OGH vom 14.02.2017, 11Os146/16d

OGH vom 14.02.2017, 11Os146/16d

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger, Mag. Michel und Mag. Fürnkranz und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Oeljeschläger als Schriftführerin in der Strafsache gegen Caroline W***** und einen anderen Angeklagten wegen des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 2, 148 erster Fall StGB (idF vor StRÄG 2015) und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom , GZ 127 Hv 42/15z-106, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung werden zurückgewiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen – auch weitere Freisprüche enthaltenden – Urteil wurden Ferdinand Wa***** und Caroline W***** von den wider sie erhobenen Vorwürfen – soweit hier von Relevanz zusammengefasst wiedergegeben –, sie hätten in W*****

I./ in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung der Taten eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, sowie mit dem Vorsatz, sich unrechtmäßig zu bereichern, Nachgenannte durch Täuschung über Tatsachen zu Handlungen verleitet, durch die diese in einem insgesamt 50.000 Euro übersteigenden Betrag am Vermögen geschädigt wurden, wobei die Schadenssummen der einzelnen Angriffe großteils 3.000 Euro überstiegen, und zwar

...

B./ Ferdinand Wa***** zu einem noch festzustellenden Zeitpunkt vor März 2011 sowie am 8. März und Waltraud P***** durch die Vortäuschung seiner Rückzahlungsfähigkeit und -willigkeit zur Gewährung eines Darlehens in Höhe von insgesamt 40.900 Euro, wobei er lediglich 3.900 Euro zurückzahlte;

C./ Eigentümer bzw Hauptmieter der im Urteil näher bezeichneten Wohnungen durch Täuschung darüber, zahlungsfähige und zahlungswillige Mieter zu sein, zum Abschluss eines Mietvertrags und mietweiser Überlassung der Wohnung, wobei sie schon zu Vertragsbeginn planten, die Miete schuldig zu bleiben bzw nur völlig unzureichende Zahlungen zu leisten, und zwar Ferdinand Wa***** in vier Fällen alleine (I./C./1./, 2./, 3./ und 5./) und in einem Fall im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit Caroline W***** als Mittäterin (I./C./4./);

III./ Caroline W***** im Zeitraum von bis November 2013 als Schuldnerin mehrerer Gläubiger während des gegen sie anhängigen Abschöpfungsverfahrens zu AZ ***** des Bezirksgerichts H***** ihr Vermögen

...

B./ verheimlicht, indem sie Einkünfte aus Barbehebungen und Überweisungen vom Firmenkonto der A***** GmbH (Punkt II./A./ des Urteilstenors) auf ihr Konto in Höhe von 38.070 Euro dem Bezirksgericht H***** und den Gläubigern verschwieg,

wobei sie durch die Tat einen 50.000 Euro übersteigenden Schaden herbeiführte;

gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.

Rechtliche Beurteilung

Gegen den Freispruch zu I./B./, und I./C./ betreffend den Angeklagten Wa***** sowie zu I./C./4./ und III./B./ betreffend die Angeklagte W***** richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5 und 9 lit a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft.

Der Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) zuwider wurden – aus der Gesamtheit der Entscheidungsgründe ersichtlich (RIS-Justiz RS0119370) – Beweisergebnisse zu Aufwendungen und Einkünften des Angeklagten Wa***** nicht übergangen, sondern die Aufwendungen nach Ansicht der Tatrichter weitgehend für den Geschäftsaufbau benötigt (US 10 f, 16, 22, 31, 33 f). Die von der Beschwerde dazu isoliert hervorgehobenen Details aus Urkunden (ON 42, 45) und Angaben der Zeugen Waltraud P*****, Dr. Alexander S***** und Morten Se***** waren zu I./B./ im Zusammenhang mit den Erwägungen zur Zahlungswilligkeit und zum Schädigungsvorsatz des Ferdinand Wa***** im (allein entscheidenden) Tatzeitpunkt daher nicht im Detail erörterungsbedürftig (RIS-Justiz RS0098778, RS0106295).

Unter dem Gesichtspunkt der Begründungstauglichkeit (Z 5 vierter Fall) sind die Schlussfolgerungen des Erstgerichts zur Zahlungswilligkeit des Angeklagten Wa*****, der im Zeitpunkt der Darlehensgewährung zu I./B./ seine finanzielle Lage gegenüber Waltraud P***** offengelegt und auf Geschäftsabschlüsse, die letztlich großteils auch zu Stande kamen, sowie auf die Unterstützung seines Freundes Dr. S***** (US 22 ff, insbesondere US 25) vertraut habe, nicht zu beanstanden. Dass der Beschwerdeführerin die Argumente des Erstgerichts nicht überzeugend erscheinen und aus einer später allenfalls vorgelegenen Zahlungsfähigkeit in Verbindung mit der tatsächlich nur unzureichend vorgenommenen Schuldentilgung auch andere Schlüsse denkbar gewesen wären, vermag weder eine unzureichende Begründung (RIS-Justiz RS0099535) noch einen unauflösbaren Widerspruch der bekämpften Feststellungen „mit sich selbst und den Angaben der Zeugin Waltraud P*****“ (Z 5 dritter Fall) herzustellen (RIS-Justiz RS0117402).

Entgegen dem Einwand der Mängelrüge zu I./C./1./ bis 4./ (Z 5 vierter Fall, nominell auch zweiter und dritter Fall) haben die Tatrichter ihre Annahme der Zahlungsfähigkeit und -willigkeit Ferdinand Wa*****s bei Abschluss der Mietverträge nicht unbegründet gelassen, sondern aus dessen für glaubwürdig erachteten Depositionen (US 25 ff) und den diese hinsichtlich des äußeren Geschehensablaufs bestätigenden Schilderungen der Zeugen Eveline G***** (US 26), Dr. Valentina und Dr. Monika Sp***** (US 27), Dr. Alexander S***** (US 28 f, 31) und Claudia B***** (US 29 f) abgeleitet. Die unter eigenständiger Interpretation des Zahlungsverhaltens des Angeklagten angestellten Überlegungen der Staatsanwaltschaft zu einem „Muster“ in seiner Vorgangsweise kritisieren bloß nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung die – einen solchen Tatplan mit Blick auf diverse, jeweils nach der Vertragsunterzeichnung aufgetretene Faktoren verwerfende – gerichtliche Beweiswürdigung (vgl US 27 ff). Soweit die Beschwerde die Ausführungen zur Hinterlegung einer Kaution bei Anmietung der Wohnungen beanstandet, legt sie ihnen den aus dem Urteil (US 30 f) nicht ableitbaren Bedeutungsinhalt zu Grunde, eine Kaution würde nach Ansicht der Tatrichter primär zur Abgeltung offener Mietzinsansprüche hinterlegt. Im Übrigen handelt es sich dabei bloß um die Bejahung eines einzelnen als erheblich bewerteten Umstands, der erkennbar keine notwendige Bedingung für die Verneinung des entsprechenden Tatvorsatzes war und solcherart aus Z 5 nicht bekämpft werden kann (vgl RIS-Justiz RS0116737).

Nach den Feststellungen des Schöffengerichts erwiesen sich die zu III./B./ inkriminierten Eingänge auf das Privatkonto der Caroline W***** als zweckgewidmete Zahlungen von „Familienangehörigen“ für die beiden Kinder und gemeinsame „Familienurlaube“, jedoch nicht als „Geschenke direkt für die Zweitangeklagte persönlich“ (US 16 f, 34 ff). Auf dieser Grundlage beruht schließlich auch die der zum Anklagevorwurf betrügerischer Krida leugnenden Einlassung der Angeklagten folgende Überzeugung der Tatrichter, wonach sie „auch nicht mit dem für eine Verurteilung erforderlichen Schädigungsvorsatz handelte“ (US 17, 37). Dieser Konstatierung steht deren im Schuldenregulierungsverfahren erfolgte Belehrung über die ihr nach § 210 IO im Insolvenzverfahren zukommenden Obliegenheiten – wonach ein Schuldner auch hinsichtlich Vermögen, das er (selbst) durch unentgeltliche Zuwendung erworben hat, herausgabepflichtig ist – nicht erörterungsbedürftig (Z 5 zweiter Fall) entgegen (RIS-Justiz RS0098646).

Indem die Beschwerdeführerin im Anschluss an ihr Vorbringen zur Mängelrüge jeweils unter Berufung auf § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO gegenteilige Feststellungen zu tatsächlich getroffenen einfordert, vermag sie weder einen Rechtsfehler mangels Feststellungen (RIS-Justiz RS0119884) noch einen Feststellungsmangel (RIS-Justiz RS0118580) aufzuzeigen. Sie legt auch nicht aus dem Gesetz abgeleitet dar, aus welchem Grund auf Basis des im Urteil festgestellten Sachverhalts rechtsrichtig ein Schuldspruch zu fällen gewesen wäre (RIS-Justiz RS0099810).

Die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft war daher in Übereinstimmung mit dem Croquis in nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Da dem Ankläger die Berufung gegen die Verweisung der Ansprüche der Privatbeteiligten Waltraud P***** auf dem Zivilrechtsweg (§ 366 Abs 1 StPO) nicht offensteht (§ 283 Abs 4 StPO) und das – gänzlich freisprechende Urteil – keinen Strafausspruch enthält (§ 283 Abs 1, Abs 2 StPO) enthält, war auch die (bloß angemeldete, aber nicht zurückgezogene) Berufung der Staatsanwaltschaft zurückzuweisen.

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2017:0110OS00146.16D.0214.000
Schlagworte:
Strafrecht

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