VfGH vom 05.03.1998, B2253/97
Sammlungsnummer
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Leitsatz
Keine Bedenken gegen die Berechnung der Mindestkörperschaftsteuer vom Mindestgrund- bzw -stammkapital bei der gebotenen Durchschnittsbetrachtung sowie unter Gesichtspunkten der Verwaltungsökonomie; keine Verfassungswidrigkeit der überproportionalen Ertragsbesteuerung bestimmter Kapitalgesellschaften; hingegen Anlaßfallwirkung der Aufhebung der rückwirkenden Inkraftsetzung einer Neuregelung der Mindestkörperschaftsteuer nach dem ersten aufhebenden Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes
Spruch
Die beschwerdeführenden Gesellschaften sind durch die angefochtenen Bescheide wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt worden.
Die Bescheide werden aufgehoben.
Der Bund (Bundesminister für Finanzen) ist schuldig, den beschwerdeführenden Gesellschaften zu Handen des Beschwerdevertreters binnen 14 Tagen bei Exekution die Verfahrenskosten zu ersetzen, die im Fall der erstbeschwerdeführenden Gesellschaft mit S 18.000,--, im Fall der zweitbeschwerdeführenden Gesellschaft mit S 20.500,-- bestimmt werden.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Die beschwerdeführenden Gesellschaften mit beschränkter Haftung erwirtschafteten in den letzten Jahren kein steuerpflichtiges Einkommen und erwarten auch für die nächsten Jahre keine Gewinne.
Mit den im Instanzenzug ergangenen Bescheiden der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland wurden den Gesellschaften gemäß § 24 Abs 4 des Körperschaftsteuergesetzes 1988 - KStG 1988, BGBl. 401, (künftig: KStG) idF des ArtI Z 1 des Bundesgesetzes BGBl. I 70/1997 (künftig: KStG idF 1997) Vorauszahlungen an Körperschaftsteuer für 1997 und die Folgejahre in der Höhe von je S 75.000,-- p.a. vorgeschrieben.
2. Gegen diese Bescheide richten sich die auf Art 144 Abs 1 B-VG gestützten Beschwerden an den Verfassungsgerichtshof, in denen Rechtsverletzungen wegen Anwendung der für verfassungswidrig erachteten Bestimmungen des § 24 Abs 4 und des § 26a Abs 7 KStG idF 1997 sowie die Verletzung in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichheit vor dem Gesetz, auf Unverletzlichkeit des Eigentums und auf Erwerbsausübungsfreiheit behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung der angefochtenen Bescheide beantragt wird.
Die belangte Finanzlandesdirektion hat die Verwaltungsakten vorgelegt und Gegenschriften erstattet, in denen sie den Beschwerdebehauptungen entgegentritt, die Verfassungsmäßigkeit der von den Beschwerden für bedenklich erachteten Gesetzesbestimmungen verteidigt und die Abweisung der Beschwerden beantragt.
II. 1. Aus Anlaß dieser beiden Beschwerden beschloß der Verfassungsgerichtshof, gemäß Art 140 Abs 1 B-VG von Amts wegen Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der Worte "Liegt der letzten Veranlagung zur Umsatzsteuer ein Umsatz im Sinne des § 1 Abs 1 Z 1 und 2 des Umsatzsteuergesetzes 1994 von mehr als 50 Millionen Schilling zugrunde oder" und des letzten Satzes in § 24 Abs 4 Z 2 KStG idF 1997 einzuleiten. Aus Anlaß (auch) der beiden Beschwerden beschloß der Verfassungsgerichtshof weiters, Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des § 26 a Abs 7 KStG idF 1997 einzuleiten.
2. Mit Erkenntnis vom , G441-449/97, hob der Verfassungsgerichtshof diese Gesetzesstellen als verfassungswidrig auf.
Die belangte Behörde hat verfassungswidrige Gesetzesbestimmungen angewandt.
Es ist nach Lage des Falles offenkundig, daß ihre Anwendung für die Rechtsstellung der beschwerdeführenden Gesellschaften nachteilig war.
Die beschwerdeführenden Gesellschaften wurden also durch die angefochtenen Bescheide wegen Anwendung verfassungswidriger Gesetzesbestimmungen in ihren Rechten verletzt (zB VfSlg. 10404/1985).
3. Die Bescheide waren daher aufzuheben.
Dies konnte gemäß § 19 Abs 4 Z 3 VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 88 VerfGG. In den zugesprochenen Kostenbeträgen ist Umsatzsteuer von jeweils S 3.000,--, im Falle der zweitbeschwerdeführenden Gesellschaft auch der Ersatz der entrichteten Gebühr gemäß § 17 a VerfGG von S 2.500,--, enthalten.
Fundstelle(n):
CAAAD-91109