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VfGH vom 16.03.1995, B2259/94

VfGH vom 16.03.1995, B2259/94

Sammlungsnummer

14091

Leitsatz

Verletzung des Beschwerdeführers im Recht auf Privat- und Familienleben durch die Versagung einer Aufenthaltsbewilligung mangels einer für Inländer ortsüblichen Unterkunft wegen Unterlassung der bei verfassungskonformer Auslegung des § 5 Abs 1 AufenthaltsG gebotenen Interessenabwägung; keine Bedenken gegen § 5 Abs 1 AufenthaltsG

Spruch

Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens verletzt worden.

Der Bescheid wird aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Inneres) ist schuldig, dem Beschwerdeführer zu Handen seines bevollmächtigten Vertreters die mit 18.000.- S bestimmten Kosten des Verfahrens binnen 14 Tagen bei sonstigem Zwang zu ersetzen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Der Beschwerdeführer, ein türkischer Staatsangehöriger, der mit seiner Ehegattin und zwei Kindern in Österreich lebt und zuletzt im Besitz eines mit befristeten Sichtvermerkes war, stellte mit Eingabe vom iS des § 13 Abs 1 des Aufenthaltsgesetzes - AufG, BGBl. 466/1992, den Antrag auf Erteilung einer Bewilligung gemäß § 1 Abs 1 AufG. Der Landeshauptmann von Wien gab diesem Antrag mit Bescheid vom unter Berufung auf § 5 Abs 1 AufG, idF des Bundesgesetzes BGBl. 838/1992, nicht statt. Begründend wurde im wesentlichen ausgeführt, daß nach der zuletzt zitierten Gesetzesstelle eine Bewilligung insbesondere nicht erteilt werden dürfe, wenn eine für Inländer ortsübliche Unterkunft in Österreich für die Geltungsdauer der Bewilligung nicht gesichert ist. Da nach den Angaben des Beschwerdeführers die ihm zur Verfügung stehende (Miet-) Wohnung mit einer Nutzfläche von 30 m2 von vier Personen bewohnt werde (tatsächlich seien sogar sieben Personen polizeilich gemeldet), sei - unter Zugrundelegung eines Mindestbedarfes von 10 m2 Nutzfläche pro Person - im Falle des Beschwerdeführers eine für Inländer ortsübliche Unterkunft nicht gegeben.

Die gegen diesen Bescheid eingebrachte Berufung wies der Bundesminister für Inneres mit Bescheid vom ua. unter Berufung auf § 5 Abs 1 AufG ab. Während die Berufungsbehörde einerseits die Auffassung der Behörde erster Instanz teilte, daß eine für Inländer ortsübliche Unterkunft in Österreich für die Geltungsdauer der angestrebten Bewilligung nicht gesichert sei, begründete sie ihre - den Antrag des Beschwerdeführers abweisende - Entscheidung überdies damit, daß der Lebensunterhalt des Beschwerdeführers und seiner Familie bei einem monatlichen Nettoeinkommen des Beschwerdeführers von 8.272.- S nicht gesichert sei, der Erteilung der Bewilligung somit noch ein weiterer Ausschließungsgrund iS des § 5 Abs 1 AufG entgegenstehe. Der Beschwerdeführer sei zwar in den Arbeitsprozeß eingegliedert, aber sonst nicht in besonderem Maße integriert, weshalb das öffentliche Interesse an der Versagung der Bewilligung überwiege.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art 144 Abs 1 B-VG gestützte Beschwerde, mit der die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Achtung des Privat- und Familienlebens (Art8 EMRK), hilfsweise die Verletzung in Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm, geltend gemacht und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides begehrt sowie die Einleitung eines Verfahrens zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des § 5 Abs 1 AufG angeregt wird. Der Beschwerdeführer bringt vor, daß er sich seit 1989 ununterbrochen im Bundesgebiet aufhalte, eine bis zum gültige Arbeitserlaubnis besitze, durchgehend einer Arbeit nachgegangen sei und auch derzeit in einem Arbeitsverhältnis stehe. Außer dem Beschwerdeführer, seiner Gattin und seinen beiden (1987 bzw. 1992 geborenen) Kindern hielten sich auch die Schwester und der Schwager des Beschwerdeführers mit ihren beiden Kindern, und zwar seit sieben Jahren, in Österreich auf. Die Ehegattin des Beschwerdeführers sei berufstätig gewesen und befinde sich derzeit in einem Karenzurlaub aus Anlaß der Mutterschaft. Die Versagung der Bewilligung beraube den Beschwerdeführer und seine Familie der in Österreich aufgebauten Existenz und stelle einen dem Art 8 EMRK widersprechenden Eingriff in das Grundrecht auf Achtung des Privat- und Familienlebens dar. Die Behörde habe, wie der Beschwerdeführer näher darlegt, die ihrer Entscheidung zugrunde liegende Annahme, daß der Lebensunterhalt des Beschwerdeführers und eine für Inländer ortsübliche Unterkunft in Österreich für die Geltungsdauer der angestrebten Bewilligung nicht gesichert seien, nicht ausreichend begründet; sie habe insbesondere außer Acht gelassen, daß die Ehegattin des Beschwerdeführers Karenzgeld beziehe und daß es sich bei den (lediglich) vier in der Wohnung des Beschwerdeführers wohnenden Personen um zwei Erwachsene und zwei Kinder, eines davon ein Kleinkind, handle.

3. Der Bundesminister für Inneres als jene Behörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat, legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und begehrte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

1. Die hier bedeutsamen Vorschriften des AufG (in der hier maßgeblichen Fassung der Bundesgesetze BGBl. 838/1992, 502/1993 und 314/1994) lauten auszugsweise:

"§1. (1) Fremde (§1 Abs 1 des Fremdengesetzes, BGBl. Nr. 838/1992) brauchen zur Begründung eines ordentlichen Wohnsitzes (§5 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985, BGBl. Nr. 311) in Österreich eine besondere Bewilligung (im folgenden 'Bewilligung' genannt). Die auf Grund anderer Rechtsvorschriften für Fremde vorgesehenen besonderen Regelungen bleiben unberührt.

(2) ...

(3) ..."

"§4. (1) Eine Bewilligung kann Fremden unter Beachtung der gemäß § 2 erlassenen Verordnungen sowie unter Berücksichtigung der besonderen Verhältnisse in dem Land des beabsichtigten Aufenthaltes erteilt werden, sofern kein Versagungsgrund (§5) vorliegt. Auf die Verlängerung von Bewilligungen finden die gemäß § 2 erlassenen Verordnungen keine Anwendung.

(2) Eine Bewilligung gemäß Abs 1 ist zunächst befristet für höchstens sechs Monate zu erteilen. Sie kann um höchstens sechs Monate und nach einem Jahr um höchstens jeweils zwei weitere Jahre verlängert werden, sofern kein Ausschließungsgrund (§5) eingetreten ist. Fremden, die ohne Unterbrechung seit fünf Jahren eine Bewilligung haben, kann eine unbefristete Bewilligung erteilt werden.

(3) ...

(4) ..."

"§5. (1) Eine Bewilligung darf Fremden nicht erteilt werden, bei denen ein Sichtvermerksversagungsgrund (§10 Abs 1 FrG) vorliegt, insbesondere aber, wenn deren Lebensunterhalt oder eine für Inländer ortsübliche Unterkunft in Österreich für die Geltungsdauer der Bewilligung nicht gesichert ist.

(2) ...

(3) ...

(4) ..."

"§6. (1) Außer in den Fällen des § 7 Abs 1 wird die Bewilligung und deren Verlängerung auf Antrag erteilt. In dem Antrag ist der Zweck des vorgesehenen Aufenthaltes in Österreich genau anzugeben und glaubhaft zu machen, daß kein Ausschließungsgrund (§5) vorliegt.

(2) Der Antrag auf Erteilung der Bewilligung ist vor der Einreise nach Österreich vom Ausland aus zu stellen. Der Antrag auf Verlängerung kann auch vom Inland aus gestellt werden.

(3) ...

(4) ..."

"§13. (1) Die Berechtigung zum Aufenthalt von Fremden, auf die dieses Bundesgesetz Anwendung findet und die sich im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, bleiben unberührt. Sie können mit Ablauf der Geltungsdauer dieser Berechtigung die Erteilung einer Bewilligung unter sinngemäßer Anwendung der für die Verlängerung von Bewilligungen geltenden Vorschriften (§4 Abs 2) beantragen.

(2) ...

(3) ..."

2.a) Der angefochtene, eine Aufenthaltsbewilligung nach dem AufG versagende Bescheid greift in das dem Beschwerdeführer, der seit Jahren mit seiner Familie in Österreich lebt, durch Art 8 EMRK verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens ein.

b) Ein Eingriff in dieses verfassungsgesetzlich gewährleistete - unter Gesetzesvorbehalt stehende - Recht ist dann verfassungswidrig, wenn der ihn verfügende Bescheid ohne jede Rechtsgrundlage erging, auf einer dem Art 8 EMRK widersprechenden Rechtsgrundlage beruht, oder wenn die Behörde bei Erlassung des Bescheides eine verfassungsrechtlich unbedenkliche Rechtsgrundlage in denkunmöglicher Weise anwendete; ein solcher Fall liegt nur vor, wenn die Behörde einen so schweren Fehler beging, daß dieser mit Gesetzlosigkeit auf eine Stufe zu stellen ist, oder wenn sie der angewendeten Rechtsvorschrift fälschlicherweise einen verfassungswidrigen, insbesondere einen dem Art 8 Abs 1 EMRK widersprechenden und durch Art 8 Abs 2 EMRK nicht gedeckten Inhalt unterstellte (vgl. VfSlg. 11638/1988).

c) Nach Auffassung des Beschwerdeführers ist die den angefochtenen Bescheid vornehmlich tragende Vorschrift des § 5 Abs 1 AufG, wonach die Bewilligung nicht erteilt werden darf, wenn der Lebensunterhalt des Fremden oder eine für Inländer ortsübliche Unterkunft in Österreich für die Geltungsdauer der Bewilligung nicht gesichert ist, wegen Widerspruches zu Art 8 EMRK verfassungswidrig.

3. Der Verfassungsgerichtshof teilt diese Bedenken nicht.

a) Die Bewilligung iS des § 1 AufG berechtigt zur Einreise und für die Dauer ihrer Geltung zum Aufenthalt im Bundesgebiet (§10 Abs 1 erster Satz AufG). Die Bewilligung ersetzt einen gemäß dem Fremdengesetz - FrG, BGBl. 838/1992, notwendigen Sichtvermerk und ist in der Form eines österreichischen Sichtvermerkes zu erteilen (§10 Abs 1 zweiter Satz AufG). Nach § 15 Abs 1 Z 2 FrG halten sich Fremde rechtmäßig im Bundesgebiet auf, wenn ihnen eine Bewilligung gemäß § 1 AufG erteilt wurde. Die Versagung bzw. die Ablehnung der Verlängerung einer Bewilligung bewirkt, daß sich der Fremde nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält (§15 FrG).

Ebenso wie die Versagung (s. zB VfSlg. 11044/1986) oder die Ungültigerklärung (s. ) eines Sichtvermerkes ist auch die Versagung einer Bewilligung nach dem AufG geeignet, in das durch Art 8 EMRK verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens einzugreifen (s. VfGH. , B1911/93) und ebenso wie bei der Versagung eines Sichtvermerkes (s. etwa VfSlg. 13336/1993) können auch bei der Versagung einer Bewilligung nach dem AufG solche Eingriffe nicht nur in zu vernachlässigenden Einzelfällen eintreten: So kann die Versagung einer derartigen Bewilligung etwa bewirken, daß eine Familienzusammenführung verhindert wird oder der Verlust der Aufenthaltsberechtigung eintritt, obgleich Familienangehörige des Bewilligungswerbers rechtmäßig im Bundesgebiet leben.

b) § 5 Abs 1 AufG schließt zunächst die Erteilung der Bewilligung an Fremde aus, bei denen ein Sichtvermerksversagungsgrund iS des § 10 Abs 1 FrG vorliegt.

Wie der Verfassungsgerichtshof in dem bereits erwähnten Erkenntnis vom , B1911/93, aussprach, ist die zur Frage der Verfassungsmäßigkeit der Sichtvermerksregelungen entwickelte Judikatur (Erkenntnis VfSlg. 13336/1993, betreffend § 25 Abs 3 litb, d und e Paßgesetz 1969; Erkenntnis vom , B302/93, betreffend § 10 Abs 1 Z 4 FrG; Erkenntnis VfSlg. 13497/1993, betreffend § 10 Abs 1 Z 6 und 7 FrG), wonach die soeben erwähnten Vorschriften auch und insbesondere vor dem Hintergrund der auf Verfassungsstufe stehenden Regelung des Art 8 EMRK verfassungsrechtlich unbedenklich sind, auf § 5 Abs 1 AufG (iVm § 10 Abs 1 FrG) übertragbar. Der Verfassungsgerichtshof sah, wie er im Erkenntnis vom , B1911/93, betonte, auch keinen Anlaß, aus anderen Erwägungen ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des § 5 Abs 1 AufG iVm § 10 Abs 1 FrG einzuleiten.

Im Anschluß an den durch Verweisung auf die Sichtvermerksversagungsgründe des § 10 Abs 1 FrG umschriebenen Ausschließungsgrund hebt § 5 Abs 1 AufG (mit den einleitenden Worten "insbesondere aber") zwei weitere Ausschließungsgründe besonders hervor. Der eine (nicht gesicherter Lebensunterhalt) kann unter § 10 Abs 1 Z 2 FrG (der Sichtvermerkswerber verfügt nicht über ausreichende eigene Mittel zu seinem Unterhalt oder nicht über einen allen Risken abdeckenden Krankenversicherungsschutz) sowie unter § 10 Abs 1 Z 3 FrG (der Aufenthalt des Sichtvermerkswerbers könnte zu einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen, es sei denn, diese Belastung ergäbe sich aus der Erfüllung eines gesetzlichen Anspruches) subsumiert werden. Der andere Ausschließungsgrund (nicht gesicherte für Inländer ortsübliche Unterkunft) hingegen ist als Sichtvermerksversagungsgrund weder im FrG vorgesehen noch im Paßgesetz 1969 vorgesehen gewesen. Die Hervorhebung dieser durch das Wort "oder" verbundenen und somit alternativ angeführten Ausschließungsgründe in der Form, daß die Bewilligung "insbesondere aber" bei Vorliegen auch nur eines dieser beiden Ausschließungsgründe nicht erteilt werden darf, scheint, wenn man allein den Wortlaut in Betracht zieht, das Verständnis nahezulegen, daß jeder dieser beiden Ausschließungsgründe absolut gilt, also eine Abwägung mit allfälligen für die Erteilung der Bewilligung sprechenden Interessen, insbesondere mit Privat- oder Familieninteressen des Bewilligungswerbers, von vornherein nicht zuläßt.

Dieses Verständnis der in Rede stehenden Vorschrift ist jedoch nicht zwingend. Bei ihrer Auslegung ist zunächst zu berücksichtigen, daß bei der Anwendung der dem Ausschließungsgrund des nicht gesicherten Lebensunterhaltes inhaltlich entsprechenden Sichtvermerksversagungstatbestände des § 10 Abs 1 Z 2 und 3 FrG die in Art 8 Abs 2 EMRK umschriebenen öffentlichen Interessen und die für die Sichtvermerkserteilung sprechenden Privat- oder Familieninteressen gegeneinander abzuwägen sind (s. , zu § 10 Abs 1 Z 2 und und B1089/93, zu § 10 Abs 1 Z 3). Schon deshalb ist davon auszugehen, daß in der Hervorhebung des nicht gesicherten Lebensunterhaltes - der bereits durch die Verweisung auf die Sichtvermerksversagungsgründe des § 10 Abs 1 FrG auch als Ausschließungsgrund iS des § 5 (Abs1) AufG festgelegt ist - lediglich die besondere Bedeutung ihren Ausdruck findet, die der Gesetzgeber diesem Ausschließungsgrund für den Geltungsbereich des AufG beimißt, das, wie etwa aus seinem § 1 Abs 1 ersichtlich, die Regelung insbesondere des längerfristigen Aufenthaltes von Fremden in Österreich zum Ziel hat. Gleiches gilt für den ausschließlich in § 5 Abs 1 AufG normierten Ausschließungsgrund der nicht gesicherten für Inländer ortsüblichen Unterkunft, der in § 5 Abs 1 AufG dem Ausschließungsgrund des nicht gesicherten Lebensunterhaltes an die Seite gestellt ist und dort im selben sprachlichen Zusammenhang steht wie dieser.

Zu berücksichtigen ist des weiteren, daß der Verfassungsgerichtshof in der imperativen Formulierung der Sichtvermerksversagungsgründe in § 10 Abs 1 FrG ("ist zu versagen") kein Hindernis für die erwähnte, durch Art 8 EMRK gebotene Interessenabwägung gesehen hat. Es schließt daher auch die gleichfalls imperative Umschreibung der Ausschließungsgründe des nicht gesicherten Lebensunterhalts und der nicht gesicherten für Inländer ortsüblichen Unterkunft in § 5 Abs 1 AufG ("darf ... nicht erteilt werden") eine solche Interessenabwägung nicht schlechthin aus.

Ist es aber nach dem Dargelegten nicht zwingend, die Umschreibung der Ausschließungsgründe des nicht gesicherten Lebensunterhalts und der nicht gesicherten für Inländer ortsüblichen Unterkunft so zu deuten, daß bei Vorliegen auch nur eines dieser beiden Ausschließungsgründe jegliche Bedachtnahme auf Familien- oder sonstige Privatinteressen des Bewilligungswerbers von vornherein ausgeschlossen ist, dann ist iS des Grundsatzes der verfassungskonformen Interpretation von Gesetzen (s. dazu etwa VfSlg. 12469/1990, 12501/1990, 12572/1990) die gegenteilige Auslegung geboten: Die Behörde hat demnach auch in jedem Fall, in dem die Versagung der Aufenthaltsbewilligung mangels Sicherung des Lebensunterhalts und/oder einer für Inländer ortsüblichen Unterkunft in das Grundrecht des Fremden auf Achtung des Privat- und Familienlebens eingreifen würde, zu prüfen, ob die Versagung der Bewilligung aus den in Art 8 Abs 2 EMRK umschriebenen öffentlichen Interessen, insbesondere mit Rücksicht auf das "wirtschaftliche Wohl des Landes" und den "Schutz der Gesundheit", notwendig ist, und dabei auch auf die privaten und familiären Interessen des Bewilligungswerbers Bedacht zu nehmen (vgl. dazu etwa auch VfSlg. 13336/1993).

Der Verfassungsgerichtshof hat demnach gegen die Vorschrift des § 5 Abs 1 AufG auch insoweit keine verfassungsrechtlichen Bedenken, als sie - neben der Verweisung auf die in § 10 Abs 1 FrG angeführten Sichtvermerksversagungsgründe - die zwei wiederholt erwähnten Ausschließungsgründe besonders hervorhebt.

Der Beschwerdeführer ist somit durch den angefochtenen Bescheid nicht wegen Anwendung eines dem Art 8 EMRK widersprechenden Gesetzes im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens verletzt worden.

4. Gleichwohl wurde der Beschwerdeführer in diesem Recht durch den angefochtenen Bescheid verletzt, und zwar deshalb, weil der belangten Behörde bei der Anwendung des Gesetzes in die Verfassungssphäre reichende Fehler unterlaufen sind. Sie hat nämlich, indem sie sich in verfehlter Weise auf eine Aussage im Erkenntnis VfSlg. 11044/1986 berief, die die Einreise eines Fremden nach Österreich und dessen lediglich kurzfristigen Aufenthalt im Inland betraf, über die Tatsache des mehrjährigen Aufenthaltes des Beschwerdeführers und seiner Familie in Österreich hinweggesetzt und, was die sich daraus ergebenden familiären und sonstigen privaten Interessen des Beschwerdeführers betrifft, mit dem bloßen Hinweis begnügt, daß der Beschwerdeführer "arbeitsrechtlich in Österreich einigermaßen Fuß gefaßt" habe. Damit hat sie die gebotene Interessenabwägung in Wahrheit nicht vorgenommen.

Der angefochtene Bescheid war aus diesem Grund aufzuheben.

5. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 88 VerfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer von 3.000.- S enthalten.

6. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VerfGG ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung getroffen werden.