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OGH vom 30.10.2018, 9ObA101/18w

OGH vom 30.10.2018, 9ObA101/18w

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Dehn und den Hofrat des Obersten Gerichtshof Dr. Hargassner sowie die fachkundigen Laienrichter KR Mag. Paul Kunsky und Angela Taschek als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei G***** GmbH & Co OG, *****, vertreten durch Wolf Theiss Rechtsanwälte GmbH & Co KG in Wien und Prader, Ortner, Fuchs, Wenzel Rechtsanwälte GesbR in Innsbruck, gegen die beklagten Parteien 1. J***** A*****, 2. M***** D***** und 3. M***** H*****, alle vertreten durch Kroker Tonini Höss & Lajlar, Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen Unterlassung, Beseitigung, Auskunft/Rechnungslegung und Leistung, über die außerordentliche Revision der erstbeklagten Partei gegen das Teilurteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 15 Ra 39/18z-82, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision der erstbeklagten Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Die Klägerin stellt unter anderem gasbetriebene Motoren, Zubehör und Ersatzteile her und erbringt für diese Produkte Serviceleistungen.

Der Erstbeklagte war bei der Klägerin als technischer Angestellter bis , die Zweit- und Drittbeklagten waren als Außendienstmitarbeiter bis beschäftigt. Die Beklagten waren gegenüber der Klägerin zur Geheimhaltung und Verschwiegenheit über die ihnen im Zuge ihrer Arbeitstätigkeit zur Kenntnis gelangten Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse verpflichtet.

Im Privatanklageverfahren zu ***** des Landesgerichts Innsbruck wurden der Erst- und Zweitbeklagte mit Urteil vom wegen des Vergehens der Verletzung eines Geschäfts- und Betriebsgeheimnisses nach § 11 Abs 2 UWG und des Vergehens der gewerbsmäßigen Urheberrechtsverletzung nach § 91 Abs 1 und 3 UrhG rechtskräftig verurteilt.

Die Vorinstanzen gaben – unter Hinweis auf die Bindungswirkung des Strafurteils – den im gegenständlichen Verfahren von der Klägerin gegen die Erst- und Zweitbeklagten erhobenen Begehren auf Unterlassung, Auskunftserteilung, Rechnungslegung und Herausgabe teilweise statt.

Rechtliche Beurteilung

1.Bereits im Verfahren über die Erlassung einer Einstweiligen Verfügung wurde vom Senat zur Bestimmtheit von Unterlassungsgeboten Stellung genommen (9 ObA 93/15i Pkt 3.). Darauf kann verwiesen werden. Eine im Einzelfall vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung zeigt der Erstbeklagte in seiner außerordentlichen Revision nicht auf.

Der strafgerichtlichen Verurteilung des Erstbeklagten nach § 11 Abs 2 UWG lag ua zugrunde, dass sich dieser am von einer Wartungsanleitung für den von der Klägerin entwickelten Typ ***** Gas Motor ***** Kenntnis verschafft, diese auf tragbare Speichermedien kopiert und die so dauerhaft erlangten Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse zu Zwecken des Wettbewerbs verwertet hatte (Pkt A) 1. des Strafurteils). Die von den Vorinstanzen bejahte Unterlassungsverpflichtung bezieht sich genau auf die Wartungsanleitung dieses Motortyps (und nicht [nur] auf die in einer bestimmten Datei enthaltene Wartungsanleitung). Selbst wenn es mehrere Wartungsanleitungen dieses speziellen Motortyps gäbe, von denen sich der Erstbeklagte durch das rechtswidrige Kopieren von umfangreichen Dateien Kenntnis verschafft hätte, wäre der Erstbeklagte aufgrund des breit gefassten Unterlassungsgebots verpflichtet, die Verwertung jeder Wartungsanleitung dieses Motortyps zu unterlassen.

1.2. Auch die Unterlassungsgebote zu den Spruchpunkten I.1.a)ii), iii), iv) und vi) des angefochtenen Teilurteils entsprechen wortgleich den dem Strafurteil zugrunde liegenden Tatbeständen (Spruchpunkt I.A) 2. bis 4) und C)). Auch hier gilt, dass der Erstbeklagte – unabhängig von einer bestimmten Dateibezeichnung – zur Unterlassung aller von ihm rechtswidrig „heruntergeladener“ Bilddokumentationen von zerlegten Zylinderköpfen bestimmter Typen verpflichtet ist. Insbesondere wenn der Revisionswerber nach der rechtskräftigen strafgerichtlichen Verurteilung (noch immer) meint, das Unterlassungsbegehren müsste konkreter gefasst sein, damit er sein künftiges Verhalten danach richten könne, zeigt doch gerade hier die Notwendigkeit, dem Unterlassungsbegehren eine allgemeine Fassung zu geben, um eine Umgehung des Gebots durch den Erstbeklagten zu verhindern. Gründe, weshalb das Unterlassungsbegehren nicht spruchreif sein sollte, sind nicht ersichtlich.

2.1. Die Bejahung des von der Klägerin geltend gemachten Auskunftsbegehrens (analog § 87b UrhG) gründete das Berufungsgericht in seiner rechtlichen Beurteilung unter Hinweis auf die herrschende Lehre (Thiele in Wiebe/Kodek, UWG2§ 13 Rz 41 und 50 mwN) darauf, dass dem nach § 13 UWG Verletzten unabhängig davon, dass dem UWG ein dem § 87b UrhG entsprechender erweiterter Auskunftsanspruch fehle, zur Vorbereitung von Beseitigungs-, Bereicherungs- und Schadenersatzansprüchen in den Fällen der § 10 bis 12 UWG auch ein Auskunftsanspruch zustehe. Soweit der Revisionswerber damit argumentiert, dass ein Auskunftsanspruch dann nicht gegeben sei, wenn kein Beseitigungsanspruch bestehe (was hier der Fall sei, weil gar nicht feststehe, dass ihm die Verfügungsbefugnis iSd § 15 UWG zukomme), zeigt er keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO auf. Das Berufungsgericht hat ausdrücklich hinsichtlich der Wettbewerbsverstöße des Revisionswerbers einen erweiterten Auskunftsanspruch (auch) zur Vorbereitung von Bereicherungs- und (im Verfahren auch geltend gemachten) Schadenersatzansprüchen bejaht. Diese rechtliche Beurteilung wird in der außerordentlichen Revision nicht bekämpft.

2.2. Dem vom Erstbeklagten bereits in der Berufung erhobenen Einwand gegen den Umfang des Auskunftsanspruchs hielt das Berufungsgericht entgegen, dass eine derartige Auskunft nur dann Sinn mache, wenn dem in seinen Rechten Verletzten (hier die Klägerin nach § 13 UWG) sämtliche zur Geltendmachung allfälliger Ansprüche notwendigen Informationen zukämen. Im vorliegenden Fall sei daher der von der Klägerin begehrte und vom Erstgericht zuerkannte Umfang der zu erteilenden Auskünfte nicht zu beanstanden. Welche Auskünfte ein Unternehmen benötigt, um ua – wie hier – Schadenersatzansprüche gegen die Person geltend machen zu können, die rechtswidrig ihre Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse zu Zwecken des Wettbewerbs unbefugt verwertet oder an andere mitgeteilt hat, kann regelmäßig nur aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalls beurteilt werden. Eine korrekturbedürftige Fehlbeurteilung der Vorinstanzen zeigt der Revisionswerber nicht auf.

Die Überlegungen der Revision zum Umfang des Auskunftsrechts fußen ausschließlich auf § 87b UrhG. Die Revision legt aber nicht dar, weshalb aus lauterkeitsrechtlicher Sicht nicht auch die Bekanntgabe des Namens der Kontaktpersonen des dritten Informationsempfängers und des Datums der Weitergabe der Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse zur Vorbereitung eines Schadenersatzanspruchs zweckdienlich und die Bekanntgabe für den Erstbeklagten unzumutbar wäre. Das zum lauterkeitsrechtlichen Auskunftsanspruch Gesagte trifft auch auf das Argument des Revisionswerbers zu, die Pflicht zur Auskunftserteilung nach § 87b Abs 2a lit a UrhG erstrecke sich nur auf Namen und Anschriften von gewerblichen, nicht aber auch privaten Abnehmern, weil das UrhG lediglich die Offenlegung des Vertriebswegs bezwecke.

3.1. Wer nach diesem Gesetz zur Leistung eines angemessenen Entgelts oder einer angemessenen Vergütung, eines angemessenen Anteils an einer solchen Vergütung, zum Schadenersatz, zur Herausgabe des Gewinns oder zur Beseitigung verpflichtet ist, hat dem Anspruchsberechtigten Rechnung zu legen und deren Richtigkeit durch einen Sachverständigen prüfen zu lassen (§ 87a Abs 1 Satz 1 UrhG). Dieser – auch im Markenschutzgesetz und im Patentgesetz verankerte – Prüfungsanspruch soll den Auskunftsanspruch des Gläubigers dadurch sichern und verstärken, daß dieser die vom Auskunftspflichtigen gelegte Rechnung durch einen Sachverständigen auf ihre Richtigkeit (und Vollständigkeit) prüfen lassen kann. Der Gläubiger soll dadurch eine taugliche Grundlage zur Bezifferung seines Leistungsbegehrens erhalten. Gesprochen wird in diesem Zusammenhang von einer Verpflichtung des (dort) Patentverletzers, die Prüfung der Rechnung durch einen Sachverständigen zu dulden (14 Ob 8/86).

3.2. Die urteilsmäßige Verpflichtung des Erstbeklagten, die Rechnungslegung nach Spruchpunkt 1.c) (i) und 1.c) (ii) binnen 14 Tagen ab Rechnungslegung bei sonstiger Exekution von einem Gerichtssachverständigen prüfen zu lassen (Spruchpunkt I.1.d) des Berufungsurteils), entspricht dem zitierten Gesetzeswortlaut. Auch in der vom Revisionswerber zitierten Entscheidung 14 Ob 8/86 wurde eine gleichlautende Verpflichtung der dort beklagten Patentverletzer ausgesprochen (ebenso 4 Ob 274/02a; 4 Ob 45/05d; 4 Ob 243/17i; 4 Ob 232/17x). Nur wenn die Überprüfung ergibt, dass die Rechnungslegung unrichtig oder unvollständig war, hat der Verletzer die Sachverständigenkosten zu tragen (§ 87a Abs 1 Satz 2 UrhG;Schachter in Kucsko/Handig, urheber.recht2§ 87a UrhG Rz 26).

4.Die Berechtigung des Herausgabeanspruchs nach § 13 iVm § 15 UWG (Spruchpunkt I.1.e) des Berufungsurteils) bestreitet der Revisionswerber ua mit dem Argument, dass die Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse offenkundig geworden seien, wodurch der Beseitigungsanspruch erloschen sei. Da jedoch der Erstbeklagte in der Berufung auf diesen im erstinstanzlichen Verfahren erhobenen Einwand nicht zurückkam, worauf auch das Berufungsgericht hinwies, ist die Rechtsrüge insofern nicht gesetzmäßig ausgeführt (vgl RIS-Justiz RS0043338 [T15]).

4.2. In seiner Berufung hielt der Erstbeklagte seiner Verpflichtung zur Herausgabe von Aufzeichnungen und Abschriften der in Spruchpunkt I.1.a) bezeichneten Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse und der in Spruchpunkt I.1.b) bezeichneten urheber- und leistungsschutzrechtlich geschützten Werke, in digitaler oder physischer Form, sowie von Produkten im Sinn des Punktes I.1.c) (i) und I.1.c) (ii) des Ersturteils (und des Berufungsurteils) lediglich entgegen, dass er spätestens seit den Hausdurchsuchungen im Jänner 2015 über keine Aufzeichnungen und Abschriften in digitaler oder physischer Form mehr verfüge. Demgegenüber vertrat das Berufungsgericht die Rechtsauffassung, dass diese Gegenstände mangels Beschlagnahme iSd § 93 UrhG nach rechtskräftiger Erledigung des Strafverfahrens an den Erstbeklagten zurückzustellen seien. Soweit sich der Revisionswerber nun gegen die Verpflichtung zur Herausgabe von Produkten im Sinn des Punktes I.1.c) (i) und I.1.c) (ii) des Berufungsurteils wendet, weil diese nicht in seiner Verfügungsmacht stünden, ist die Revision aus den zu Pkt 4.1. genannten Erwägungen ebenfalls nicht gesetzmäßig ausgeführt.

Mangels einer Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO ist die außerordentliche Revision des Erstbeklagten zurückzuweisen.

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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2018:009OBA00101.18W.1030.000

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