OGH vom 17.10.1995, 10ObS169/95
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kropfitsch als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag. Engelmaier und Dr. Ehmayr als weitere Richter sowie die fachkundigen Laienrichter Robert Letz (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Helmuth Prenner (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei *****. J***** P*****, Vizebürgermeister, *****, vertreten durch Dr. Gerhard Hiebler, Rechtsanwalt in Leoben, wider die beklagte Partei Regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Bruck an der Mur, 8601 Bruck, Grazer Straße 15, vertreten durch die Finanzprokuratur, 1011 Wien, Singerstraße 17-19, wegen Sonderunterstützung, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 7 Rs 58/95-17, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Leoben als Arbeits- und Sozialgerichtes vom , GZ 21 Cgs 80/94a-13, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird Folge gegeben.
Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, daß das erstgerichtliche Urteil mit folgender Maßgabe wiederhergestellt wird:
"Das Klagebegehren, die beklagte Partei sei schuldig, dem Kläger eine Sonderunterstützung in der gesetzlichen Höhe vom bis zum zu zahlen, besteht dem Grunde nach zu Recht.
Der beklagten Partei wird aufgetragen, dem Kläger bis zur Erlassung des die Höhe der Leistung festsetzenden Bescheides eine vorläufige Zahlung von monatlich S 16.000,-- für die Zeit vom bis zum binnen 14 Tagen zu erbringen."
Die beklagte Partei ist schuldig, dem Kläger die mit S 4.058,88 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 676,48 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der am geborene Kläger war bis zum bei der Firma B***** in K*****beschäftigt. Ab bezog er Arbeitslosengeld und ab (seinem 59. Geburtstag) die Sonderunterstützung im monatlichen Betrag von S 16.221,-- mit dem voraussichtlichen Leistungsende (Erreichen des Pensionsalters).
Ab wurde dem Kläger die Sonderunterstützung nicht mehr ausbezahlt; sie wurde dann mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der Beklagten vom mit Ablauf des "eingestellt bzw. widerrufen". Zur Begründung wurde ausgeführt, daß der Kläger "zur Zeit am Stadtamt K***** eine bezahlte Funktion mit einem monatlichen Einkommen von S 19.777,--" ausübe; seine Tätigkeit sei daher als Beruf anzusehen, Arbeitslosigkeit sei nicht gegeben.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die rechtzeitige (vgl. SSV-NF 2/49) Klage mit dem Begehren auf Gewährung der Sonderunterstützung im gesetzlichen Ausmaß auch ab . Der Kläger erfülle alle Anspruchsvoraussetzungen. Sein Bezug als Stadtrat und zweiter Vizebürgermeister der Stadt K***** von monatlich S 19.777,-- sei als Aufwandsentschädigung anzusehen und stehe daher dem Bezug der Sonderunterstützung nicht entgegen.
Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wiederholte ihren im Bescheid eingenommenen Rechtsstandpunkt. Die Bezüge des Klgers würden jene eines Stadtrates der kleinsten Stadt Österreichs mit eigenem Statut (nämlich Krems) übersteigen, sodaß nicht von einem unbezahlten Ehrenamt, sondern von einer bezahlten Funktion auszugehen sei, die der Annahme der Arbeitslosigkeit iS des § 12 AlVG entgegenstehe.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt und trug der Beklagten auf, dem Kläger ab bis zur Erlassung des die Höhe der Sonderunterstützung festsetzenden Bescheides eine vorläufige Zahlung von monatlich S 16.000,-- zu erbringen. Es berücksichtigte dabei allerdings nicht, daß ein Anspruch auf Sonderunterstützung wegen des Erreichens des Pensionsalters nur bis zum hätte bestehen können. Es stellte fest, daß dem Kläger als Stadtrat und zweiter Vizebürgermeister der Stadt K*****, also einer Stadt ohne eigenes Statut, kein eigenes Referat oder Ressort zugewiesen worden sei und daß es in den letzten vier Jahren niemals vorgekommen sei, daß er als Vertreter des Bürgermeisters oder des ersten Vizebürgermeisters hätte tätig werden müsse. Er sei als Stadtrat lediglich verpflichtet gewesen, an etwa sechs Gemeinderatssitzungen und zehn Stadtratssitzungen im Jahr teilzunehmen. Gleichzeitig sei der Kläger auch Obmann der ÖVP der Stadt K***** und es könnten seine Aufwendungen aus dieser Funktion und aus seiner Funktion als Vizebürgermeister nicht genau getrennt werden. Diese Aufwendungen würden sich auf ca. S 15.000,-- monatlich belaufen, nämlich S 3.500,-- Parteisteuer, S 3.500,-- Miete, S 4.000,-- gesellschaftliche Veranstaltungen und S 4.000,-- Fortbildungs- und Reisekosten.
In rechtlicher Hinsicht vertrat das Erstgericht die Auffassung, daß die Funktion eines zweiten Vizebürgermeisters und Stadtrates keine Erwerbszwecken dienende selbständige oder unselbständige Beschäftigung iS des § 12 Abs 1 AlVG sei und die diesbezügliche Aufwandsentschädigung kein Entgelt oder Einkommen darstelle, weil die Ausübung der genannten Funktion nicht der Schaffung von Einkünften diene und die Aufwandsentschädigung gemäß § 35 der Steiermärkischen Gemeindeordnung nur die mit der Ausübung des Mandates verbundenen Auslagen abdecken solle. Die einzig strittige Anspruchsvoraussetzung, nämlich die Arbeitslosigkeit des Klägers, liege daher vor, weshalb das Klagebegehren berechtigt sei. Darüber hinaus hätte die Beklagte auch bei Berücksichtigung der vom Kläger zu tätigenden Aufwände nach einem Erlaß des Bundesministerium für Arbeit und Soziales vom dem Kläger die Sonderunterstützung nicht entziehen dürfen.
Das Berufungsgericht gab der von der Beklagten erhobenen Berufung Folge und änderte das erstgerichtliche Urteil im Sinne einer Abweisung des Klagebegehrens ab. Es übernahm zwar die Feststellungen des erstgerichtlichen Urteils zur Gänze, billigte aber nicht dessen rechtliche Beurteilung. Die Aufwandsentschädigung von S 19.777,-- stehe der Annahme der Arbeitslosigkeit des Klägers und damit dem Bezug einer Sonderunterstützung entgegen. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales habe in zwei an alle Landesarbeitsämter ergangenen Erlässen der Meinung Ausdruck verliehen, daß Personen, die eine politische Funktion ausüben und dadurch Einkünfte nach § 23 Abs 2 BezügeG erzielen, die der Höhe nach zumindest den Bezügen von Mitgliedern des Stadtsenates der kleinsten Stadt mit eigenem Statut entsprechen, mangels Arbeitslosigkeit keinen Anspruch auf eine Leistung nach dem AlVG hätten. Der monatliche Bezug eines Stadtrates der Stadt Krems als derzeit kleinster Stadt mit eigenem Statut sei mit S 14.200,-- brutto ermittelt worden. Politische Funktionäre, die gleiche oder höhere Einkünfte beziehen, seien daher nicht als arbeitslos anzusehen. Dabei seien aber Auslagenersätze und Reisekostenpauschale außer Betracht zu lassen. Wenn auch die in den zitierten Erlässen vertretene Rechtsmeinung für die Gerichte unverbindlich sei, so erweise sich doch die angegebene Bezugsgrenze als brauchbarer Anhaltspunkt für die Beurteilung und Abgrenzung der Arbeitslosigkeit. Hier falle noch ins Gewicht, daß der Kläger im Rahmen seiner Funktion weder ein eigenes Referat noch ein Ressort zu führen gehabt habe und er in den letzten vier Jahren niemals als Vertreter des Bürgermeisters oder ersten Vizebürgermeisters tätig geworden sei. Sein mit der Funktionsausübung verbundener Aufwand sei demnach als sehr gering einzuschätzen. Sein Aufwand als Stadtparteiobmann habe aber mit der bezahlten Funktion als Stadtrat und zweiter Vizebürgermeister keinen direkten Zusammenhang und könne daher hier nicht ins Treffen geführt werden. Der Bezug des Klägers überschreite auch bei Berücksichtigung eines gewissen Aufwandes die Geringfügigkeitsgrenze des § 5 ASVG bei weitem. Der Kläger sei somit nicht als arbeitslos anzusehen.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Klägers aus den Revisionsgründen der Aktenwidrigkeit, der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung der Sache. Er beantragt die Abänderung im Sinne einer Wiederherstellung des erstgerichtlichen Urteils und stellt hilfsweise einen Aufhebungsantrag.
Die Beklagte erstattete rechtzeitig (vgl. neuerdings SSV-NF 2/49) eine Revisionsbeantwortung und beantragte, der Revision keine Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist berechtigt.
Die geltend gemachte Mangelhaftigkeit und Aktenwidrigkeit (§ 503 Z 2 und 3 ZPO) liegen nicht vor; diese Beurteilung bedarf nach § 510 Abs 3 Satz 3 ZPO keiner Begründung.
Berechtigt hingegen sind die Ausführungen zum Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung der Sache. Der Kläger macht zutreffend geltend, daß seine Funktion eines Gemeinderates und zweiten Vizebürgermeisters keine auf Erwerbseinkommen gerichtete Tätigkeit, sondern ein Ehrenamt ist, so daß die dafür gebührende Entschädigung dem Bezug der Sonderunterstützung nicht entgegensteht.
Auch im Revisionsverfahren geht es nur um die Rechtsfrage, ob der Kläger, obwohl er als Stadtrat und zweiter Vizebürgermeister einer Stadt ohne eigenes Statut eine Aufwandsentschädigung bezog, arbeitslos war. Dies ist nämlich auch eine Voraussetzung für den Anspruch auf Sonderunterstützung nach § 1 Abs 2 SUG, dessen übrige Voraussetzungen außer Streit stehen. Da der Begriff der Arbeitslosigkeit im SUG nicht definiert ist, gilt nach dessen § 13 der § 12 AlVG sinngemäß. Arbeitslosigkeit iS des § 12 ALVG in der hier anzuwendenden Fassung vor der Novelle BGBl. 1993/817 setzt voraus, daß einerseits - sieht man von den hier nicht relevanten Abs 7 und 8 des § 12 ab - das Beschäftigungsverhältnis des Anspruchswerbers, an das die Arbeitslosenversicherungspflicht anknüpft, beendet ist, und andererseits weder ein Fall des § 12 Abs 3 lit c, e oder f AlVG vorliegt (diese Ausschlußtatbestände entspringen anderen Sachgründen als jene der lit a, b und d des § 12 Abs 3) noch der Anspruchswerber eine (nicht unter einen der Tatbestände des § 12 Abs 6 AlVG fallende) neue Beschäftigung gefunden hat ( Zahl 93/08/0125 mwN). Da der Aufzählung der Tatbestände des § 12 Abs 3 AlVG ("als arbeitslos im Sinne der Abs 1 und 2 gilt insbesondere nicht ...") nur veranschaulichende Bedeutung für die Definition der Arbeitslosigkeit durch § 12 Abs 1 zukommt, fallen unter den Begriff Beschäftigung nicht nur die im § 12 Abs 3 lit a, b und d angeführten Tätigkeiten. Das bedeutet aber nicht, daß jede mit einem Einkommen verbundene Tätigkeit darunter zu subsumieren ist. Die in § 12 Abs 3 lit a, b und d aufgezählten Tätigkeiten geben vielmehr die Richtung an, in der der Beschäftigungsbegriff des Abs 1 zu interpretieren ist. Mit einem Dienstverhältnis iS des Abs 3 lit a ist das Beschäftigungsverhältnis nach § 4 Abs 2 ASVG, also das in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt ausgeübte Verhältnis gemeint. Unter selbständiger Erwerbstätigkeit ist der Inbegriff der in persönlicher und wirtschaftlicher Unabhängigkeit verrichteten Arbeitsleistungen zu verstehen, die die Schaffung von Einkünften in Geld oder sonstigen Gütern bezwecken. Aber auch mit den Tätigkeiten nach Abs 3 lit d sind Tätigkeiten gemeint, die ihrem Typus nach letztlich Erwerbszwecken dienen (vgl. dazu Marhold, Arbeitslosigkeit im Sinne des AlVG, in: Tomandl [Hrsg.], Grundlegende Rechtsfragen der Arbeitslosenversicherung, 2 ff; Dirschmied, Arbeitslosenver- sicherungsrecht2 90 ff; VwGH aaO). Demgemäß ist unter einer Beschäftigung iS des § 12 Abs 1 AlVG jede mit einem Erwerbseinkommen verbundene Tätigkeit zu verstehen; unter einem aus der Beschäftigung erwachsenden Erwerbseinkommen ist dabei in den Fällen, in denen ein Beschäftigungsverhältnis nach § 4 Abs 2 ASVG vorliegt, das Entgelt nach § 49 ASVG gemeint, also Geld- und Sachbezüge, auf die der Dienstnehmer aus dem Dienstverhältnis Anspruch hat oder die er darüber hinaus auf Grund des Dienstverhältnisses vom Dienstgeber oder von einem Dritten erhält; liegt aber der Beschäftigung iS des § 12 Abs 1 AlVG kein Beschäftigungsverhältnis nach § 4 Abs 2 ASVG zugrunde, so sind unter dem Erwerbseinkommen die aus dieser Beschäftigung erzielten Einkünfte in Geld- oder Güterform zu verstehen. Mit einer Beschäftigung ist somit eine Erwerbstätigkeit gemeint. Gemeinsames Merkmal sowohl der selbständig als auch der unselbständig Erwerbstätigen ist aber, daß sie eine nachhaltige Tätigkeit entfalten, die die Schaffung von Einkünften in Geld- oder Güterform bezweckt. Dabei setzt die Nachhaltigkeit dieser Tätigkeit voraus, daß bei den Erwerbstätigen die Absicht besteht, die Tätigkeit bei sich bietender Gelegenheit zu wiederholen und aus der ständigen Wiederholung eine Erwerbsquelle zu machen (VwGH aaO; ebenso SSV-NF 7/60 mwN).
In dem vergleichbaren Fall eines Stadtrates einer niederösterreichischen Gemeinde (SSV-NF 7/60) legte der Senat ausführlich dar, daß die Stadtratsfunktion des dortigen Klägers weder als selbständige noch als sonstige unselbständige Erwerbstätigkeit im oben genannten Sinn zu werten ist, weil sie ihrem durch die Gemeindeordnung vorgezeichneten Typus nach nicht die Schaffung von Einkünften in Geld- oder Güterform bezweckt. Es wurde dargelegt, daß es sich bei den unter dem Titel "Aufwandsentschädigung" geleisteten Bezügen des Klägers im Zusammenhang mit seiner Funktion als Stadtrat um Bezüge handelt, die am Charakter dieser Gemeindefunktionen als Ehrenamt nichts ändern. Es wurde schließlich darauf verwiesen, daß sich auch aus § 23 Abs 2 BezügeG kein anderes Ergebnis herleiten lasse. Durch die 44. ASVG-Novelle wurde dem ersten Satz der §§ 253 a Abs 2 und 253 b Abs 2 ASVG der Satz angefügt: "Als Erwerbseinkommen auf Grund einer Erwerbstätigkeit gelten auch die im § 23 Abs 2 des BezügeG bezeichneten Bezüge". Hätten solche Bezüge nach Auffassung des Novellengesetzgebers ohnedies ein Erwerbseinkommen auf Grund einer unselbständigen oder selbständigen Erwerbstätigkeit dargestellt, so hätte es dieser Novellierung nicht bedurft; eine solche wurde aber nach den Gesetzesmaterialien ausdrücklich für erforderlich gehalten (näheres SSV-NF 7/60).
Der Bezug des Klägers ist vom § 23 Abs 2 BezügeG nicht umfaßt. Mit dieser Bestimmung wurden die für Bundesbeamte eingeführten Ruhensbestimmungen sowie die sozialversicherungsrechtlichen Ruhensbestimmungen mit Wirkung ab auch auf den unter die Bestimmungen des Bezügegesetzes fallenden Personenkreis sowie auf Bürgermeister und Mitglieder des Stadtsenates von Städten mit eigenem Statut ausgedehnt. Es wurde klargestellt, auf welche Arten von Bezügen oberster Organe bzw. politischer Mandatare die in den sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften und im Pensionsgesetz 1965 enthaltenen, das Ruhen von Bezügen regelnden Bestimmungen anzuwenden sind. Dementsprechend wurde mit der 41. ASVG-Novelle dem § 94 Abs 3 der Satz angefügt: "Als Erwerbseinkommen iS des Abs 1 gelten auch die im § 23 Abs 2 des Bezügegesetzes bezeichneten Bezüge". Damit sollte klargestellt werden, daß bei Anwendung des § 94 ASVG Bezüge iS des § 23 Abs 2 BezügeG als Erwerbseinkommen aus einer gleichzeitig ausgeübten Erwerbstätigkeit gelten (774 BlgNR 16. GP, 37).
In konsequenter Weiterverfolgung dieses sich aus § 23 Abs 2 BezügeG ergebenden Zweckes, nämlich die Unzulässigkeit eines Pensionsbezuges nach einem Sozialversicherungsgesetz in voller Höhe neben einem im Bezügegesetz genannten Bezug, wurde durch die 44. ASVG-Novelle dem § 253 a Abs 2 ein dem § 94 Abs 3 letzter Satz entsprechende Bestimmung angefügt. Die vorzeitige Alterspension sollte demnach auch mit der Aufnahme eines im § 23 Abs 2 BezügeG beschriebenen öffentlichen Amtes wegfallen. Daraus ergibt sich jedenfalls eine Wertung des Gesetzgebers, Bezüge nach dem Bezügegesetz nicht als eine Art Entschädigung für den mit der Ausübung eines öffentlichen Mandates verbundenen Mehraufwand, sondern als ein Einkommen (als Gegenleistung für die Mandatsausübung) anzusehen, welches dazu bestimmt ist, einen angemessenen Lebensunterhalt des politischen Mandatars sicherzustellen. Der VwGH wies in diesem Zusammenhang darauf hin, daß damit nicht ausgeschlossen sei, daß auch andere politische Mandatare, deren Bezüge im Bezügegesetz zwar nicht geregelt seien, die aber auch nicht dem Typus des Gemeindemandatars nach der nö. GO 1973 entsprechen, eine Beschäftigung iS des § 12 Abs 1 AlVG ausüben würden (Zahl 93/08/0125).
In einem Fall, der eine Klage eines Stadtrates und Bürgermeisterstellvertreters einer Landeshauptstadt (mit eigenem Statut) auf vorzeitige Alterspension bei langer Versicherungsdauer betraf (, 10 Ob S 261/94) sprach der Senat aus, daß die im § 23 Abs 2 BezügeG bezeichneten Bezüge Erwerbseinkommen darstellten, das der Gewährung der begehrten Alterspension entgegenstehe. In der unterschiedlichen Behandlung von Bürgermeistern und Stadtsenatsmitgliedern von Städten mit eigenem Statut und solchen von Städten ohne eigenes Statut liege keine unsachliche Unterscheidung, die im Blickwinkel des Gleichheitssatzes verfassungswidrig sei. Die Besonderheiten der Gemeindefunktionen in Städten mit eigenem Statut lasse erkennen, daß sie über ehrenamtliche Tätigkeit weit hinausgingen und somit den Charakter einer Erwerbstätigkeit im oben genannten Sinn annehmen. Damit sei es aber auch sachlich gerechtfertigt, sie den Erwerbseinkünften im sozialversicherungsrechtlichen Sinn gleichzustellen.
Im vorliegenden Fall hält der Senat an seiner in SSV-NF 7/60 ausführlich begründeten Rechtsauffassung fest, daß Aufwandsentschädigungen von Gemeinderatsmandataren, die ein Ehrenamt ausüben, kein Einkommen aus einer unselbständigen oder selbständigen Erwerbstätigkeit iS des § 12 AlVG darstellen und daher dem Anspruch auf Sonderunterstützung nach § 1 Z 2 SUG nicht entgegenstehen. Daß dies nur dann gelten solle, wenn die Aufwandsentschädigungen höchstens 30 v.H. des Amtsbezuges des Bürgermeisters betragen, ist der zitierten Entscheidung ungeachtet des in der Entscheidungssammlung vorangestellten Rechtssatzes nicht zu entnehmen: Ob bei einem Bürgermeister mit einem monatlichen Amtsbezug von über S 33.000,-- oder bei Mandataren und obersten Organwaltern des Bundes und der Länder, die ihre Ämter praktisch als Beruf ausüben und dafür auch entsprechend entschädigt werden, eine andere Beurteilung angebracht wäre, wurde dort ausdrücklich dahingestellt gelassen. Der Senat ist der Auffassung, daß der vorliegende Sachverhalt eine andere rechtliche Beurteilung nicht gebietet. Der Kläger erhält gemäß § 35 der Steiermärkischen Gemeindeordnung eine Aufwandsentschädigung von S 19.777,-- monatlich, die kein Entgelt für die Funktion darstellt, weil ja das Amt eines Mitgliedes des Organes der Gemeinde nach § 35 Abs 1 der Gemeindeordnung ein Ehrenamt ist und überdies, wie sich aus den erstgerichtlichen, vom Berufungsgericht übernommenen Feststellungen ergibt, dieser Aufwandsentschädigung tatsächliche Aufwendungen des Klägers von monatlich ca S 15.000,-- zumindest teilweise gegenüberstehen. Bei dieser Sachlage ist nicht anzunehmen, daß die Aufwandsentschädigung dazu bestimmt ist, einen angemessenen Lebensunterhalt des politischen Mandatars sicherzustellen.
In Stattgebung der Revision des Klägers war daher das erstinstanzliche stattgebende Urteil wiederherzustellen, allerdings mit der Maßgabe, daß die Sonderunterstützung gemäß § 4 SUG nur bis zum Anfall einer Pension unter anderem aus dem Versicherungsfall des Alters gebührt, was vom Erstgericht offenbar übersehen wurde. Dessen Urteil war daher mit der Maßgabe wiederherzustellen, daß die beklagte Partei schuldig ist, dem Kläger die Sonderunterstützung vom bis zum zu zahlen (Anfall der Alterspension am ). Da der Kläger ohnedies die Leistung "im gesetzlichen Ausmaß" (§ 82 Abs 2 Z 1 ASGG) begehrte, dieses Ausmaß aber durch § 4 SVG beschränkt ist, erübrigt sich die Abweisung eines Mehrbegehrens, weil das Klagebegehren so zu verstehen ist, daß es sich auch zeitlich im gesetzlichen Rahmen hält.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit a ASVG.