OGH vom 06.05.2010, 12Os54/10y

OGH vom 06.05.2010, 12Os54/10y

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Holzweber als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Schroll, Dr. Schwab, Dr. T. Solé und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger als weitere Richter, in Gegenwart der Rechtspraktikantin Mag. Wöss als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Mathias R***** und weitere Angeklagte wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Fritz H***** gegen das Urteil des Landesgerichts Korneuburg als Schöffengericht vom , GZ 622 Hv 8/09w 56, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Aus deren Anlass wird das angefochtene Urteil, das sonst unberührt bleibt, in seiner Subsumtion unter die Qualifikationsnorm des § 147 Abs 3 StGB sowie im Strafausspruch aufgehoben und die Sache im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zu neuer Verhandlung und Entscheidung verwiesen.

Der Angeklagte wird mit seiner Berufung auf diese Entscheidung verwiesen.

Ihm fallen die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

G r ü n d e :

Mit dem angefochtenen Urteil das auch unbekämpft in Rechtskraft erwachsene Freisprüche der ursprünglichen Mitangeklagten Mathias ***** und Michaela P***** enthält wurde Fritz H***** des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall StGB schuldig erkannt.

Danach hat er in P*****, J***** und anderen Orten mit dem Vorsatz, durch das Verhalten der Getäuschten sich unrechtmäßig zu bereichern, nachgenannte Personen durch Täuschung über Tatsachen, nämlich durch Vorgabe, dass die ihm erbrachten Leistungen von der W*****GmbH bezahlt werden, wobei er verschwieg, dass die Bezahlung lediglich auf der Basis von Guthaben des (bereits hoch verschuldeten) Fritz H***** aus der Lieferung von Hackgut an die W*****GmbH erfolgen sollte, die Bezahlung daher von Umfang und Qualität des von ihm der W*****GmbH gelieferten Hackgutes abhängig war und aus den Forderungen des Fritz H***** gegen die W*****GmbH darüber hinaus Zahlungen der W*****GmbH an die B***** B***** L***** GmbH und die S***** GmbH finanziert werden mussten (US 7, 8), zu Handlungen verleitet, was einen Schaden von rund 103.697 Euro herbeiführte, wobei er den schweren Betrug mit der Absicht beging, sich durch dessen wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, und zwar

1.) in der Zeit von bis Verfügungsberechtigte der Kurt T***** GmbH zur Durchführung von Transporten von Waldhackgut (Schaden 33.377,59 Euro);

2.) in der Zeit von Juli bis September 2006 Christian L***** zur Erbringung von Hackdienstleistungen im Wert von 14.031 Euro;

3.) in der Zeit von bis November 2006 Verfügungsberechtigte der Friedrich Le***** GmbH zum Transport von Waldhackgut (Schaden 51.273,24 Euro);

4.) in der Zeit von bis Dezember 2006 die Hackschnitzel B***** GmbH zur Hackguterzeugung (Schaden 5.016 Euro).

Dagegen richtet sich die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten H***** aus § 281 Abs 1 Z 5 und 9 lit a StPO.

Rechtliche Beurteilung

Für die strafrechtliche Beurteilung bedeutungslos erweisen sich die allgemeinen Rechtsausführungen der Mängelrüge (Z 5) zur Rechtsfigur der Anweisung nach § 1400 ABGB.

Kein Widerspruch (Z 5 dritter Fall) besteht zwischen der Feststellung, der Angeklagte habe „durch das Versprechen auf Direktbezahlung durch die W***** den Schein der Sicherheit“ erzeugt (US 9), und den Konstatierungen zu den Erklärungen der Geschäftsführerin der angewiesenen W***** GmbH zur Abrechnung über dieses Unternehmen (US 9 bis 11), erfolgte die Annahme der Anweisung doch lediglich eingeschränkt auf die Ansprüche des Beschwerdeführers gegenüber der wirtschaftlich zwischengeschalteten Gesellschaft.

Überlegungen des Rechtsmittelwerbers zu seiner Zahlungsunfähigkeit sprechen weder allgemein eine entscheidende Tatsache für den Betrugstatbestand an noch fallaktuell einen erheblichen Tatumstand, ging das Erstgericht doch nicht von einem solchen alle fälligen Schulden umfassenden (vgl Fabrizy , StGB 9 § 159 Rz 4) Zustand aus (US 11).

Bloß ergänzend sei darauf verwiesen, dass die Angaben der Michaela P***** hinsichtlich eines Guthabens des Angeklagten bei der W***** GmbH zum von (bloß!) 2.000 Euro (ON 54 S 39 42) sowie zu einem weiteren Kredit des Nichtigkeitswerbers, einem Holzlager, „dem Zugang des Angeklagten zum Rohstoff“, dessen „Fleiß“ und zu Zahlungen an die B***** B***** (ON 54 S 40 47 sowie 56) keiner gesonderten urteilsmäßigen Erörterung bedurften (Z 5 zweiter Fall), weil sie die festgestellte Täuschung der verfahrensgegenständlichen Gläubiger über die Einbringlichkeit ihrer Forderungen nicht tangieren (US 11).

Dass die Zeugin P***** weiter aussagte, ihr sei die Reihenfolge der durch sie zu leistenden Zahlungen durch H***** vorgegeben worden (ON 54 S 56), entspricht dem Rechtsmittelvorbringen zuwider der Feststellung über „andere Forderungen, die von der W***** vorrangig zu begleichen waren“ (US 11), und musste nicht ausdrücklich erwähnt werden (Z 5 zweiter Fall).

Dem weiteren Vorwurf eines Widerspruchs (Z 5 dritter Fall) fehlt die Basis: nach den tatrichterlichen Feststellungen waren den Repräsentanten der T***** GmbH keineswegs (wie der Nichtigkeitswerber ausführt) die Zahlungsschwierigkeiten des Angeklagten bekannt, sondern nur, dass der „Ruf des Unternehmens des Erstangeklagten [Mathias R*****!] wegen bereits bekannter Zahlungsschwierigkeiten nicht der Beste war“ (US 8). Eine Täuschung über die Tatsache der konkreten Zahlungsunfähigkeit des Angeklagten H***** (US 9 bis 11) bei dem R***** lediglich beschäftigt war (US 11 f) war somit ohne weiteres möglich.

Bei der Geltendmachung materiell rechtlicher Nichtigkeit ist auf der Basis des urteilsmäßigen Sachverhaltssubstrats juristisch methodisch der Vorwurf eines Rechtsfehlers zu entwickeln.

Soweit der Beschwerdeführer mit eigenständig beweiswürdigenden Überlegungen die erstgerichtlichen Feststellungen zu seiner wirtschaftlichen Lage und inneren Tatseite (US 7, 11) angreift, verlässt er den gesetzlich vorgegebenen Anfechtungsrahmen und entzieht sich meritorischer Erwiderung.

Soweit er sein Vorbringen als „Begründungsmangel nach Z 5“ widmet, verfehlt er mit stichwortartigen Aspekten zu den „Ursachen des geschäftlichen Misserfolgs“ die notwendige Herstellung eines Zusammenhangs mit entscheidenden Tatsachen: es wird nicht klar, welchen Einfluss auf die konkrete Schuld und Subsumtionsfrage der verurteilten Fakten die (naturbedingt wandelbaren) Witterungsbedingungen und deren Auswirkungen auf den Feuchtigkeitsgehalt des Holzes sowie Spekulationen über veruntreute Fuhren und eine (kurzfristige!) „ordnungsgemäße Geschäftsabwicklung mit der W***** zu Beginn der Vertragsbeziehungen“ entfaltet hätten.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).

Aus deren Anlass hat sich der Oberste Gerichtshof allerdings von einer im Rechtsmittel nicht aufgegriffenen materiell rechtlichen Nichtigkeit in Form eines Rechtsfehlers mangels Feststellungen zur Qualifikation nach § 147 Abs 3 StGB überzeugt (§ 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO iVm § 281 Abs 1 Z 10 StPO): die Tatrichter stellten dazu nämlich lediglich fest, dass sich der Schädigungsvorsatz des Angeklagten auf ein „3.000 Euro jedenfalls übersteigendes Ausmaß“ bezog (US 11).

Das Fehlen von Konstatierungen in Richtung der Wertgrenze von 50.000 Euro musste zur Teilaufhebung des Urteils und zum Auftrag der Verfahrenserneuerung führen.

Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf die Kassation des Strafausspruchs zu verweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.