VfGH vom 14.03.2001, B2385/00
Sammlungsnummer
******
Leitsatz
Verletzung im Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter durch Zurückweisung einer am letzten Tag der Berufungsfrist nach Ende der Amtsstunden mittels Telefax eingebrachten Berufung als verspätet; Rechtzeitigkeit der Berufung infolge Einbringung vor Ablauf des letzten Tages der Frist; Zeitpunkt des Einbringens, nicht aber des Einlangens für die Wahrung der Rechtsmittelfrist entscheidend
Spruch
1. Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt worden.
2. Der Bescheid wird aufgehoben.
3. Das Land Wien ist schuldig, dem Beschwerdeführer zu Handen seines Rechtsvertreters die mit Schilling 27.000,- bestimmten Prozeßkosten binnen 14 Tagen bei sonstigem Zwang zu bezahlen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat mit Berufungsbescheid vom , Z UVS-05/K/52/4709/2000/4, die Berufung des Beschwerdeführers gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67, vom , Z MA 67-PA-598759/8/7 (wegen Übertretung des § 1 Abs 3 Wr. Parkometergesetz, LGBl. für Wien Nr. 47/1974 idgF), als verspätet zurückgewiesen, weil diese am letzten Tag der Rechtsmittelfrist nach Ende der Amtsstunden mittels Telefax eingebracht wurde. Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien begründet diese Entscheidung (gestützt auf § 13 Abs 5 AVG und unter Bezugnahme auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 99/03/0311) im wesentlichen damit, daß die mittels Telefax am um
20.59 Uhr und damit erst nach Ablauf der Amtsstunden eingebrachte Berufung erst mit dem Wiederbeginn der Amtsstunden am als bei der Erstbehörde eingelangt gelte und daher verspätet sei.
2. In der auf Art 144 B-VG gestützten Beschwerde erachtet sich der Beschwerdeführer im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter gemäß Art 83 Abs 2 B-VG verletzt. Der Beschwerdeführer begehrt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides und stellt den Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
3. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor, erstattete jedoch keine Gegenschrift.
II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:
1. Der Beschwerdeführer ist mit seinem Vorbringen im Recht.
2.1. Der vorliegende Sachverhalt gleicht - hinsichtlich des von der belangten Behörde als verspätet beurteilten, mittels Telefax eingebrachten Rechtsmittels - in allen wesentlichen Belangen jenem, der dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , B460/00, zugrunde lag.
2.2. Es genügt somit, auf die Entscheidungsgründe des zitierten Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom zu verweisen, aus dem sich auch für den vorliegenden Fall (zur Anwendbarkeit der §§13 Abs 5 und 63 Abs 5 AVG in diesem Verfahren - vgl. § 254 Abs 1 FinStrG iVm. § 24 VStG) entsprechend ergibt, daß der Beschwerdeführer im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter gemäß Art 83 Abs 2 B-VG verletzt wurde. Der Bescheid war daher aufzuheben.
3. Dies konnte gemäß § 19 Abs 4 Z 2 VerfGG 1953 ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 88 VerfGG 1953. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von Schilling 4.500,- enthalten.
5. Damit erübrigt sich ein Abspruch über den Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Fundstelle(n):
HAAAD-91839