zurück zu Linde Digital
TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
OGH vom 28.10.2015, 9ObA100/15v

OGH vom 28.10.2015, 9ObA100/15v

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Mag. Ziegelbauer und Dr. Hargassner sowie die fachkundigen Laienrichter KR Mag. Paul Kunsky und Mag. Robert Brunner als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei O***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Ernst Kohlbacher, Rechtsanwalt in Salzburg, gegen den Beklagten M***** S*****, vertreten durch Dr. Karl Heinz Plankel ua, Rechtsanwälte in Dornbirn, wegen 709,56 EUR sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 12 Ra 35/15a 15, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Die Vorinstanzen bejahten den Anspruch des klagenden Finanzvermittlungsunternehmens auf Rückzahlung von Beträgen, die sie dem Beklagten, einem ihrer ehemaligen selbständigen Geschäftsvermittler, als Provisionsvorschüsse ausbezahlt hatte. In seiner außerordentlichen Revision zeigt der Beklagte keine Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO auf:

Rechtliche Beurteilung

Die Anforderungen an die Behauptungs- und Beweislast für den Anspruch auf Rückzahlung von Provisionsvorschüssen wurden bereits in zahlreichen Entscheidungen dargestellt (8 ObA 20/11s; 8 ObA 20/14w; 9 ObA 10/14g; 8 ObA 79/14x; 8 ObA 22/15s; 9 ObA 32/15v).

Die Schlüssigkeit einer Klage kann nur anhand der konkreten Behauptungen im Einzelfall geprüft werden (9 ObA 47/15z; RIS Justiz RS0037780; RS0116144). Nach der Lage des Falls ging das Berufungsgericht vertretbar davon aus, dass es nicht an einem ausreichenden Vorbringen der Klägerin mangelt. Eine korrekturbedürftige Fehlbeurteilung liegt hier nicht vor.

Der vom Erstgericht zur Vertragslage und jedem einzelnen Vertragsabschluss festgestellte Sachverhalt ist für die rechtliche Beurteilung der Rückforderbarkeit von Provisionsvorschüssen, also noch nicht entstandenen Provisionen, auch ausreichend. Soweit der Beklagte Feststellungen vermisst, die von der Rechtsprechung für die Rückforderbarkeit von bereits entstandenen Provisionen (§ 9 Abs 3 HvertrG 1993) verlangt werden (vgl 8 ObA 20/14w; 9 ObA 10/14g ua), sind diese hier nicht relevant.

Der Revisionswerber vertritt zudem die Ansicht, die Rückforderung von Provisionsvorschüssen eines „Tippgebers“ sei wegen Verstoßes gegen die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers (§ 1157 ABGB) und gegen die guten Sitten (§ 879 Abs 1 ABGB) unzulässig. Eine sachliche Rechtfertigung für die konkrete Vertragsgestaltung, wonach die Provision das Schicksal der Prämie teile und Provisionsansprüche daher erst dann zur Gänze entstünden, wenn der Kunde innerhalb des jeweiligen Stornohaftungszeitraums die Prämie bezahlt habe, sei nicht zu erkennen. Auch damit vermag der Beklagte keine Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO zur Darstellung zu bringen.

In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass es bei (periodisch) wiederkehrenden Kundenleistungen, wie dies etwa bei Versicherungsprämien, die zumeist jährlich, pro Quartal oder monatlich gezahlt werden, typisch ist, dass der Provisionsanspruch ab der erstmaligen (Prämien-)Zahlung zeitlich anteilsmäßig im Verhältnis zum liquidierten Prämienzeitraum entsteht (8 ObA 20/14w; 9 ObA 47/15z; RIS Justiz RS0129353). Die gegenständliche Vertragsregelung steht im Einklang mit § 9 Abs 2 HVertrG 1993 und ist nicht sittenwidrig. Anhaltspunkte für einen Verstoß der Fürsorgepflicht der Klägerin gegenüber dem als selbständigen Geschäftsvermittler tätigen Beklagten bieten weder die Ausführungen der Revision noch der festgestellte Sachverhalt.

Mangels einer Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO ist die außerordentliche Revision des Beklagten zurückzuweisen.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:OGH0002:2015:009OBA00100.15V.1028.000