OGH vom 21.12.2015, 9Ob89/14z
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen und Hofräte des Obersten Gerichtshofs Mag. Ziegelbauer, Dr. Dehn, Dr. Hargassner und Mag. Korn in der Rechtssache der klagenden Partei M***** F*****, vertreten durch Bollman Bollmann Rechtsanwaltspartnerschaft in Wien, gegen die beklagte Partei U***** AG, *****, vertreten durch DLA Piper Weiss-Tessbach Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen 50.654,37 EUR sA, über den Rekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom , GZ 4 R 22/14f 63, mit dem der Berufung der beklagten Partei gegen das Urteil des Handelsgerichts Wien vom , GZ 56 Cg 78/12g 59, Folge gegeben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Rekurs wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit 2.002,50 EUR (darin 333,75 EUR USt) bestimmten Kosten des Rekursverfahrens zu ersetzen.
Text
Begründung:
Der Kläger, ein Vermögensverwalter und -berater, erwarb Anfang Mai 2008 für private Zwecke um 50.000 EUR „Primeo Select Fund Shares“. Seiner Veranlagungsentscheidung lag der von der Beklagten als Prospektkontrollorin geprüfte Emissionsprospekt mit Stand zugrunde. Anders als das Erstgericht verneinte das Berufungsgericht eine Prospekthaftung der Beklagten nach den §§ 25 f InvFG 1993 und § 11 KMG, hielt jedoch eine deliktische Haftung der Beklagten für das vom Kläger behauptete Verschweigen der Anlagestrategie „Frontrunning“ für klärungsbedürftig und hob das Ersturteil zur Verfahrensergänzung auf. Der Rekurs wurde zur Haftung der Beklagten für die Kontrolle des Fondsprospekts in der Fassung 2007 zugelassen.
Rechtliche Beurteilung
Der gegen diesen Aufhebungsbeschluss gerichtete Rekurs des Klägers ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Zulassungsausspruch (§ 526 Abs 2 ZPO) nicht zulässig, weil zu den darin aufgeworfenen Fragen bereits ausreichend Rechtsprechung vorliegt. Die Begründung kann sich auf die Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 ZPO).
1. Soweit der Kläger die Behandlung seines in der Rechtsrüge dargestellten Vorbringens durch das Berufungsgericht vermisst, macht er der Sache nach eine sekundäre Mangelhaftigkeit geltend, die der rechtlichen Beurteilung zuzuordnen ist (RIS Justiz RS0043304). Eine Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens wird damit nicht begründet.
2. Gemäß § 520 Abs 2 iVm § 506 Abs 2 ZPO ist der Rekursgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung ohne Weitläufigkeiten darzulegen. Der Rekurs des Klägers verstößt gegen diese Anforderung, indem er sich etwa in zahlreichen Wiederholungen ergeht oder über viele Seiten den Inhalt von Beweismitteln, zT auch aus anderen Verfahren, anführt, ohne stringent die seines Erachtens richtigen rechtlichen Schlussfolgerungen darzulegen (s auch 1 Ob 71/14v; 7 Ob 138/15t). Unklarheiten gehen insofern zu Lasten des Rechtmittelwerbers (vgl RIS Justiz RS0041761; RS0041911 [T1]).
3. Der Kläger wirft der Beklagten in erster Linie vor, ihre Pflichten als Prospektkontrollorin verletzt zu haben, weil sie die Richtigkeit und Vollständigkeit des Emissionsprospekts bestätigt habe, obwohl in diesem die riskante Fondskonstruktion fehlende Trennung von Verwahrung und Verwaltung des Fondsvermögens nicht hinreichend deutlich offengelegt worden sei.
3.1. Wie in den den Entscheidungen 1 Ob 71/14v und 7 Ob 138/15t zugrunde liegenden Verfahren ist auch hier unstrittig, dass die Konstruktion und die tatsächliche Abwicklung der Veranlagung für die Anleger deshalb riskant war, weil sie dem Fondsmanager einen unmittelbaren Zugriff auf das Fondsvermögen ermöglichte, womit gewöhnlich nicht zu rechnen ist, ist dieses doch im Anwendungsbereich des österreichischen Rechts als Sondervermögen von einer Depotbank zu verwahren.
3.2. Allerdings hat der Oberste Gerichtshof auch ausgeführt, dass die Anleger durch die entsprechenden Informationen im Emissionsprospekt über das Risiko der Verfügungsmöglichkeit des Managers über die Gelder bzw die vom Fonds erworbenen Wertpapiere ausreichend aufgeklärt wurden (5 Ob 233/11t; 6 Ob 190/12b; 3 Ob 108/13y; 7 Ob 235/12b; 1 Ob 71/14v; 7 Ob 138/15t; kritisch Wilhelm , Primeo Select Fund: Unvollständiger intransparenter Prospekt fehlerfrei!, ecolex 2014, 1).
3.3. Gerade die Entscheidung 6 Ob 190/12b nahm dabei auch auf den Prospekt Stand April 2007 Bezug. Aus diesem ist hervorzuheben, dass das vom Kläger kritisierte „Single Manager Risiko“ sehr wohl offengelegt wurde, beschreibt der Prospekt den Investitionsansatz des Fonds doch wie folgt:
„Zwar ist der Anlageberater befugt, nach eigenem Ermessen verschiedene Manager auszuwählen, doch werden gegenwärtig im Wesentlichen alle Vermögenswerte des Select Fund von einem einzigen Manager verwaltet, der in der Veranlagung und Verwaltung des Fondsvermögens eine „Split-Strike Conversion“-Strategie anwendet. Der Manager wird im Einvernehmen mit seinen Anlageberatern einen permanenten Sub-Manager auswählen. …“
Auch in der Kurzzusammenfassung der Emissionserklärung wird offengelegt, dass „sämtliche Vermögenswerte des Fonds von einem einzigen Manager, einer auf den Cayman Islands domizilierten Gesellschaft gemanagt“ werden (Prospekt Beil ./1 S 5).
Für den Fall eines Managed Accounts ist dem Prospekt unter der Überschrift „Risikofaktoren“ auch die reduzierte Funktion der Depotbank zu entnehmen (Prospekt S 12):
„Managed Account
Der Fond kann einen Teil seines Vermögens in Investment Manager investieren, die Managed Accounts betreiben. In diesem Fall erhalten Verwalter und Depotbank Auszüge von diesen Managed Accounts und Transaktionsquittungen nur für die einzelnen Wertpapiertransaktion. Jeder Verlust auf Grund einer Investition in ein Managed Account ist von den Aktionären zu tragen. …“
3.4. In der Entscheidung 6 Ob 190/12b wurde aus dem Prospektinhalt abgeleitet, dass die Depotbank berechtigt war, die Gelder weiter zu geben, und dies bei Managed Accounts auch an jenen Manager erfolgen konnte, der den konkreten Account verwaltete. Jene Anlegerin sei dadurch auf die Möglichkeit der Durchbrechung des Trennungsprinzips in den Emissionsprospekten ausreichend erkennbar hingewiesen worden.
Der Kläger hält dem entgegen, damit sei die bloße Möglichkeit des Zusammenfalls von Verwahrung und Verwaltung angenommen worden. Es hätte aber zunächst jedenfalls die Wirklichkeit dargestellt werden müssen. Zu diesem Argument wurde jedoch schon in der Entscheidung 2 Ob 41/14i festgehalten, dass auch dann, wenn nur auf die Möglichkeit der Verbindung zwischen Fondsmanagement und Depotbank hingewiesen wird, der Käufer jederzeit mit der Umsetzung derselben rechnen muss und sich mit dem Kauf darauf einlässt.
3.5. Soweit der Kläger ausführt, B***** sei der einzige Belegaussteller gewesen, womit er keinesfalls einverstanden gewesen wäre, ist dies im Hinblick auf eine Prospekthaftung der Beklagten nicht nachvollziehbar, ist doch nach den zitierten Bestimmungen nicht ersichtlich, von wem die Belegausstellung sonst zu erwarten gewesen wäre.
3.6. Ebenso wenig zielführend sind die Ausführungen des Klägers, dass der Prospekthinweis „Jeder Verlust aufgrund einer Investition in ein Managed Account ist von den Aktionären zu tragen“ nur als Hinweis auf das Marktrisiko zu verstehen sei. Es ist nicht erkennbar, warum damit vor dem Hintergrund des im Prospekt dargestellten Haftungsumfangs der Depotbank (Prospekt S 19 f) eine Prospekthaftung der Beklagten begründet würde.
3.7. Zu den weiteren, unter der Überschrift „Zur Unerkennbarkeit des Zusammenfalles von Verwahrung und Verwaltung bei Primeo“ erstatteten Ausführungen ist der Kläger auf die genannte gegenteilige Rechtsprechung zu verweisen, wonach der Prospekt bezüglich des Zusammenfallens von Verwahrung und Verwaltung nicht täuschend war.
3.8. Der den Herald Fund betreffende Emissionsprospekt ist nicht verfahrensgegenständlich, die diesbezüglichen Ausführungen des Klägers sind daher nicht entscheidungswesentlich.
3.9. Der Kläger tätigt in der Folge Ausführungen zu einem Verstoß gegen den Trennungsgrundsatz (§ 25 InvFG 1993). Auch dazu wurde bereits Stellung genommen: Die Tatsache, dass de facto der Manager als Subdepotverwahrer und nicht die Depotbank selbst die Gelder unmittelbar über ein „Managed Account“ verwaltete und verwahrte, ist eine wesentliche Risikoerhöhung für den potenziellen Anleger und daher ein Umstand, über den der Prospektkontrollor iSd § 26 Abs 2 InvFG 1003 aufzuklären hatte (s 7 Ob 235/12b, Pkt 3.3.1.1.). Wie dargelegt, wurde allerdings eine mangelhafte Offenlegung der Trennung verneint (5 Ob 233/11t; 7 Ob 235/12b; 6 Ob 190/12b). Der Kläger hält dem im Wesentlichen entgegen, die Einhaltung des Trennungsgrundsatzes wäre unabhängig davon zu prüfen gewesen, ob der Prospekt nun täuschend sei oder nicht. Damit verkennt er die Haftungsvoraussetzungen des § 11 Abs 1 KMG, wonach die Haftung für alle Tatbestände des § 11 KMG nur bei einem Kausalzusammenhang zwischen der Mangelhaftigkeit des Prospekts und dem Erwerb der Beteiligung besteht und die unrichtigen, unvollständigen oder irreführenden Prospektangaben Grundlage der Disposition des Anlegers gewesen sein müssen (7 Ob 235/12b mwN). Dies kommt aber ohne Irreführungseignung des Prospekts nicht in Betracht. Dementsprechend wurde zu 7 Ob 138/15t (mwN) auch festgehalten, dass dann, wenn Emissionsprospekte keine irreführenden Anlegerinformationen über die faktischen Verhältnisse enthalten, eine Haftung nicht daraus abgeleitet werden kann, dass das (richtig) beschriebene Finanzprodukt (allenfalls) gesetzwidrig sei.
4. Der Kläger meint sodann, dass die Vorinstanzen eine „Vielzahl weiterer Haftungsumstände“ übergangen hätten und erstattet über die folgenden rund sechzig Seiten ein weitläufiges Vorbringen, ohne jeweils klar darzulegen, welche Sachverhaltsfeststellungen und welche rechtlichen Konsequenzen im Einzelnen daraus zu gewinnen gewesen wären. Es kann daher nur insoweit dazu Stellung genommen werden, als der Kläger konkrete Feststellungen vermisst und diesen auch Entscheidungsrelevanz zugedacht werden kann.
4.1. Voranzustellen ist, dass seine Ausführungen am den inländischen Repräsentanten als Prospektkontrollor obliegenden Prüfungsumfang zu messen sind, zu dem sich der Oberste Gerichtshof bereits wiederholt und gerade auch im Zusammenhang mit dem hier zu beurteilenden Prospekt geäußert hat. Der Zweck des § 26 InvFG 1993 liegt danach darin, dem potentiellen Anleger durch das Statuieren verpflichtender Prospektinhalte eine umfassende und objektive Grundlage für seine Erwerbsentscheidung zu bieten (6 Ob 190/12b; 3 Ob 108/13y). An diesem Zweck orientiert sich auch der Inhalt und Umfang der in § 8 Abs 2 KMG geregelten Prüfpflicht des Prospektkontrollors, wobei der Emittent diesem sämtliche Unterlagen beizustellen hat, die eine zweifelsfreie Kontrolle der Richtigkeit und Vollständigkeit der Prospektangaben ermöglichen. Der Kontrollor hat aufgrund des letzten Berichts des Abschlussprüfers über den Emittenten gemäß § 273 HGB (UGB), sofern eine gesetzliche Prüfungspflicht besteht, und aufgrund der vom Emittenten beizustellenden Unterlagen mit berufsmäßiger Sorgfalt zu kontrollieren hat, ob der Prospekt die geforderten Angaben enthält und ob er die rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse richtig wiedergibt. Dabei hat der Prospektkontrollor eine Überprüfung auf formale Vollständigkeit der Prospektangaben vorzunehmen und die vom Emittenten zur Verfügung gestellten Unterlagen einer stichprobenartigen Überprüfung zu unterziehen. Ergibt sich der Verdacht mangelnder Richtigkeit oder Vollständigkeit der Unterlagen oder Prospektangaben, so hat der Kontrollor zu seiner Klärung weitere Kontrolltätigkeiten vorzunehmen und erforderlichenfalls Berichtigungen und Ergänzungen im Prospekt zu veranlassen. Der Prospektkontrollor haftet demnach nicht für die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit des Prospekts selbst, sondern für erfolgte unrichtige oder unvollständige Kontrollen (6 Ob 190/12b mwN). Anknüpfungspunkt für die Haftung ist somit immer die unzureichende Prospektkontrolle (7 Ob 235/12b mwN).
Die Rekursausführungen geben keinen Anlass, von dieser Auffassung im Grundsatz abzugehen.
4.2. Dass der sogenannte „Turmbau“ für den dem Kläger entstandenen Schaden ursächlich gewesen wäre und dieser auch nach dem maßgeblichen Normzweck verhindert werden hätte sollen, wird aus den diesbezüglichen Rekursausführungen nicht ausreichend klar. Wie der Oberste Gerichtshof schon ausgesprochen hat (zB 4 Ob 62/11p = RIS Justiz RS0127012 [T1]), macht die bloße Beeinträchtigung der „Willensfreiheit“ des Anlegers noch nicht für jeden dadurch verursachten Nachteil haftbar; dabei sei es auch unerheblich, ob der Anleger als Schadenersatz Naturalrestitution oder den rechnerischen Schaden begehrt. Es mag durchaus sein, dass bei „regulären“ Finanzprodukten eine Strategie, die sich auf ein einziges Anlageobjekt konzentriert, zu einer Verschlechterung der Anlegersituation („Klumpenrisiko“) und einer Verteuerung durch zusätzliche „Gebühren“ führt, doch geht es hier keineswegs um einen derartigen Schaden. Dieser ist vielmehr dadurch verursacht worden, dass das gesamte System von vornherein darauf ausgerichtet war, dass sich M***** das Anlegervermögen durch einen rechtswidrigen Zugriff verschafft. Ein solcher Zugriff wäre aber auch möglich gewesen, wenn das Fondsvermögen aus unterschiedlichen Wertpapieren und Anlageprodukten bestanden hätte. Auch wenn die Beklagte aufgrund von Erfahrungen aus der Vergangenheit allenfalls annehmen hätte müssen, dass die Investition des Fondsvermögens im Wege eines solchen „Turmbaus“ erfolgt, konnte die Rechtsprechung (1 Ob 71/14v; 7 Ob 138/15t) nicht erkennen, inwieweit der tatsächlich eingetretene Schadensverlauf im Rechtswidrigkeitszusammenhang mit einer allfälligen Verletzung der Pflicht, eine solche ungünstige Anlagestrategie aufzuzeigen, stehen sollte (vgl auch RIS Justiz RS0022933 [T7]).
4.3. Bezüglich des Kontrahentenrisikos betrifft der Umstand, dass der Emissionsprospekt suggeriere, dass sich der Fonds nur mit 20 % des Vermögens dem Solvenzrisiko eines einzelnen Kontrahenten (der B*****) aussetzen würde, nach der Rechtsprechung (7 Ob 235/12b) keine Tätigkeit, für die die Beklagte als Prospektkontrollorin haftet. In jener Entscheidung wurde daher auch ausgesprochen, dass das vom Kläger beanstandete ausschließliche Investment in den Herald US Fund ab dem Jahr 2007 zu keiner Haftung der Beklagten führt.
4.4. Mehrfach betont der Kläger auch, dass niemand davon ausgehen konnte, dass nicht durch, sondern in einen einzigen Manager als Singlehedgefonds veranlagt wäre. Dem steht allerdings schon die im Prospekt dargelegte Definition eines Managers entgegen, nach der dieser Begriff „die vom Berater überwachten Organisationen“ bezeichnet, „denen das Fondsvermögen jeweils zugeteilt oder in die es investiert werden kann“ (Prospekt S 2; s auch zB S 9: „Der Anlageberater wird die Performance des Managers, in den diese Vermögenswerte investiert sind, laufend direkt oder indirekt überwachen ...“).
4.5. Der Kläger bringt auch vor, dass entgegen dem Beschluss vom des Primeo Fund, mit dem nicht nur der „Turmbau“, sondern auch die Prospektänderungen bewilligt worden seien, eine Verständigung der Primeo Investoren von der Übertragung unterblieben sei; ansonsten wäre sofort die Deinvestition veranlasst worden. Gleichzeitig meint er, dass jeder Investor und insbesondere auch er davon ausgehen musste, dass die grundlegende Struktur des Primeo selbst durch ein Investment in Herald nicht beeinträchtigt werde. Danach ist aber die Kausalität der vermeintlichen Verletzung der Verständigungspflicht nicht ersichtlich. Diese Pflicht hätte im Übrigen auch nicht die Prospektkontrollorin getroffen.
4.6. Zum Vorbringen eines „vorsätzlichen Ausschaltens der Depotbank“ wurde bereits eine ausreichende Klarstellung des Prospekts darin gesehen, dass für den Fall, dass der Manager als Subdepotverwahrer bestellt wurde und über die „Managed Accounts“ unmittelbar verfügen kann, die Depotbank die ihr sonst zukommenden und im Prospekt beschriebenen Hauptaufgaben, die Gelder des Fonds bzw die mit den Geldern erworbenen Wertpapiere zu verwahren, nicht ausübt. Die Depotbank hatte aber als solche sehr wohl weiterhin eine Funktion, nämlich die im Prospekt für den Fall des Managed Account vorgesehene im Ergebnis und ex post betrachtet freilich erfolglos gebliebene Kontrollmöglichkeit anhand der vom Manager übermittelten Auszüge („Transaction Slips“) von jeder Wertpapiertransaktion (3 Ob 108/13y; 7 Ob 138/15t). Soweit der Kläger eine vermeintliche Haftungsfreistellung der Depotbank kritisiert, sind Umfang und Grenzen der Haftung der Depotbank, wie gezeigt, dem Emissionsprospekt zu entnehmen.
4.7. Das Rekursvorbringen zum Gemeinschaftskonto („Commingled Account“) ist im Hinblick auf den Klagsanspruch nicht nachvollziehbar. Der Kläger legt nicht dar, warum eine getrennte Kontenführung bezüglich des Fondsvermögens den von ihm vermissten Anspruch auf bestimmte Wertpapiere begründen würde. Die von ihm erworbenen Wertpapiere (Primeo Select Fund Shares) zählen auch nicht zum Fonds-, sondern zu seinem eigenen Vermögen.
4.8. Dass ein Prospektleser nicht von einem Drittverwahrungsvertrag ausgehen konnte, weil er im Prospekt nicht genannt worden sei, trifft nicht zu. Vielmehr wird unter der Überschrift „Depotbank“ ausdrücklich festgehalten, dass die Depotbank Sub-Depotbanken, Agents oder Bevollmächtigte („Korrespondenten“) für die Hinterlegung des Fondsvermögens ernennen kann (Prospekt S 20). Warum die Beklagte für die Begründung und Gebarung des Drittverwahrungsvertrags der Depotbank haften sollte, wird aus den Rekursausführungen die hier eine nicht näher konkretisierte „Komplizenschaft“ der Beklagten behaupten nicht klar.
4.9. Der Kläger sieht ein weiteres Zusatzrisiko in „M***** als Selfclearing US-Broker-Dealer und Marktmacher“. Er meint, das Verbrechen habe nur geschehen können, weil (ua) nicht kontrolliert worden sei, ob die einzelnen Transaktionen und Optionen mit tatsächlich vorhandenen Partnern abgeschlossen worden seien, keine unmittelbare Bestätigung von den Verwahrern begehrt worden sei und M***** unkontrolliert „Selfclearing“ gewesen sei. Damit haben sich bereits die Entscheidungen 1 Ob 71/14v und 7 Ob 138/15t auseinandergesetzt: Sollte dies so zu verstehen sein, dass von der Beklagten als Prospektkontrollorin verlangt würde, den bisherigen Geschäftsgang im Fonds zu überprüfen, um insbesondere zu kontrollieren, ob der Broker einzige Ausstellungsstelle war, der Broker ohne Clearingstelle handelte, oder ob die einzelnen Transaktionen und Optionen mit tatsächlich vorhandenen Partnern abgeschlossen wurden, ist nicht zu erkennen, aus welchen gesetzlichen Vorschriften sich derartige aufwändige inhaltliche Prüfpflichten ergeben sollten. Daran ändert auch der Hinweis nichts, dass der Prospektkontrollor bei der Kontrolle auch das ihm zur Verfügung stehende Hintergrundwissen (Sonderwissen) zu verwerten habe, wird doch nicht aufgezeigt, dass maßgebliche Mitarbeiter der Beklagten konkrete Anhaltspunkte dafür gehabt hätten, dass die im Prospekt offengelegte Konstruktion gerade in Veruntreuungsabsicht gewählt wurde. Dies gilt hier nicht anders.
4.10. Ob im Prospekt eines anderen „M***** Feeder Funds“ wie in dem vom Kläger illustrativ herangezogenen Prospekt des Fonds O***** die für Anleger bestehenden Risken und Gefahrenlagen deutlicher dargestellt wurden, ist für die Frage, ob die Beklagte bei der Prüfung des Primeo-Prospekts Pflichten verletzt hat, nicht entscheidungsrelevant.
4.11. Die Ausführungen zum „direkten Rechtsverhältnis“ zwischen den Fonds und B*****/M***** sind nicht dergestalt, dass daraus auf ein Fehlverhalten der Beklagten geschlossen werden könnte. Es ist auch nicht erkennbar, warum die drei vom Kläger genannten Verträge (Kundenvertrag, Optionsvereinbarung, Handelsermächtigung) zwingend mit dem Fehlen einer vertraglichen Bindung zur Verwahrbank einhergehen sollten.
4.12. Zum weiteren Vorbringen bezüglich der Verletzung der Begrenzung des Kontrahentenrisikos wird auf Punkt 4.3. verwiesen; zum Vorbringen bezüglich der mangelnden Eignung der Transaction Slips zur Kontrolle und der fehlenden Kontrolle der OTC-Geschäfte auf Punkt 4.9. und den dargelegten Umfang der Prüfpflicht. Im Übrigen wurde bereits zu 7 Ob 235/12b (Punkt 8.2.) festgehalten, dass, wie sich nachträglich herausstellte, die Belege über die Wertpapiertransaktionen von B***** technisch aufwändig gefälscht waren.
4.13. Zum Vorwurf der mangelnden Richtigkeitsprüfung des Prospekts ist erneut auf die Entscheidung 6 Ob 190/12b zu verweisen, nach der auch die im Prospekt vom April 2007 getätigten Angaben betreffend Depotbank, Verwaltung und (fehlende) Trennung nicht unrichtig waren.
4.14. Der Kläger bringt auch vor, dass die Beklagte ihm aufgrund ihrer Einschaltung in den Anschaffungsvorgang zur Bereitstellung ihres Hintergrundwissens verpflichtet gewesen wäre, wofür er auf seine Schriftsätze vom zu Punkt I. und vom zu Punkt II. verweist. Daraus geht die nun behauptete Treuhandschaft der Beklagten für die Depotbank des Klägers jedoch nicht hervor, sodass insofern eine Neuerung vorliegt. Die tatsächlich getroffene Feststellung, dass sich die Depotbank des Klägers im eigenen Namen an die Beklagte wandte, die Anteile bestellte und die Beklagte nicht erfuhr, für wen die Anteile am Ende bestimmt sind (Ersturteil S 9), reicht nicht aus, um eine Beratungs- und Aufklärungspflicht der Beklagten gegenüber dem Kläger annehmen zu können.
4.15. Eine Haftung der Beklagten aus culpa in contrahendo, die der Kläger aus Werbeschriften und der Mitgestaltung des Primeo-Prospekts durch die Beklagte ableiten will, scheitert schon daran, dass keine Inhalte von Werbeschriften aufgezeigt werden und der Prospekt nicht als unrichtig anzusehen ist.
5. Die vom Kläger in erster Instanz vorgebrachte verbotene Anlagestrategie des Frontrunning als Form des Insidergeschäfts wird im Rekurs nicht thematisiert. Das Berufungsgericht hat zu diesem Vorbringen unter Bezug auf die Entscheidung 4 Ob 73/14k entsprechende Feststellungen für eine Haftung der Beklagten vermisst. Wenn es insoweit die Ergänzung der Feststellungen für erforderlich erachtet, kann dem der Oberste Gerichtshof,
der nicht Tatsacheninstanz ist, nicht entgegentreten (RIS Justiz RS0042179). Lediglich ergänzend wird darauf hingewiesen, dass die Strategie Frontrunning auch Gegenstand der Entscheidungen 7 Ob 138/15t und 1 Ob 71/14v war.
6. Insgesamt zeigt der Rekurs des Klägers damit keine Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO auf, die höchstgerichtlich noch nicht beantwortet wäre. Der Rekurs ist daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 Abs 1 ZPO. Hat der Rechtsmittelgegner so wie hier auf die Unzulässigkeit des Rekurses gegen einen Aufhebungsbeschluss hingewiesen, findet kein Kostenvorbehalt statt (RIS-Justiz RS0123222; RS0035976 [T2]).
European Case Law Identifier
ECLI:AT:OGH0002:2015:0090OB00089.14Z.1221.000