VfGH vom 06.03.2008, b225/07
Sammlungsnummer
18405
Leitsatz
Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch Abberufung eines emeritierten Universitätsprofessors von der Funktion als Mitglied des Universitätsrates der Medizinischen Universität Wien wegen schwerer Pflichtverletzung infolge einer öffentlichen Rede am Grab eines NS-Majors; kein Verstoß gegen die Meinungsäußerungsfreiheit angesichts der in der Rede zum Ausdruck kommenden unkritischen Haltung zum Nationalsozialismus
Spruch
Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Der Beschwerdeführer, ein emeritierter
Universitätsprofessor, wurde von der Bundesregierung im Jahre 2003 gemäß § 21 Abs 6 Z 2 UniversitätsG 2002 für eine Funktionsperiode von fünf Jahren zum Mitglied des Universitätsrates der Medizinischen Universität Wien bestellt.
2. Mit dem hier bekämpften Bescheid der (damaligen) Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur vom wurde der Beschwerdeführer gemäß § 21 Abs 14 UniversitätsG 2002 wegen schwerer Pflichtverletzung von dieser Funktion abberufen.
Begründend wird dazu im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:
"Am haben Sie am Grab von Walter Nowotny am
Wiener Zentralfriedhof folgende Rede gehalten:
'Meine Damen und Herren!
Als Obmann des Vereins zur Erhaltung der für uns immer noch als Ehrengrab anzuerkennenden letzten Ruhestätte des Majors der deutschen Luftwaffe, Walter Nowotny, darf ich Sie alle herzlich begrüßen. Der Bruder unseres Helden, Herr Dkfm. Nowotny aus Linz, ist aus gesundheitlichen Gründen leider verhindert, es besteht aber keine Sorge um seinen Zustand.
Ich begrüße Herrn Madzak vom österreichischen Soldatenverband und Kameradschaftsbund der Obersteiermark und seinen Fahnenjunker Florian Andel, den Kameradschaftsbund/Bezirksverband Spitz mit seinem Obmann Walter Graf, ebenso begrüße ich Herrn Zastrow, der als einfacher Soldat das Ritterkreuz verliehen bekam.
Liebe Freunde!
Sie haben noch Respekt vor dem Soldatentod unserer Brüder, Väter und Großväter; dazu zählt aber auch der mancher Schwester, Mutter und Großmutter, die wir nicht vergessen wollen. Wir verstehen uns hier nicht als Wallfahrer an einer Heiligen Stätte, sondern es ist unsere Pflicht, gegen die seelischen Narben der Gutmenschen, die auch die Toten nicht in Ruhe lassen wollen, aufzuzeigen, dass es doch noch ein Fähnlein in den deutschen Landen gibt, die unsere unschuldigen Soldaten und ihren furchtbaren Tod nicht vergessen oder gar herabwürdigen:
Warum die Toten kränken, wenn sie doch nicht mehr darunter leiden (Henry de Montherlant).
Und auch dieses Jahr wird das Grab mit den Gebinden der um unseren Helden gedenkenden Menschen wieder von dummen unkultivierten Menschen geschändet werden - ja, ich spreche es so aus, wie es ist:
dumme unkultivierte Menschen. Und keine Zeitung oder Fernsehanstalt wird über die Grabschändung berichten; ja, wahrscheinlich beschleicht sie auch jene berüchtigte 'klammheimliche Freude' der RAF-Sympathisanten.
Und so wird Walter Nowotny noch einmal Opfer einer Gesinnung, diesmal einer, der die Totenruhe nicht mehr heilig ist. Und ich sage den Widersachern der Kriegsgeneration, der Generation der Zivildiener und den Störern der Totenruhe noch einmal: die Kränze, die ihnen einmal beschert werden sollen, sind schon heute welk.
Wer wird ihr Held sein, wenn andere Zeiten anbrechen, die sich mit einem düsteren Wetterleuchten schon ankündigen?
Aber als Obmann dieses Kreises, der sich um den Schutz dieses Kriegsgrabes aufgetan hat, hoffe ich, dass auch der Tag kommen wird, wo unsere Bemühungen nicht mehr notwendig sein werden und jeder anständige Bürger das Grab des Major Nowotny und alle anderen Ruhestätten vom einstigen Freund und Feind in stillem Gedenken besuchen kann.
Lasst Walter Nowotny ruhen, wie auch wir ihn nicht in die Tagespolitik hineinziehen dürfen!
Aber über ihn wachen und ihm ehrend zu gedenken soll uns niemand wehren.'
Bei der Grabstätte des Luftwaffenmajors Walter Nowotny handelt es sich um ein Grab, das ursprünglich als Ehrengrab gewidmet war, dessen Widmung aber im Jahr 2003 nach langer Diskussion aberkannt wurde.
Über diese Rede wurde in sehr vielen Medien berichtet. So wurde im 'Standard Online' vom in einem Artikel unter dem Titel 'Unirat spricht an Nowotnys Ex-Ehrengrab' und dem Untertitel 'Burschenschafter, Kameradschaftsbund und rechtsextreme Skinheads legten am Wiener Zentralfriedhof Kranz für NS-Offizier ab' geschrieben: 'Die Rede hielt Gerhard Pendl, Obmann des Vereins zur Pflege des Grabes Walter Nowotny und Universitätsrat der Medizinischen Universität Wien: Es sei 'unsere Pflicht, gegen die seelischen Narben der Gutmenschen, die auch die Toten nicht in Ruhe lassen, aufzuzeigen, dass es doch noch ein Fähnlein gibt in diesen deutschen Landen, die unsere unschuldigen Soldaten und ihren furchtbaren Tod nicht vergessen oder gar herabwürdigen' sagte er.'
Weitere Berichte, in denen stets Ihre Funktion als Universitätsrat der Medizinischen Universität Wien genannt wird, finden sich beispielsweise in der Zeitung 'Der Standard' vom und in den Zeitungen 'Wiener Zeitung', 'Der Standard', 'Die Presse' und 'Salzburger Nachrichten' vom . Auch das ORF-Fernsehen berichtete in der ZiB 2 vom über diese Rede. Ebenso führte diese Rede zu zahlreichen Aussendungen in der Austria Presse Agentur (APA).
Mit Schreiben des Rektors der Medizinischen Universität Wien vom an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur wurde aufgrund übereinstimmender Beschlüsse des Senates und des Rektorates der Medizinischen Universität Wien gemäß § 21 Abs 14 Universitätsgesetz 2002 wegen dieser Rede Ihre Abberufung von der Funktion des Universitätsrates der Medizinischen Universität Wien wegen schwerer Pflichtverletzung beantragt.
Mit Schreiben vom teilte der Rektor der Medizinischen Universität Wien mit, dass zum Zeitpunkt des Antrages der Medizinischen Universität Wien auf Abberufung von Herrn Univ. Prof. Dr. Gerhard Pendl als Universitätsrat am der Beschluss des Senates mit der erforderlichen 2/3-Mehrheit erst in Form eines Umlaufverfahrens vorlag. Eine reguläre außerordentliche Sitzung des Senats, die laut Satzung der Medizinischen Universität Wien eine achttägige Einladungsfrist vorsieht, konnte erst am , stattfinden. Als einziger Tagesordnungspunkt stand der Antrag auf Abberufung von Herrn Univ. Prof. Dr. Gerhard Pendl als Universitätsrat am Programm und zwar in derselben Form, wie Sie im Antrag vom enthalten ist. Auch hier war bei der geheimen Abstimmung die 2/3-Mehrheit gegeben; 20 von 21 anwesenden Senatsmitgliedern unterstützten den Antrag. Die Abstimmung im Rektorat (Sitzung vom ) fiel einstimmig aus.
Begründet wurde dieser Antrag damit, dass Univ. Prof. Dr. Gerhard Pendl 'als Universitätsrat und somit einer der höchsten Vertreter der Medizinischen Universität Wien diese in zutiefst verwerflicher Weise durch Nazihelden-Verehrung in Misskredit' bringe und schädige. Weiters wird in diesem Antrag festgestellt, dass, da 'Universitätsräte geeignet sein müssen, einen Beitrag zu Erreichung der Ziele und Aufgabe[n] einer Universität leisten zu können, es auch deren Pflicht' ist, 'ihr Amt in diesem Sinne auszuführen. Denn gerade Universitätsräte sollen ihre Universität in ihrem Außenauftritt sowie in ihrem nationalen und internationalen Ansehen unterstützen', was durch die 'öffentliche Grabrede von Gerhard Pendl nicht mehr gegeben ist. Dies umso mehr als seine akademische Funktion als Mitglied des Universitätsrats der Medizinischen Universität allgemein bekannt ist und dieser Zusammenhang medial auch sofort hergestellt wurde.'
'Angesichts der jüngsten Äußerungen von Gerhard Pendl betrachtet die Medizinische Universität Wien ihn als völlig untragbar.'
Mit Schreiben vom , zugestellt am , wurde Ihnen mitgeteilt, dass beabsichtigt ist, Sie gemäß § 21 Abs 14 Universitätsgesetz 2002 wegen schwerer Pflichtverletzung von Ihrer Funktion als Universitätsrat der medizinischen Universität Wien abzuberufen und Ihnen die Abgabe einer Stellungnahme zu Ihrer beabsichtigten Abberufung binnen einer achttägigen Frist ab Zustellung ermöglicht. Sie haben am dazu mit E-Mail Stellung genommen.
In dieser Stellungnahme haben Sie auch den oben wiedergegebenen und somit unstrittigen Text Ihrer Rede übermittelt.
Angeschlossen der Stellungnahme waren weiters ein Schreiben von RA Dr. Harald Ofner, Wien, und die Statuten des Vereines 'Verein zur Pflege des Grabes Walter Nowotny', dessen Obmann Sie nach eigenen Angaben sind.
Ihre Stellungnahme lässt sich wie folgt zusammenfassen:
1. Die Vorwürfe der 'Teilnahme von rechtsextremen Skinheads' an dieser Feier, der Grabrede 'in verherrlichender Weise', der Bezeichnung 'politischer Gegner dieser Weltanschauung als 'RAF-Sympathisanten' und 'Generation der Widersacher der Kriegsgeneration' und 'Generation der Zivildiener und Störer der Totenruhe' werden zurückgewiesen.
Es seien keine Skinheads erwünscht oder eingeladen, allerdings kann der Zugang auf eine öffentliche Fläche niemande[m] verwehrt werden.
Intention der Rede sei es gewesen, der Toten des zweiten Weltkrieges zu gedenken und für eine ungestörte Totenruhe zu plädieren.
Personen mit anderer politischer Meinung seien nicht als RAF-Sympathisanten bezeichnet worden.
Eine Umbettung von Walter Nowotny wäre eine Störung der Totenruhe und die Wortwahl 'Zivildiener' sei metaphorisch für die Menschen gebraucht, die glauben, ohne Soldaten kann man die Zukunft meistern.
2. Ebenso wird der Vorwurf der 'Naziheldenverherrlichung' zurückgewiesen. Es sollte kein 'Naziheld' gefeiert werden, sondern es ging um die Art des Umganges mit einem Kriegstoten.
3. Warum eine 'Teilnahme an der Veranstaltung' der Universität geschadet habe und dass eine 'unkritische Haltung gegenüber dem Nationalsozialismus' vorläge, sei nicht nachvollziehbar, denn die Teilnahme an einer Veranstaltung, die den rechtsstaatlichen Prinzipien entspräche, könne nicht dem Ansehen der Universität schaden und eine unkritische Haltung gegenüber dem Nationalsozialismus läge nicht vor. Es sei die Rede der Totenruhe und der Verurteilung der Grabschändung gewidmet gewesen.
4. Weiters wird angemerkt, dass Ihnen weder das Rektorat noch der Senat rechtliches Gehör gewährt hätten.
5. Bei Zweifel an der Richtigkeit und/oder der Vollständigkeit der Darstellung wird die Einleitung eines ordentlichen Ermittlungsverfahrens beantragt.
Das Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur hat erwogen:
§ 21 Abs 14 des Universitätsgesetzes 2002 lautet:
'(14) Die Bundesministerin oder der Bundesminister kann ein Mitglied des Universitätsrats wegen einer schweren Pflichtverletzung, einer strafrechtlichen Verurteilung oder wegen mangelnder körperlicher oder geistiger Eignung mit Bescheid von seiner Funktion abberufen. Eine Abberufung setzt übereinstimmende Beschlüsse des Senats und des Rektorats voraus, die beide einer Zweidrittelmehrheit bedürfen.'
Gesetzlich vorgesehen ist somit, dass für die Abberufung eines Universitätsrates durch die zuständige Bundesministerin oder den zuständigen Bundesminister neben den in § 21 Abs 14 Universitätsgesetz 2002 genannten Gründen übereinstimmende Beschlüsse des Senates und des Rektorates vorliegen, die beide jeweils einer Zweidrittelmehrheit bedürfen. Es ist für die Beschlussfassung durch diese beiden Universitätsorgane eine Anhörung des betroffenen Mitgliedes des Universitätsrates nicht vorgesehen und auch nicht erforderlich. Die Anhörung hat im Verfahren des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur zu erfolgen und hat vorliegend auch mit Schreiben vom stattgefunden. Ein weiteres Ermittlungsverfahren hat nicht stattgefunden.
Obwohl das Universitätsgesetz 2002 keine taxativ aufgezählten
Pflichten der Mitglieder von Universitätsräten kennt, lassen sich
diese Pflichten insbesondere aus § 21 Universitätsgesetz 2002
erschließen. In § 21 Abs 1 Universitätsgesetz 2002 sind die Aufgaben
des Universitätsrates genannt. An diesen Aufgaben mitzuwirken ist
jedenfalls Aufgabe der Mitglieder von Universitätsräten. Gemäß § 21
Abs3 Universitätsgesetz 2002 besteht der Universitätsrat aus
Mitgliedern, die in verantwortungsvollen Positionen in der
Gesellschaft, insbesondere der Wissenschaft, Kultur oder Wirtschaft,
tätig sind oder waren und auf Grund ihrer hervorragenden Kenntnisse
und Erfahrungen einen Beitrag zur Erreichung der Ziele und Aufgaben
der Universität leisten können. Die Ziele und Aufgaben sind
insbesondere in § 1 und § 3 Universitätsgesetz 2002 festgelegt. Durch
[diese] Rede ..., über die in sehr vielen österreichischen Medien
kritisch berichtet wurde, wird nicht nur kein Beitrag zur Erreichung
der Ziele und Aufgaben der Medizinischen Universität Wien geleistet,
sondern das Ansehen der Universität im Hinblick darauf, dass Ihre
Mitgliedschaft zum Universitätsrat der Medizinischen Universität Wien
allgemein bekannt war und ist, beschädigt. Mit der in dieser Rede zum
Ausdruck kommenden unkritischen Haltung gegenüber dem
Nationalsozialismus wurde schwer gegen die sich aus den gesetzlichen
Bestimmungen ergebende Pflicht, dem Ansehen der Universität nicht zu
schaden, verstoßen. Diese unkritische Haltung ist beispielsweise
erkennbar im Festhalten daran, dass es sich beim Grab von Walter
Nowotny um ein Ehrengrab handelt ('... für uns immer noch als
Ehrengrab anzuerkennende letzte Ruhestätte ...') oder in der
'Heldenverehrung' für Walter Nowotny ('... der um unsere Helden
gedenkenden Menschen ...'; '... ihm ehrend zu gedenken ...', 'Wer
wird ihr Held sein, wenn andere Zeiten anbrechen, die sich mit einem düsteren Wetterleuchten schon ankündigen?').
Auch ist davon auszugehen, dass Mitglieder von Universitätsräten, also einem der obersten Organe einer Universität, analog zu § 43 Abs 2 BDG 1979, wo diese Pflicht für Bundesbeamte festgelegt ist, die Pflicht haben, in ihrem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung ihrer dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt. Diese Pflicht ist aus der Verbundenheit eines solchen Mitgliedes mit der Universität, die dem Vertrauensverhältnis zwischen Bund und Bundesbeamten wohl entspricht, zu schließen. Ein Mitglied eines Universitätsrates, das öffentlich eine Rede beim Grab von Walter Nowotny hält und dem klar sein musste, dass aufgrund seiner Stellung negatives mediales Echo hervorgerufen werden wird, bewirkt jedenfalls eine unnötige negative Erwähnung der Universität in der Öffentlichkeit. Es wurde durch das Halten der oben genannten Rede ein Verhalten gesetzt, das jedenfalls auch geeignet ist, das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung der dienstlichen Aufgaben dieses Mitgliedes des Universitätsrates zu erschüttern.
Auch ist darauf zu verweisen, dass sich die Universitäten gemäß § 5 Universitätsgesetz 2002 ihre Satzungen im Rahmen der Gesetze geben. Die Medizinische Universität Wien hat in der Präambel ihrer Satzung, verlautbart im Mitteilungsblatt der Medizinischen Universität Wien vom , unter anderem festgehalten: 'Die Medizinische Universität Wien orientiert sich an den Zielen einer humanen Gesellschaft und bekennt sich zum Prinzip der Gerechtigkeit und der Gleichheit aller Menschen, ungeachtet ihres Geschlechts, ihrer Abstammung, ethnischen Zugehörigkeit und Religion, zur internationalen Verankerung sowie zur gesellschaftlichen und historischen Mitverantwortung.' Die oben genannte Rede lässt den Schluss zu, dass gegen das Bekenntnis zur 'historischen Mitverantwortung' verstoßen wird. Ein Mitglied des Universitätsrates, dessen Rede den Schluss des öffentlichen Widerspruches gegen die in der Satzung einer Universität verankerten Grundsätze zulässt,
verstößt schwer gegen seine ... aus dieser Funktion erwachsenden
Verpflichtungen.
Ihre Abberufung als Mitglied des Universitätsrates an der Medizinischen Universität Wien gemäß § 21 Abs 14] Universitätsgesetz 2002 durch die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur kann erfolgen, da entsprechende, mit Zweidrittelmehrheit gefasste Beschlüsse des Rektorates und des Senates der Medizinischen Universität Wien und eine schwere Pflichtverletzung vorliegen."
3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art 144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Freiheit der Meinungsäußerung (Art10 EMRK), auf ein faires Verfahren (Art6 EMRK), auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter (Art83 Abs 2 B-VG), auf Vereins- und Versammlungsfreiheit (Art12 StGG, Art 11 EMRK), auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz (Art7 B-VG), auf Unversehrtheit des Eigentums (Art5 StGG und Art 1 des 1. Zusatzprotokolls zur EMRK) sowie des Grundsatzes nulla poena sine lege (Art7 EMRK) und die Verletzung in Rechten wegen Anwendung der behauptetermaßen verfassungswidrigen Bestimmung des § 21 Abs 14 Universitätsgesetz 2002 geltend gemacht und die kostenpflichtige Aufhebung des bekämpften Bescheides beantragt wird.
Dazu bringt der Beschwerdeführer vor allem Folgendes vor:
"Beschwerdegründe
A) Schutz der Meinungsfreiheit (Art10 EMRK)
...
Die Meinungsfreiheit umfasst nicht nur Nachrichten oder
Ideen, die günstig aufgenommen und als nicht offensiv oder gar
indifferent gesehen werden, sondern auch solche, die verletzen,
schockieren oder verstören, mögen sie den Staat oder irgendeinen
Bereich der Gesellschaft betreffen. Der Schutz des Art 10 EMRK bezieht
sich nicht nur auf den Inhalt, sondern auch auf die Form, in der die
Nachrichten und Ideen vermittelt werden (EGMR , 5493/72,
Handyside/Vereinigtes Königreich = Serie A 24 = EuGRZ 1977, 38
[Rz 49]; , 11662/85, Oberschlick/Österreich = Serie A 204 =
EuGRZ 1991, 216 = ÖJZ 1991, 641 [Rz 57]; , 19983/92,
De Haes ua/Belgien = NL 1997, 50 = ÖJZ 1997, 912 [Rz 46]). Wenig
Spielraum gibt es für Einschränkungen politischer Äußerungen oder
Diskussionen über Angelegenheiten des öffentlichen Interesses (EGMR
, 17419/90, Wingrove/Vereinigtes Königreich [Rz 58];
, 23118/93, Nilsen ua/Norwegen = NL 1999, 197 [Rz 43],
, 29032/95, Feldek/Slowakei = NL 2001, 149 = ÖJZ 2002, 814
[Rz 74] uva.).
Die Aussagen des Beschwerdeführers hatten keinen rechtswidrigen Inhalt. Dies wurde auch von der belangten Behörde nicht behauptet. Genauso wenig liegen andere Gründe vor, die eine Einschränkung der Meinungsfreiheit rechtfertigen würden. Die belangte Behörde stützt sich in ihrer Begründung ebenfalls nur auf die Argumente, der Beschwerdeführer würde dem Ansehen der Universität schaden, das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung der dienstlichen Aufgaben dieses Mitglieds des Universitätsrates erschüttern sowie gegen die Grundsätze der MUW verstoßen.
Selbst bei tatsächlichem Vorliegen dieser Verstöße wäre eine
Beschränkung der Meinungsfreiheit nicht gerechtfertigt. Ein
dringendes gesellschaftliches Bedürfnis, die Rede des
Beschwerdeführers zu sanktionieren, liegt keinesfalls vor (EGMR
, 9815/82, Lingens/Österreich = Serie A 103 = EuGRZ 1986,
424 = MR 1986 H4, 11 [Weis] = NJW 1987, 2143 [Rz 39]). Die in Art 10
EMRK genannten Ausnahmen sind eng auszulegen, insbesondere muss jede
Formvorschrift, Bedingung, Einschränkung oder Strafe, die in diese
Sphäre eingreift, verhältnismäßig sein zu dem Ziel, das verfolgt wird
(EGMR , 5493/72, Handyside/Vereinigtes Königreich =
Serie A 24 = EuGRZ 1977, 38 [Rz 49], , 23118/93,
Nilsen ua/Norwegen = NL 1999, 197 [Rz 43]; , 29032/95,
Feldek/Slowakei = NL 2001, 149 = ÖJZ 2002, 814 [Rz 74]).
Durch sein Verhalten hat der Beschwerdeführer keinerlei Gründe verwirklicht, aus denen die Meinungsfreiheit eingeschränkt oder aufgehoben werden darf. Die belangte Behörde hat durch die Sanktionierung des Verhaltens des Beschwerdeführers diesen in seinem Recht auf freie Meinungsäußerung verletzt.
B) Recht auf ein faires Verfahren (Art6 EMRK)
a. Zivilrechtliche Ansprüche
Im Rahmen des UG 2002 wurden die Weichen für die größtmögliche Autonomie und Selbstverwaltung der Universität sowie
für ihre Organe gestellt (vgl § 1 UG). Der Universitätsrat ist ... das
strategische Organ der Universität und soll von politischen Parteien sowie vom zuständigen Bundesminister unabhängig sein. Die Mitglieder des Universitätsrates erhalten für ihre Tätigkeit eine Vergütung, welche vom Universitätsrat festzusetzen ist (vgl § 21 Abs 11 UG).
Es geht bei der Funktion des Mitglieds des Universitätsrates um anerkannte innerstaatliche Ansprüche und Rechte, wobei sich im Falle der Abberufung eines Mitglieds nicht nur die Frage der ordnungsgemäßen Besetzung und Beschlussfassung des Universitätsrates bis zum Vorliegen der rechtskräftigen innerstaatlichen oder europäischen Entscheidung stellt, sondern auch die Frage der individuellen Ansprüche des abberufenen Mitglieds und somit Ansprüche im Sinne des Art 6 EMRK.
Bei den Ansprüchen des Beschwerdeführers als Mitglied des Universitätsrates handelt es sich um Ansprüche zivilrechtlicher Natur, der Ausgang des Abberufungsverfahrens hat unmittelbare Auswirkung auf privatrechtliche Ansprüche und Verpflichtungen des Beschwerdeführers.
Durch die Abberufung als Universitätsrat wird letztlich ein Berufsausübungsverbot in dieser Funktion ausgesprochen, welche nicht rein ehrenamtlich ist und entsprechend aufgrund des damit verbundenen Aufwandes zu vergüten ist und stellt dies einen Kernbereich der so genannten civil rights iSd Art 6 MRK dar (vgl EGMR , EUGRZ 1981, 551, , EUGRZ 1983, 190, , ÖJZ 1996, 115).
Ausgehend auch von den vom EGMR (vgl Pellegrin, , Rec 1999 - VIII, 207/251) entwickelten Grundsätzen liegt aufgrund der der Universität übertragenen Autonomie und Selbstverwaltung jedenfalls ein zivilrechtlicher Anspruch vor. Andernfalls wäre von einer Gesetzwidrigkeit im Sinne des Artikel 2 Staatsgrundgesetz auszugehen, da nicht nachvollziehbar ist, aus welchen Gründen ein Universitätsrat schlechter gestellt sein sollte als privatrechtlich angestellte Personen. Bei Streitigkeiten über Beschäftigungsfragen von privatrechtlichen Angestellten sind die ökonomischen Folgen ohne weiteres im Sinne von anerkannten zivilrechtlichen Ansprüchen zu bejahen. Eine Vorenthaltung von Verfahrensrechten des Artikels 6 Abs 1 EMRK ist daher - wie bereits dargestellt - nicht zu rechtfertigen, da eine finanzielle Belastung im Falle einer Entlassung beziehungsweise Abberufung in beiden Fällen letztlich dieselbe ist. Eine Abberufung berührt die ökonomischen Interessen des Beschwerdeführers - ein Kriterium, welches einen wesentlichen Anknüpfungspunkt für die Bejahung der Anwendbarkeit von Artikel 6 Abs 1 EMRK darstellt.
Eine solche Ungleichbehandlung war und ist keinesfalls Absicht des Gesetzgebers - sohin ist auch die von der belangten Behörde vermeintliche Begründung und Argumentation unter analoger Heranziehung der Bestimmung des § 43 BDG verfehlt, da es sich gerade bei Mitgliedern des Universitätsrates nicht um Beamte handelt, im Gegensatz zu Professoren im Sinne der §§97 ff UG.
b. Rechtliches Gehör
Das Recht auf Gehör bedeutet, dass die Parteien im Zug des Ermittlungsverfahrens alles [v]orbringen dürfen, was ihren Rechtsstandpunkt stützt und sich die Behörde mit diesem Vorbringen auseinandersetzen muss (VwSlgNF 587 A, 4007 A, 682 F).
Schon aufgrund des Offizialprinzips hat die Behörde das Vorbringen einer Partei sorgfältig zu prüfen (vgl. EGMR , Kraska, ÖJZ 1993, 818). Die Entscheidung ist hinlänglich deutlich zu begründen (vgl. EGMR , ÖJZ 1993, 39; , ÖJZ 1998/933). Weiters hat die Behörde anzuführen, aus welchen Gründen sie der Verantwortung der Partei nicht folgt bzw. die beantragten Beweismittel nicht notwendig sind.
Durch das Vorgehen der belangten Behörde wurde gegen diesen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Grundsatz der Gewährung rechtlichen Gehörs verstoßen. Der Beschwerdeführer wurde weder von den Abstimmungen im Senat noch im Rektorat informiert beziehungsweise zu den Sitzungen ordnungsgemäß geladen.
Die belangte Behörde hat zudem nicht überprüft, ob die Beschlüsse des Senats und des Rektorats ordnungsgemäß zustande gekommen sind. Zu beachten wäre dabei gewesen, ob die in der Geschäftsordnung für Kollegialorgane enthaltene Vorgangsweise eingehalten worden ist (vgl. auch dazu die im bekämpften Bescheid zitierte Satzung, veröffentlicht im Mitteilungsblatt der Universität Wien). Dies ist jedoch nicht der Fall, es wurden weder die gem. § 7 der Geschäftsordnung einzuhaltenden Fristen für die Einladung und Terminisierung der Sitzung gewahrt, noch erfolgte eine Einladung in der dafür vorgesehenen Weise an alle Mitglieder. Diesbezüglich hat der Beschwerdeführer bereits in seiner Stellungnahme auf die Ausführungen des Rechtsanwalts Dr. Ofner verwiesen, der auf diesen wesentlichen Verfahrensfehler, der das rechtliche Gehör verletzt hat, ausdrücklich hingewiesen hat. Der Verfahrensfehler war der belangten Behörde daher jedenfalls bekannt.
Durch die erfolgte Verweigerung der Einladung wurde der Beschwerdeführer auch in dem ihm von der Geschäftsordnung für Kollegialorgane zufließenden Recht auf Teilnahme an der Sitzung eingeschränkt (vgl. § 8 Abs 1: Jedes Mitglied hat das Recht, Anträge zum jeweiligen Tagesordnungspunkt zu stellen). Nur am Rande ist anzumerken, dass die Bestimmung des § 11 Abs 1 der Geschäftsordnung offensichtlich der gesetzlichen Bestimmung des § 25 UG (vgl Mayer, UG 2002, Rz V zu § 25 UG) widerspricht.
Ob sohin der Beschluss in ordnungsgemäßer Weise zustande gekommen ist, hätte eine Überprüfung der Protokolle ergeben. Eine solche ist der Begründung des angefochtenen Bescheids nicht zu entnehmen, sodass nicht nur ein Begründungsmangel und ebenso, wie bereits aufgezeigt, ein Verfahrensfehler vorliegt, sondern auch ein massiver Eingriff in die verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte des Beschwerdeführers.
Dem Beschwerdeführer wurde somit jegliche Möglichkeit genommen, vor der Beschlussfassung des Senats und des Rektorats über die Anträge zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen, die von der MUW zur Gänze aus den Medien entnommen wurden und auf keinen direkten Wahrnehmungen basierten.
Der Beschwerdeführer hat in seiner Stellungnahme vom zum Beweis seines Vorbringens Zeugen namhaft gemacht und ein Sachverständigengutachten beantragt. Diese Beweisanbote sowie das Vorbringen des Beschwerdeführers hat die belangte Behörde ignoriert und hat auch nicht begründet, aus welchen Gründen sie nicht darauf eingegangen ist oder die Durchführung für entbehrlich gehalten hat. Darin liegt jedenfalls ein Begründungsmangel des angefochtenen Bescheids. Dem Beschwerdeführer wurde somit die Möglichkeit genommen, seinen Standpunkt angemessen darzutun. Die belangte Behörde hat dadurch gegen den Grundsatz der Gewährung rechtlichen Gehörs und damit gegen einen Grundsatz des fairen Verfahrens verstoßen.
c. Recht auf ein unparteiliches Gericht
Die belangte Behörde hat bereits bevor der Senat und das Rektorat der MUW den Antrag auf Abberufung gestellt haben öffentlich
in den Medien ... kundgetan, dass sie die MUW zur Abberufung des
Beschwerdeführers aufgefordert habe und nach erfolgter Antragstellung entsprechend (d.h. in stattgebender Weise) entscheiden werde.
Damit hat die belangte Behörde gegen den Grundsatz des Rechts auf ein unparteiliches Gericht verstoßen. Die belangte Behörde hat allein aufgrund von Medienberichten und ohne selbst bereits Feststellungen aufgrund eines Erkenntnisverfahrens getroffen zu haben bzw. dazu überhaupt in der Lage zu sein oder den Beschwerdeführer vorher anzuhören, den Beschwerdeführer öffentlich verurteilt und am Inhalt der zu erwartenden Entscheidung keinen Zweifel gelassen.
Darin liegt jedenfalls auch eine Befangenheit der belangten Behörde, die eine objektive Entscheidungsfindung nicht mehr zulässt (vgl. dazu die Bestimmung des § 7 Abs 1 Z 4 AVG und ).
Von Bedeutung ist in diesem Zusammenhang, dass bei einer objektiv gebotenen Betrachtungsweise jedenfalls auch der äußere Anschein eines fairen Verfahrens zu gewährleisten ist (vgl VfSlg 10.701; 11.131). Das Gebot der Fairness und Unparteilichkeit erstreckt sich gerade auch auf Umstände, die sich außerhalb des Verfahrens ereignen. Dieses Gebot kann insbesondere durch eine Pressekampagne (EGMR , ÖJZ 1992, 845) gefährdet sein. Der Staat hat alles zu unterlassen, was zu einer Beeinträchtigung führen kann, wie zum Beispiel öffentliche Erklärungen amtlicher Organe. Gerade dies ist gegenständlich durch die Erklärung der belangten Behörde vom noch vor Beschlussfassung des Senats und des Rektorats jedoch eingetreten.
Festzuhalten ist, dass es sich um eine Aussage handelt, die eindeutig vor Fassung des Umlaufbeschlusses am des Senats bzw. vor Beschlussfassung des Rektorats erfolgt ist. Dadurch wurde das Gebot der Fairness jedenfalls verletzt und der Grundsatz der Unparteilichkeit und des fair trial außer Acht gelassen.
Beachtenswert ist schließlich auch das Schreiben der belangten Behörde vom , in dem diese ohne überhaupt noch über einen aufrechten Antrag der MUW zu verfügen schon '... beabsichtigt, Sie [den Beschwerdeführer] von Ihrer [seiner] Funktion als Mitglied des Universitätsrates der Medizinischen Universität Wien abzuberufen.' (Seite 1).
Auch die Presseaussendung der MUW noch vor Durchführung der Senatssitzung beziehungsweise der Sitzung des Rektorats, in der festgehalten wurde: 'Die medizinische Universität Wien wird daher in den nächsten Tagen an die Frau Bundesminister den Antrag stellen, Gerhard Pendl aus seiner Funktion als Mitglied des Universitätsrates zu entheben' verletzt das Gebot der Unparteilichkeit und Fairness.
Die belangte Behörde hat aus all diesen Gründen klar gegen das Prinzip der Unparteilichkeit und somit gegen einen weiteren Grundsatz des fairen Verfahrens verstoßen.
d. Unschuldsvermutung
Die in Artikel 6 Abs 2 EMRK verankerte Garantie der Unschuldsvermutung ist ein in allen Rechtsstaaten anerkanntes und wesentliches Prinzip zugunsten eines Angeklagten.
Verletzungen dieses Prinzips auch in Form von Vorverurteilungen stellen unzulässige Einschränkungen der verfassungsgesetzlich garantierten Verteidigungsrechte dar.
Die belangte Behörde hat gegen das Prinzip der Unschuldsvermutung verstoßen. Diese Bestimmung wird bereits dann verletzt, wenn das erkennende Organ eine Äußerung trifft, die bereits von der Schuld desjenigen ausgeht, dem eine strafbare Handlung vorgeworfen wird (EGMR, Allenet de Ribemont, ÖJZ 1995, 509). Durch die Äußerungen der belangten Behörde in den Medien wurde dieses Prinzip klar verletzt.
Des Weiteren hat die belangte Behörde ungeprüft Medienberichte ohne vorherige Anhörung des Beschwerdeführers übernommen, deren inhaltliche Richtigkeit vorausgesetzt und dem bekämpften Bescheid zugrunde gelegt. Damit wurde die Beweislast umgedreht und die Unschuldsvermutung außer Kraft gesetzt.
Des Weiteren sei, wie unter dem Punkt 'Recht auf ein unparteiliches Gericht', darauf hingewiesen, dass bereits im Schreiben der belangten Behörde vom von einer Verfehlung des Beschwerdeführers ausgegangen wird, welche die Abberufung rechtfertige.
e. Grundsatz der Öffentlichkeit
Zuletzt hat die belangte Behörde gegen die Grundsätze des fairen Verfahrens verstoßen, indem sie keine mündliche öffentliche Verhandlung abgehalten hat, in der der Beschwerdeführer sowie die von ihm beantragten Zeugen einvernommen werden konnten. Der Beschwerdeführer hatte somit keine Möglichkeit, seinen Standpunkt mündlich darzutun und der Behörde einen unmittelbaren Eindruck von den Geschehnissen zu verschaffen. Eine objektive Überprüfung des Sachverhalts war der belangten Behörde auf diese Weise nicht möglich.
Bei einer Gesamtbetrachtung des Verfahrens (vgl. EGMR , ÖJZ 1997, 396), welche nach der Rechtsprechung geboten ist, kann nicht von einem fairen Verfahren iSd Art 6 EMRK gesprochen werden.
C) Recht auf den gesetzlichen Richter
Wie oben bereits ausgeführt und auch im bekämpften Bescheid von der belangten Behörde festgestellt, hat die belangte Behörde, obwohl die notwendigen Beschlüsse des Senats und des Rektorats noch nicht beziehungsweise nicht gültig zustande gekommen sind, den Beschwerdeführer bereits am zur Stellungnahme aufgefordert ('Eine reguläre außerordentliche Sitzung des Senats,..., konnte erst am stattfinden', bekämpfter Bescheid, Seite 3). Bei der Aufforderung zur Stellungnahme handelt es sich um einen Verwaltungsakt. Dieser hätte jedoch nur auf Antrag der MUW nach entsprechender Beschlussfassung des Senats und Rektorats erfolgen dürfen. Die Erlassung eines antragsbedürftigen Verwaltungsakts ohne entsprechenden Antrag stellt jedoch eine Verletzung des Rechts auf den gesetzlichen Richter dar (siehe etwa VfSlg 2167/1951; 4123/1961;
4730/1964; 4874/1964; 5419/1966; 5853/1968; 5875/1969, 11.502/1987;
16.462/2002).
D) Vereins- und Versammlungsfreiheit
a. Vereinsfreiheit
Die Ausübung der Vereinsfreiheit umfasst die Freiheit der Vereinsbildung, die Freiheit der Vereinstätigkeit und das Recht auf den Bestand des Vereins.
Der Beschwerdeführer ist Obmann des Vereins zur Pflege des Grabes Walter Nowotny. Die Vereinsfreiheit umfasst unter anderem auch die Vereinstätigkeit. Die vom Beschwerdeführer am Grab von Walter Nowotny gehaltene Rede fällt unter den Zweck des Vereins und somit jedenfalls unter die Vereinstätigkeit. Es gehört überdies zu den typischen Tätigkeiten eines Obmanns, zu Themen, die mit dem Vereinszweck in engem Zusammenhang stehen oder gar mit ihm ident sind, zu bestimmten Anlässen Reden zu halten und so die Ziele des Vereins zu fördern. Die gegenständliche Rede war somit Teil der Tätigkeit des Vereins zur Pflege des Grabes Walter Nowotny. Die Rede erfolgte ausschließlich in Ausübung seiner Funktion als Obmann des Vereins und nicht als Mitglied des Universitätsrats. Die Sanktionierung dieser Handlung des Beschwerdeführers im Rahmen der Vereinstätigkeit durch seine Abberufung durch die belangte Behörde stellt daher jedenfalls eine Verletzung der Vereinsfreiheit dar.
Im Übrigen verweist der Beschwerdeführer darauf, dass der eingetragene Verein weiterhin aufrecht ist, die Vereinstätigkeit zu keinem Zeitpunkt untersagt wurde und in völligem Einklang mit den österreichischen Gesetzen steht. Die gegenständliche Veranstaltung wurde den Behörden ordnungsgemäß gemeldet. Diese Punkte waren der belangten Behörde bekannt, da der Beschwerdeführer seiner Stellungnahme einen aktuellen Vereinsregisterauszug beigelegt hat.
b. Versammlungsfreiheit
Eine Versammlung ist das Zusammenkommen von Menschen zum gemeinsamen Zweck der Erörterung von Meinungen oder der Kundgabe von Meinungen an andere. Nichts anderes wurde in gegenständlichem Fall durch die Rede des Beschwerdeführers verwirklicht. Das Anknüpfen von negativen Rechtsfolgen für den Beschwerdeführer als Reaktion auf die Abhaltung einer ordnungsgemäß angemeldeten und ruhig verlaufenen Versammlung verletzt diesen somit in seinem Recht auf Versammlungsfreiheit.
E) Gleichheit vor dem Gesetz/Willkürverbot
(Art7 Abs 1 BVG)
Gesetze sind auf alle Bürger in gleicher Weise anzuwenden. Das bedeutet auch, dass Behörden bei der Anwendung der Gesetze nicht willkürlich vorgehen dürfen. Nach der Judikatur des VwGH ist das Willkürverbot für die gesamte Verwaltung bindend. Nach dem VfGH verstößt ein Bescheid dann gegen den Gleichheitssatz, wenn die Behörde bei seiner Erlassung Willkür geübt hat (VfSlg 12.840/1991, 14.849/1997).
Unter Willkür fallen gravierende beziehungsweise mehrfache Verfahrensverletzungen. Diese sind in gegenständlichem Verfahren gehäuft aufgetreten:
Die belangte Behörde hat das rechtliche Gehör des Beschwerdeführers verletzt. Dazu sei auf die obigen Ausführungen zu Punkt B) verwiesen. Die Vernachlässigung des Parteiengehörs ist jedenfalls auch als behördliche Willkür zu werten und daher gleichheitswidrig (VfSlg 10.164/1984).
Des Weitern wurde, wie auch dem bekämpften Bescheid zu entnehmen ist, entgegen den gesetzlichen Bestimmungen der Beschluss des Rektorats vor Beschluss des Senats gefasst, worin bereits ein wesentlicher Verfahrensmangel zu sehen ist.
Es wurde eine Beschlussfassung i[m] Umlaufbeschlussweg getroffen, obwohl dies eindeutig den Bestimmungen des UG widerspricht, da eine persönliche Anwesenheit sämtlicher Mitglieder des Senats erforderlich ist (vgl. dazu auch Ausführungen zu Punkt H)).
Des Weiteren wurde der Beschwerdeführer von der belangten Behörde bereits zur Stellungnahme aufgefordert, bevor die gesetzlichen Voraussetzungen für ein Abberufungsverfahren durch die entsprechenden und gültig zustande gekommenen Beschlüsse des Senats und des Rektorats gegeben waren (vgl Ausführungen zu Punkt C)). Darin ist jedenfalls eine grobe Verfahrensverletzung im Sinne behördlicher Willkür zu sehen.
Eine weitere Verfahrensverletzung liegt darin, dass die belangte Behörde die Durchführung eines Ermittlungsverfahrens unterlassen hat. Indem sich die belangte Behörde lediglich auf Medienberichte beziehungsweise auf die Überlieferung von Medienberichten durch die MUW gestützt hat, hat sie wesentliche, auf den Unmittelbarkeitsgrundsatz gestützte Ermittlungstätigkeiten unterlassen und somit einen weiteren Akt behördlicher Willkür gesetzt.
Bei Beurteilung des Sachverhaltes wurde nicht überprüft, ob tatsächlich Teilnehmer des österreichischen Kameradschaftsbundes anwesend waren beziehungsweise wurde kein Ermittlungsverfahren dahingehend durchgeführt, ob rechtsextreme Skinheads bei der Veranstaltung anwesend waren. Die belangte Behörde hat damit gegen das Offizialprinzip und den darin liegenden Untersuchungsgrundsatz verstoßen.
Des Weiteren hat die belangte Behörde wesentliche Teile der Entscheidung ohne ausreichende beziehungsweise mit lediglich mangelhafter Begründung getroffen. Die belangte Behörde lässt den Beschwerdeführer über die Gründe, warum seine Haltung gegenüber dem Nationalsozialismus unkritisch sei, völlig im Dunklen. Sie führt an, dass die Bemerkung, es handle sich bei dem Grab weiterhin um ein Ehrengrab sowie die 'Heldenverehrung' für Walter Nowotny diese unkritische Haltung erkennbar werden ließe. Die belangte Behörde geht nicht auf die Rechtfertigung des Beschwerdeführers ein, in der klargestellt wurde, dass das Gedenken an (alle) Gefallenen und der Soldatenmut an sich alleiniges Thema der Rede waren. Mit keinem Wort wurde in der Rede das NS-Regime erwähnt oder das ehrende Andenken an Walter Nowotny etwa damit begründet, dass er zur Zeit des NS-Regimes gelebt und gekämpft hat. Eine Verbindung zum Nationalsozialismus wurde vom Beschwerdeführer nicht hergestellt.
Die belangte Behörde hat den Beschwerdeführer, wie bereits ausgeführt, in den Medien vorverurteilt. Die Möglichkeit einer objektiven Entscheidungsfindung beziehungsweise einer vollen Unbefangenheit der belangten Behörde ist daher jedenfalls zweifelhaft.
Das Verhalten der belangten Behörde bei Betrachtung des gesamten Sachverhalts stellt jedenfalls Willkür dar und verstößt damit gegen den Gleichheitsgrundsatz (VfSlg 11.851/1988).
F) Schutz des Eigentums (Art5 StGG und Art 1 1. ZP-MRK)
Aufgrund der Entscheidung der belangten Behörde, die, wie oben bereits ausführlich dargelegt, auf mehreren Verstößen gegen verfassungsgesetzlich gewährleistete Rechte beruht, kann der Beschwerdeführer seine bisherige Tätigkeit als Mitglied des Universitätsrates nicht mehr ausüben. Die Entscheidung greift daher auch aufgrund des Eingriffs in seine Erwerbssituation in sein verfassungsgesetzlich geschütztes Eigentumsrecht ein.
G) nulla poena sine lege (Art7 EMRK)
Das Recht, nur für Handlungen verurteilt zu werden, die zum Zeitpunkt der Begehung strafbar waren, umfasst auch ein Klarheitsgebot. Der Gesetzgeber hat klar und unmissverständlich zum Ausdruck zu bringen, wo er strafen will (VfSlg 11.776/1988).
Die Bestimmung des § 21 Abs 14 UG entspricht weder dem Art 7 EMRK, noch dem Art 18 Abs 1 und 2 B-VG. Dazu verweist der Beschwerdeführer auf die folgenden Ausführungen unter Punkt H).
Weder die Präambel, die keinen normativen Charakter enthalten kann, noch die analoge Heranziehung einer Bestimmung aus dem BDG ist eine geeignete Grundlage, um eine Abberufung zu rechtfertigen. Die belangte Behörde verkennt den Umstand, dass nicht per analogiam nicht im Gesetz enthaltene Abberufungsgründe geschaffen werden können, die weder vorhersehbar noch erkennbar sind und verstößt der gegenständliche Bescheid gegen Art 7 EMRK, da unter dem Schutzzweck der Norm nicht nur Kriminalstrafrecht und Verwaltungsstrafrecht zu subsumieren ist, sondern auch Maßnahmen, die wie gegenständliche einer Art Disziplinargerichtsbarkeit entsprechen ...
Auf diesen Umstand hat der Beschwerdeführer bereits in seiner Stellungnahme, in der er auf die Ausführungen Rechtsanwalts Dr. Ofner verwiesen hat, nachdrücklich aufmerksam gemacht. Ein Verstoß gegen die im UG normierten Pflichten seitens des Beschwerdeführers ist - zusammengefasst - nicht zu erkennen und wird dem Beschwerdeführer auch nicht zur Last gelegt.
Bemerkenswert ist an dieser Stelle, dass trotz der angeblich schweren Pflichtverletzung, welche eine sofortige Abberufung rechtfertigen sollte, auf der Homepage der medizinischen Universität
Wien ... am nach wie vor der Beschwerdeführer als
Universitätsrat angeführt ist.
H) Verfassungswidrige Bestimmung des § 21 Abs 14 UG (Art18 Abs 1 und 2 B-VG)
Aus der im Art 18 Abs 1 und 2 B-VG angeordneten Bindung der Vollziehung an das Gesetz ist das an den Gesetzgeber gerichtete Gebot abzuleiten, inhaltlich ausreichend bestimmte Regelungen zu schaffen. Der Inhalt einer Regelung muss soweit bestimmt sein, dass der Rechtsunterworfene sein Verhalten danach richten kann (vgl VfSlg 13.460). Ob eine Vorschrift ausreichend bestimmt ist, hängt insbesondere von ihren Folgen ab (vgl VfSlg 13.816).
Bei dem Ausdruck 'schwere Pflichtverletzung' handelt es sich zweifellos um einen unbestimmten Gesetzesbegriff, der im konkreten Fall nicht [e]rkennen lässt, wann diese tatsächlich verwirklicht ist. Das Gesetz sieht offensichtlich vor, dass die Behörde bei der Entscheidung, worin eine schwere Pflichtverletzung besteht, eine Abwägung vorzunehmen hat. Allerdings hat es der Gesetzgeber unterlassen, ausreichende Kriterien für diese Abwägung festzulegen (vgl VfSlg 14.256), sodass mangels nachvollziehbarer Bestimmtheit eine Verletzung des Legalitätsprinzips gegeben ist.
Allerdings sind im Gesetz Beispiele angeführt, welche eine Abberufung zur Folge haben. So stellt eine strafgerichtliche Verurteilung einen Abberufungsgrund dar. Auch eine mangelnde körperliche oder geistige Eignung kann Grund für eine Abberufung sein. Ein gesetzlich determinierter Pflichtenkatalog für Mitglieder des Universitätsrates ist in § 21 Abs 1 Z 1-13 UG enthalten.
Aus dem Verfahren ergibt sich eindeutig, dass weder eine strafrechtliche Verurteilung, eine Abberufung wegen mangelnder körperlicher und geistiger Eignung des Beschwerdeführers, noch ein Pflichtverstoß im Sinne des § 21 Abs 1 Z 1-13 UG dem Beschwerdeführer zur Last gelegt wird. Ein Abberufungsgrund, der sich aus dem Gesetz ergibt - und nur ein solcher kann relevant sein (siehe auch die Ausführungen zu Punkt G) nulla poena sine lege) - liegt nicht vor.
Auch wenn der Behörde im Sinne des Art 130 B-VG ein Ermessen eingeräumt wird, hat diese das freie Ermessen im Sinne des Gesetzes auszuüben. Gibt das Gesetz keine Richtlinie dafür, in welchem Sinn das der Behörde eingeräumte Ermessen anzuwenden ist, oder ist der Sinn nicht zu ermitteln, widerspricht es dem Artikel 18 B-VG und ist nach ständiger Rechtsprechung (vgl VfSlg 14.715, 15.356) jedenfalls verfassungswidrig.
Das UG 2002 enthält weiters für die Beschlüsse des Senats und des Rektorats im Sinne von § 21 UG 2002 keine inhaltlichen Vorgaben. Diese Beschlüsse haben jedoch Tatbestandswirkung für den bekämpften Bescheid (vgl. Thienel, Der mehrstufige Verwaltungsakt [1996]). Die Gesetzeslage verstößt damit gegen das Legalitätsprinzip (vgl. VfGH G65/95 ua = VfSlg 14.318 und den diesem Erkenntnis zugrunde liegenden Anfechtungsbeschluss des VwGH A26/95 [94/18/0762])."
4. Der nunmehrige Bundesminister für Wissenschaft und Forschung als belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der er dem Beschwerdevorbringen entgegentritt und die Abweisung der Beschwerde beantragt. Ua. wird dazu Folgendes ausgeführt:
"[E]ine Abberufung [ist] nur auf Grund übereinstimmender Beschlüsse mit mindestens Zweidrittelmehrheit des Senats und des
Rektorats zulässig ... Nirgendwo ist jedoch zwingend vorgesehen, dass
die Bundesministerin oder der Bundesminister ein derartiges Abberufungsverfahren erst nach einem derartigen Beschluss der beiden genannten Organe einleiten darf. Ganz im Gegenteil muss der Bundesminister oder die Bundesministerin schon auf Grund des Aufsichtsrechtes tätig werden, um allfälligen Schaden von den Universitäten abwenden zu können. Wegen des großen Medienechos war es zweifelsfrei für die zuständige Bundesministerin geboten, sich über den Sachverhalt zu informieren und das Verfahren rasch voranzutreiben um den Sachverhalt festzustellen und somit auch dem Beschwerdeführer das Recht auf Stellungnahme einzuräumen. Auf Grund des vorgelegenen Sachverhalts war es nämlich durchaus erkennbar, dass der Beschwerdeführer eine schwerwiegende Pflichtverletzung gegenüber der Medizinischen Universität Wien gesetzt hat. Die Meinung, wonach der Beschwerdeführer im Senat bzw. bei Beschluss des Rektorats
Parteiengehör hätte, ist verfehlt ... [B]eim Zusammenwirken der
obersten Organe der Universität, dazu gehört natürlich auch der Universitätsrat, [bedarf es] des engen und vertrauensvollen Zusammenwirkens und Einvernehmens aller Organe. Viele Tätigkeiten können nur im Gleichklang und im Zusammenwirken rechtskonform erledigt werden. Durch die Beschlüsse des Senats bzw. des Rektorates ist allerdings eindeutig dargetan, dass ein derartiges Vertrauensverhältnis der beiden anderen obersten Organe gegenüber dem Beschwerdeführer als Mitglied des Universitätsrats nicht mehr gegeben war. Auf die Beschlussfassung der beiden genannten Organe ist auch keinesfalls das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 anzuwenden ...
Ebenso wenig zielführend ist das Argument des Beschwerdeführers, dass das Verfahren mangelhaft sei, da das Rektorat vor dem Senat den Beschluss auf Abberufung gefasst habe. Dem § 21 Abs 14 Universitätsgesetz 2002 ist nicht zu entnehmen, dass das Rektorat erst nach Beschlussfassung des Senats seine Entscheidung über die Abberufung fällen kann. Der Gesetzesstelle ist klar und deutlich zu entnehmen, dass beide obersten Organe der Universität übereinstimmende Beschlüsse fassen müssen, wobei es unerheblich ist, welches der beiden Organe schneller reagiert, oder wie im vorliegenden Fall aufgrund der Geschäftsordnung schneller handeln kann. Es kann auch kein vernünftiger Grund genannt werden, warum zuerst der Senat und erst danach das Rektorat über eine Abberufung beschließen darf.
Weiters ist zu klären, wann eine schwere Pflichtverletzung durch ein Mitglied des Universitätsrates vorliegt. Die Aufgaben des Universitätsrates und damit die Pflichten der Mitglieder des Universitätsrates sind nicht nur in § 21 Abs 1 des Universitätsgesetzes 2002, sondern auch in Abs 3 der genannten Gesetzesstelle geregelt.
§ 21 Abs 3 des Universitätsgesetzes 2002 regelt, dass der Universitätsrat aus fünf, sieben oder neun Mitgliedern besteht, die in verantwortungsvollen Positionen in der Gesellschaft, insbesondere der Wissenschaft, Kultur oder Wirtschaft tätig sind oder waren und auf Grund ihrer hervorragenden Kenntnisse und Erfahrungen einen Beitrag zur Erreichung der Ziele und Aufgaben der Universität leisten können. Diese Ziele und Aufgaben der Universitäten sind in den §§1 und 3 des Universitätsgesetzes 2002 genannt. Zu § 1 erster Satz des
Universitätsgesetzes 2002 wird ... angemerkt, dass in § 3 Z 7 des
Universitätsgesetzes 2002 die Unterstützung der nationalen und internationalen Zusammenarbeit im Bereich der wissenschaftlichen Forschung und Lehre sowie der Kunst als Aufgabe der Universität ausdrücklich vorgesehen ist. Allerdings sind Ausführungen, wie sie der Beschwerdeführer am Grab von Walter Nowotny getätigt hat, nicht geeignet, eine erfolgreiche gedeihliche Zusammenarbeit, insbesondere mit ausländischen Universitäten, herbeizuführen. Die Außenbeziehungen der Universitäten, die eine enorme Bedeutung, insbesondere auch beim Abschluss der Leistungsvereinbarungen mit dem Bund, darstellen, werden durch derartige Äußerungen nicht gefördert, sondern im
Gegenteil schwer beeinträchtigt. ... [E]ine Toleranz derartiger
Ausführungen wie [der] des Beschwerdeführers würde die Internationalität und Mobilität der Studierenden und Forscher der betreffenden Universität beeinträchtigen, da zahlreiche Länder unter dem Regime des Nationalsozialismus schwer gelitten haben und wohl kein Verständnis für derartige Ausführungen aufbringen. Somit ist klargestellt, dass durch derartige Ausführungen am Grab von Walter Nowotny nicht zur Lösung der Probleme des Menschen sowie zur gedeihlichen Entwicklung der Gesellschaft und natürlichen Umwelt, wie dies in § 1 des Universitätsgesetzes 2002 vorgesehen ist, beigetragen wird. Auch das Ansehen der Universität und die internationale Vernetzung würden wohl schwer beeinträchtigt werden, wie das große Medienecho beweist. Eine Pflichtverletzung liegt somit eindeutig vor, weshalb auch die Konsequenz der Abberufung notwendig war.
...
Warum das Recht auf freie Meinungsäußerung des Beschwerdeführers im vorliegenden Fall verletzt worden sein soll, ist unerfindlich. Der Beschwerdeführer kann seine Meinung auch am Grab des Walter Nowotny jederzeit kundtun und verbreiten. Er hat sich jedoch durch eine Rede mit dem vorliegenden Inhalt disqualifiziert, weiterhin die Funktion eines Mitglieds des Universitätsrates auszuüben.
...
Der Vorwurf des Beschwerdeführers, dass die belangte Behörde nicht überprüft hätte, ob die Beschlüsse, des Senats und des Rektorats ordnungsgemäß zustande gekommen sind, ist falsch. Der Beschluss des Rektorates war einstimmig und wurde von niemandem in Zweifel gezogen bzw. wurde von niemandem Mangelhaftigkeit vorgebracht. Der Senat benötigte als wesentlich größeres Kollegialorgan auf Grund seiner Geschäftsordnung einen längeren Zeitraum, um eine ordnungsgemäße Sondersitzung einzuberufen, fasste dann aber am mit überwältigender Mehrheit den Beschluss, den Beschwerdeführer von seiner Funktion abzuberufen. Auch hier ist ein formeller oder materieller Mangel nicht erkennbar und von keiner Seite konkret vorgebracht oder behauptet worden. Die Einladung des Beschwerdeführers zu einer diesbezüglichen Sitzung des Rektorats oder des Senats ist keineswegs zwingend vorgesehen. Es bleibt den einzelnen Organen vorbehalten, Personen zu laden oder anzuhören, es sei denn, diese Organe haben das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 anzuwenden.
...
Völlig verfehlt ist auch das Argument, wonach das Recht auf den gesetzlichen Richter verletzt wurde, weil dem Beschwerdeführer das Recht auf Parteiengehör erst nach Beschlussfassung des Rektorates
und des Senats auf Abberufung hätte gewährt werden dürfen ... [D]er
Bundesminister oder die Bundesministerin [ist] Aufsichtsbehörde über die Universitäten und hat sich insbesondere über solche Angelegenheiten, die in den Medien abgehandelt werden, zu informieren und die Rechtmäßigkeit bzw. Unrechtmäßigkeit der betreffenden Handlungen festzustellen. Weder das Rektorat noch der Senat hat eine Sachverhaltsfeststellung oder irgendwelche Verfahrensschritte im Sinne des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes durchzuführen, sondern darüber zu befinden, ob ein Mitglied des Universitätsrates ihr Vertrauen genießt oder nicht und eine schwere Pflichtverletzung begangen hat. Verfahrensrechtliche Maßnahmen sind von jener Behörde, die auch den Bescheid erlässt, nämlich der Bundesministerin oder dem Bundesminister, zu setzen. Die Meinung, dass die Abberufung eines Mitgliedes des Universitätsrats ein antragsbedürftiger Akt ist, kann aus dem Gesetz nicht entnommen oder abgleitet werden."
II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige (vgl. dazu va. KI-1/07, Pkt. III.2.1. mit Hinweisen auf Vorjudikatur) - Beschwerde erwogen:
1. Zur maßgeblichen Rechtslage:
Die §§1, 3 bis 5 und 21 UniversitätsG 2002 lauten - auszugsweise - wie folgt:
"Ziele
§ 1. Die Universitäten sind berufen, der wissenschaftlichen
Forschung und Lehre ... zu dienen und hiedurch auch verantwortlich
zur Lösung der Probleme des Menschen sowie zur gedeihlichen Entwicklung der Gesellschaft und der natürlichen Umwelt beizutragen. Universitäten sind Bildungseinrichtungen des öffentlichen Rechts, die in Forschung und in forschungsgeleiteter akademischer Lehre auf die
Hervorbringung neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse ... ausgerichtet
sind. Im gemeinsamen Wirken von Lehrenden und Studierenden wird in einer aufgeklärten Wissensgesellschaft das Streben nach Bildung und Autonomie des Individuums durch Wissenschaft vollzogen. Die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses geht mit der Erarbeitung von Fähigkeiten und Qualifikationen sowohl im Bereich der
wissenschaftlichen ... Inhalte als auch im Bereich der methodischen
Fertigkeiten mit dem Ziel einher, zur Bewältigung der gesellschaftlichen Herausforderungen in einer sich wandelnden humanen und geschlechtergerechten Gesellschaft beizutragen. Um den sich ständig wandelnden Erfordernissen organisatorisch, studien- und personalrechtlich Rechnung zu tragen, konstituieren sich die Universitäten und ihre Organe in größtmöglicher Autonomie und Selbstverwaltung."
"Aufgaben
§ 3. Die Universitäten erfüllen im Rahmen ihres Wirkungsbereichs folgende Aufgaben:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
1. | Entwicklung der Wissenschaften (Forschung und Lehre) | |||||||||
... | ||||||||||
2. | Bildung durch Wissenschaft ...; |
3. wissenschaftliche ... Berufsvorbildung,
Qualifizierung für berufliche Tätigkeiten, die eine
Anwendung wissenschaftlicher Erkenntnisse und
Methoden erfordern, sowie Ausbildung der
wissenschaftlichen Fähigkeiten bis zur höchsten
Stufe;
4. Heranbildung und Förderung des wissenschaftlichen
... Nachwuchses;
Tabelle in neuem Fenster öffnen
5. | Weiterbildung, insbesondere der Absolventinnen und Absolventen von Universitäten; | |||||||||
6. | Koordinierung der wissenschaftlichen Forschung ... und der Lehre innerhalb der Universität; | |||||||||
7. | Unterstützung der nationalen und internationalen Zusammenarbeit im Bereich der wissenschaftlichen Forschung und Lehre ...; | |||||||||
8. | Unterstützung der Nutzung und Umsetzung ihrer Forschungsergebnisse in der Praxis ...; | |||||||||
9. | Gleichstellung von Frauen und Männern und Frauenförderung; | |||||||||
10. | Pflege der Kontakte zu den Absolventinnen und Absolventen; | |||||||||
11. | Information der Öffentlichkeit über die Erfüllung der Aufgaben der Universitäten." |
"Rechtsform
§ 4. Die Universitäten sind juristische Personen des öffentlichen Rechts."
"Weisungsfreiheit und Satzungsfreiheit
§ 5. Die Universitäten erfüllen ihre Aufgaben gemäß § 3 im Rahmen der Gesetze und Verordnungen nach Maßgabe des § 2 Abs 2 des Bundesgesetzes über die Organisation der Universitäten (UOG 1993),
BGBl. Nr. 805/1993, ... weisungsfrei und geben sich ihre Satzung im
Rahmen der Gesetze (§7 Abs 1 UOG 1993 ...)."
"Universitätsrat
§21. (1) Der Universitätsrat hat folgende Aufgaben:
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1. | Genehmigung des Entwicklungsplans, des Organisationsplans und des Entwurfs der Leistungsvereinbarung der Universität sowie der Geschäftsordnung des Rektorats; | |||||||||
2. | Stellungnahme zur Ausschreibung der Funktion der Rektorin oder des Rektors durch den Senat; | |||||||||
3. | Wahl der Rektorin oder des Rektors aus dem Dreiervorschlag des Senats sowie Wahl der Vizerektorinnen und Vizerektoren auf Grund eines Vorschlags der Rektorin oder des Rektors und nach Stellungnahme des Senats; | |||||||||
4. | Abschluss des Arbeitsvertrages und der Zielvereinbarung mit der Rektorin oder dem Rektor; | |||||||||
5. | Abberufung der Rektorin oder des Rektors und der Vizerektorinnen und Vizerektoren; | |||||||||
6. | Nominierung eines weiblichen und eines männlichen Mitglieds für die Schiedskommission; | |||||||||
7. | Stellungnahme zu den Curricula und zu den Studienangeboten außerhalb der Leistungsvereinbarung; | |||||||||
8. | Genehmigung der Gründung von Gesellschaften und Stiftungen; | |||||||||
9. | Genehmigung der Richtlinien für die Gebarung sowie Genehmigung des Rechnungsabschlusses, des Leistungsberichts des Rektorats und der Wissensbilanz und Weiterleitung an die Bundesministerin oder den Bundesminister; | |||||||||
10. | Bestellung einer Abschlussprüferin oder eines Abschlussprüfers zur Prüfung des Rechnungsabschlusses der Universität; | |||||||||
11. | Zustimmung zur Begründung von Verbindlichkeiten, die über die laufende Geschäftstätigkeit der Universität hinausgehen, sowie Ermächtigung des Rektorats, solche Verbindlichkeiten bis zu einer bestimmten Höhe ohne vorherige Einholung der Zustimmung des Universitätsrats einzugehen; | |||||||||
12. | Berichtspflicht an die Bundesministerin oder den Bundesminister bei schwerwiegenden Rechtsverstößen von Universitätsorganen sowie bei Gefahr eines schweren wirtschaftlichen Schadens; | |||||||||
13. | Genehmigung von Richtlinien des Rektorats für die Bevollmächtigung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern gemäß § 28 Abs 1. |
(2) ...
(3) Der Universitätsrat besteht aus fünf, sieben oder neun Mitgliedern, die in verantwortungsvollen Positionen in der Gesellschaft, insbesondere der Wissenschaft, Kultur oder Wirtschaft, tätig sind oder waren und auf Grund ihrer hervorragenden Kenntnisse und Erfahrungen einen Beitrag zur Erreichung der Ziele und Aufgaben der Universität leisten können. Die Größe des ersten Universitätsrats legt der Gründungskonvent fest (§121 Abs 4). Über eine Änderung der Größe des Universitätsrats entscheidet der Senat mit Zweidrittelmehrheit.
(4) ...
(5) ...
(6) Dem Universitätsrat gehören nach Maßgabe des Abs 3 folgende fünf, sieben oder neun Mitglieder an:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
1. | zwei, drei oder vier Mitglieder, die vom Senat gewählt werden; | |||||||||
2. | zwei, drei oder vier Mitglieder, die von der Bundesregierung auf Vorschlag der Bundesministerin oder des Bundesministers bestellt werden; | |||||||||
3. | ein weiteres Mitglied, das von den unter Z 1 und 2 genannten Mitgliedern einvernehmlich bestellt wird. |
Der Senat und die Bundesregierung haben gleich viele Mitglieder zu bestellen, die Bestellung der Mitglieder gemäß Z 2 hat nach der Wahl der Mitglieder gemäß Z 1 zu erfolgen.
(7) Kommt es innerhalb von drei Monaten nach der Bestellung der Mitglieder gemäß Abs 6 Z 1 und 2 zu keiner einvernehmlichen Bestellung des weiteren Mitglieds gemäß Abs 6 Z 3, hat die Bundesministerin oder der Bundesminister eine angemessene Nachfrist zu setzen. Verstreicht diese ergebnislos, ist dieses Mitglied des Universitätsrats vom Senat aus einem Dreiervorschlag der Akademie der Wissenschaften auszuwählen.
(8) Die Funktionsperiode der Mitglieder beträgt fünf Jahre. Eine Wiederwahl oder Wiederbestellung für die unmittelbar folgende Funktionsperiode ist nur einmal zulässig. Bei vorzeitigem Ausscheiden eines Mitglieds des Universitätsrats ist für den Rest der Funktionsperiode ein neues Mitglied auf dieselbe Art wie das ausgeschiedene Mitglied zu wählen oder zu bestellen.
(9) ...
(10) Die Mitglieder des Universitätsrats sind bei ihrer Tätigkeit zu entsprechender Sorgfalt verpflichtet.
(11) Die Mitglieder des Universitätsrats erhalten für ihre Tätigkeit eine Vergütung, die vom Universitätsrat festzusetzen ist.
(12) ...
(13) Die Mitgliedschaft im Universitätsrat endet
Tabelle in neuem Fenster öffnen
1. | durch Ablauf der Funktionsperiode; | |||||||||
2. | durch Verzicht; | |||||||||
3. | durch Abberufung; | |||||||||
4. | durch Tod. |
(14) Die Bundesministerin oder der Bundesminister kann ein Mitglied des Universitätsrats wegen einer schweren Pflichtverletzung, einer strafgerichtlichen Verurteilung oder wegen mangelnder körperlicher oder geistiger Eignung mit Bescheid von seiner Funktion abberufen. Eine Abberufung setzt übereinstimmende Beschlüsse des Senats und des Rektorats voraus, die beide einer Zweidrittelmehrheit bedürfen.
(15) ..."
2. Der Beschwerdeführer ist auf Grund der nachstehenden Überlegungen mit seinem Vorbringen nicht im Recht.
2.1. Der unbestimmte Gesetzesbegriff der "schweren Pflichtverletzung" iSd § 21 Abs 14 UniversitätsG ist, insbesondere im Zusammenhang mit den Bestimmungen des UniversitätsG über die Ziele, Leitenden Grundsätze und Aufgaben der Universität sowie über die Aufgaben des Universitätsrates, einer Auslegung zugänglich und damit - unter dem Gesichtspunkt des aus dem Art 18 B-VG abzuleitenden, an den Gesetzgeber gerichteten Determinierungsgebotes - hinreichend bestimmt. Ebenso wenig ist es verfassungsrechtlich bedenklich, dass die Abberufung eines Mitgliedes des Universitätsrates durch den zuständigen Bundesminister - also ein oberstes Organ der Vollziehung des Bundes iSd Art 19 B-VG - entsprechende, mit qualifizierter Mehrheit zu beschließende Willenserklärungen des Senats und des Rektorats der betreffenden Universität voraussetzt (vgl. VfSlg. 17.101/2004 S 54).
2.2.1. Nach Art 10 Abs 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf freie Meinungsäußerung. Vom Schutzumfang dieser Bestimmung, die das Recht der Freiheit der Meinung und der Freiheit zum Empfang und zur Mitteilung von Nachrichten oder Ideen ohne Eingriffe öffentlicher Behörden einschließt, werden sowohl reine Meinungskundgaben als auch Tatsachenäußerungen, aber auch Werbemaßnahmen erfasst. Art 10 Abs 2 EMRK sieht allerdings im Hinblick darauf, dass die Ausübung dieser Freiheit Pflichten und Verantwortung mit sich bringt, die Möglichkeit von Formvorschriften, Bedingungen, Einschränkungen oder Strafdrohungen vor, wie sie in einer demokratischen Gesellschaft im Interesse der nationalen Sicherheit, der territorialen Unversehrtheit oder der öffentlichen Sicherheit, der Aufrechterhaltung der Ordnung und der Verbrechensverhütung, des Schutzes der Gesundheit und der Moral, des Schutzes des guten Rufes oder der Rechte anderer, zur Verhinderung der Verbreitung von vertraulichen Nachrichten oder zur Gewährleistung des Ansehens und der Unparteilichkeit der Rechtsprechung notwendig sind.
Ein verfassungsrechtlich zulässiger Eingriff in die Freiheit der Meinungsäußerung muss sohin, wie auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte ausgesprochen hat (zB EGMR , Fall Sunday Times, Appl. 6538/74, EuGRZ 1979, 390; , Fall Barthold, Appl. 8734/79, EuGRZ 1985, 173), gesetzlich vorgesehen sein, einen oder mehrere der in Art 10 Abs 2 EMRK genannten rechtfertigenden Zwecke verfolgen und zur Erreichung dieses Zweckes oder dieser Zwecke "in einer demokratischen Gesellschaft notwendig" sein (vgl. , V26/06 mwH).
2.2.2. Es kann "im Interesse ... des Schutzes ... der Rechte
anderer", hier also der Universität als einer juristischen Person des
öffentlichen Rechts (vgl. § 4 UniversitätsG) auch "in einer
demokratischen Gesellschaft ... unentbehrlich" sein, gesetzlich
vorzusehen, dass ein Mitglied des Universitätsrates wegen einer Meinungsäußerung, die eine "schwere Pflichtverletzung" iSd § 21 Abs 14 UniversitätsG darstellt, von seiner Funktion abberufen werden kann. Insoferne bestehen gegen die genannte gesetzliche Bestimmung auch unter dem Gesichtspunkt des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf freie Meinungsäußerung iSd Art 10 EMRK keine verfassungsrechtlichen Bedenken.
2.2.3. Ein Eingriff in dieses verfassungsgesetzlich gewährleistete - unter Gesetzesvorbehalt stehende - Recht wäre daher im vorliegenden Fall nur dann verfassungswidrig, wenn der angefochtene Bescheid ohne Rechtsgrundlage ergangen wäre oder die Behörde bei seiner Erlassung eine verfassungsrechtlich unbedenkliche Rechtsgrundlage in denkunmöglicher Weise angewendet hätte (vgl. zB VfSlg. 9909/1983, 11.572/1987, 15.827/2000, 17.196/2004).
Dies ist jedoch der belangten Behörde nicht vorzuwerfen.
Sie stützt ihre Auffassung, die Rede des Beschwerdeführers am am Grab von Walter Nowotny am Wiener Zentralfriedhof stelle eine "schwere Pflichtverletzung" iSd § 21 Abs 14 UniversitätsG dar, im Wesentlichen auf die folgenden Überlegungen:
"Durch [diese] Rede ..., über die in sehr vielen
österreichischen Medien kritisch berichtet wurde, wird ... das
Ansehen der Universität im Hinblick darauf, dass Ihre Mitgliedschaft
zum Universitätsrat der Medizinischen Universität Wien allgemein
bekannt war und ist, beschädigt. Mit der in dieser Rede zum Ausdruck
kommenden unkritischen Haltung gegenüber dem Nationalsozialismus
wurde schwer gegen die sich aus den gesetzlichen Bestimmungen
ergebende Pflicht, dem Ansehen der Universität nicht zu schaden,
verstoßen. Diese unkritische Haltung ist beispielsweise erkennbar im
Festhalten daran, dass es sich beim Grab von Walter Nowotny um ein
Ehrengrab handelt ('... für uns immer noch als Ehrengrab
anzuerkennende letzte Ruhestätte ...') oder in der 'Heldenverehrung'
für Walter Nowotny ('... der um unsere Helden gedenkenden Menschen
...'; '... ihm ehrend zu gedenken ...', 'Wer wird ihr Held sein, wenn
andere Zeiten anbrechen, die sich mit einem düstern Wetterleuchten schon ankündigen?').
Ein Mitglied eines Universitätsrates, das öffentlich eine Rede beim Grab von Walter Nowotny hält und dem klar sein musste, dass aufgrund seiner Stellung negatives mediales Echo hervorgerufen werden wird, bewirkt jedenfalls eine unnötige negative Erwähnung der Universität in der Öffentlichkeit. ...
Die Medizinische Universität Wien hat in der Präambel ihrer Satzung unter anderem festgehalten: 'Die Medizinische Universität Wien orientiert sich an den Zielen einer humanen Gesellschaft und bekennt sich zum Prinzip der Gerechtigkeit und der Gleichheit aller Menschen, ungeachtet ihres Geschlechts, ihrer Abstammung, ethnischen Zugehörigkeit und Religion, zur Internationalen Verankerung sowie zur gesellschaftlichen und historischen Mitverantwortung.' Die oben genannte Rede lässt den Schluss zu, dass gegen das Bekenntnis zur 'historischen Mitverantwortung' verstoßen wird. Ein Mitglied des Universitätsrates, dessen Rede den Schluss des öffentlichen Widerspruches gegen die in der Satzung einer Universität verankerten Grundsätze zulässt, verstößt gegen seine sich aus dieser Funktion erwachsenen Verpflichtungen."
In ihrer Gegenschrift führt die belangte Behörde dazu Folgendes aus:
"[In § 3 Z 7 UniversitätsG ist] die Unterstützung der
nationalen und internationalen Zusammenarbeit im Bereich der
wissenschaftlichen Forschung und Lehre ... als Aufgabe der
Universität ausdrücklich vorgesehen ... Die Außenbeziehungen der
Universitäten, die eine enorme Bedeutung, insbesondere auch beim
Abschluss der Leistungsvereinbarungen mit dem Bund, darstellen,
werden durch derartige Äußerungen schwer beeinträchtigt. ... [E]ine
Toleranz derartiger Ausführungen wie [der] des Beschwerdeführers
würde die Internationalität und Mobilität der Studierenden und
Forscher der betreffenden Universität beeinträchtigen, da zahlreiche
Länder unter dem Regime des Nationalsozialismus schwer gelitten haben
und wohl kein Verständnis für derartige Ausführungen aufbringen.
Somit ist klargestellt, dass durch derartige Ausführungen am Grab von
Walter Nowotny ... das Ansehen der Universität und die internationale
Vernetzung ... schwer beeinträchtigt werden, wie das große Medienecho
beweist. Eine Pflichtverletzung liegt somit eindeutig vor, weshalb auch die Konsequenz der Abberufung notwendig war."
Der Verfassungsgerichtshof kann der belangten Behörde nicht entgegentreten, wenn sie wegen der in der Rede des Beschwerdeführers am am Grab von Walter Nowotny zum Ausdruck kommenden "unkritischen Haltung zum Nationalsozialismus" das Vorliegen einer schweren Pflichtverletzung iSd. § 21 Abs 14 UniversitätsG annimmt (vgl. dazu insb. die ständige Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes [zB uHa. VfSlg. 12.646/1991], derzufolge "die kompromißlose Ablehnung des Nationalsozialismus ein grundlegendes Merkmal der [1945] wiedererstandenen Republik" ist). Der vom Beschwerdeführer behauptete Verstoß gegen das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Freiheit der Meinungsäußerung liegt daher nicht vor.
2.3. Zur behaupteten Verletzung des Rechts auf ein faires Verfahren iSd Art 6 EMRK genügt es darauf hinzuweisen, dass die bescheidmäßige Abberufung von einer Organfunktion an einer Universität, also einer juristischen Person des öffentlichen Rechts, weder eine Entscheidung über zivilrechtliche Ansprüche und Verpflichtungen noch über eine strafrechtliche Anklage im Sinne der genannten Bestimmung der EMRK darstellt. Anders als der Beschwerdeführer meint, ist daher für seinen Standpunkt auch aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschrechte zur Anwendbarkeit des Art 6 EMRK auf dienstrechtliche Streitigkeiten öffentlich Bediensteter nichts zu gewinnen.
2.4. Wie die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift unwidersprochen ausführt, lagen bei Erlassung des hier bekämpften Bescheides - und nur darauf, nicht etwa auf die Aufforderung zur Stellungnahme kommt es dabei an - die gemäß § 21 Abs 14 UniversitätsG erforderlichen, mit entsprechender Mehrheit gefassten Beschlüsse sowohl des Senats als auch des Rektorats der Medizinischen Universität Wien vor, die sich für die Abberufung des Beschwerdeführers von seiner Funktion als Mitglied des Universitätsrates wegen schwerer Pflichtverletzung aussprachen. Die Auffassung des Beschwerdeführers, er sei durch den bekämpften Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt worden, trifft daher nicht zu.
2.5. Vor dem Hintergrund der Ausführungen unter Pkt. 2.2.3. kommt eine Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Vereins- oder auf Versammlungsfreiheit bzw. auf Unversehrtheit des Eigentums hier von vornherein nicht in Betracht. Ebenso wenig liegt ein Indiz dafür vor, dass die belangte Behörde bei Erlassung des Bescheides gegen den Gleichheitssatz verstoßen hätte.
2.6. Was den behaupteten Verstoß gegen Art 7 EMRK ("nulla poena sine lege") anlangt, so ist auf die Ausführungen unter Pkt. 2.3. hinzuweisen.
Zum anderen kann im verfassungsgerichtlichen Verfahren dahingestellt bleiben, ob die "analoge Heranziehung einer Bestimmung
aus dem BDG ... eine geeignete Grundlage [darstellt], um eine
Abberufung zu rechtfertigen". Wie oben ausgeführt, konnte der angefochtene Bescheid nämlich denkmöglicher Weise jedenfalls auf den Tatbestand des § 21 Abs 14 UniversitätsG gestützt werden.
3. Das verfassungsgerichtliche Beschwerdeverfahren ergab auch nicht, dass der Beschwerdeführer in einem von ihm nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht verletzt wurde.
4. Die Beschwerde war daher insgesamt als unbegründet abzuweisen.
5. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VfGG 1953 ohne vorangegangene mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.