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OGH vom 21.06.2018, 12Os52/18s

OGH vom 21.06.2018, 12Os52/18s

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Schroll als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. T. Solé, Dr. Oshidari, Dr. Michel-Kwapinski und Dr. Brenner in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Gschiel, LL.M., als Schriftführerin in der Strafsache gegen Ajmal K***** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall, Abs 2 Z 2, Abs 4 Z 3 SMG, § 12 dritter Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Ajmal K***** und Sakirullah M***** sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Eisenstadt als Schöffengericht vom , GZ 50 Hv 13/17w-841, sowie die Beschwerde des Angeklagten Sakirullah M***** betreffend den Beschluss auf Widerruf bedingter Strafnachsichten sowie jene der Staatsanwaltschaft gegen das Unterbleiben des Widerrufs einer bedingten Strafnachsicht betreffend den Angeklagten Sakirullah M***** nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufung des Angeklagten Sakirullah M***** wegen des Ausspruchs über die Schuld werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen im Übrigen und die Beschwerden werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Ajmal K***** und Sakirullah M***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Soweit für das Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerde von Bedeutung, wurde Ajmal K***** mit dem angefochtenen Urteil je eines Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall, Abs 2 Z 2, Abs 4 Z 3 SMG, § 12 dritter Fall StGB (A./I./1./ und 2./ sowie B./) und nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 2 Z 2, Abs 4 Z 3 SMG, § 12 dritter Fall StGB (A./II./1./ und 2./ sowie C./) schuldig erkannt.

Danach hat er

A./ vorschriftswidrig Suchtgift, nämlich überwiegend Cannabisblüten, enthaltend Delta-9-THC und THCA, und teilweise andere Suchtgifte

I./ in einverständlichem Zusammenwirken mit im Urteil genannten weiteren Angeklagten in einer das Fünfundzwanzigfache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge als Mitglied einer kriminellen Vereinigung überwiegend in D***** und B***** aus der Tschechischen Republik aus- und nach Österreich eingeführt, indem sie das Suchtgift mit dem Pkw nach Österreich transportierten, und zwar

1./ von 6. bis in zumindest fünf Angriffen insgesamt zumindest 16,5 Kilogramm Cannabisblüten, enthaltend eine Reinsubstanz von zumindest 1.650 Gramm THCA und 165 Gramm Delta-9-THC, sowie

2./ am 4.613 Gramm Cannabisblüten, enthaltend eine Reinsubstanz von zumindest 77 Gramm Delta-9-THC und 474 Gramm THCA,

II./ in einer das Fünfundzwanzigfache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge als Mitglied einer kriminellen Vereinigung gewinnbringend anderen überlassen, und zwar

1./ dem gesondert verfolgten Sarhad S*****

a./ am in S 1.009,1 Gramm Cannabisblüten, enthaltend eine Reinsubstanz von zumindest 56,53 Gramm Delta-9-THC und 102,92 Gramm THCA, „zur Einfuhr nach Österreich“ um 1.400 Euro;

c./ Anfang November 2016 in W***** 1.000 Gramm Cannabisblüten, enthaltend eine Reinsubstanz von zumindest 100 Gramm THCA und 10 Gramm Delta-9-THC, um zumindest 1.500 Euro;

2./ in einverständlichem Zusammenwirken mit dem Mitangeklagten Sakirullah M*****

a./ von bis in W***** und S***** die zu A./I./1./ genannten 16,5 Kilogramm Cannabisblüten unbekannt gebliebenen Abnehmern um zumindest 3.000 Euro pro Kilogramm;

B./ von Juni bis Ende Dezember 2016 in O***** und W***** als Mitglied einer kriminellen Vereinigung in mehrfachen Angriffen zur Einfuhr von insgesamt 19 Kilogramm Cannabisblüten, enthaltend eine Reinsubstanz von zumindest 3.610 Gramm THCA und 190 Gramm Delta-9-THC, aus der Ukraine über Polen und Tschechien nach Österreich beigetragen, indem er als Verbindungsmann des gesondert verfolgten Auftraggebers der Importe, Yusuf D*****, zu dem ebenfalls abgesondert verfolgten Abnehmer und Vermittler Muddsar A***** fungierte, bei Treffen in O***** anwesend war, im Auftrag von Yusuf D***** dafür vorgesehen war, Geld für die Lieferungen an Muddsar A***** aus O***** abzuholen, was er auch tat, und als Empfänger von Postanweisungen fungierte, mit denen Erlöse aus dem Drogenhandel von den Abnehmern in der Steiermark und im Südburgenland letztlich an Yusuf D***** weitergeleitet wurden;

C./ durch das zu B./ geschilderte Verhalten dazu beigetragen, dass die dort erwähnten Suchtgiftmengen anderen, insbesondere Dominik E***** und Muddsar A*****, überlassen wurden.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die auf Z 5, Z 9 lit a und Z 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Ajmal K***** und die nicht ausgeführte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Sakirullah M*****.

Welche Undeutlichkeit (Z 5 erster Fall) in der Feststellung zu erblicken sein soll, dass die – im Übrigen für die Annahme einer Tathandlung im Sinn des § 28a Abs 1 fünfter Fall SMG auch nicht entscheidende – Identität der Abnehmer der zu abgeurteilten Suchtgiftmanipulationen nicht ausgeforscht werden konnte (US 11), macht die Mängelrüge nicht klar.

Der Einwand, die festgestellte Überlassung von 16,5 kg Cannabisblüten an diese unbekannten Abnehmer sei unbegründet geblieben (Z 5 vierter Fall), trifft nicht zu. Insoweit ignoriert der Beschwerdeführer den Verweis der Tatrichter auf den vorangegangenen Schmuggel dieser Suchtgiftmenge und die belastenden Angaben der Zeugin Palwasha B***** (US 24).

Da das Schöffengericht die Angaben des Angeklagten generell als unglaubwürdig einstufte (US 24), war es – dem Gebot zu gedrängter Darstellung der Urteilsgründe (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) entsprechend – nicht verpflichtet, sich mit dessen Einlassung zu angeblichen Rachemotiven der Belastungszeugin Palwasha B***** aufgrund seiner Beziehung zu ihrer Schwester zu befassen.

Gleiches gilt, soweit der Beschwerdeführer eine Würdigung der – den Einschätzungen der Tatrichter zur Glaubwürdigkeit gar nicht entgegen stehenden – Angaben dieser Zeugin vermisst (Z 5 zweiter Fall), wonach sie auf ihre Schwester „wieder gut zu sprechen sei“ (ON 840 AS 15) und sie selbst nie Drogenverkäufe des Angeklagten wahrgenommen habe (ON 840 AS 10).

Soweit der Beschwerdeführer Einschätzungen des Polizeibeamten P***** zu fehlenden objektiven Ermittlungsergebnissen hervorkehrt, benennt er gar keine den Urteilsannahmen des Erstgerichts entgegen stehende Verfahrensergebnisse.

Indem die gegen den Schuldspruch gerichtete Mängelrüge (Z 5) die dem Belastungszeugen Muddsar A***** von den Tatrichtern attestierte Glaubwürdigkeit (US 28) auf Basis unterschiedlicher Verfahrensergebnisse zum Zeitpunkt der erstmaligen Bekanntschaft dieses Zeugen mit dem Angeklagten bezweifelt, bekämpft sie in unzulässiger Weise die Beweiswürdigung des Schöffengerichts.

Gleiches gilt für den vom Beschwerdeführer unternommenen Versuch, Aussagen der Zeugen Kresimir Bi***** und Dominik E***** eigenständig zu seinen Gunsten zu interpretieren, daraus weitwendig den Annahmen des Erstgerichts entgegen stehende Schlussfolgerungen zu entwickeln und schließlich daran den Vorwurf der Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) zu knüpfen.

Soweit das Rechtsmittel auch im vorliegenden Zusammenhang angeblich fehlende Ermittlungsergebnisse der Polizei behauptet, genügt der Verweis auf die oben stehenden Ausführungen zum Schuldspruch A./II./.

Das Vorbringen zur Häufigkeit der Anwesenheit des Angeklagten in O***** bezieht sich angesichts der vom Beschwerdeführer erfolglos bekämpften Konstatierungen zu den weiteren vom Schuldspruch B./ erfassten Beteiligungshandlungen auf keinen entscheidenden Umstand.

Die als ungewürdigt geblieben gerügten (Z 5 zweiter Fall) Angaben des Zeugen Muddsar A***** zu den Zeitpunkten und der Häufigkeit der mit dem Angeklagten geführten Telefonate, zu Anrufen des „Onkel“ beim genannten Zeugen und dessen Beteuerung, wonach er nicht wisse, ob der Angeklagte für den „Onkel“ gearbeitet hat, stehen den entscheidenden Annahmen des Erstgerichts nicht entgegen und bedurften daher ebenfalls keiner Erörterung in den gedrängt abzufassenden (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) Urteilsgründen.

Entgegen der Rechtsrüge (inhaltlich Z 9 lit b) hat das Erstgericht die Frage, ob der Angeklagte von Sakirullah M***** zur Tat (A./I./1.) im Sinn des § 133 Abs 5 StPO provoziert wurde, verneint (US 36), sodass das Vorbringen zu einem diesbezüglichen Feststellungsmangel (zu den Voraussetzungen vgl RIS-Justiz RS0118580; Hinterhofer/Oshidari, Strafverfahren Rz 9.190) ins Leere geht.

Weshalb die abschließende rechtliche Beurteilung der dem Angeklagten zu B./ angelasteten Taten Konkretisierungen zu den genauen Zeitpunkten der Suchtgiftimporte und der jeweiligen Postüberweisungen sowie auch der Höhe letzterer erfordern sollte, erklärt die weitere Beschwerde (nominell Z 10) nicht.

Die Subsumtionsrüge (Z 10) orientiert sich mit der Behauptung, wonach den Entscheidungsgründen keine Feststellungen zu einem Zusammenschluss zu einer kriminellen Vereinigung und auch den dazu erforderlichen Voraussetzungen in zeitlicher Hinsicht zu entnehmen seien, prozessordnungswidrig (RIS-Justiz RS0099810) nicht an den genau dazu getroffenen Konstatierungen (vgl US 10, 14 f, 33).

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Ajmal K***** war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Gleiches gilt für die bloß angemeldete aber nicht ausgeführte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Sakirullah M***** und dessen angemeldete, im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehene Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld. Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerden (§§ 285i, 498 Abs 3 StPO).

Die Kostenentscheidung gründet auf § 390a Abs 1 StPO.

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2018:0120OS00052.18S.0621.000

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