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OGH vom 11.09.2018, 14Os11/18a (14Os99/18t)

OGH vom 11.09.2018, 14Os11/18a (14Os99/18t)

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Danek als Vorsitzenden, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Dr. Oshidari sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Ertl, LL.M., als Schriftführer in der Strafsache gegen Christian H***** und eine Angeklagte wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall, § 15 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über den Antrag der Angeklagten Elisabeth H***** auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Fristen zur Anmeldung und zur Ausführung von Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom , GZ 122 Hv 74/13s-572, weiters die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Christian H***** und Elisabeth H***** sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das genannte Urteil, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung

I/den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Anmeldung von Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung wird der Angeklagten Elisabeth H***** nicht bewilligt. Deren Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Ausführung von Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung wird zurückgewiesen.

Beide Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufung der Angeklagten Elisabeth H***** werden zurückgewiesen.

Den Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

II/ zu Recht erkannt:

Aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerden werden das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch III, demgemäß auch im Christian H***** betreffenden Strafausspruch, und im Ausspruch über die Abschöpfung unrechtmäßiger Bereicherung beider Angeklagter sowie der zugleich gefasste Beschluss auf Absehen vom Widerruf einer bedingten Strafnachsicht aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht für Strafsachen Wien verwiesen.

Mit ihren Berufungen werden Christian H***** und die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden Christian H***** und Elisabeth H***** (diese als Beteiligte iVm § 12 dritter Fall StGB [vgl aber US 11 f]) jeweils eines Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3 und 148 zweiter Fall, § 15 StGB (I/A und B) und der Untreue nach § 153 Abs 1 und (gemeint ersichtlich [vgl US 52]:) 3 zweiter Fall, § 15 StGB (II/A und B), Ersterer überdies des Verbrechens der Veruntreuung nach § 133 Abs 1 und 2 zweiter Fall, § 15 StGB (III), schuldig erkannt.

Danach haben in W***** und an anderen Orten

I/ von 2003 bis mit dem Vorsatz, sich oder einen Dritten durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern,

A/ Christian H***** in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung von schwerem Betrug (§ 147 Abs 2 StGB) längere Zeit ein nicht bloß geringfügiges fortlaufendes Einkommen zu verschaffen, Teilnehmer des Bartersystems der E***** Handel AG (kurz E*****) durch Täuschung über Tatsachen, nämlich die (wahrheitswidrige) Vorgabe, als Vorstand der genannten Gesellschaft „ein funktionierendes und ausgewogenes Bartersystem mit Webportal“ zu betreiben, insbesondere die Einhaltung – im Urteil näher beschriebener – Regeln laut den AGB des Bartersystems zu überwachen und durchzusetzen, zu Handlungen, nämlich „zum Beitritt zu diesem Bartersystem sowie der Erbringung von Leistungen, Lieferung von Waren oder Übertragung von Liegenschaften“ verleitet, „wodurch Teilnehmer an diesem Bartersystem in einem insgesamt 300.000 Euro übersteigenden Ausmaß am Vermögen geschädigt wurden“;

B/ Elisabeth H***** zu der von I/A/ erfassten strafbaren Handlung des Christian H***** dadurch beigetragen, dass „sie im eigenen Namen Waren und Dienstleistungen bei anderen Teilnehmern des Bartersystems gegen BarterCredits bezog, insbesondere die Finanzierung des Ankaufs von Liegenschaften im eigenen Namen durch Barter-Credits bei gleichzeitiger Gewährung einer Verlängerung der Frist zum Ausgleich der Belastung ihres Teilnehmerkontos auf zehn Jahre akzeptierte, obwohl ihr Konto im Bartersystem bereits namhafte und unbesicherte Außenstände aufwies“ und sie „weder Sicherheiten noch zum Ausgleich dieser Außenstände binnen angemessener Frist geeignete Leistungen im Bartersystem“ anbot, wodurch Teilnehmer an diesem Bartersystem in einem 300.000 Euro übersteigenden Ausmaß am Vermögen geschädigt wurden;

II/A/ Christian H***** als Vorstand der E***** seine durch die Teilnehmer des Bartersystems eingeräumte Befugnis, „die Nachgenannten zu verpflichten“, wissentlich missbraucht, indem er in unvertretbarer Weise gegen solche Regeln verstieß, die dem Vermögensschutz der jeweils wirtschaftlich Berechtigten dienten, wodurch er einen 300.000 Euro übersteigenden Vermögensschaden herbeiführte, nämlich

1/ den Teilnehmern des Bartersystems der E*****, die bereits ein Guthaben an Barter-Credits aufgebaut hatten, indem er einzelnen Teilnehmern des Bartersystems, „insbesondere Elisabeth H*****“, die in den AGB vorgesehene Frist von neun Monaten ab dem Buchungsdatum zum Ausgleich eines aufgrund bezogener Lieferung oder Leistung belasteten Teilnehmerkontos mit eigenen Lieferungen oder Leistungen oder Zahlung in gesetzlichen Zahlungsmitteln, in unvertretbarer Weise verlängerte;

2/ von 21. Oktober bis den Teilnehmern des Bartersystems der E*****, indem er aus der in Auflösung befindlichen Tauschplattform EB***** ausschließlich solche Teilnehmer, die in der EB***** über ein Guthaben verfügten, in das Bartersystem der E***** unter Gewährung eines Guthabens gleicher Höhe übernahm, wodurch er diesen Teilnehmern ohne Rechtsgrund und wirtschaftliche Rechtfertigung ein zinsloses, nicht rückzahlbares Darlehen zum Nachteil der bisherigen Teilnehmer des Bartersystems der E***** einräumte;

3/ am der E*****, indem er diese ohne Rechtsgrund und wirtschaftliche Rechtfertigung gegenüber der Miteigentümergemeinschaft R***** verpflichtete, von dieser für den Verkauf einer im Urteil näher bezeichneten Liegenschaft erhaltene Barter-Credits im Gegenwert von 740.000 Euro bei deren Nichteinlösbarkeit (innerhalb der Tauschbörse) in gesetzlichen Zahlungsmitteln abzulösen;

II/B/ Elisabeth H***** zu der von II/A/1/ erfassten strafbaren Handlung des Christian H***** im Wissen um dessen zumindest vorsätzlichen Befugnismissbrauch dadurch beigetragen, dass sie die Finanzierung des Ankaufs von Liegenschaften auf die zu Punkt I/B beschriebene Weise akzeptierte;

III/ Christian H***** am „ein Gut mit einem tatsächlich oder zumindest von ihm billigend in Kauf genommenen, € 300.000,-- übersteigenden Wert, das ihm anvertraut worden ist, sich oder einem Dritten mit dem Vorsatz zugeeignet, sich oder den Dritten dadurch unrechtmäßig zu bereichern, indem er Außenstände der Elisabeth H***** im Bartersystem der E***** von nominell etwa € 1 Mio. nicht in die neue Plattform T***** übertrug, damit gegen diese bestehende, von der E***** und damit von ihm als deren Vorstand verwaltete Forderungen faktisch aufgab und damit deren Einbringlichmachung verhinderte, womit er Elisabeth H***** faktisch von ihrer Leistungspflicht gegenüber anderen Teilnehmern am Bartersystem befreite und solcherart unrechtmäßig bereicherte“.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richten sich die von Christian H***** aus den Gründen der Z 4, 5, 5a sowie 9 lit a und b, von Elisabeth H***** aus den Gründen der Z 4, 5, 8, 9 lit a, 10, 10a und 11 des § 281 Abs 1 StPO ergriffenen Nichtigkeitsbeschwerden.

Das Erstgericht ging zu den Schuldsprüchen I und II in objektiver Hinsicht hinreichend deutlich (vgl Ratz, WKStPO § 281 Rz 19) von folgendem Sachverhalt aus:

Christian H***** war im Tatzeitraum selbständig vertretungsbefugter Vorstand der E*****. Diese betrieb ein Bartersystem („Barter-Pool“), eine Art Tauschkreis, dessen Teilnehmer untereinander Waren und Dienstleistungen austauschten, wobei Entgeltforderungen aus diesen Geschäften zur Gänze oder anteilsmäßig nicht durch Barzahlung, sondern durch eine gleichwertige Leistung eines anderen Teilnehmers getilgt werden sollten. Der Veräußerer oder Leistungserbringer erhielt also grundsätzlich nicht Bargeld, sondern eine Gutschrift auf seinem „Barterkonto“, der Erwerber eine entsprechende Lastschrift. Derartige Tauschverträge kamen unmittelbar zwischen den Poolteilnehmern ohne Zwischenschaltung der E***** zustande.

Teil der zwischen der E***** und den Teilnehmern über deren Beitritt zum Tauschkreis abgeschlossenen Verträge waren – dem Urteil als Beilage angeschlossene – AGB, die insbesondere das Funktionieren des Tauschkreises sicherstellen sollten.

So hatte die E***** die Stellung von Sicherheiten und die Bonität von Poolteilnehmern zu prüfen, bevor diese Lieferungen und Leistungen mittels Lastschrift auf ihrem Barterkonto in Anspruch nahmen (Art 7 der AGB).

Einen Negativsaldo auf ihrem Barterkonto hatten Poolteilnehmer durch Lieferungen oder Leistungen in entsprechender Höhe binnen neun Monaten auszugleichen. Die E***** hatte die Befugnis, mit solchen Teilnehmern im Einzelfall schriftlich eine von dieser Frist abweichende Vereinbarung (über den Ausgleich des Barterkontos) zu treffen. Andernfalls waren diese Teilnehmer verpflichtet, den Negativsaldo binnen 21 Tagen durch Barzahlung auf ein Treuhandkonto auszugleichen (Art 9 der AGB). Nach den AGB wurde der E***** somit die Befugnis übertragen, über die der Gesamtheit der Poolteilnehmer gegen einzelne im Minus befindliche Teilnehmer zustehenden Forderungen zu verfügen (US 13 und 42 f [„im Namen der {übrigen} am Tauschkreis Teilnehmenden“]).

Poolteilnehmer mit einem Negativsaldo waren verpflichtet, die Nachfrage nach ihren Waren und Dienstleistungen „zu den üblichen Konditionen“ zu befriedigen (Kontrahierungszwang). Auf dem Treuhandkonto erliegendes Kapital (aus dem Barausgleich von Negativsalden) hatte die E***** zum Ankauf von Waren und Dienstleistungen, die im Tauschkreis nachgefragt, aber nicht angeboten wurden, einzusetzen (Art 9 der AGB).

Christian H***** täuschte den Poolteilnehmern die Einhaltung der AGB vor und verleitete sie dadurch zum Beitritt sowie zur Erbringung von Lieferungen und Leistungen. Insbesondere unterließ er es, Teilnehmer auf deren Bonität zu überprüfen und den Ausgleich im Minus befindlicher Barterkontos zu betreiben. Außerdem verlängerte er bei bestimmten Teilnehmern, etwa seiner Ehefrau Elisabeth H*****, die Frist zum Ausgleich von Negativsalden ohne wirtschaftliche Rechtfertigung und ohne Bonitätsprüfung oder Einholung von Sicherheiten von neun Monaten auf zehn Jahre und nahm dabei den (endgültigen) Forderungsausfall billigend in Kauf (US 10, 11 f, 14 f, 16, 20, 22, 28 f, 37, 41, 45 iVm Blg ./19 zu ON 571).

Aufgrund der großen Zahl von (teils den Angeklagten nahestehenden) Teilnehmern, die nicht in der Lage waren, Negativsalden auf ihren Barterkonten durch entsprechende Leistungen auszugleichen, war der Tauschkreis nicht funktionsfähig. Am Ende des Tatzeitraums (im April 2010) konnten Poolteilnehmer Guthaben von insgesamt 2.226.000 Euro nicht mehr einlösen.

Den beiden Angeklagten diente „die im Rahmen der E***** betriebene Tauschbörse“ der „Generierung der finanziellen Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts“. Elisabeth H***** bezog über den Tauschkreis Waren und Dienstleistungen und erwarb mehrere Liegenschaften von anderen Poolteilnehmern, wobei ein Gegenwert (der Liegenschaften) von insgesamt 372.000 Euro durch Lastschrift auf dem Barterkonto von Elisabeth H*****, das bereits beim ersten Liegenschaftserwerb einen Negativsaldo von 550.000 „Bartercredits“ aufwies, finanziert wurde. Anlässlich dieser Liegenschaftstransaktionen wurde die Frist zum Ausgleich der Lastschriften in der oben beschriebenen Weise (ohne jegliche Sicherheit) auf zehn Jahre verlängert. Angesichts des Fehlens von Leistungsfähigkeit und -willigkeit der Elisabeth H***** im jeweiligen Tatzeitpunkt waren die in Lastschriften ausgedrückten Forderungen (der Gemeinschaft der Poolteilnehmer) wertlos und führten schon diese Taten einen 300.000 Euro übersteigenden Schaden herbei. Der Erwerb der Liegenschaften erfolgte nur deshalb im Namen der Elisabeth H*****, weil Christian H***** „einen Außenstand auf einem Barterkonto, das auf diesen lautete“, vermeiden wollte. Tatsächlich übte er „die Rechte des Eigentümers“ aus (I/A und B sowie II/A/1).

Im Zusammenhang mit einer anderen, zwischen zwei Poolteilnehmern durchgeführten Liegenschaftstransaktion verpflichtete Christian H***** die E*****, der Veräußererin (der Miteigentümergemeinschaft R*****) das in „Barter-Credits“ erhaltene Entgelt von 740.000 Euro „in gesetzlichen Zahlungsmitteln“ zu erstatten, sollte sie für ihre Gutschrift auf ihrem Barterkonto bis zum keine entsprechenden Lieferungen oder Leistungen beziehen können. Darüber hinaus verpflichtete er die E***** für den Fall der Nichteinlösbarkeit des Guthabens zu einem Pönale von 500 Euro pro Tag ab dem . Nach den AGB übernahm die E***** (jedoch ansonsten) keine Haftung im Zusammenhang mit Transaktionen zwischen Poolteilnehmern. Ein Anspruch auf Abgeltung einer Buchforderung in Euro bestand (unter bestimmten Umständen) nur zwischen den am Tauschgeschäft Beteiligten (Art 4 und 11 der AGB). Eine wirtschaftliche Rechtfertigung dafür, dass Christian H***** die E***** in diesem Einzelfall gegenüber der Miteigentümergemeinschaft R***** in der genannten Form verpflichtete, bestand nicht. Ebenso wenig stimmten der Aufsichtsrat oder die Aktionäre der E***** dieser Vereinbarung zu (II/A/3).

In rechtlicher Hinsicht wird vorweg angemerkt:

Betrug verlangt Identität von Getäuschtem und Verfügendem. Hingegen ist es nicht erforderlich, dass der Schaden beim Verfügenden selbst eintreten muss; Schadensüberwälzung spielt keine Rolle (Kirchbacher in WK2 StGB § 146 Rz 8 und 59 f; Kienapfel/Schmoller BT II2 § 146 Rz 13). Deshalb würde es der Tatbestandserfüllung vorliegend nicht entgegen stehen, wenn (was im Urteil allerdings nicht geklärt ist) einzelne der getäuschten Poolteilnehmer mit dem (für von ihnen erbrachte Lieferungen und Leistungen erworbenen) Guthaben auf ihrem Barterkonto (noch) gleichwertige Lieferungen oder Leistungen anderer Poolteilnehmer beziehen konnten. Genug daran, dass der in der Wertlosigkeit einer (als Lastschrift auf dem Barterkonto zum Ausdruck gebrachten) Forderung gegen einen (nicht leistungsfähigen und -willigen) Vertragspartner bestehende Schaden auf die Gesamtheit der Poolteilnehmer überwälzt wurde.

Der Tatbestand setzt allerdings voraus, dass zwischen dem Vermögensschaden und der vom Täter angestrebten Bereicherung ein (auch „Stoffgleichheit“ von Schaden und Nutzen genannter) funktionaler Zusammenhang in der Weise besteht, dass der Vorteil auf der Vermögensverfügung des Getäuschten, die den Schaden herbeiführt, beruht. Die vom Tätervorsatz umfasste Bereicherung stellt solcherart die (wenn auch betragsmäßig nicht unbedingt entsprechende) Kehrseite des zugefügten Schadens dar (RISJustiz RS0094140; Kirchbacher in WK2 StGB § 146 Rz 6; Kienapfel/Schmoller BT II2 § 146 Rz 230).

Vorliegend ist dem Urteilssachverhalt ein derartiger Zusammenhang zwischen täuschungsbedingter Vermögensschädigung und angestrebter unrechtmäßiger Bereicherung nur hinsichtlich des inkriminierten Bezugs von Lieferungen und Leistungen durch Elisabeth H***** zu entnehmen, wobei bereits aus den (oben angeführten) Liegenschaftstransaktionen ein 300.000 Euro übersteigender Schaden resultiert.

Bei den weiteren zu I/A inkriminierten Tauschgeschäften zwischen sonstigen Poolteilnehmern hat das Erstgericht einen derartigen Zusammenhang hingegen nicht konstatiert. Insbesondere bleibt unklar, weshalb gutgläubige Poolteilnehmer durch den Bezug von Waren und Dienstleistungen im Tauschkreis deshalb unrechtmäßig bereichert gewesen sein sollen, weil die Angeklagten von dessen fehlender Funktionalität wussten und darüber täuschten (so aber US 25; vgl grundsätzlich zur Funktionsweise von Barter-Pools und den Konsequenzen der Teilnahme an diesen RISJustiz RS0124519, RS0016699).

Der Schuldspruch I/A umfasst allerdings eine gleichartige Verbrechensmenge nur pauschal individualisierter Taten (zum Begriff Ratz, WKStPO § 281 Rz 33), weshalb der Wegfall einzelner Taten ohne Auswirkung auf den Schuldspruch und – mit Blick auf das zum 300.000 Euro übersteigenden Schaden aus dem Erwerb von Liegenschaften durch Elisabeth H***** Ausgeführte – die Subsumtion ist (RISJustiz RS0117436, RS0120980).

Zu II/A/1 liegen Christian H***** missbräuchliche Verfügungen, insbesondere die unvertretbare Verlängerung von Ausgleichsfristen und das Unterlassen von Sicherungs- und Betreibungsmaßnahmen, zur Last. Bei den Geschäften der (weder leistungsfähigen, noch leistungswilligen) Elisabeth H***** trat der Schaden jedoch bereits dadurch ein, dass jeweils ein getäuschter Poolteilnehmer eine Leistung erbrachte, die Gesamtheit der Poolteilnehmer aber keine adäquate Gegenleistung, sondern bloß eine wertlose Forderung gegen Elisabeth H***** erhielt. Somit wurde der Schaden jeweils durch das Verhalten des Getäuschten (nicht durch den [nachträglichen] Befugnismissbrauch des Beschwerdeführers) herbeigeführt. Ein über den Betrug hinausgehender, untreuespezifischer Schaden (eines Dritten) ist dem Urteilssachverhalt im Zusammenhang mit dem Schuldspruch II/A/1 nicht zu entnehmen, weshalb im Umfang des auch zu I/A und I/B inkriminierten betrügerischen Bezugs von Lieferungen und Leistungen sowie des Erwerbs von Liegenschaften durch Elisabeth H***** keine echte Konkurrenz von Betrug und Untreue, sondern bloß Ersterer gegeben ist (Kirchbacher in WK2 StGB § 153 Rz 50 ff; Kienapfel/Schmoller BT II2 § 146 Rz 259 und § 153 Rz 140 ff). Soweit nach dem Vorgesagten hinsichtlich eines nicht konkretisierten Teils der von I/A umfassten gleichartigen Verbrechensmenge Betrug (mangels Stoffgleichheit) nicht begründet wurde, tragen die Feststellungen hingegen die Annahme von Untreue. Da auch II/A/1 eine gleichartige Verbrechensmenge bloß pauschal individualisierter Taten umfasst und die Qualifikationsgrenze des § 153 Abs 3 zweiter Fall StGB (hinsichtlich Christian H*****) schon durch die von den Schuldsprüchen II/A/2 und 3 erfassten Taten überschritten wurde, kommt ein teilweiser Freispruch nicht in Betracht (Ratz, WKStPO § 281 Rz 576 [insbesondere zur hier vorliegenden Konstellation verfehlter Annahme ungleichartiger Realkonkurrenz in einer unbestimmten Anzahl von Fällen]).

Bei Elisabeth H***** überschneiden einander die zu I/B und II/B inkriminierten Beitragshandlungen zwar zur Gänze, weshalb aus ihrer Sicht (irrig angenommene) Idealkonkurrenz vorliegt. Der solcherart gegebene (bloße) Subsumtionsfehler (Z 10) blieb allerdings ohne Einfluss auf den Strafrahmen, und der Erschwerungsgrund des § 33 Abs 1 Z 1 StGB wurde vom Erstgericht – schon wegen der Tatwiederholung zu I/B – zu Recht angenommen (vgl US 55). Der erkennende Senat konnte daher keinen Nachteil im Sinn des § 290 Abs 1 StPO ausmachen und sah sich daher nicht zu einer amtswegigen Maßnahme veranlasst.

Der Antwort auf die Nichtigkeitsbeschwerde ist voranzustellen, dass diese einen für den Beschwerdeführer nachteiligen Rechtsfehler mangels Feststellungen (Z 9 lit a) zum Schuldspruch III nicht geltend macht, der von Amts wegen wahrzunehmen war (§ 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall):

Das Erstgericht hat schon in objektiver Hinsicht keine Feststellungen dazu getroffen, dass die der Gesamtheit der Poolteilnehmer gegenüber Elisabeth H***** zustehenden Forderungen Christian H***** anvertraut, ihm also in die alleinige Verfügungsmacht mit der Verpflichtung übertragen waren, diese Verfügungsmacht entsprechend der getroffenen Vereinbarung im Sinne der Berechtigten auszuüben (vgl RISJustiz RS0093896; Salimi in WK2 StGB § 133 Rz 28, 34 und 47; Wach, SbgK § 133 Rz 28 f; vgl hingegen die oben wiedergegebenen Feststellungen zur Funktionsweise der Tauschbörse, insbesondere zum Kontrahierungszwang von Poolteilnehmern im Ausmaß des Negativsaldos auf ihrem Barterkonto, dem die Befugnis der übrigen Poolteilnehmer entsprach, über diese Forderung durch Inanspruchnahme von Leistungen zu verfügen). Ebenso fehlen hinreichend deutliche Feststellungen zu einer Zueignungshandlung sowie zu einem auf diese Elemente des Tatbilds gerichteten Vorsatz.

Der Schuldspruch III war daher, ebenso wie der Christian H***** betreffende Strafausspruch, bei der nichtöffentlichen Beratung sofort aufzuheben und die Sache insoweit zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zu verweisen (§§ 285e, 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO).

Demgemäß war auch der – verfehlt in Urteilsform gefasste (US 6) – Beschluss auf Absehen vom Widerruf einer bedingten Strafnachsicht aufzuheben (RISJustiz RS0100194; vgl auch RIS-Justiz RS0106264).

Im zweiten Rechtsgang wird – unter dem Aspekt des Exklusivitätsverhältnisses von Veruntreuung und Untreue  – zu prüfen sein, ob Christian H***** seiner Frau Verbindlichkeiten im Rahmen der ihm von der Gemeinschaft der Poolteilnehmer eingeräumten Vertretungsmacht (rechtsgeschäftlich) erlassen, dabei also in fremdem Namen gehandelt hat, in welchem Fall nur Untreue begründet wurde (vgl Salimi in WK2 StGB § 133 Rz 139 ff; Kirchbacher in WK2 StGB § 153 Rz 48 ff; Wach, SbgK § 133 Rz 83 ff; vgl auch RISJustiz RS0094512, RS0094566).

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird daher im Folgenden nur soweit beantwortet, als sie sich auf die Schuldsprüche I/A und II/A bezieht.

Zu Unrecht rügt die Verfahrensrüge (Z 4) die Abweisung des Antrags auf Vernehmung zahlreicher Zeugen (ON 571, Teil II, S 1; ON 559 S 6 und 18 f iVm ON 530):

Soweit diese (zu I/A) darüber Auskunft geben sollten, dass einzelne Poolteilnehmer ihr Guthaben durch Bezug von Leistungen hätten einlösen können, weshalb der betrugsrelevante Schaden insgesamt nicht (wie von der Anklage angenommen) mehr als 4,8 Millionen Euro, sondern um 2 Millionen Euro weniger betragen habe, betraf das Beweisthema keine erhebliche Tatsache (RISJustiz RS0118319). Denn der Schuldspruch I/A umfasst eine gleichartige Verbrechensmenge bloß pauschal individualisierter Taten, weshalb ein Freispruch von einzelnen solcher Taten nicht in Betracht kommt. Das Antragsvorbringen ließ auch keine subsumtionsrelevante Relevanz für die Schadenshöhe erkennen. Im Übrigen kommt es – im Sinn des oben Ausgeführten – vorliegend nicht darauf an, ob es einzelnen Poolteilnehmern gelang, ihr Guthaben zu verbrauchen. Maßgebend ist der im Tatzeitpunkt auf die Gemeinschaft der Poolteilnehmer überwälzte Schaden.

Ebenso wenig ließ der (ersichtlich zu II/A/3) gestellte Antrag auf zeugenschaftliche Vernehmung des Thomas F***** (ON 559 S 19) zum Beweis dafür, dass Johann G***** „die Verrechnung von E***** Guthaben vereitelt“ habe, ein erhebliches Beweisthema erkennen. Gleiches gilt für die Anträge auf Vernehmung des Günther M***** zum Beweis dafür, dass die Tauschbörse „teilweise nicht funktionierte, wie gewünscht, weil sie selbst nicht leistungsbereit waren“, und des Harald Gr***** zum Beweis dafür, dass Hermann K***** „die Absicht hatte, den Pool zu zerstören und dazu auch unrichtige Tatsachen verbreitet hat, wie insbesondere, dass der Angeklagte Christian H***** die Konten zu seinen Gunsten manipuliert hätte“ (ON 559 S 19 iVm ON 530).

Die Vernehmung von Hans Rh***** und Dr. Thomas B***** hat der Beschwerdeführer in der Hauptverhandlung – wie durch die Präzisierung des zuvor bloß pauschalen Verweises auf einen schriftlichen Beweisantrag klargestellt (ON 559 S 6 und 18 f) – nicht beantragt, weshalb die Verfahrensrüge in diesem Umfang schon deshalb nicht erfolgreich sein konnte (RISJustiz RS0099099).

Gleiches gilt, soweit sich die Rüge auf den bloß schriftlich gestellten (ON 530) Antrag auf „Enthebung des Sachverständigen W***** wegen Befangenheit“ stützt (vgl im Übrigen zur Unzulässigkeit von Einwänden mangelnder Sachkunde des Sachverständigen nach Erstattung von Befund und Gutachten RISJustiz RS0126626).

Der Verweis der Mängelrüge (Z 5) auf das Vorbringen in der Nichtigkeitsbeschwerde der Mitangeklagten ist unzulässig und entzieht sich einer inhaltlichen Erwiderung (RISJustiz RS0100063).

Ersichtlich zum Schuldspruch II/A/1 moniert der Beschwerdeführer, das Erstgericht habe nicht hinreichend deutlich (Z 5 erster Fall) festgestellt, „welche konkrete Fristverlängerung zu welchem angeblichen Schaden eines Teilnehmers des Pools geführt hat“. Sie verfehlt damit die gebotene Bezugnahme auf entscheidende Tatsachen (RISJustiz RS0117499), denn dieser Schuldspruch umfasst zum einen eine gleichartige Verbrechensmenge bloß pauschal individualisierter Taten. Zum anderen tragen die Feststellungen zu einem auf Schädigung der Gemeinschaft der Poolteilnehmer an deren Vermögen gerichteten Vorsatz des Beschwerdeführers (US 16) den Schuldspruch wegen Untreue (zumindest in der – rechtlich gleichwertigen [RISJustiz RS0122138] – Entwicklungsstufe des Versuchs). Aus diesem Grund scheitert auch der Einwand, die „Feststellungen zur Kausalität des vorgeworfenen Verhaltens“ für den „angeblichen Schaden von Poolteilnehmern“ seien „nicht nachvollziehbar“ (der Sache nach Z 5 vierter Fall; vgl im Übrigen die entsprechenden Urteilserwägungen auf US 36, 41 f und 47 f mit Verweis auf das für überzeugend befundene Sachverständigengutachten).

Die (der Sache nach aus Z 5 zweiter Fall) ins Treffen geführte (zur von der E***** betriebenen Tauschbörse ergangene) Entscheidung 9 Ob 59/08d ist schon deshalb nicht aussagekräftig, weil dort Voraussetzung eines Prozesserfolgs aus Sicht des Klägers – anders als hier für einen Schuldspruch wegen Untreue – Behauptung und Nachweis eines von diesem selbst durch Fristverlängerungen erlittenen Schadens, insbesondere durch erfolglose Nachfrage von Leistungen im Austausch für das Guthaben auf seinem Barterkonto, gewesen wäre.

Keine entscheidende Tatsache spricht auch die– erkennbar zum Schuldspruch I/A geäußerte – Kritik, „die Art der Schadensberechnung“ sei „undeutlich bzw. unvollständig, da nicht nachvollziehbar“ (inhaltlich Z 5 zweiter Fall), an. Darauf, ob einzelne Poolteilnehmer (wie die Rüge auf mehrere Zeugenaussagen gestützt releviert) ihre Guthaben noch einlösen konnten, kommt es – wie bereits ausgeführt – ebenso wenig an wie auf eine „Verringerung (Halbierung!) von Debetsalden“ nach dem Tatzeitraum. Im Übrigen haben die Tatrichter „Guthabenseinlösungen“ ohnehin zugunsten des Beschwerdeführers berücksichtigt (US 24). Zudem setzte sich das – im Urteil ausführlich erörterte – Gutachten des Sachverständigen Hans-Peter W***** auftragsgemäß mit den Gutachten der zuvor in diesem Verfahren beigezogenen Sachverständigen (Mag. [FH] Martin Ge***** und Dr. Andreas Bl*****) auseinander, weshalb deren Ausführungen ohnehin Eingang in die tatrichterliche Beweiswürdigung fanden (vgl US 19 f).

Die Begründung für den aus den inkriminierten Liegenschaftstransaktionen der Zweitangeklagten resultierenden (vom Beschwerdeführer billigend in Kauf genommenen) Schaden (der Gemeinschaft der Poolteilnehmer) ergibt sich übrigens aus einer vernetzten Betrachtung der oben (in den einleitenden Anmerkungen) angeführten Urteilspassagen.

Weshalb es unter dem Aspekt der Deutlichkeit der Entscheidungsgründe (Z 5 erster Fall) darauf ankommen soll, „wann genau“ der Beschwerdeführer „welchen Vorsatz zu welcher Tathandlung gefasst haben soll“, wird nicht dargelegt. Die Rüge übergeht mit dieser Kritik zudem die zu den einzelnen Schuldsprüchen (rite) getroffenen Feststellungen (US 10 zu I/A, US 15 f zu II/A/1, US 17 zu II/A/2 und US 18 zu II/A/3; vgl auch die auf die im Sachverständigengutachten dargestellte Entwicklung der E***** gestützte Erwägung auf US 25, wonach der Beschwerdeführer von Beginn des Tatzeitraums mit der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens und damit gerechnet habe, dass Poolteilnehmer infolgedessen Guthaben nicht würden einlösen können). Im Übrigen wurde die ins Treffen geführte Aussage des Zeugen Franz Gi***** im Urteil – mit Blick auf das Gebot zu gedrängter Darstellung der Entscheidungsgründe (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) ausreichend (RIS-Justiz RS0106642) – erörtert (US 39, 46 f).

Auch der weiteren Kritik, das Erstgericht habe bei der – nur im Zusammenhang mit dem Schuldspruch I/A entscheidenden – Feststellung eines auf unrechtmäßige Bereicherung gerichteten Vorsatzes des Beschwerdeführers (US 10) mehrere Aussagen stillschweigend übergangen (Z 5 zweiter Fall), bleibt ein Erfolg versagt. Denn die Verantwortung des Beschwerdeführers, man habe geplant, den Negativsaldo auf dem Barterkonto der Mitangeklagten durch Verkaufserlöse der von ihr zuvor erworbenen Liegenschaften, zu reduzieren, haben die Tatrichter ohnehin erörtert (US 40 f). Zeugenaussagen, welche bloß Wahrnehmungen zum Funktionieren bestimmter Aspekte der Unternehmensführung (Buchhaltung, regelmäßige Abhaltung von Aufsichtsratssitzungen, keine Auffälligkeiten „im Sinne einer mangelhaften Gestionierung“) oder zum Arbeitseinsatz des Beschwerdeführers schilderten, enthalten kein erhebliches, mithin erörterungsbedürftiges Beweisergebnis (RISJustiz RS0118316). Gleiches trifft auf das – ohne Nennung von Fundstellen angeführte (vgl RISJustiz RS0124172) – Fehlen von „Wahrnehmungen“ verschiedener Mitarbeiter „zu vorsätzlichen Unregelmäßigkeiten“ zu. Weshalb diesen Beweisergebnissen Bedeutung im Hinblick auf den (auch zum Schuldspruch II/A) festgestellten Schädigungsvorsatz zukommen soll, wird ebenfalls nicht mit Bestimmtheit erklärt. Im Übrigen sind – teils ins Treffen geführte – persönliche Einschätzungen, Wertungen und (sachverständige) Schlussfolgerungen nicht Gegenstand von Zeugenaussagen und demnach nicht erörterungsbedürftig (RISJustiz RS0097540 [T18]).

Dass manche Zeugen (etwa Mag. Georg Gre***** und Christian Ga*****) von Bevorzugungen einzelner Poolteilnehmer nichts wussten sowie Abnehmer für eigene Leistungen und ein ausreichendes Angebot für ihre Bedürfnisse innerhalb der Tauschbörse vorfanden, ist auch mit Blick auf die für den Schuldspruch II/A relevanten Feststellungen zum Schädigungsvorsatz des Beschwerdeführers unerheblich.

Angeblich übergangene Beweisergebnisse aus vom Beschwerdeführer vorgelegten Urkunden „zur Wertigkeit der Tauschbörse, zur (fehlenden) subjektiven Tatseite sowie zum fehlenden Schaden der Teilnehmer“ bezeichnet die weitere Rüge nicht deutlich und bestimmt (RISJustiz RS0118316 [T5]). Ob einzelne Poolteilnehmer einen Schaden aus ihrer Teilnahme an der Tauschbörse erlitten, ist zudem– wie bereits mehrfach ausgeführt – unerheblich.

Die (zum Schuldspruch II/A geäußerte) Kritik, die Feststellung, der Beschwerdeführer habe durch das inkriminierte Verhalten die ihm eingeräumte Befugnis überschritten, sei „durch keinerlei Beweisergebnis gedeckt“, spricht keine der in Z 5 genannten Nichtigkeitskategorien an. Sie übergeht im Übrigen die auf die AGB der E***** gestützten Urteilsannahmen, denen zufolge dem Beschwerdeführer von der Gemeinschaft der Poolteilnehmer die Befugnis übertragen gewesen sei, Forderungen gegen einzelne Poolteilnehmer (mit Negativsaldo auf dem Barterkonto) zu verwalten und zu betreiben, insbesondere für den Abbau der Verbindlichkeiten (in wirtschaftlich vertretbarer Frist) zu sorgen und keine Stundung ohne Sicherheiten und Prüfung der Bonität zu gewähren (US 13 und 42 f).

Der Vorwurf, das Erstgericht habe „gänzlich unberücksichtigt“ gelassen (Z 5 zweiter Fall), dass „der beigezogene Sachverständige tatsächlich wenn, dann eher zu einer Fahrlässigkeit des Erstangeklagten, denn zu einer vorsätzlichen Vorgehensweise gelangt“, geht schon deshalb ins Leere, weil die Tatrichter das Gutachten ausführlich erörterten (vgl etwa US 19 f, 26, 32, 41 und 49) und die Frage nach vorsätzlichem Handeln nicht vom Sachverständigen zu beantworten war. Welche Schlussfolgerungen im Urteil übergangen worden sein sollen, wird zudem nicht deutlich und bestimmt gesagt.

Die Tatsachenrüge (Z 5a) entzieht sich einer inhaltlichen Erwiderung, weil sie bloß nominell ohne eine auf das Wesen dieses Nichtigkeitsgrundes bezogene Argumentation zugleich mit dem Vorbringen der Mängelrüge geltend gemacht wird (vgl RISJustiz RS0115902).

Soweit auch die Rechtsrüge (Z 9 lit a) das Fehlen von Feststellungen zur subjektiven Tatseite (insbesondere dazu, „wann genau der Erstangeklagte den Vorsatz zu welcher der vorgeworfenen Tathandlungen gefasst haben soll“), „zur Kausalität“ und zu einem Vorsatz „im Hinblick auf die Qualifikation des § 153 Abs 2“ (gemeint wohl: Abs 3) StGB moniert, orientiert sie sich prozessordnungswidrig nicht an der Gesamtheit des – schon in der Antwort auf die Mängelrüge dargestellten – Urteilssachverhalts (RISJustiz RS0099810). Weshalb diesen Konstatierungen der notwendige Sachverhaltsbezug fehlen soll, wird nicht dargelegt (RISJustiz RS0099620). Dass Feststellungen zu einer Schädigungsabsicht des Beschwerdeführers zu treffen gewesen wären, wird ohne methodengerechte Ableitung aus dem Gesetz behauptet (RIS-Justiz RS0116565).

Inwieweit ein „rechtmäßiges Alternativverhalten“ in gleicher Weise wie inkriminierte – vom Beschwerdeführer nicht näher bezeichnete – Tathandlungen zu einer Vermögensschädigung der (Gesamtheit der) Poolteilnehmer geführt hätte, wird nicht dargelegt.

Der Einwand (ersichtlich zu II/A/1), der Beschwerdeführer habe keine Befugnis missbraucht, weil die Poolteilnehmer den AGB, welche die Möglichkeit von „Sonderkonditionen“ vorsahen (vgl Art 9 der AGB), zugestimmt hätten, orientiert sich ein weiteres Mal nicht an der Gesamtheit der Feststellungen. Die Einhaltung der AGB (insbesondere die Durchführung von Bonitätsprüfungen und das Einfordern von Sicherheiten von Teilnehmern mit einem Negativsaldo) wurde den Poolteilnehmern bloß vorgetäuscht (US 8 f), weshalb diese – in Unkenntnis der wirtschaftlichen Unvertretbarkeit der Fristverlängerungen – diesen nicht wirksam zustimmen konnten (vgl RIS-Justiz RS0094764).

Das Argument (zu II/A/3), das Eingehen einer „bloßen Zahlungsverpflichtung“ bedeute „nicht schon den Eintritt eines Vermögensschadens“, erklärt nicht, weshalb dies angesichts rechtlicher Gleichwertigkeit der Versuchsstrafbarkeit (erneut RISJustiz RS0122138) von Bedeutung sein soll (RISJustiz RS0105921; Kienapfel/Schmoller BT II2 § 153 Rz 87, 92 und 94).

Die Behauptung, der Beschwerdeführer habe nicht vorsätzlich, sondern bloß fahrlässig gehandelt und sich überdies in einem (nicht näher konkretisierten) Rechtsirrtum befunden, bekämpft bloß die erstgerichtlichen Feststellungen nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen Schuldberufung.

Die Argumentation, die Schuldsprüche I/A und II/A umfassten „denselben Sachverhalt bzw. dieselben Handlungen“ des Beschwerdeführers, geht nicht vom Urteilssachverhalt aus (RISJustiz RS0099810). Soweit in diesem Zusammenhang vorgebracht wird, „der gesamte Unrechtsgehalt“ werde durch die „Verurteilung wegen eines dieser beiden Fakten zur Gänze abgedeckt“, weshalb „Doppelbestrafung unzulässig“ sei, wird auf die einleitenden rechtlichen Ausführungen (oben) verwiesen. Der Beschwerdeführer erklärt nicht, weshalb dies Einfluss auf Schuldspruch oder Subsumtion haben soll.

Welche Sachverhaltsbasis die Annahme „rechtfertigenden sowie entschuldigenden Notstands“ tragen soll, legt die weitere Rüge (Z 9 lit b) nicht dar. Sie macht auch keinen Feststellungsmangel zu diesem Ausnahmesatz geltend (vgl Ratz, WKStPO § 281 Rz 602; RIS-Justiz RS0118580).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).

Die Nichtigkeitsbeschwerde ist nach § 284 Abs 1 StPO binnen drei Tagen nach Verkündung des Urteils beim Landesgericht anzumelden. Für den Fristenlauf ordnet das Gesetz an: Tage des Postlaufs sind in die Frist nicht einzurechnen. Der Tag, von dem ab die Frist zu laufen hat, zählt nicht. Endet eine Frist (unter anderem) an einem Samstag oder Sonntag, gilt der nächste Werktag als letzter Tag der Frist (§ 84 Abs 1 Z 2, 3 und 5 StPO).

Vorliegend wurde das Urteil am (einem Donnerstag) verkündet. Die dreitägige Frist zur Anmeldung der Nichtigkeitsbeschwerde endete daher nach den vorgenannten Grundsätzen am . Die erst am nächsten Tag verfasste und mittels ERV eingebrachte Anmeldung (ON 575) ist daher verspätet.

Die Verteidigerin bringt in ihrem am (also innerhalb von vierzehn Tagen nach Zustellung der gemäß § 285c StPO abgegebenen Stellungnahme der Generalprokuratur, in welcher auf die Versäumung der Frist zur Anmeldung der Rechtsmittel hingewiesen wird) eingebrachten Antrag auf Wiedereinsetzung im Wesentlichen vor:

Sie habe sich „als Einzelanwältin“ erfolglos bemüht, „von der Verfahrenshilfe“ in diesem komplexen Verfahren „befreit“ zu werden. Eine Substitution sei ihr „finanziell nicht möglich“ gewesen. Im maßgeblichen Zeitraum (der Anmeldefrist) habe sie den Kanzleibetrieb ohne Sekretärin geführt. Unmittelbar nach der Urteilsverkündung habe sie unvorhersehbar familiären Betreuungspflichten gegenüber ihrer Mutter und ihrem Onkel, welche beide pflegebedürftig seien und sich in akuten Krisensituationen befunden hätten, nachkommen müssen. Aufgrund dieser außergewöhnlichen Belastung habe sie noch am selben Tag (dem ) die Frist für die Anmeldung von Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung „bedauerlicherweise mit inkorrekt im Outlook vorgemerkt“.

Nach § 364 Abs 1 Z 1 StPO ist den Beteiligten des Verfahrens die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand– hier gegen die Versäumung der Frist zur Anmeldung von Rechtsmitteln – zu bewilligen, wenn sie nachweisen, dass ihnen die Einhaltung der Frist durch unvorhersehbare oder unabwendbare Ereignisse unmöglich war, es sei denn, dass ihnen oder ihren Vertretern ein Versehen nicht bloß minderen Grades zur Last liegt. Die Wiedereinsetzungswerberin hat daher für das Verschulden ihrer Rechtsvertreterin einzustehen, die einem erhöhten Sorgfaltsmaßstab unterliegt. Bei allen eigenen Fehlern des Verteidigers in der Handhabung des Fristenwesens ist eine Wiedereinsetzung (von Gerichtsfehlern abgesehen) in der Regel ausgeschlossen; für Billigkeitserwägungen besteht kein Raum (RISJustiz RS0101272 [insbesondere T1, T3 und T11]; Lewisch, WKStPO § 364 Rz 28).

Im Übrigen ist die Wiedereinsetzung nach § 364 Abs 1 Z 2 StPO innerhalb von vierzehn Tagen nach dem Aufhören des Hindernisses zu beantragen. Ein Vorbringen zum Zeitpunkt des Wegfalls des Hindernisses, etwa dazu, warum der Verteidigerin die Versäumung der dreitägigen Frist beim Verfassen und Einbringen der Anmeldung der Rechtsmittel selbst bei pflichtgemäßer Aufmerksamkeit nicht auffallen musste (vgl RIS-Justiz RS0101427, insbesondere 15 Os 117/08g), enthält der Antrag nicht, weshalb von Nichterfüllung auch dieser Voraussetzung auszugehen ist.

Demgemäß war die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Anmeldung von Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung zu verweigern.

Die zu spät angemeldete Nichtigkeitsbeschwerde war daher zurückzuweisen (§§ 285a Z 1, 285d Abs 1 StPO).

Gleiches gilt für die ausgeführte (ON 588), aber zu spät angemeldete (§ 294 Abs 1 iVm § 284 Abs 1 StPO) Berufung der Elisabeth H***** (§ 294 Abs 4, § 296 Abs 2 StPO; RISJustiz RS0100243).

Bleibt anzumerken, dass daran weder die Verlängerung der Frist zur Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde (ON 584), noch die neuerliche Urteilszustellung nach Berichtigung des Hauptverhandlungsprotokolls (ON 591 iVm ON 1 S 361) etwas ändern, weil die entsprechenden Regelungen (§ 271 Abs 7 letzter Satz und § 285 Abs 2 und 3 StPO) rechtzeitige Anmeldung voraussetzen.

Mangels Anmeldung der Rechtsmittel begann die Frist zu deren Ausführung nicht zu laufen (vgl § 285 Abs 1 und § 294 Abs 2 StPO), weshalb der ebenfalls gestellte Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Rechtsmittelausführungsfrist als gegenstandslos zurückzuweisen war (vgl RIS Justiz RS0101307).

Aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerden überzeugte sich der Oberste Gerichtshof, dass dem unbekämpften Ausspruch über die Abschöpfung der Bereicherung nicht geltend gemachte Nichtigkeit (Z 11 erster Fall) zum Nachteil beider Angeklagter anhaftet, die von Amts wegen wahrzunehmen war (§ 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO):

Das Erstgericht erklärte die beiden Angeklagten „zur ungeteilten Hand schuldig, die eingetretene unrechtmäßige Bereicherung in Höhe von € 235.000,-- zu bezahlen“ (US 6). Mehrere Bereicherte sind jedoch nach (dem hier angewandten) § 20 Abs 6 StGB idF BGBl I 2002/134 nach ihrem Anteil an der Bereicherung zu verurteilen. Lässt sich der Anteil nicht feststellen, so hat ihn das Gericht nach seiner Überzeugung festzusetzen. Eine Solidarhaftung sieht (auch [vgl RISJustiz RS0129964 zum Verfall]) das Tatzeitrecht nicht vor (RISJustiz RS0116481).

Der Ausspruch über die Abschöpfung der Bereicherung war daher aufzuheben und die Sache (auch) in diesem Umfang an das Erstgericht zu neuer Verhandlung und Entscheidung zu verweisen.

Bleibt anzumerken, dass das Erstgericht die vermögensrechtliche Anordnung zutreffend nach Tatzeitrecht ausgesprochen, die Taten selbst hingegen dem zum Urteilszeitpunkt geltenden Gesetz subsumiert hat. Ein in der schriftlichen Urteilsausfertigung (vgl US 56) vermuteter Rechtsfehler liegt insoweit nicht vor (RISJustiz RS0119545 [T12]).

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO. Die Ersatzpflicht erstreckt sich nicht auf die mit dem amtswegigen Vorgehen verbundenen Kosten (Lendl, WKStPO § 390a Rz 12).

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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2018:0140OS00011.18A.0911.000

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