OGH 29.05.2018, 8ObA20/18a
Entscheidungstext
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. Tarmann-Prentner und Mag. Wessely-Kristöfel als weitere Richter sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Harald Stelzer (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Wolfgang Cadilek (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei A*****, vertreten durch Dr. Astrid Wagner, Rechtsanwältin in Wien, gegen die beklagte Partei L***** GmbH, *****, vertreten durch Mairhofer - Gradl, Rechtsanwälte in Linz, wegen Entlassungs- und Kündigungsanfechtung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom , GZ 12 Ra 9/18g-28, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO iVm § 2 Abs 1 ASGG).
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Zweck des § 105 Abs 3 Z 1 lit i ArbVG ist, Vergeltungskündigungen wegen offenbar nicht unberechtigter Geltendmachung vom Arbeitgeber in Frage gestellter Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis durch den Arbeitnehmer zu vermeiden (Wolliger in ZellKomm2 ArbVG § 105 Rz 126; vgl RIS-Justiz RS0051666). Von der Geltendmachung eines Anspruchs kann nur dann die Rede sein, wenn sich der Arbeitnehmer erkennbar auf eine Rechtsposition beruft (8 ObA 59/14f).
Der Kläger selbst räumt ein, dass die laufende Anfertigung von Tonaufzeichnungen seiner Umgebung mit seinem Mobiltelefon während seiner Tätigkeit als Busfahrer im städtischen Linienverkehr, um im Fall von Kundenbeschwerden ein Beweismittel zur Rechtfertigung gegenüber dem Arbeitgeber zur Hand zu haben, kein „Anspruch aus dem Arbeitsverhältnis“ iSd § 105 Abs 3 Z 1 lit i ArbVG ist. Im Revisionsverfahren macht der Kläger nur mehr geltend, die Entlassung und die Eventualkündigung für den Fall der Rechtsunwirksamkeit der Entlassung, die die Beklagte wegen dieser heimlichen Aufnahmen aussprach, seien aus einem verpönten Motiv erfolgt, weil der Kläger im konkreten Einzelfall aufgrund eines Beweisnotstands gehandelt habe. Der Versuch des Klägers, sein zur Entlassung führendes Verhalten – die „vorsorgliche“ Aufzeichnung sämtlicher während seines Fahrdienstes mit ihm und rund um ihn geführten Gespräche – gegenüber der Beklagten im Nachhinein mit dem Hinweis auf Beweissicherungszwecke zu rechtfertigen, war aber weder für den Entlassungsentschluss der Beklagten kausal, noch wird dadurch das Motiv für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses rückwirkend von § 105 Abs 3 Z 1 lit i ArbVG erfasst.
Mangels einer Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO ist die Revision daher zurückzuweisen.
Zusatzinformationen
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Rechtsgebiet | Zivilrecht |
ECLI | ECLI:AT:OGH0002:2018:008OBA00020.18A.0529.000 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
WAAAD-91124