Suchen Hilfe
OGH 14.09.1995, 8ObA211/95

OGH 14.09.1995, 8ObA211/95

Entscheidungstext

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Huber als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag und Dr.Langer und die fachkundigen Laienrichter Dipl.Ing.Walter Holzer und Ignaz Gattringer in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei August-Jörg T*****, vertreten durch Dr.Kurt Klein und Dr.Paul Wuntschek, Rechtsanwälte in Graz, wider die beklagte Partei S*****Gebietskrankenkasse, *****, vertreten durch Dr.Helmut Destaller ua, Rechtsanwälte in Graz, wegen Feststellung (Streitwert S 200.000,--), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 7 Ra 56/94-27, mit dem infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht vom , GZ 30 Cga 223/93k-22, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung

1. den

Beschluß

gefaßt:

Die Revision wird, soweit sie Nichtigkeit geltend macht, zurückgewiesen;

2. im übrigen zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 9.900,-- (einschließlich S 1650,-- USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger ist beim beklagten Sozialversicherungsträger seit als Angestellter beschäftigt; auf dieses Dienstverhältnis hat als Kollektivvertrag die Dienstordnung A für die Angestellten bei den Sozialversicherungsträgern Österreichs (DO.A) Anwendung zu finden. Seit ist der Kläger gemäß § 22 DO.A unkündbar. Seit 1969 war der Kläger Leiter der Außenstelle F***** und in der Gehaltsgruppe D, Dienstklasse II, eingestuft. Die dem Kläger obliegenden Tätigkeiten als Außenstellenleiter in F***** wurden von ihm in ordnungsgemäßer Art und Weise durchgeführt. Seine beiden letzten Dienstbeschreibungen lauteten auf "gut" und (seit 1989) auf "sehr gut". Auch sein Mitarbeiter in F***** konnte nicht feststellen, daß der Kläger mangels Qualifikation nicht in der Lage gewesen wäre, die ihm obliegenden Tätigkeiten durchzuführen. Lediglich bei der Bedienung des Computerterminals hatte er Schwierigkeiten. In der Praxis wurde allerdings ein Großteil der Agenden des Klägers von seinem Mitarbeiter verrichtet, sodaß dieser letztlich sogar überlastet war; das ist darauf zurückzuführen, daß der Kläger - mit Wissen der beklagten Partei - eine Reihe von Nebentätigkeiten ausübte und deshalb nicht immer in der Dienststelle anwesend war; so war er einige Jahre Gemeinderat in F*****, hatte verschiedene Funktionen beim ÖGB und wurde insbesondere durch das Management der Kurse im Berufsförderungsinstitut in Anspruch genommen.

In den Jahren 1991 und 1992 bewarb er sich mehrfach um leitende Posten in G***** und einmal um die Stelle eines Generaldirektorstellvertreters des Hauptverbandes der Österreichischen Sozialversicherungsträger in Wien. In diesem Bewerbungsschreiben setzte er seinem Namen den akademischen Grad eines "Magisters" oder eines "Magister Doktor" bei. Es stellte sich auf Grund von Nachforschungen der beklagten Partei heraus, daß der Kläger kein Universitätsstudium absolviert hatte; er hatte einen Betrag von S 350.000,-- an ein Universitätssammelkonto, Verwendungszweck Universität Washington USA, überwiesen, um gefälschte Dokumente der University of Washington zur Führung des akademischen Grades eines Magister und eines Doktor der Wirtschaftswissenschaften zu erwerben. Er wurde deshalb mit Disziplinarerkenntnis vom eines Dienstvergehens im Sinn des § 104 Abs 2 Z 2 DO.A schuldig erkannt und zu einer Geldstrafe von S 10.000,-- verurteilt. Die Strafanzeige wegen Täuschung der beklagten Partei wurde von der Staatsanwaltschaft zurückgelegt.

Mit Wirkung vom wurde der Kläger vorerst unbefristet von der Außenstelle F***** in die Organisationseinheit Leistungswesen mit dem Dienstort G*****versetzt. Grund für diese Versetzung war allein die Tatsache, daß der Kläger nach Meinung der beklagten Partei unberechtigt akademische Titel benützte. In der Bevölkerung wurde darüber und die damit zusammenhängenden Gründe allerdings erst nach der Versetzung des Klägers gesprochen. Über die Arbeitsleistung des Klägers gab es zu diesem Zeitpunkt keine Beschwerden.

Mit Schreiben vom wurde dem Kläger, der Bestrebungen hatte, wieder nach F***** zurückzukehren, mitgeteilt, daß sich im Zuge seiner Verwendung in der Organisationseinheit Leistungswesen herausgestellt habe, daß er trotz intensiver Schulungsbemühungen nicht in der Lage sei, die Aufgabe eines Leiters einer Außenstelle der S***** Gebietskrankenkasse zu erfüllen. Seine Versetzung in die Organisationseinheit Leistungswesen mit dem Dienstort G***** werde daher auch aus diesem Grund endgültig ausgesprochen und verfügt. Der Betriebsrat hat der Versetzung des Klägers am und am zugestimmt.

Nach der Versetzung nach G***** am verrichtete der Kläger die Tätigkeit eines Liquidators am Geldschalter. Dieser Posten ist C2-wertig. Er wurde längere Zeit eingeschult, die Einschulung war jedoch nicht erfolgreich; sie wurde mit "nicht entsprechend" beurteilt. Die Tätigkeit am Geldschalter der Leistungsabteilung wird zur Gänze über EDV abgewickelt. Die Computerprogramme, die der Kläger als Außenstellenleiter in F***** zur Verfügung hatte, unterscheiden sich nicht von den Programmen, die in G***** laufen. Dennoch kam er mit der Betätigung des Computers nicht zurecht. Auf Grund der Probleme mit der EDV-Anlage wurde er am der Finanzabteilung zugeteilt, wo er an der Parteienkasse arbeitete. Dabei wird er auf Grund einer Auszahlungsanweisung, die in der Leistungsabteilung errechnet wird, tätig. Bei dieser Tätigkeit braucht der Kläger nur bei Kassaabschluß zu Abstimmungszwecken mit dem EDV-Gerät arbeiten. Auch diese Tätigkeit, die der Kläger nunmehr in der Finanzabteilung verrichtet, hat er in F***** in kleinerem Umfang verrichtet. Die Tätigkeit des Klägers an der Parteienkasse der Finanzabteilung ist zwar als einfacher im Verhältnis zu den Tätigkeiten in der Leistungsabteilung zu qualifizieren; sie ist jedoch auch eine CII-wertige. Auch hier wurde der Kläger vorerst mit "nicht entsprechend" beurteilt, in der Folge wurde die Beurteilung aber im November 1992 auf "entsprechend" hinaufgesetzt. Auf Grund der Versetzung nach G***** kam es bei der beklagten Partei (richtig: beim Kläger) zu einer Art Schockwirkung, die sich bis zu einem gewissen Grad negativ auf seine Leistungen in G***** auswirkte.

Die Einstufung des Klägers, die dieser in F***** hatte, wurde durch die Versetzung nach G***** nicht geändert; er ist weiterhin in DII eingestuft.

Seit der Versetzung nach G***** ist der Kläger gezwungen, täglich von seinem Familienwohnsitz in F***** nach G***** zu fahren. Dabei benützt er den Bus. Er muß täglich um vier Uhr morgens aufstehen, um seinen Dienst um 6.45 Uhr in G***** antreten zu können. Auf Grund der Busverbindung ist es ihm nicht möglich, die vorhandene Gleitzeitregelung in der Gebietskrankenkasse in G***** auszunützen. Erst gegen 16.45 Uhr kehrt er wieder mit dem Bus nach F***** zurück. Für die monatlichen Fahrtkosten kommt er selbst auf; sie werden ihm von der beklagten Partei nicht ersetzt. Bis hatte der Kläger in G***** eine Wohnung gemietet, für die er ca S 5.000,-- im Monat zahlen mußte. Diese Wohnung hatte er angemietet, weil er sich am um eine höherwertige Dienststelle, die mit einem höheren Gehalt verbunden war, beworben hatte.

Der Kläger begehrt die Feststellung, daß er gegenüber der beklagten Partei nicht verpflichtet sei, die Arbeitsleistung als Schalterhelfer in G***** im Gebäude der S***** Gebietskrankenkasse zu erbringen. Er meint, die Versetzung sei vertragswidrig und daher mangels seiner Zustimmung nicht zulässig.

Die beklagte Partei beantragt die Abweisung des Klagebegehrens. Der Kläger stehe in einem unkündbaren Dienstverhältnis; eine Versetzung im Rahmen eines Disziplinarverfahrens sei nicht vorgesehen. Der Kläger sei auf Grund seines Disziplinarvergehens als Außenstellenleiter nicht mehr tragbar. Es habe sich erst nachträglich im Rahmen seiner Versetzung nach G*****auch herausgestellt, daß er die Qualifikation eines Außenstellenleiters nicht erbringe. Die Versetzung sei daher gerechtfertigt.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Hiebei vertrat es die Rechtsansicht, daß die DO.A die Voraussetzungen bzw die Möglichkeiten, einen Arbeitnehmer zu versetzen, nicht regle, sondern in § 103 Abs 2 lediglich auf die Bestimmung des Arbeitsverfassungsgesetzes verweise. Da im gegenständlichen Fall der Betriebsrat der Versetzung zugestimmt habe, sei eine Anfechtung im Sinn des § 101 ArbVG nicht möglich. Es sei aber zu prüfen, ob die Versetzung durch den Arbeitsvertrag des Klägers gedeckt sei, da eine vertragsändernde Versetzung ohne Zustimmung des Dienstnehmers grundsätzlich an einem zivilrechtlichen Mangel leide. Wolle der Dienstgeber eine vertragsändernde Versetzung vornehmen, zu der der Dienstnehmer keine Zustimmung erteile, so könne er nur mit einer Änderungskündigung reagieren. Diese Möglichkeit sei der beklagten Partei aber auf Grund der Unkündbarkeit des Klägers verschlossen. Die Versetzung des Klägers nach G***** sei mit einer "Degradierung" verbunden und bringe auch eine Erschwernis (Busfahrt), sowie eine finanzielle Schlechterstellung (Fahrtkosten) mit sich, sodaß es sich um eine vertragsändernde Versetzung handle, die mangels Zustimmung des Klägers rechtsunwirksam sei. Daran könne auch der Umstand nichts ändern, daß sich in der Folge möglicherweise die Unverwendbarkeit des Klägers auf seinem angestammten Arbeitsplatz als Außenstellenleiter in F***** ergeben habe.

Das Berufungsgericht änderte infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil im Sinn der Klagsabweisung ab. Es vertrat die Rechtsansicht, daß die DO.A zwar eine Versetzung kenne (§§ 78 Abs 1 und 103 Abs 2), jedoch im Rahmen des Disziplinarverfahrens eine Versetzung als Disziplinarstrafe nicht vorsehe. Als Schutz vor einer willkürlichen und ungerechtfertigten Versetzung verweise § 103 Abs 2 DO.A auf § 101 ArbVG, woraus der Schluß gezogen werden könne, daß nach der DO.A eine mit Zustimmung des Betriebsrates erfolgte Versetzung grundsätzlich zulässig und rechtswirksam sein solle. Anderenfalls käme man zum unhaltbaren Ergebnis, daß ein Dienstgeber eines Sozialversicherungsträgers, der an seinem Arbeitsplatz ohne einen Entlassungsgrund zu verwirklichen, untragbar geworden sei, ohne seine Zustimmung nicht versetzbar wäre, und wegen der nach § 22 DO.A eingetretenen Unkündbarkeit auch nicht mit einer Änderungskündigung vorgegangen werden könne, die sonst das Korrektiv zu einer unzulässigen vertragsändernden Versetzung gegen den Willen des Dienstgebers darstelle. Es sei somit davon auszugehen, daß zumindest bei Vorliegen wichtiger Gründe eine Versetzung des der DO.A unterliegenden, unkündbar gestellten Dienstnehmers ohne dessen Zustimmung zulässig sei, wenn der Betriebsrat der Versetzung zugestimmt habe. Der Kläger habe sich selbst mehrfach um Posten in G*****beworben, sodaß dem Umstand, daß er nun mit dem Bus zu seinem Arbeitsplatz fahren müsse, keine entscheidende Bedeutung zukomme. Eine Gehaltskürzung habe er nicht hinzunehmen; die nunmehr zu tragenden Fahrtkosten fielen nicht wesentlich ins Gewicht. Die beklagte Partei habe eine Nachschulung des Klägers für eine entsprechende Verwendung in G*****erfolglos versucht; die derzeitige Verwendung des Klägers entspräche seinen Kenntnissen und Fähigkeiten. Es führe daher auch eine Interessenabwägung zum Ergebnis, daß gewichtige Gründe für die von der beklagten Partei vorgenommene Versetzung des Klägers sprechen.

Gegen das berufungsgerichtliche Urteil richtet sich die Revision des Klägers wegen Nichtigkeit und unrichtiger rechtlicher Beurteilung. Er beantragt, das angefochtene Urteil als nichtig aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, in eventu, im Sinne der Wiederherstellung des erstgerichtlichen Urteils abzuändern.

Die beklagte Partei beantragt, die Revision wegen Nichtigkeit zurückzuweisen und ihr im übrigen nicht Folge zu geben.

Die Revision ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

1. Der behauptete Nichtigkeitsgrund des § 477 Abs 1 Z 1 ZPO liegt nicht vor. Der Vorsitzende des Berufungsgerichtes war nicht von der Mitwirkung im Berufungsverfahren ausgeschlossen, weil er zuvor auch Vorsitzender der Disziplinarkommission war, die über die dienstrechtlichen Verfehlungen des Klägers entschieden hatte. Dieser war im Disziplinarverfahren nicht - wie der Kläger meint - als Bevollmächtigter seines Dienstgebers tätig und deshalb gemäß § 20 Z 4 JN ausgeschlossen, sondern als unabhängiges und an keine Weisungen der beklagten Partei gebundenes Mitglied der Disziplinarkommission tätig (§ 116 Abs 3 DO.A).

2. Bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Versetzung ist von folgenden wesentlichen Gesichtpunkten auszugehen:

a) Der Kläger ist objektiv zur Ausübung seiner früheren Funktion als Leiter einer Außendienststelle ungeeignet. Dies fiel jedoch vorerst nicht auf, weil die Arbeiten in der Außenstelle großteils von einem anderen Mitarbeiter erledigt wurden; insbesondere erledigte dieser auch die Arbeiten am Computer, die der Kläger trotz Einschulung nicht bewältigen kann. Seine Wiederverwendung an seiner früheren Dienststelle oder seine Verwendung an einem anderen Ort als Leiter einer Außenstelle ist daher schon aus diesem Grund der beklagten Partei nicht zumutbar, bedeutete sie doch zugleich notwendigerweise eine Überwälzung seiner Arbeit auf andere Dienstnehmer. Daher kann es dahingestellt bleiben, ob die Wiederverwendung des Klägers an seinem früheren Dienstort, in dem sich inzwischen herumgesprochen hat, daß er sich mit gekauften akademischen Titeln höhere Posten zu erschwindeln versuchte, dem Ruf der beklagten Partei so schädlich wäre, daß ihr die Weiterverwendung des Klägers aus diesem Grund dort unzumutbar wäre.

b) Der Kläger ist unkündbar. Sein Verhalten wurde von der beklagten Partei nicht als so gravierend gewertet, daß sie versucht hätte, mit der Disziplinarstrafe der Entlassung (§ 107 Abs 2 Z 3 DO.A) vorzugehen. Sie begnügte sich mit der Verhängung einer Geldstrafe nach Z 1 dieser Bestimmung. Die Disziplinarstrafe der Versetzung kennt die DO.A nicht. In § 103 Abs 2 DO.A wird nur festgelegt, daß das Recht des Versicherungsträgers, Angestellte zu versetzen - wobei in dieser Bestimmung auf § 101 ArbVG verwiesen wird - durch die Disziplinarvorschriften dieses Abschnittes nicht berührt wird.

Eine Versetzung bedarf stets der Zustimmung des Betriebsrates (§ 101 ArbVG), die im vorliegenden Fall erteilt wurde. Aber auch wenn der Betriebsrat zugestimmt hat, ist die Versetzung eines Arbeitnehmers nach allgemeinen arbeitsrechtlichen Grundsätzen ohne seine Zustimmung nur dann möglich, wenn es sich nur um eine sogenannte direktoriale Versetzung handelt. Liegt aber eine vertragsändernde Versetzung vor, was hier zweifelsohne wegen der hiemit verbundenen verschlechterten Arbeitsbedingungen der Fall ist und von der beklagten Partei auch gar nicht bestritten wird, bedarf es grundsätzlich der Zustimmung des betroffenen Arbeitnehmers. Stimmt dieser nicht zu, kann der Arbeitgeber nur mit einer sogenannten Änderungskündigung vorgehen (Arb 9.034 ua; Schwarz-Löschnigg, Arbeitsrecht5 263 ff, insb 267, 511 ff; zu diesem Problemkreis ausführlich, jeweils mit weiteren Hinweisen Schwarz, DRdA 1975, 65 ff [73 f]; Schrammel, ZAS 1975, 203 ff; 1978, 203 ff; Dungl in FS-Floretta [1983] 357 ff ua).

c) Zu prüfen bleibt daher, ob ein unkündbarer Arbeitnehmer ohne seine Zustimmung überhaupt nicht (so das Erstgericht) oder wegen seiner Unkündbarkeit mit Zustimmung des Betriebsrats grundsätzlich versetzt werden kann oder ob in einem solchen Fall eine Versetzung - selbstverständlich nur mit Zustimmung des Betriebsrates - nur aus wichtigen Gründen zulässig sein soll und bejahendenfalls, ob dabei unter Abwägung der gegenseitigen Interessen eine für beide Teile tragbare Lösung gesucht werden muß (so das Berufungsgericht). Hiezu fehlt es, soweit ersichtlich, an oberstgerichtlicher Judikatur.

Gegen die erstgenannte Lösung spricht, daß in einem solchen Fall auch ein unfähiger oder untragbarer Arbeitnehmer, der an seinem Arbeitsplatz nicht mehr verwendbar oder tragbar ist, sofern er nicht dennoch wegen Dienstunfähigkeit gekündigt oder in den Ruhestand versetzt werden kann oder er einen Entlassungsgrund gesetzt hat, an seiner bisherigen Dienststelle belassen werden müßte und ihn der Arbeitgeber gegen Bezahlung seiner Bezüge dienstfrei stellen müßte.

Gegen die zweitgenannte Lösung spricht, daß ein unkündbarer Arbeitnehmer in diesem Fall alle Vorzüge seiner Unkündbarkeit verlöre; er wäre mit Zustimmung des Betriebsrates frei versetzbar, was im Ergebnis auf eine Schlechterstellung gegenüber frei kündbaren Arbeitnehmern hinausliefe, weil sich der Dienstgeber in diesem Fall die Änderungskündigung mit den damit für ihn verbundenen finanziellen Risken ersparte.

Damit ist als naheliegend die zuletzt genannte Mittellösung anzupeilen, die die Nachteile der obengenannten Varianten weitgehend auszuschalten geeignet ist. Für diese bietet auch der hier anwendbare Kollektivvertrag hinreichende Anhaltspunkte, und zwar einerseits § 32 Abs 2 iVm § 33 Abs 1 DO.A und andererseits § 32 Abs 3 Z 2 iVm § 36 Abs 3 DO.A.

Gemäß § 32 Abs 3 Z 2 DO.A kann ein unkündbarer Angestellter nach Erfüllung der Wartezeit in den Ruhestand versetzt werden, wenn er, ohne anderwertig am Dienstort oder in dessen Umgebung verwendet werden zu können, deshalb entbehrlich wird, weil sich der Geschäftsumfang des Versicherungsträgers (der betreffenden Einrichtung) durch gesetzliche Maßnahmen, wesentlichen Rückgang der Zahl der Versicherten, Leistungsempfänger bzw Behandlungsfälle oder durch einschneidende Verwaltungsmaßnahmen verringert oder die Einrichtung aufgelassen wird. Es handelt sich hiebei um ein gewisses Korrektiv für die Unkündbarkeit, die die Auflösung des Dienstverhältnisses durch den Dienstgeber ausschließt. Der Sozialversicherungsträger soll nicht zur Aufrechterhaltung des Dienstverhältnisses trotz Entbehrlichkeit des Angestellten verpflichtet sein; die Interessen des Angestellten sind durch den Anspruch auf die Ruhestandsbezüge gewahrt. Erfolgt unter den gleichen Voraussetzungen eine Versetzung, dann bleibt dem Angestellten gemäß § 36 Abs 3 DO.A jedenfalls die Einreihung auf Grund der zuletzt ausgeübten Tätigkeit gewahrt. Die Bestimmung verfolgt das Ziel, Angestellte, die zufolge einer Organisationsänderung nicht mehr am bisherigen Arbeitsplatz verwendet, sondern aus welchen Gründen auch immer, mit geringerwertigen Tätigkeiten befaßt werden, vor einer Verringerung der Bezüge zu bewahren, die bei Anwendung des § 36 Abs 1 DO.A eintreten würde. Der Oberste Gerichtshof sprach in seiner Entscheidung vom , 9 ObA 230, 231/92, DRdA 1993, 364 aus, die Tatsache, daß den Klägern die Möglichkeit einer anderen, gleichwertigen Tätigkeit geboten wurde, diese Verwendung aber daran scheiterte, daß die Kläger nicht in der Lage waren, die an diesem Arbeitsplatz die notwendige Leistung zu erbringen, stehe dem nicht entgegen. Auch wenn die Versetzung auf eine geringerwertige Tätigkeit darin begründet sei, daß der Angestellte, der bisher eine seiner Einstufung entsprechende Dienstleistung ordnungsgemäß erbrachte, deshalb anderwertig nicht dieser Einstufung entsprechend verwendet werden könne, weil er über die für eine andere Tätigkeit erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten nicht verfüge, entspreche die Beibehaltung der Einstufung dem Schutzzweck des § 36 Abs 3 DO.A. Offen ließ der Oberste Gerichtshof im zitierten Fall lediglich, ob eine solche Versetzung durch einseitige Verfügung des Dienstgebers wirksam erfolgen konnte, weil infolge Nichtanfechtung dies nicht mehr Gegenstand des Revisionsverfahrens war.

Im vorliegenden Fall erfolgte die Versetzung nicht wegen einer einschneidenden Verwaltungsmaßnahme, die die Tätigkeit des Klägers im bisherigen Einsatzbereich entbehrlich machte, sondern einerseits wegen der aus den erwähnten Gründen erst nachträglich hervorgekommenen Unfähigkeit des Klägers, die bisherige Arbeit ordnungsgemäß auszuführen, und andererseits wegen der behaupteten Unzumutbarkeit für die beklagte Partei, ihn wegen ihres damit gefährdeten Imageverlustes dort weiter zu beschäftigen. Ist die Versetzung bereits aus dem ersten Grund zulässig, kann der zweite Grund als hier unerheblich ungeprüft bleiben.

Gemäß § 32 Abs 2 DO.A sind unkündbare Angestellte, die die Wartezeit erfüllt haben, in den Ruhestand zu versetzen, wenn Dienstunfähigkeit im Sinn des § 33 DO.A eingetreten ist. Dienstunfähigkeit ist dann gegeben, wenn der Angestellte infolge seines körperlichen oder geistigen Zustandes unfähig ist, den bisherigen oder einen anderen Dienst zu versehen, der von ihm mit Rücksicht auf die bisherige Verwendung und seine Vorbildung billigerweise verlangt werden kann (§ 33 Abs 1 DO.A). Daraus ist zu folgern, daß der Angestellte, der seine bisherigen Dienste infolge Dienstunfähigkeit nicht mehr verrichten kann, nicht grundsätzlich in den Ruhestand zu versetzen ist, sondern, wenn er noch anderwertige, ihm billigerweise zumutbare Dienste versehen kann, mit solchen zu betrauen bzw auf eine Dienststelle zu versetzen ist, wo er solche ausüben kann. Er ist also unter dieser Voraussetzung auch versetzbar und zwar - wenn die eingangs dargelegten Nachteile vermieden werden sollen - auch ohne seine Zustimmung (vgl dazu Arb 9.129).

Der Kläger ist zur ordnungsgemäßen Ausübung seiner früheren Stellung als Leiter der Außenstelle unfähig, mag er dies auch erst wegen der inzwischen eingetretenen Automatisierung der Arbeitsvorgänge bei der beklagten Partei geworden sein, weil er infolge seines fortgeschrittenen Alters offenbar nicht mehr flexibel genug ist, die Umstellung auf Computerarbeit zu schaffen; er ist aber zu den nunmehr zugewiesenen Diensten gerade noch fähig, offenbar weil sie mit sehr geringer Computertätigkeit verbunden sind. Es sind ihm solche Dienste auch zumutbar, weil er mit solchen Arbeiten, wenn auch in weit geringerem Umfang, bereits früher als Leiter einer Außenstelle befaßt war. Er ist an seinem nunmehrigen Arbeitsplatz zu gleichen Bezügen wie früher unter Beibehaltung seiner bisherigen Einreihung in die Gehaltsgruppe DII trotz der an sich geringerwertigen Tätigkeit (CII) beschäftigt. Der Schutzzweck des § 36 Abs 3 DO.A, der auch im vorliegenden Fall beachtet werden muß, ist daher gewahrt (vgl DRdA 1993, 364).

Die Versetzung des Kägers ist daher zulässig: Es liegt für den Dienstgeber ein wichtiger Grund zur Versetzung, nämlich die Unfähigkeit des Klägers zur Leistung der bisherigen Dienste vor. Daß mit der Änderung der Verwendung zu niederwertigeren Tätigkeiten ein gewisser Imageverlust für den Kläger verbunden ist, ist unvermeidbar; dieser hält sich aber gerade durch die Versetzung in die Landeshauptstadt infolge der dort herrschenden größeren Anonymität im Vergleich zu einer Kleinstadt in Grenzen. Eine Weiterverwendung in seinem Heimatort in untergeordneter Stellung wäre wegen der Unfähigkeit zur Arbeit mit dem Computer unmöglich und mit noch größerem Ansehensverlust für den Kläger verbunden. So stellt sich die Versetzung in die Landeshauptstadt, auch wenn sie mit Unbequemlichkeit (lange Fahrzeit) und Fahrtkosten (die allerdings nicht sehr hoch sind) verbunden ist, als für die beklagte Partei noch tragbare Lösung und für den Kläger als das geringste Übel heraus.

Dem gemäß war das berufungsgerichtliche Urteil zu bestätigen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Rechtsgebiet
Zivilrecht
ECLI
ECLI:AT:OGH0002:1995:008OBA00211.95.0914.000
Datenquelle

Fundstelle(n):
NAAAD-91837