OGH vom 07.09.2016, 15Os71/16d

OGH vom 07.09.2016, 15Os71/16d

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Danek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel Kwapinski, Mag. Fürnkranz und Dr. Mann in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Beran als Schriftführerin in der Strafsache gegen Michael H***** wegen des Verbrechens der betrügerischen Krida nach § 156 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Schöffengericht vom , GZ 26 Hv 7/16g 33, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Michael H***** des Verbrechens der betrügerischen Krida nach § 156 Abs 1 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er in K***** als Schuldner mehrerer Gläubiger Bestandteile seines Vermögens in unbekannter, 300.000 Euro nicht übersteigender Höhe verheimlicht und wirklich verringert und dadurch die Befriedigung seiner Gläubiger oder wenigstens eines von ihnen vereitelt oder geschmälert, und zwar

I./ verheimlicht, indem er in den in nachstehenden Exekutionsverfahren des Bezirksgerichts K***** abgelegten Vermögensverzeichnissen nach § 47 EO die Anführung folgender Vermögenswerte unterließ:

1. eine Lebensversicherung bei der B***** AG im Wert von zumindest 1.894 Euro

a) am im Verfahren AZ *****,

b) am im Verfahren AZ *****,

c) am im Verfahren AZ *****;

2. diese Lebensversicherung sowie einen Bausparvertrag bei der B***** mit einem unerhobenen, geringfügigen Einlagenstand

a) am im Verfahren AZ *****,

b) am im Verfahren AZ *****,

c) am im Verfahren AZ *****;

II./ vom bis Mai 2015 verheimlicht und wirklich verringert, indem er jährliche Einkünfte der E***** GmbH von jeweils 20.000 Euro brutto (Gesamthöhe 120.000 Euro) in den zu I./ genannten Vermögensverzeichnissen nicht anführte „und die Zahlungen nach Einlangen am Konto in bar behob und seiner Tochter Michaela H***** zukommen ließ oder für sie Rechnungen bezahlte, ohne dass es hiefür einen Rechtsgrund gegeben hätte.“

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5 und 9 lit a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten. Diese verfehlt ihr Ziel.

Entgegen dem Beschwerdeeinwand blieb die Konstatierung, der Angeklagte habe die Zahlungen der E***** GmbH seiner Tochter geschenkt oder Zahlungen für sie und das von ihr betriebene Unternehmen getätigt, ohne dass es hiefür einen Rechtsgrund gegeben hätte (US 7, 10), und so sein Vermögen verringert, nicht offenbar unbegründet (Z 5 vierter Fall). Sie wurde vielmehr – im Einklang mit den Grundsätzen logischen Denkens und allgemeinen Erfahrungssätzen – aus dem persönlichen Leistungsgegenstand der Vereinbarung mit der E***** GmbH, dem Umstand, dass die Zahlungen auf das private Konto des Angeklagten flossen, sowie aus der Aussage des Zeugen He***** abgeleitet (US 14 bis 16).

Soweit der Beschwerdeführer dies unter eigenständiger Erörterung und Bewertung von Beweisergebnissen unter Anstellung einer „lebensnahen“ und „wirtschaftlichen Betrachtungsweise“ bestreitet, bekämpft er lediglich die Beweiswürdigung der Tatrichter nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht zulässigen Berufung wegen Schuld. Auch der Vorwurf, das Schöffengericht habe „den tatsächlichen Lebenssachverhalt und grundlegende wirtschaftliche Zusammenhänge“ verkannt, lässt kein nichtigkeitsrelevantes Begründungsdefizit erkennen.

Entgegen der weiteren Kritik blieben auch die Feststellungen zu I./ nicht unbegründet (Z 5 vierter Fall), sondern wurden das Tatbild betreffend auf die vorliegenden Vermögensverzeichnisse gegründet (US 12). In subjektiver Hinsicht verwarfen die Tatrichter – gestützt auf das zeitliche Naheverhältnis zwischen Einzahlungen auf den Bausparvertrag und abgegebenen Vermögensverzeichnissen – die Verantwortung des Angeklagten, die Nennung der Vermögenswerte schlicht vergessen zu haben, als unglaubwürdige Schutzbehauptung, was unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit nicht zu beanstanden ist (US 12 f).

Unvollständig im Sinn der Z 5 zweiter Fall des § 281 Abs 1 StPO ist ein Urteil dann, wenn das Gericht bei der für die Feststellung entscheidender Tatsachen angestellten Beweiswürdigung erhebliche, in der Hauptverhandlung vorgekommene Verfahrensergebnisse unberücksichtigt lässt (RIS Justiz RS0098646). Indem die Beschwerde unter diesem Titel bloß die Verantwortung des Angeklagten und die diese stützende Aussage seiner Tochter wiederholt, die beide berücksichtigenden Ausführungen der Tatrichter jedoch vernachlässigt (US 14 ff), vermag sie keine Unvollständigkeit in der dargestellten Bedeutung aufzuzeigen.

Welcher Konstatierungen zu den „weiteren Einkommensverhältnissen des Angeklagten“ über die ohnehin getroffenen hinaus (US 3) es zur rechtsrichtigen Beurteilung des Sachverhalts bedurft hätte, gibt die Beschwerde (der Sache nach Z 9 lit a), nicht an (zum für geleistete Arbeit erzielten Entgelt vgl RIS Justiz RS0063677). Zudem geht sie in ihrer Argumentation – entgegen den Urteilsannahmen (US 3) – von einer Sorgepflicht des Angeklagten für seine Ehegattin aus.

Gegenstand von Rechts und Subsumtionsrüge ist ausschließlich der Vergleich des zur Anwendung gebrachten materiellen Rechts, einschließlich prozessualer Verfolgungsvoraussetzungen, mit dem festgestellten Sachverhalt. Die gesetzesgemäße Ausführung eines materiell rechtlichen Nichtigkeitsgrundes hat daher das Festhalten am gesamten im Urteil festgestellten Sachverhalt, dessen Vergleich mit dem darauf anzuwendenden Gesetz und die Behauptung, dass das Erstgericht bei Beurteilung dieses Sachverhalts einem Rechtsirrtum unterlegen ist, zur Voraussetzung (RIS Justiz RS0099810).

Indem die Beschwerde (Z 9 lit a) anhand eigenständiger beweiswürdigender Erwägungen behauptet, die Vereinbarungen der Michaela H***** mit E***** GmbH einerseits und des Angeklagten mit diesem Unternehmen andererseits würden eine wirtschaftliche Einheit darstellen, es sei von einem wirtschaftlichen Gesamtvorgang auszugehen, vernachlässigt sie die konträren erstgerichtlichen Konstatierungen (US 8 ff) und verfehlt so die Kriterien prozessordnungskonformer Anfechtung.

Gleiches gilt für das Vorbringen, angesichts der vom Angeklagten für das Unternehmen der Tochter getätigten Aufwendungen sei „kein Befriedigungsfonds der Gläubiger geschmälert“ worden, das nicht an den Feststellungen der Tatrichter festhält, die für diese Zahlungen keinen Rechtsgrund fanden (US 7 vorletzter Absatz, US 10 zweiter Absatz). Eine Notwendigkeit, diese Auslagen ziffernmäßig festzustellen, bestand daher nicht.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:OGH0002:2016:0150OS00071.16D.0907.000