2 Z 2 AZG;§ 1 Abs 2 Z 6 lit d ARG), sondern jene des Landarbeitsgesetzes 1984 (das ein Grundsatzgesetz des Bundes darstellt) sowie die Arbeitszeitbestimmungen der ausführenden Landesgesetze (Landarbeitsordnungen) einschließlich der relevanten Strafbestimmungen (Schrank, Arbeitszeit Kommentar5 § 1 Rz 19; Grillberger in Grillberger Arbeitszeitgesetz3 [2011] § 1 Rz 17; Auer-Mayer in Auer-Mayer/Felten/Pfeil, AZG4 § 1 [Stand ] Rz 17).

II.2.2 Das LAG 1984 enthält in seinem 4. Abschnitt („Arbeitsschutz“) die § 56 bis 65, die Regelungen zur Arbeitszeit, Überstundenarbeit, zu Mindestruhezeiten, Arbeitspausen, Sonn- und Feiertagsruhe, zur Entlohnung von Überstunden und der Sonn- und Feiertagsarbeit sowie zur Arbeit während der Sonntagsruhezeiten vorsehen.

II.2.3 Nach § 4 Abs 1 LAO 2000 für Tirol gilt der (ebenfalls) mit „Arbeitsschutz“ übertitelte Abschnitt V (der die entsprechenden landesrechtlichen arbeitszeitrechtlichen Regelungen enthält) auch für land- und forstwirtschaftliche Angestellte (zur Definition dieses Begriffs siehe § 2 Abs 2 LAO). § 79 LAO 2000 idF LGBl 2000/27 regelt die Entlohnung der Überstunden und der Sonn- und Feiertagsarbeit und sieht für jede Überstunde eine besondere Entlohnung von zumindest 50 vH des Stundenlohns vor; für Arbeiten während der Nachtruhezeit, an Sonntagen und an für Sonntagsarbeit gewährten Ersatzruhetagen gebührt ein hundertprozentiger Aufschlag zum Stundenlohn (§ 79 Abs 2 LAO 2000 idF LGBl 2000/27).

II.3. Zu den kollektivvertragsrechtlichen Grundlagen:

Für das Dienstverhältnis des Klägers galt schließlich auch der Kollektivvertrag zwischen der Landwirtschaftskammer Tirol und der Landarbeiterkammer Tirol abgeschlossene (ab geltende) Kollektivvertrag für die im Land Tirol tätigen Berufsjäger (siehe dessen § 1 Abs 1 über den räumlichen, fachlichen und persönlichen Geltungsbereich und Pkt IX des schriftlichen Dienstvertrags). Die Kompetenz der Interessensvertretungen zum Abschluss dieses Kollektivvertrags ergibt sich aus dem Tiroler Landwirtschaftskammer- und Landarbeiterkammergesetz LGBl 2006/72. Mitglieder der Landwirtschaftskammer sind die Betreiber von land- und forstwirtschaftlichen Betrieben (§ 4 Abs 1 lit a), zu denen auch Jagdbetriebe gehören (§ 2 Abs 2). Mitglieder der Landarbeiterkammer sind Dienstnehmer von land- und forstwirtschaftlichen Betrieben einschließlich der Jagdwirtschaft (§ 32 Abs 1 lit a).

Inhaltlich ist für die vom Kläger geltend gemachten Ansprüche § 5 des KV relevant, in dem ein Anspruch auf acht dienstfreie Tage im Monat gewährt wird. Nicht gewährte dienstfreie Tage können im Einvernehmen zwischen dem Dienstgeber und dem Dienstnehmer in Geld abgefunden werden (§ 5 Abs 2 des KV).

III. Die Revisionswerberin bestreitet nun die vom Kläger geltend gemachten Ansprüche auch insofern, als sie die Anwendbarkeit der Arbeitszeitbestimmungen des LAG 1984 und der LAO 2000 auf das Dienstverhältnis des Klägers in Frage stellt. Unter Darlegung der historischen Entwicklung des Landarbeiterrechts sowie kompetenzrechtlicher Überlegungen zielt sie mit ihren Ausführungen zusammengefasst darauf ab, dass die bezughabenden Bestimmungen kompetenzwidrig wären und teleologisch „auf denjenigen Umfang zu reduzieren seien, der kompetenzrechtlich noch gedeckt ist“. Sollten das LAG 1984 und die LAO 2000 den Kompetenzbereich des jeweiligen Gesetzgebers überschreiten, werde – falls der Oberste Gerichtshof die Bedenken teilen sollte – ein Gesetzesprüfungsantrag an den VfGH zu stellen sein. Auch der Kollektivvertrag sei hier nicht anwendbar.

Dazu ist auszuführen:

III.1 Gemäß Art 10 Abs 1 Z 11 B-VG ist Arbeitsrecht Bundessache, soweit es nicht (idF vor Inkrafttreten der BVG-Novelle BGBl I 2019/14 mit ) unter Art 12 fällt. Nach Art 12 Abs 1 Z 6 B-VG idF vor Inkrafttreten der BVG-Novelle BGBl I 2019/14 mit sind Arbeiterrecht sowie Arbeiter- und Angestelltenschutz, soweit es sich um land- und forstwirtschaftliche Arbeiter und Angestellte handelt, Bundessache nur in der Grundsatzgesetzgebung, Landessache jedoch in der Erlassung von Ausführungsgesetzen und der Vollziehung.

Aufgrund dieser Verfassungsbestimmungen erging das Bundesgesetz BGBl 287/1984 betreffend die Grundsätze für die Regelung des Arbeitsrechts in der Land- und Forstwirtschaft (Landarbeitsgesetz 1984 – LAG), das nicht nur das Arbeitsvertragsrecht der land- und forstwirtschaftlichen Arbeiter (Landarbeiterrecht) regelt, sondern auch den Arbeiter- und Angestelltenschutz, soweit es sich um land- und forstwirtschaftliche Arbeiter und Angestellte handelt. Aufgrund dieses Grundsatzgesetzes wurden die Landarbeitsordnungen der verschiedenen Bundesländer erlassen. Unter diesen befindet sich auch die auf den gegenständlichen Fall anzuwendende Landarbeitsordnung 2000 für Tirol.

III.2. Im Hinblick auf die Revisionsausführungen ist demnach die Auslegung des Kompetenztatbestands „Angestelltenschutz“ maßgeblich bzw die Frage, ob die Arbeitszeit- und Überstundenregelungen des LAG 1984 bzw der LAO 2000 für das Land Tirol unter diesen Kompetenztatbestand zu subsumieren sind.

III.2.1 Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom , G 14/75 (VfSlg 7932/1976), als maßgeblichen Zeitpunkt für die Auslegung des Kompetenztatbestands Arbeiter- und Angestelltenschutz („Versteinerungszeitpunkt“) nicht den angesehen, sondern auf den Zeitpunkt des Inkrafttretens der B-VG-Novelle 1974/444 am und den damaligen Stand der Rechtsordnung abgestellt. Damals stand bereits das Arbeitszeitgesetz (AZG) BGBl 1969/461 idF BGBl 1971/238 in Geltung, das Überstundenzuschläge als verpflichtende Entgeltbestandteile enthält.

III.2.2 Der Begriff des Arbeitnehmerschutzes wurde vom Verfassungsgerichtshof dahin definiert, dass davon alle jene Maßnahmen umfasst sind, die zum Schutz der Arbeitnehmer gegen eine Ausbeutung oder vorzeitige Abnützung ihrer Arbeitskraft (persönlicher Arbeitsschutz) und gegen eine Gefährdung ihres Lebens, ihrer Gesundheit und ihrer Sittlichkeit in den Betrieben (technischer Arbeitsschutz) erlassen werden. Weiters wies der VfGH darauf hin, dass als Arbeitnehmerschutz im engeren Sinn diejenigen Vorschriften bezeichnet werden, die mit öffentlich-rechtlichen Sanktionen bewehrt sind, bei denen also ein Verstoß zum unmittelbaren Einschreiten einer Behörde führt ( ua).

III.2.3 Seinem Wesen nach stellt das Arbeitszeitrecht bzw der Arbeitszeitschutz einen Teil des Arbeitnehmerschutzrechts dar (RS0050631 [T2]; Pfeil in ZellKomm2 § 1 AZG Rz 1). Davon geht auch der Bundes-(grundsatz-)gesetzgeber des LAG 1984 aus, indem dieses Gesetz in seinem 4. Abschnitt („Arbeitsschutz“) die Regelung des § 65 über die Entlohnung von Überstunden und der Sonn- und Feiertagsarbeit sowie der Arbeit während der Sonntagsruhezeiten enthält. Dieser Auffassung folgt auch die Einteilung der LAO 2000 des Landes Tirol, indem dort unter Abschnitt V („Arbeitsschutz“) in Unterabschnitt A Regelungen zur Arbeitszeit und zum Urlaub getroffen werden.

III.2.4 Ausgehend davon, dass zum Arbeitnehmerschutz Vorschriften gezählt werden, die mit öffentlich-rechtlichen Sanktionen bewehrt sind, hat der VfGH beispielsweise den bei Zuwiderhandeln mit Verwaltungsstrafe bedrohten § 9 Abs 5 ARG (§ 27 Abs 1 ARG) als arbeitnehmerschutzrechtliche Regelung angesehen, nach dem während der Feiertagsruhe erbrachte Arbeitsleistungen zusätzlich zur einfachen Bezahlung noch einmal im Ausmaß des für die geleistete Arbeit gebührenden Entgelts abzugelten sind (VfGH G 344/01 = DRdA 2005, 155 [mit Anm B. Schwarz]). Auch nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs gehören zum Arbeitnehmerschutz neben den Regeln über den Feiertagsruheanspruch als solchen (§ 7 ARG) auch die Regeln über das Entgelt, das der Arbeitnehmer zu bekommen hat, wenn er trotz und während der Feiertagsruhe beschäftigt wird (9 ObA 215/99d; RS0113370; RS0113369).

III.3 Im vorliegenden Fall stellt die LAO 2000 nur die Einhaltung der Arbeitszeit sowie der Ruhezeiten unter Strafsanktion, nicht jedoch die Entlohnung der Überstunden und der Sonn- und Feiertagsarbeit. § 329 Abs 1 lit a LAO 2000 sieht Strafbestimmungen lediglich für Übertretungen der § 68 bis 78a LAO 2000, weiters für die Regelungen zur Begrenzung der Arbeitszeit sowie zur Einhaltung bestimmter Ruhezeiten vor, lässt jedoch die Nichtbezahlung des Entgelts nach § 79 LAO 2000 ohne Sanktion.

III.4 Dennoch besteht zwischen den Regelungen zur Begrenzung der Arbeitszeit und zur Einhaltung bestimmter Ruhezeiten einerseits und den Bestimmungen zur Entlohnung der Überstunden und der Sonn- und Feiertagsarbeit andererseits ein derart enger Konnex, dass auch letztere durchaus dem Arbeitnehmerschutz zugeordnet werden können (B. Schwarz, Anm zu VfGH 344/01 in DRdA 2005, 155 [158]). Der Arbeitgeber soll keinen Vorteil daraus ziehen, wenn er einen Arbeitnehmer über die Normalarbeitszeit hinaus in Anspruch nimmt oder trotz Arbeitsruhe an einem Sonn- oder Feiertag beschäftigt. Auch im vorliegenden Fall wäre der gesetzliche Schutz der Arbeitnehmer ohne die – die Regelungen zur Sonn- und Feiertagsruhe begleitende – Entgeltvorschrift des § 79 LAO 2000 nur ein Torso, weil dem einzelnen Arbeitnehmer kein wirksames Mittel zur Durchsetzung seiner arbeitsrechtlichen Ansprüche gegenüber seinem Dienstgeber zustünde (vgl 9 ObA 215/99d). Der Zweck der zwingenden Festlegung des Überstundenzuschlags, die Mehrbelastung des Arbeitnehmers abzugelten und andererseits den Arbeitgeber anzuhalten, Überstunden nur in begründeten Fällen anzuordnen, würde durch eine Reglung, bei der die Anordnung von Überstunden zu keiner finanziellen Mehrbelastung des Arbeitgebers führt, vereitelt (RS0051870).

III.5 Voraussetzung der von der Revisionswerberin gewünschten teleologischen Reduktion der Kompetenzbestimmung „Angestelltenschutz“ wäre der Nachweis, dass der Tatbestand zu weit geraten ist, weil klar abgrenzbare Sachverhalte von seinen Grundwertungen und seinem Zweck nicht umfasst sind, sodass eine Gleichbehandlung sachlich ungerechtfertigt und willkürlich wäre (P. Bydlinski in KBB5§ 7 Rz 5; 5 Ob 159/04z = SZ 2005/2). Im Hinblick darauf, dass die Entgeltvorschrift des § 79 LAO 2000 auch arbeitnehmerschutzrechtliche Zwecke verfolgt, ist dies gerade nicht der Fall, sodass die Voraussetzungen für eine teleologische Reduktion nicht vorliegen. Dazu Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus den von der Revisionswerberin für ihren Rechtsstandpunkt zitierten Aufsätzen (Dirschmied, Das österreichische Landarbeitsrecht und seine verfassungsrechtlichen Hypotheken [I], DRdA 1976, 120 ff [siehe auch Teil II, DRdA 1976, 201 ff] und Rabofsky, Die Kodifikation des österreichischen Arbeitsrechts und das geltende Landarbeitsrecht, DRdA 1955, 33 ff).

III.6 Eine Pflicht des Obersten Gerichtshofs zur Antragstellung beim Verfassungsgerichtshof setzt erhebliche Gründe voraus, die für eine Verfassungswidrigkeit der betreffenden gesetzlichen Bestimmung sprechen (RS0053641 [T3]). Solche Gründe zeigt die Revisionswerberin mit ihren Ausführungen aber nicht auf.

IV. Schließlich ist auch dem Standpunkt der Revisionswerberin, dem gesamten Kollektivvertrag für die im Land Tirol tätigen Berufsjäger komme keine Geltung zu, nicht zu folgen:

IV.1 Diese Ansicht wird damit begründet, dass der fachliche Geltungsbereich des Kollektivvertrags im Sinn einer unzulässigen dynamischen Verweisung festgelegt worden wäre, weil § 1 Abs 1 lit b einen Verweis auf alle Jagdbetriebe im Sinne des § 5 der LAO 2000 „in der jeweils geltenden Fassung“ enthalte.

IV.2 Wenngleich dynamische Verweise im normativen Teil des Kollektivvertrags als unzulässig angesehen werden, können diese in statische Verweise umgedeutet werden, wenn die Publizität der verwiesenen Norm in gleicher Weise gewährleistet ist wie jene des Kollektivvertrags selbst, wie etwa bei Verweisungen auf das Bundes- oder Landesrecht (Reissner in ZellKomm3 § 2 ArbVG, Rz 62; RS0050859 [T6]). Die Bestimmung des § 5 LAO 2000, dessen erster Absatz eine Definition des Jagdbetriebs enthält, wurde im LGBl 2000/27 kundgemacht, und blieb unverändert bis in Kraft. Eine generelle Unwirksamkeit des Kollektivvertrags ist aus dem in § 1 Abs 1 lit b enthaltenen Verweis somit nicht abzuleiten.

V. Die vom Berufungsgericht weiters in den Zulassungsausspruch aufgenommene Frage, ob die im § 79 LAO 2000 vorgesehenen Stundenzuschläge kumulierbar sind, stellt sich nicht mehr, weil der Kläger gegen das Urteil des Berufungsgerichts (in dem diese Frage verneint worden war) keine Revision ergriffen hat.

Der Revision der Beklagten war daher nicht Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den § 41, 50 ZPO.

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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2020:009OBA00115.19F.0429.000

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