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OGH vom 24.01.2006, 10Ob9/05d

OGH vom 24.01.2006, 10Ob9/05d

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger, Dr. Hoch, Hon. Prof. Dr. Neumayr und Dr. Schramm als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei E***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Stefan Gloß und andere Rechtsanwälte in St. Pölten, gegen die beklagte Partei Republik Österreich (Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur), vertreten durch die Finanzprokuratur, Singerstraße 17-19, 1011 Wien, wegen EUR 5.055,82 s.A., infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom , GZ 37 R 370/04t-47, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom , GZ 36 C 219/02b-39, bestätigt wurde, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 333,12 EUR bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.

Text

Begründung:

Dem Verfahren liegt zugrunde, dass sich die klagende Partei im Jahr 1999 an einem Vergabeverfahren über die Starkstromanlage beim Bauvorhaben „H*****" (K*****) in L***** beteiligt hat; ihr Angebot wurde wegen terminlicher Unzuverlässigkeit ausgeschieden. Zuvor war die klagende Partei im Jahr 1994 als Best- und Billigstbieter beim Bauvorhaben K*****, zum Zuge gekommen; in zwei Schreiben war ihr als Fertigstellungstermin (Ende) 1998 genannt worden. Im Zuge der Bauausführung ergingen von der örtlichen Bauaufsicht mehrmals Aufforderungs- und Urgenzschreiben an die klagende Partei, in denen auf von der klagende Partei verursachte Terminverzögerungen und Koordinationsprobleme hingewiesen wurde. Der Geschäftsführer der klagenden Partei wies die Vorwürfe jeweils zurück. Bei zahlreichen von der klagenden Partei ausgeführten Arbeiten handelte es sich um „Nachtragsarbeiten", dh solche, die zB wegen Planungsänderungen nachträglich notwendig wurden. Einer der Hauptvorwürfe an die klagende Partei bestand darin, dass ein Verzug bei der Herstellung der Brandmeldeanlage vorgelegen sei. Diese Brandmeldeanlage wurde von der klagenden Partei auch tatsächlich hergestellt; sie war im ursprünglichen Auftrag nicht enthalten gewesen, weshalb mit den diesbezüglichen Arbeiten auch erst später begonnen werden konnte.

Das K***** Bauvorhaben wurde unter großem Zeitdruck abgewickelt. Die klagende Partei war von einem Fertigstellungstermin Ende 1998 ausgegangen. Erst im Frühjahr 1998 wurde der klagenden Partei ein handschriftlich verbesserter Bauzeitplan mit einer geplanten Einweihungsfeier übergeben. Die Schule sollte während der österreichischen Ratspräsidentschaft offiziell am eröffnet werden. Zweifellos gab es von der klagenden Partei verursachte terminliche Probleme und Verzögerungen. Von der örtlichen Bauaufsicht wurde darauf reagiert. Die klagende Partei konnte ihre Arbeiten bis zum genannten Endtermin so weit fertigstellen, dass nach Schlussrechnungslegung durch die klagende Partei am diese Rechnung zur Gänze ohne Abzüge beglichen wurde. Es kann nicht festgestellt werden, dass die klagende Partei nicht über ausreichendes Personal verfügt bzw nicht ausreichendes Personal auf der Baustelle zum Einsatz gebracht hätte. Es kann auch nicht festgestellt werden, dass durch die klagende Partei kostenintensive Verzögerungen verursacht worden wären. Schließlich kann auch nicht festgestellt werden, dass die klagende Partei bei einem anderen Bauvorhaben des Bundes eine ungebührliche Verzögerung verursacht hätte.

Zum Bauvorhaben K*****, A*****-Gebäude, Starkstromanlage:

Mit Schreiben vom teilte das Amt der Niederösterreichischen Landesregierung dem Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten mit, dass die klagende Partei beim Bauvorhaben „K*****" die Elektroinstallationsarbeiten ausgeführt habe. Obwohl das Bauvorhaben zügig abgewickelt werden habe können, hätte sich ein Missverhalten der klagenden Partei ergeben, die nur sehr mangelnd bereit gewesen sei, innerhalb der gesetzten Termine die ordnungsgemäßen Leistungen zu erbringen. Dadurch sei es zu einer Verzögerung des Gesamtfertigstellungstermins gekommen, der per Ende Februar 1998 mit einem Monat Spielraum vorgesehen gewesen sei. Trotz zahlreicher Aufforderungen sei die klagende Partei erst nach Beendigung anderer Baustellen Anfang April auf der Baustelle in K***** erschienen. Es sei sogar ernsthaft überlegt worden, den für den festgelegten Eröffnungstermin zu verschieben, was aber aufgrund des nach heftigen Interventionen doch verstärkten Einsatzes der klagenden Partei nicht nötig gewesen sei. Das Bundesministerium wurde daher gebeten, eventuell bei anderen Bauvorhaben entsprechende Schritte zu setzen.

Dieses Schreiben führte zu einem Erlass des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom , der mit der Firma der klagenden Partei und „terminliche Unzuverlässigkeit" überschrieben war und auszugsweise folgenden Inhalt hat: „Die Fa. .... hat bei der Lieferung und Montage von Elektroanlagen für ein Bundesbauvorhaben .... solche terminliche Unzuverlässigkeit an den Tag gelegt, dass es zu großen Zeitverzögerungen für andere Auftragnehmer kam und zur Zeit der feierlichen Übergabe des Gebäudes an den Nutzer noch Montagearbeiten ausständig waren. Da das Bundesvergabegesetz das subjektive Recht eines Bieters auf Teilnahme an einem Verfahren impliziert, kann die vor Jahren in solchen Fällen erfolgte Firmensperre nur noch in der Form vollzogen werden, dass bei den Baudienststellen die Unzuverlässigkeit dieser Firma auf bestimmte Zeit vorgemerkt wird. Sollte sie in dieser Zeit ein Angebot abgeben, so kann dieses bzw muss dieses immer wieder aufs Neue ausgeschieden werden. Eine Verweigerung der Aushändigung der Angebotsunterlagen ist nach neuer Rechtslage unzulässig und würde eine wahrscheinlich erfolgreiche Anrufung des Bundesvergabeamtes ermöglichen. Es wird daher der do. Dienststelle empfohlen, die Firma ... bis Ende 1999 zu keinem Verhandlungsverfahren und zu keinem nicht offenen Verfahren einzuladen und eventuelle Angebote zufolge offener Verfahren wegen terminlicher Unzuverlässigkeit im Sinne des Bundesvergabegesetzes § 52 Abs 1 Z 1 während der o.a. Frist immer wieder auszuscheiden."

Dieser Erlass erging unter anderem an die Landeshauptleute von Niederösterreich und Oberösterreich.

Mit Schreiben vom lud das Amt der Oberösterreichischen Landesregierung zur Angebotsabgabe betreffend das Bauvorhaben „L*****, A*****-Gebäude, Starkstromanlage" ein. Diesem Schreiben lagen die Angebotsbestimmungen bei.

Der geschätzte Auftragswert des Bauauftrages war (ohne USt) so hoch, dass die ÖNorm A 2050 in der Ausgabe vom anzuwenden war, nicht aber die Erstreckungsverordnung. Als Ausschreibungs- bzw Zuschlagskriterien waren in den Leistungsbeschreibungen lediglich folgende Passagen enthalten:

„00701L Beurteilung der Angebote

Nachfolgende Gesichtspunkte werden zur Beurteilung der Angebote (entsprechend Ö-Norm A 2050 Punkt 2.1.5) herangezogen:

Technische und wirtschaftliche Kriterien ....

Weiters wird bei der Beurteilung der Angebote die Terminverlässlichkeit und Ausführungsqualität (von laufenden und abgeschlossenen Bauvorhaben) herangezogen.

000702L Vertiefte Angebotsprüfung:

Nachfolgende Positionen gelten für die vertiefte Angebotsprüfung (entsprechend Ö-Norm 2050.2.1.6.) als wesentlich: ..."

Die klagende Partei legte termingerecht ihr den Bestimmungen entsprechendes Anbot vom mit einer Gesamtsumme von ATS 694.1982,80 (ohne USt und vor Nachlässen und Aufschlägen). Insgesamt wurden sieben Anbote abgegeben. Aufgrund des angeführten Erlasses des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten wurde die klagende Partei als Billigstbieterin wegen terminlicher Unzuverlässigkeit ausgeschieden und der Auftrag an die zweitgereihte Firma J. K***** aus L***** vergeben. Deren Angebot enthielt eine Netto-Auftragssumme von ATS 702.341,98.

Eine eigene Prüfung der terminlichen Unzuverlässigkeit der klagenden Partei fand im Rahmen des Vergabeverfahrens nicht statt. Neben dem schon erwähnten Erlass des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten erinnerte „man" sich in Oberösterreich an ein Bauprojekt aus dem Jahr 1988, bei dem es Schwierigkeiten mit der „Vorgängerfirma" der klagenden Partei gegeben hatte; diese beruhten jedoch nicht auf terminlichen oder technischen Unzuverlässigkeiten, sondern auf Problemen mit der Schlussrechnung.

Mit Schreiben des Amtes der Oberösterreichischen Landesregierung vom wurde der klagenden Partei mitgeteilt, dass der Auftrag an die Firma J. K***** aus L***** mit einer Netto-Auftragssumme von ATS 702.341,98 vergeben wurde. Auf Nachfrage der klagenden Partei wurde ihr mit einem weiteren Schreiben vom bekannt gegeben, dass sie aufgrund eines Schreibens des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten wegen terminlicher Unzuverlässigkeit iSd § 52 Abs 1 Z 1 Bundesvergabegesetz ausgeschieden worden sei. Es kann nicht festgestellt werden, ob die klagende Partei auch Bestbieter war und ob ihr als Bestbieter der Zuschlag hätte erteilt werden müssen.

Die klagende Partei begehrt von der beklagten Partei einen Betrag von EUR 5.044,82 s.A. Sie sei mit ihrem Angebot von ATS 694.182,80 Billigst- und Bestbieter gewesen, jedoch zu Unrecht ausgeschieden worden. Sie sei in der Lage gewesen, das Bauvorhaben auftrags- und ordnungsgemäß sowie termingerecht durchzuführen; sie habe auch über das dafür erforderliche Personal verfügt. Sie sei nie aufgefordert worden, etwaige Angaben oder Nachweise zu erbringen. Die beklagte Partei habe insbesondere gegen die zwingend anzuwendende ÖNorm A 2050 verstoßen. Mangels an in den Leistungsbeschreibungen angegebenen Kriterien sei der Billigstbieter auch Bestbieter, sofern er technisch und wirtschaftlich in der Lage sei, das Bauvorhaben durchzuführen. Hätte die klagende Partei den Zuschlag erhalten, hätte sie 10 % Gewinn, somit EUR 5.055,82 erwirtschaftet.

Die beklagte Partei wendet ein, dass die klagende Partei zu Recht wegen wirtschaftlicher und technischer Unzuverlässigkeit - im Hinblick auf die Vorkommnisse beim Bauvorhaben K***** - ausgeschieden worden sei. Darüber hinaus sei der Bestbieter anhand der in der Ausschreibung festgelegten Kriterien zu ermitteln. Seien diese Kriterien - wie gegenständlich - nicht gewichtet worden oder sei eine Reihenfolge nicht angegeben, so könne bei - wie hier - sehr eng nebeneinanderliegenden Angeboten mangels Kenntnis der Präferenz des Ausschreibenden der Beweis, als Bestbieter übergangen worden zu sein, nicht erbracht werden.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Von den Angeboten, die nach dem Ausscheiden gemäß 4.5 der ÖNORM A 2050 übrig bleiben, sei gemäß Punkt 4.6. der ÖNORM der Zuschlag dem technisch und wirtschaftlich günstigsten Angebot gemäß den nach Punkt 2.1.5 festgesetzten Kriterien zu erteilen (Bestbieterprinzip). Die Kriterien seien jedoch gegenständlich nicht gewichtet worden. Es sei lediglich festgehalten, dass technische und wirtschaftliche Kriterien sowie die Terminverlässlichkeit und die Ausführungsqualität zur Beurteilung der Angebote heranzuziehen seien; eine Wertung habe nicht stattgefunden. Die Angebote (Netto-Auftragssummen) der Fa. J. K***** und der klagenden Partei lägen sehr eng nebeneinander. In diesem Fall könne mangels Kenntnis der Präferenzen des Ausschreibenden der Beweis, als Bestbieter übergangen worden zu sein, auch durch einen Sachverständigen (wie er von der klagenden Partei beantragt worden sei) nicht erbracht werden; der Bieter sei auf den Ersatz des Vertrauensschadens beschränkt.

Da die klagende Partei ausdrücklich das Erfüllungsinteresse begehre (Gewinn von 10 % des Anbotes), sei die Klage abzuweisen. Das Berufungsgericht gab der Berufung der klagenden Partei nicht Folge. Es übernahm die erstgerichtlichen Feststellungen und führte in rechtlicher Hinsicht aus: Bei der Frage, ob einer übergangenen Bieterin das Erfüllungsinteresse zuerkannt werden könne, handle es sich um eine Frage des Kausalzusammenhangs zwischen dem rechtswidrigen Verhalten der beklagten Partei und dem behaupteten Schaden in Form des entgangenen Gewinns infolge des nicht zustande gekommenen Geschäfts. Die Behauptungs- und Beweislast hinsichtlich der Kausalität obliege grundsätzlich und zumutbarerweise dem (im Allgemeinen fachkundigen) Geschädigten, weil er die Kalkulationsunterlagen erstellt habe und gewöhnlich auch die Angebote der Mitbewerber kenne. Selbst wenn im konkreten Fall die Beweisführung, dass sich die klagende Partei bei korrekter Ausschreibung gegen alle potenziellen Mitbewerber durchgesetzt hätte und Bestbieterin gewesen wäre, besonders schwierig sei, rechtfertige dies nicht die Umkehrung der Beweislast, weil nicht Beweisschwierigkeiten im einzelnen Fall, sondern lediglich strukturelle Beweislagen, die aus typischen Haftungsgrundlagen die Durchsetzung von Ersatzansprüchen ganz allgemein verwehren, eine solche Beweislastverschiebung rechtfertigen könnten. Aus diesem Grund komme der klagenden Partei hinsichtlich des Nachweises der Kausalität keinesfalls ein prima facie-Beweis zu.

Die Ö-NORM A 2050 normiere für den gegenständlichen Fall das Bestbieterprinzip. Gemäß Punkt 4.6 der Ö-NORM A 2050 sei von den Angeboten, die nach dem Ausscheiden gemäß Punkt 4.5 übrig blieben, der Zuschlag dem technisch und wirtschaftlich günstigsten Angebot gemäß den nach Punkt 2.1.5 festgelegten Kriterien zu erteilen. Gemäß Punkt 2.1.5 der Ö-NORM 2050 seien in der Ausschreibung die nach Punkt

1.8 als erforderlich erachteten Nachweise sowie die Kriterien für die Wahl des Angebotes für den Zuschlag gemäß Punkt 4.6 einschließlich aller Gesichtspunkte anzugeben, die bei der Beurteilung der Angebote in Betracht gezogen würden.

Nach ständiger Rechtsprechung - insbesondere des Bundesvergabeamtes - müsse der Auftraggeber Zuschlagskriterien angeben, wenn er sich für das Bestbieterprinzip entscheide. Die Zuschlagskriterien seien auftrags- und nicht bieterbezogen. In Betracht kämen vor allem solche Kriterien, die eine abgestufte, vergleichende Bewertung der Angebote ermöglichten. Die Auswahl könne sich nur auf Kriterien erstrecken, die der Ermittlung des wirtschaftlich günstigsten Angebots dienten. Diese Kriterien müssten objektiv und auch tatsächlich zur Auswahl der besten Leistung geeignet sowie für die Bieter aus Transparenzgründen klar ersichtlich sein.

Da im gegenständlichen Fall in der Leistungsbeschreibung keine objektiv nachvollziehbaren Zuschlagskriterien aufgenommen worden seien, sei unabhängig davon, warum letztlich der Firma K***** der Zuschlag erteilt worden sei, auch im gerichtlichen Verfahren keine objektiv nachvollziehbare Bestbieterermittlung möglich. Aus diesem Grund sei für die klagende Partei der Nachweis der Kausalität, nämlich dass ihr als Bestbieter der Zuschlag hätte erteilt werden müssen, nicht möglich, weshalb ihr auch der Ersatz des Erfüllungsinteresses nicht zustehe. Mangels prinzipieller Unmöglichkeit des Nachweises der Bestbietereigenschaft habe auch von den diesbezüglichen Beweisanträgen der klagenden Partei abgesehen werden können.

Die ordentliche Revision sei zulässig, weil zur Frage, ob der Vertrauensschaden oder der Erfüllungsschaden zu ersetzen sei, keine gesicherte höchstgerichtliche Rechtsprechung vorhanden sei. Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der klagenden Partei aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne der Fällung eines Zwischenurteils im klagsstattgebenden Sinn. Hilfsweise wird ein Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag gestellt.

In ihrer Revisionsbeantwortung beantragt die beklagte Partei, die außerordentliche Revision zurückzuweisen, in eventu ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist entgegen dem Ausspruch des Berufungsgerichtes nicht zulässig.

Für den vorliegenden Fall gelten gemäß § 188 Abs 1 und 6 Z 1 BVergG 2002 für die Beurteilung der schadenersatzrechtlichen Ansprüche aus der Nicht-Vergabe an die klagende Partei die Regelungen des BVergG 1997 (Latzenhofer, BVergG 2002 - In-Kraft-Treten des Rechtsschutzsystems, ZVB 2002, 260 [264 f]). Dessen § 13 Abs 1 wiederum verweist auf die ÖNORM A 2050 vom (Anlage zur Allgemeinen Bundesvergabeverordnung - ABVV, BGBl 1994/17), soweit ihr Inhalt nicht gemeinschaftsrechtlichen oder bundesgesetzlichen Regelungen (abgesehen von den Bestimmungen des 3. Teiles des BVergG 1997) oder den aufgrund des 2. Teiles des BVergG 1997 erlassenen Verordnungen widerspricht.

Wie der Oberste Gerichtshof schon mehrfach ausgesprochen hat, kann

die Verletzung der Vergabevorschriften - auch nach Zuschlagserteilung

- zu gerichtlich durchsetzbaren Schadenersatzverpflichtungen des

Vergebers führen (anstatt vieler 7 Ob 148/01t = JBl 2002, 115

[Rummel] = ZVB 2001/59 [Sturm] = RPA 2001, 145 [Pock] mwN; 1 Ob

239/02g = SZ 2003/85; siehe auch die Zusammenstellungen in 1 Ob

201/99m = SZ 73/55 und bei Wilhelm, Bestbieters Sieg im Vergaberecht

[1999] 19 ff). Nach herrschender Ansicht kann (neben bzw statt der

Kosten der Beteiligung am Vergabeverfahren) grundsätzlich - so wie

auch hier von der klagenden Partei - das Erfüllungsinteresse begehrt

werden (anstatt vieler RIS-Justiz RS0113629; Rummel, Zivilrechtliche

Probleme des Vergaberechts, ÖZW 1999, 1 [10 ff]; Reinbacher,

Schadenersatz im Vergaberecht [2002] 102 ff, 114 ff), wobei zu

bedenken ist, dass Erfüllungsinteresse und entgangener Gewinn

keinesfalls gleichgesetzt werden dürfen; auch im Rahmen des

Vertrauensschadens kann entgangener Gewinn zustehen, etwa bei einer

durch das Vergabeverfahren bedingten Ablehnung anderer Aufträge

(Rummel aaO 11 f).

Ein Zuspruch des Erfüllungsinteresses setzt voraus, dass der

klagenden Partei der Zuschlag erteilt hätte werden müssen (RIS-Justiz

RS0030354 [T6]), weshalb sie den Beweis zu erbringen hat, nicht nur

Billigst-, sondern bei rechtmäßiger Vorgangsweise auch Bestbieter

gewesen zu sein (1 Ob 110/02m = SZ 2003/26; Kluger, Überlegungen zur

Effizienzsteigerung im vergaberechtlichen Schadenersatz, in Sachs

[Hrsg], Schwerpunkte II zum BVergG 2006 [2005] 307 [310 ff]; Aicher

in Schramm/Aicher/Fruhmann/Thienel [Hrsg], BVergG 2002 [2002] § 181

Rz 2, 12, 19, 39 ff). Anzumerken ist, dass - entgegen der Ansicht des

Berufungsgerichtes im Ausspruch über die Zulässigkeit der Revision -

die Frage, wann ein Anspruch auf Ersatz des Vertrauensschadens

besteht und wann der Ersatz des Erfüllungsinteresses gebührt,

mittlerweile für die Regelfälle in gesicherter Rechtsprechung geklärt

ist (siehe etwa 1 Ob 110/02m = SZ 2003/26; 8 Ob 183/02y = ecolex

2003, 677 = bbl 2003, 199 = wbl 2004, 38 mwN; 6 Ob 177/03b = RdW

2004, 741 = ZVB 2004/94; 5 Ob 49/05z uva; Holly, Verfahren und

Rechtsschutz nach dem neuen Vergaberecht, immolex 2002, 309 [316]);

nicht gänzlich klar sind die dogmatischen Grundlagen für die Haftung insbesondere auf das Erfüllungsinteresse (siehe etwa Diregger, Gibt es nach Bundesvergaberecht eine „echte Chance" auf Schadenersatz, wbl 2000, 442; Aicher aaO § 181 Rz 14 ff).

Zur Frage der Beweislast hat der Oberste Gerichtshof zuletzt in der Entscheidung 5 Ob 49/05z [tw veröff in bbl 2005/210] die schon in

jüngeren Vorentscheidungen (1 Ob 110/02m = SZ 2003/26; 6 Ob 177/03b =

RdW 2004, 741 = ZVB 2004/94) geäußerte Ansicht bestätigt, dass beim

Widerruf von Ausschreibungen und im Fall von an sich zu widerrufenden Ausschreibungen keine Umkehr der Beweislast eintritt. Da der Billigstbieter auch nicht „sozusagen formelhaft" der Bestbieter ist, kommt auch eine Beweiserleichterung in Form eines Anscheinsbeweises nicht zum Tragen.

In der Entscheidung 5 Ob 49/05z hat der Oberste Gerichtshof - so wie schon in der Entscheidung 6 Ob 177/03b - ausführlich dargelegt, dass in einer Ausschreibung, die mangels Gewichtung der Zuschlagskriterien rechtswidrig ist, kein Zuschlag erteilt werden dürfte, weshalb auch

kein Ersatz des Erfüllungsinteresses gebühren kann (ebenso 8 Ob 39/05a). Der Standpunkt der klagenden Partei liefe darauf hinaus,

dass die Bestbietereigenschaft aus ihrer Billigstbietereigenschaft im rechtswidrigen Vergabeverfahren hergeleitet werde, was aber dem Bestbieterprinzip widerspricht. Die Abweisung des Begehrens auf das Erfüllungsinteresse durch die Vorinstanzen steht daher mit der Judikatur des Obersten Gerichtshofs im Einklang. Mangels erheblicher Rechtsfrage ist die Revision zurückzuweisen.

Die beklagte Partei hat in ihrer Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen, weshalb die klagende Partei die Kosten dafür zu ersetzen hat (§ 41 ZPO).