OGH vom 19.12.2005, 8ObA22/05a
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Langer als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling und Dr. Kuras sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Peter Zeitler und Mag. Manuela Majeranowski als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Parteien 1.) Univ. Prof. Mag. Stan F***** 2.) Univ. Prof. Dr. Marianne G*****, 3.) Univ. Prof. Klaus K*****, 4.) Univ. Prof. Barbara S 5.) Univ. Prof. Peter L*****, 6.) Univ. Prof. George K*****, alle vertreten durch Dr. Peter Hauser, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagte Partei U*****, vertreten durch Dr. Johannes Honsig-Erlenburg, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen Feststellung (Streitwert je EUR 10.900,-- sA), über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 11 Ra 60/04d-26, mit dem infolge Berufung der klagenden Parteien das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Arbeits- und Sozialgericht vom , GZ 20 Cga 147/03z-8 (11 Cga 133/03z, 20 Cga 151/03p, 20 Cga 152/03k, 19 Cga 121/03v und 32 Cga 116/03d), abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, den klagenden Parteien die mit EUR 2.383,30 (darin enthalten EUR 397,22 an USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die bereits seit längerem bei der Beklagten als Vertragslehrer beschäftigten klagenden Parteien wurden im Herbst 1999 vom damaligen Rektor der Beklagten darauf aufmerksam gemacht, dass sie die Bedingungen des § 57 Abs 4 VBG erfüllen und einen Antrag auf Übernahme in ein unbefristetes Dienstverhältnis als Vertragsprofessor stellen könnten. Im Oktober 1999 stellten dann die klagenden Parteien diesen Antrag und mit Schreiben vom wurden sie von der Beklagten über die Annahme des Antrages auf Überleitung des Dienstverhältnisses als Vertragslehrer in ein Dienstverhältnis als Vertragsprofessor gemäß § 57 Abs 4 VGB in Kenntnis gesetzt. In diesem Schreiben wird neben der Annahme des Antrages auf Überleitung unter Hinweis auf das Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Bildung, Wirtschaft und Kultur und jenes für öffentliche Leistung und Sport das Ausmaß der Lehrtätigkeit mit einer bestimmten Semesterwochenstundenanzahl ebenso wie das dafür gebührende Entgelt festgesetzt. Weiters wird unter Hinweis auf § 36 VBG für das Entgelt eine eigene Staffel bestimmt und ausgeführt, dass bei einer Teilbeschäftigung der entsprechende Anteil gebührt. Zufolge dieses Schreibens beträgt das Beschäftigungsausmaß „derzeit" 100 % einer Vollbeschäftigung. Auch eine Valorisierung des Entgeltes und die Kollegienabgeltungen nach § 58 Abs 1 VBG iVm § 51a des GehaltsG werden festgehalten.
In weiterer Folge wurden die klagenden Parteien in der Personalabteilung der Beklagten über einen Nachtrag zu dem Dienstvertrag informiert, in dem in einem Punkt 8 ua Folgendes festgehalten ist:
„Dem Dienstgeber sind bedarfsbedingte Änderungen der Lehrverpflichtung und damit verbundene anteilsmäßige Veränderungen in der Höhe des Entgeltes vorbehalten."
Weiters ist vorgesehen, dass bei Teilbeschäftigung nur der entsprechende Anteil des vereinbarten Entgeltes gebühren soll.
Den Dienstnehmern wurde dazu gesagt, dass dann, wenn sie nicht bereit seien diesen Nachtrag zu unterfertigen, eine Übernahme in das unbefristete Dienstverhältnis nicht in Betracht komme, sondern sie weiterhin als (zeitlich befristete) Vertragslehrer beschäftigt blieben und ihnen auch keine Triennalsprünge zustünden.
Die klagenden Parteien haben dann alle diesen Nachtrag zum Dienstvertrag, in dem zwar die Beschäftigung als vollbeschäftigter Vertragsprofessor/Professorin festgehalten ist, sich aber neben den Entgeltregelungen mit „Triennalsprüngen" und den Kollegienabgeltungen auch die dargestellte Klausel befindet, unterschrieben. In weiterer Folge ist es vereinzelt vorgekommen, dass sich das Ausmaß der Lehrverpflichtungen verringert hatte, ohne dass jedoch bis jetzt Entgeltschmälerungen bei den klagenden Parteien eingetreten sind.
Nach einem Verfahren, in dem ein anderer Lehrer, der sich weigerte die dargestellte Ergänzung zu unterfertigen, mit seiner Rechtsansicht, dass bereits durch das Schreiben vom eine Übernahme zustandegekommen war, obsiegte, erhoben die klagenden Parteien das vorliegende Begehren auf Unwirksamerklärung der Bestimmung des Punktes 8 des Nachtrages zum Dienstvertrag. Die Unterfertigung sei unter Druck und irrtümlich erfolgt. Sei doch bereits auf Grund des Schreibens vom eine Überleitung wirksam zustandegekommen. Die Beklagte habe die klagenden Parteien bewusst in die Irre geführt. Auch sei die Bestimmung unangemessen und sittenwidrig. Eine Gestaltung, die es der Beklagten ermögliche, jederzeit die Dienstleistungen zu reduzieren, sich die klagenden Parteien jedoch bereit halten müssten, sei unzulässig. Eine Verfristung des Begehrens sei nicht eingetreten. Hätten die klagenden Parteien doch mehrmals wegen der Klausel beim Rektorat der Beklagten remonstriert und seien stets auf das anhängige Verfahren des Kollegen verwiesen worden, der den Nachtrag nicht unterfertigt habe.
Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete zusammengefasst ein, dass nach der von den Bundesministerien für Bildung, Wissenschaft und Kultur sowie für öffentliche Leistung und Sport damals gemäß § 57 Abs 4 letzter Satz und § 58 Abs 6 VBG vorgegebenen Vertragsschablone eine dem Punkt 8 entsprechende Klausel zwingend vorzusehen war. Eine Irrtumssituation sei bei der Unterfertigung dieses Nachtrages durch die klagenden Parteien nicht vorgelegen, sondern es seien sich diese der Bedeutung des Punktes 8 bewusst gewesen. Eine Zwangssituation, die von der Beklagten ausgenützt worden sei, sei nicht vorgelegen, sondern die Beklagte sei selbst auf Grund der Vorgaben durch die Zentralstelle zu der Ergänzung verhalten gewesen. Die Bestimmung des Punktes 8 verstoße auch nicht gegen eine konkrete Verbotsnorm, sondern stelle im Hinblick auf das Verwendungsbild des Vertragsprofessors nach § 57 Abs 4 VBG nur eine Präzisierung der Abhängigkeit des Jahresbruttoentgeltes von der Dauer der Vollbeschäftigung dar. Der Wegfall der Lehrtätigkeit würde auch zuerst zu einem Entfall der Kollegiengeldabgeltungen und erst dann zur Neufestsetzung des Jahresbruttoentgeltes führen. Die Lehrtätigkeit stelle auch nur einen Teil, wenngleich den weit überwiegenden Teil - der ganzen dienstrechtlichen Verpflichtungen dar.
Schließlich wendete die Beklagte auch noch die Verfristung des Klagebegehrens ein, da die klagenden Parteien bereits längere Zeit auf Grund des dargestellten Nachtrages tätig geworden seien. Auch bestehe ein Zusammenhang mit der vereinbarten Triennalregelung, die gegebenenfalls entfallen müsste.
Das Erstgericht wies die Klagebegehren ab. Es ging rechtlich zusammengefasst davon aus, dass der Rektor der Universität grundsätzlich zur Vertretung nach außen befugt gewesen sei und damit durch dessen Schreiben vom der Nachtrag zum Dienstvertrag zustandegekommen sei. Jedoch hätten die klagenden Parteien mit ihrer Unterfertigung des zweiten Nachtrages im September 2000 rechtswirksam einer Änderung zugestimmt. Dies sei auch weder unter unangemessenen Druck erfolgt, noch sei ein Irrtum der klagenden Parteien vorgelegen. Auch könne die Regelung nicht als sittenwidrig angesehen werden, da das Leistungsausmaß sowohl nach oben wie auch nach unten geändert werden könne. Diese Klausel sei auch sachlich gerechtfertigt, da die Anzahl der Studenten schwer abschätzbar sei.
Das Berufungsgericht gab der gegen dieses Urteil erhobenen Berufung der klagenden Partei Folge und änderte es in klagsstattgebenden Sinn ab. Die in der Ergänzung im Punkt 8 vorgesehene Klausel widerspreche § 57 Abs 4 VBG. Nach § 4 Abs 2 Z 6 VBG habe der Dienstvertrag jedenfalls Bestimmungen darüber zu enthalten, in welchem Ausmaß der Vertragsbedienstete beschäftigt werde. Nach ständiger Judikatur müsse im Dienstvertrag entweder die Vollbeschäftigung oder die Teilbeschäftigung festgelegt werden. Dem entspreche auch die Bestimmung des § 57 Abs 4 VBG, wonach das Ausmaß der Lehrtätigkeit als Vertragsprofessor anlässlich der Überstellung festzulegen ist. § 57 Ab 7 VBG schließe eine Veränderung der Rechtsstellung der Vertragsprofessoren durch Sonderverträge aus. Der Schutzzweck der Überleitungsbestimmung des § 57 Abs 4 VBG erfordere auch nicht den Wegfall der vereinbarten Triennalsprünge. Auch sei die Geltendmachung der Unwirksamkeit der Klausel nicht verfristet.
Die ordentliche Revision erachtete das Berufungsgericht als zulässig, da eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage, ob § 57 Abs 4 VBG eine einseitige bedarfsbedingte Festlegung der Lehrverpflichtungen von Vertragsprofessoren zulasse, nicht vorliege.
Rechtliche Beurteilung
Die gegen dieses Urteil erhobene Revision der Beklagten ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig, aber nicht berechtigt.
Die hier maßgebliche Bestimmung des § 57 VBG findet sich im IV. Abschnitt des Vertragsbedienstetengesetzes über die Sonderbestimmungen für Vertragsprofessoren an Universitäten und Vertragsdozenten an Universitäten der Künste unter der Überschrift „Aufnahme".
§ 57 Abs 4 VBG in der hier maßgeblichen Fassung vor der Aufhebung durch das Deregulierungsgesetz BGBl I 119/02 lautete wie folgt (Hervorhebung nicht im Gesetzestext):
„Ausschließlich an Universitäten der Künste verwendete Vertragslehrer sind auf ihr Ansuchen unter folgenden Voraussetzungen mit Wirkung vom in ein zeitlich unbefristetes Dienstverhältnis als Vertragsprofessor überzuleiten:
1.) Selbständige Lehrertätigkeit in einem Zentralen Künstlerischen Fach oder einem gleichzuhaltenden künstlerischen Fach der Lehramtsstudien seit dem Wintersemester 1988/89 und im Ausmaß von mindestens 9 Semesterstunden einer Lehrverpflichtung gemäß § 194 Abs 1 Z 2 lit b BDG 1979 im Sommersemester 1998 oder im Durchschnitt der Studienjahre 1995/96 bis 1997/98;
2.) Bestätigung des zuständigen Kollegialorgans der betreffenden Universität der Künste, dass diese selbständige Lehrtätigkeit der Lehrtätigkeit eines (Ordentlichen) Universitätsprofessors gleichwertig ist und weiterhin Bedarf an dieser Lehrtätigkeit im Zentralen Künstlerischen Fach oder im gleichzuhaltenden künstlerischen Fach der Lehramtsstudien besteht.
Das Ausmaß der Lehrtätigkeit als Vertragsprofessor ist anlässlich der Überstellung festzulegen . Dabei ist vom Ausmaß der Lehrtätigkeit als Vertragslehrer in dem für die Überstellung relevanten Zeitraum auszugehen. Diese Festlegung bedarf der Zustimmung des für die Angelegenheiten der Universitäten der Künste zuständigen Bundesministers und des Bundesministeriums für öffentliche Leistung und Sport."
Schon aus dem Gesetz lässt sich also eine klare Vorgabe zur Festlegung eines bestimmten Ausmaßes der Lehrtätigkeit anlässlich der Überleitung ablesen. Der Oberste Gerichtshof hat auch allgemein zum Vertragsbedienstetengesetz, und zwar zu der im allgemeinen Teil enthaltenen Bestimmung des § 4 Abs 2 Z 6 VBG enthaltenen Anordnung, dass das Ausmaß der Beschäftigung des Vertragsbediensteten (Vollbeschäftigung oder Teilbeschäftigung) festgelegt werden muss, ausgesprochen, dass dies ein notwendiger Inhalt des Dienstvertrages des Vertragsbediensteten ist (vgl dazu allgemein RIS-Justiz RS0081706 mwN zuletzt 9 ObA 282/98s; ebenso - DRdA 1981/10). Selbst unter der im allgemeinen Teil enthaltenen Bestimmung des § 36 VBG, der unter der Voraussetzung bestimmter Zustimmungen Abweichungen vom Vertragsbedienstetengesetz erlaubt, hat der Oberste Gerichtshof das Erfordernis der Festlegung des Ausmaßes der Beschäftigung als notwendig erachtet (vgl dazu OGH 27. zu 4 Ob 115/79 - DRdA 1981/10 [zust Waas]; vgl auch allgemein = DRdA 2002/48; vgl zu den Anforderungen an die Sachlichkeit abweichender dienstrechtlicher Regelungen unter Hinweis auf Schrammel, Sonderarbeitsrecht der Gebietskörperschaften auf den Prüfstand, ZAS 1988, 178; Mazal DRdA 1992, 288 ua).
Für die Annahme der Zulässigkeit solcher abweichenden Regelungen bietet aber hier schon die gegenüber § 36 VBG speziellere Vorschrift des § 57 Abs 4 VBG keinen Anlass, da ja ausdrücklich geregelt ist, dass mit Zustimmung beider Bundesministerien das Ausmaß der Lehrtätigkeit festzulegen ist.
Die von der Beklagten ausführlich herangezogenen Erläuterungen zur Regierungsvorlage 1764 20. GP betreffend die Dienstrechtsnovelle 1999 BGBl I Nr 127/1999 zu den §§ 57 und 58 Abs 6 VBG belegen im Wesentlichen, dass eine Überleitung der bisher bereits praktisch in der Lehre tätigen Vertragslehrer in die unbefristete Stellung als Vertragsprofessor erfolgen sollte und dass dabei auch eine Festsetzung des Ausmaß vorzunehmen ist. Für die Zulässigkeit eines einseitigen Änderungsvorbehaltes lassen sich daraus aber keine Argumente ableiten.
Soweit die Beklagte argumentiert, dass durch die Festlegung des Ausmaßes der Lehrtätigkeit anlässlich der Überstellung eine Besserstellung der Vertragsprofessoren gegenüber Beamten und Universitätsprofessoren bei dem Anspruch auf „Kollegiengeld" (vgl § 58a VBG sowie § 51a GehaltsG) entstünde, ist gerade auf die Sonderregelungen im Gehaltsgesetz zu verweisen, die ausdrücklich einen gewissen Rahmen für die zu leistenden Semesterstunden vorgeben, das Gehalt aber unberührt lassen, sondern sich nur auf die Kollegiengeldabgeltung auswirken (vgl §§ 48 und 51a BDG). Allein für die Kollegiengeldabgeltungen verweist aber ohnehin auch der Dienstvertrag ebenso wie die Bestimmung des § 51a GehaltsG 1956 auf die tatsächliche geleisteten Lehrveranstaltungen (vgl auch uva). Insoweit liegt also dem Vertrag bzw § 51a Gehaltsgesetz iVm § 58 VBG ohnehin die Möglichkeit einer flexiblen Gestaltung durch den Dienstgeber zugrunde. Dies kann aber nicht auf die für das vereinbarte Jahresentgelt maßgebliche Vollbeschäftigungsverpflichtung ausgedehnt werden, wie dies die bekämpfte Vertragsbestimmung vorsieht. Die von der Beklagten relevierte Frage der Wirksamkeit der vereinbarten Triennalstaffel ist nicht Gegenstand des gestellten Feststellungsbegehrens. Ein Zusammenhang der Triennalregelung mit der Verpflichtung zur Festlegung eines bestimmten Ausmaßes der Beschäftigung ist insoweit auch nicht ersichtlich.
Der Revision war daher nicht Folge zu geben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 2 ASGG, 50 und 41 ZPO.