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OGH vom 07.05.2019, 10Ob87/18v

OGH vom 07.05.2019, 10Ob87/18v

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten Univ.-Prof. Dr. Neumayr als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen Dr. Fichtenau und Dr. Grohmann, den Hofrat Mag. Ziegelbauer und die Hofrätin Dr. Faber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei K***** GmbH & Co KG, *****, Deutschland, vertreten durch Dr. Georg Blumauer, LL.M., Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei W*****gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Fellner Wratzfeld & Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen 1. 95.216,40 EUR sA und 2. Feststellung, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei (Revisionsinteresse: 90.000 EUR) gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom , GZ 129 R 65/18d-76, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Die Klägerin war aufgrund eines Werklieferungsvertrags verpflichtet, einen Schiedsrichtersteg für ein von der Beklagten betriebenes Hallenbad anzufertigen, zu liefern und vor Ort zu montieren. Auf das Vertragsverhältnis ist unstrittig das UNKaufrecht (CISG) anzuwenden. Gegenstand des Verfahrens im dritten Rechtsgang ist lediglich noch die Frage, ob die Beklagte dem Werklohnanspruch der Klägerin ein Preisminderungsrecht nach Art 50 CISG entgegenhalten kann. Dies haben die Vorinstanzen mit der Begründung verneint, dass die von der Beklagten auch in der Revision neuerlich behaupteten Mängel in der Konstruktion und Statik des Schiedsrichterstegs von der Beklagten nicht innerhalb der Frist des Art 39 Abs 2 CISG gerügt worden seien, sodass von der Erbringung einer vertragsgemäßen Leistung durch die Klägerin auszugehen sei.

2.1 Eine Unvertretbarkeit dieser Rechtsansicht erblickt die Beklagte darin, dass die Vorinstanzen zu Unrecht nicht Art 40 CISG (Bösgläubigkeit des Verkäufers in Bezug auf die Vertragswidrigkeit begründenden Tatsachen) angewendet hätten. Der Schiedsrichtersteg genüge nicht den Mindeststandards des Art 35 Abs 2 CISG (Vertragsgemäßheit) und entspreche nicht der vertraglich vereinbarten Norm DIN EN 1345111 iVm DIN EN 134511. Darauf habe die Klägerin die Beklagte nicht hingewiesen. Aufgrund der fehlerhaften Dimensionierung breche der Steg beim vertraglich vereinbarten Gebrauch zusammen und stelle damit eine massive Gefährdung für Leib und Leben dar. Es habe daher eine Warnpflicht der Klägerin gegenüber der Beklagten und deren Anweisungen bestanden, die die Klägerin verletzt habe. Das Vorbringen der Beklagten sei im Hinblick auf Art 40 CISG jedenfalls als ausreichend anzusehen, umfasse es doch erkennbar die Behauptung, der Klägerin habe die Normwidrigkeit des Schiedsrichterstegs zumindest bekannt sein müssen.

2.2 Das Erstgericht hat das von der Beklagten im Zusammenhang mit Art 40 CISG erstattete Vorbringen (ON 66, Pkt 3.2) mit einem in seine Entscheidung aufgenommenen Beschluss als schuldhaft verspätet gemäß § 179 ZPO zurückgewiesen. Einen in diesem Zusammenhang behaupteten Verfahrensmangel hat das Berufungsgericht verneint, sodass ihn die Revisionswerberin nicht neuerlich geltend machen kann (RS0042963).

2.3 Das Berufungsgericht hat sich dessen ungeachtet auch inhaltlich mit dem Vorbringen der Beklagten zu den Voraussetzungen des Art 40 CISG auseinandergesetzt und ausgeführt, dass das dazu erstattete Vorbringen der Beklagten nicht ausreiche, weil die Beklagte gar nicht behaupte, welche der von ihr ins Treffen geführten Vertragswidrigkeiten die Klägerin hätte erkennen müssen oder erkannt (und der Beklagten verschwiegen) habe. Diese Rechtsansicht ist im konkreten Einzelfall (RS0042828) nicht korrekturbedürftig. Die Beklagte hat dazu in ON 66, Pkt 3.2, lediglich vorgebracht, dass die Klägerin „die Vertragswidrigkeit des von ihr hergestellten Gewerks erkennen“ habe müssen und sich darüber „nicht in Unkenntnis befinden“ habe können. Die in der außerordentlichen Revision ins Treffen geführte Kenntnis der Klägerin von der „Normwidrigkeit“ des Stegs begründet nicht die Kenntnis einer behaupteten Vertragswidrigkeit. Die Klägerin hat einen ausdrücklichen Warnhinweis in ihr zum Vertragsinhalt gewordenes Angebot aufgenommen, dass der Steg keine Sicherungsmaßnahmen enthält, die ein „Unterschwimmen“ verhindern, sodass der Zugang für Schwimmbeckenbenützer während der Nutzung unterbunden werden muss. Einzige Vertragswidrigkeit des Stegs bleiben nach den für den Obersten Gerichtshof bindenden Feststellungen die zu groß dimensionierten „VLöcher“. Die von diesen ausgehende Gefahr besteht jedoch ebenfalls nur dann, wenn der Steg „unterschwommen“ wird, sodass sie das Berufungsgericht bereits im ersten Rechtsgang als bloß unwesentliche Vertragsverletzung qualifiziert hat (ON 44). Die von der Beklagten behaupteten weiteren Mängel des Stegs wurden von ihr nach den Feststellungen allesamt nicht innerhalb der Frist des Art 39 Abs 2 CISG gerügt, sodass die in diesem Zusammenhang behaupteten sekundären Feststellungsmängel nicht vorliegen.

3. Die Revisionswerberin macht geltend, dass zur Frage, „ob also die beklagte Partei durch eine Abnahmeverpflichtung bzw durch ein zivilgerichtliches Urteil aufgrund der damit einhergehenden Abnahmeverpflichtung zur Vornahme einer mit Strafe bedrohten Handlung gezwungen werden kann“, höchstgerichtliche Rechtsprechung fehle. Eine Leistungsverpflichtung, den erworbenen Schiedsrichtersteg tatsächlich einsetzen zu müssen, enthalten die in diesem Verfahren ergangenen Entscheidungen jedoch nicht. Die Verpflichtung, den Kaufpreis zu zahlen (Art 54 CISG) kann – wie auch im vorliegenden Fall – bei Unterlassung oder nicht fristgerechter Erhebung einer Mängelrüge im Sinn des Art 39 CISG auch dann bestehen, wenn die Sache für den Käufer nicht verwendbar ist.

Mangels einer Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO war die Revision daher zurückzuweisen.

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2019:0100OB00087.18V.0507.000

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