OGH vom 20.01.2012, 8Ob124/11k
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Spenling als Vorsitzenden und durch den Hofrat Hon. Prof. Dr. Kuras, die Hofrätin Dr. Tarmann Prentner sowie die Hofräte Mag. Ziegelbauer und Dr. Brenn als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A***** F*****, vertreten durch Dr. Petra Patzelt, Rechtsanwältin in Salzburg, gegen die beklagte Partei F***** O*****, vertreten durch Harisch Partner Rechtsanwälte GmbH in Salzburg, wegen 20.030,22 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei und den Rekurs der beklagten Partei gegen das Urteil und den Beschluss des Landesgerichts Salzburg als Berufungsgericht vom , GZ 22 R 340/11w 22, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichts Neumarkt bei Salzburg vom , GZ 4 C 33/11f 18, bestätigt und die Berufungsbeantwortung der beklagten Partei zurückgewiesen wurde, in nichtöffentlicher Sitzung folgenden
Beschluss
gefasst:
Spruch
1. Die Revision der klagenden Partei wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 1.189,44 EUR (darin 198,24 EUR USt) bestimmten Kosten ihrer Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
2. Der Rekurs der beklagten Partei wird zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Die Mutter des Klägers mietete mit Vertrag vom vom Beklagten und einem weiteren damaligen Grundeigentümer den Grund für eine Imbissinsel zu einem monatlichen Mietzins von 1.200 ATS . Zweck des Mietverhältnisses war der Betrieb eines Imbissstands. 2002 wurde der Beklagte Alleineigentümer der Liegenschaft und stellte fest, dass die Mutter des Klägers 1.200 ATS monatlich an Mietzins bezahlte. Als der Kläger in der Absicht, die Liegenschaft zu erwerben, im Jahr 2004 eine Bodenplatte errichtete, die wesentlich größer als die für den Imbissstand benötigte Fläche war, sprach ihn der Beklagte an und verlangte einen Mietzins von 1.200 EUR . Daraufhin wurden dem Beklagten über das Konto der Mutter des Klägers ab April 2004 monatlich 1.200 EUR an Mietzins bis einschließlich Juni 2006 bezahlt. Der Kläger sprach nie mit seiner Mutter, ob oder auf welcher Vertragsbasis zuvor 1.200 ATS bezahlt wurden. Er ging davon aus, dass er sich an die vom Beklagten verlangten 1.200 EUR zu halten habe. Ab dem Jahr 2005 übernahm der Kläger die Imbissstube von seiner Mutter und betrieb diese allein weiter. Ab Juli 2006 existierte ein neuer Mietvertrag zwischen dem Beklagten und dem Kläger sowie dessen Frau, in dem ein Mietzins von 1.200 EUR schriftlich festgehalten war. Im Jahr 2010 gelangte dem Kläger erstmals der ursprüngliche schriftliche Mietvertrag zur Kenntnis, in dem der Mietzins für den Imbissstand von 1.200 ATS festgehalten war.
Der Kläger begehrt nunmehr vom Beklagten die Rückzahlung von irrtümlich zu viel bezahlten Mietzinsen für den Zeitraum Jänner 2005 bis Juni 2006. Er sei in den von seiner Mutter geschlossenen Mietvertrag, in dem ein Mietzins von 1.200 ATS vereinbart gewesen sei, stillschweigend eingetreten, habe jedoch irrtümlich im genannten Zeitraum einen Mietzins von monatlich 1.200 EUR bezahlt.
Der Beklagte wandte dagegen ein, dass infolge der Erweiterung der vom Kläger in Anspruch genommenen Nutzfläche mündlich ein Mietzins von 1.200 EUR vereinbart worden sei. Es liege daher keine unwissentliche Zahlung einer Nichtschuld vor. Darüber hinaus sei das Klagebegehren verjährt.
Die Vorinstanzen haben die Klage übereinstimmend abgewiesen. Das Erstgericht führte rechtlich aus, dass keine irrtümlich bezahlte Nichtschuld vorliege. Vielmehr habe die Zahlung der Mietzinse auf einer Vereinbarung der Parteien beruht. Darüber hinaus sei der Anspruch auch verjährt. Das Berufungsgericht billigte diese Rechtsansicht. Es erachtete die ordentliche Revision als zulässig, weil Rechtsprechung zur Frage fehle, ob auf Rückforderungsansprüche aus Bestandverträgen, die nicht dem MRG oder dem KlGG unterliegen, die kurze Verjährungsfrist von drei Jahren anzuwenden sei.
Mit einem in die Urteilsausfertigung aufgenommenen Beschluss wies das Berufungsgericht die Berufungsbeantwortung des Beklagten als verspätet zurück.
Gegen das Urteil des Berufungsgerichts richtet sich die Revision des Klägers. Der Beklagte beantragte, die Revision mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage zurückzuweisen.
Gegen den in die Urteilsausfertigung aufgenommenen Beschluss des Berufungsgerichts richtet sich der Rekurs des Beklagten.
Die Revision ist mangels Aufzeigens einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig. Der gegenteilige Ausspruch des Berufungsgerichts bindet den Obersten Gerichtshof nicht (§ 508 Abs 2 ZPO).
Der Rekurs ist unzulässig.
Rechtliche Beurteilung
1. Zur Revision des Klägers:
Gemäß § 510 Abs 3 ZPO kann sich der Oberste Gerichtshof auf die kurze Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken.
Die behaupteten Verfahrensmängel (Zurückweisung der Berufungsbeantwortung des Gegners [!]; unzureichende Erledigung der Beweisrüge) wurden geprüft; sie liegen nicht vor.
Ob und mit welchem Inhalt ein Vertragsverhältnis wenigstens schlüssig zustande gekommen ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab und begründet regelmäßig keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung (RIS Justiz RS0044348 ua). Die rechtliche Beurteilung der Vorinstanzen, dass die vom Kläger geleisteten Mietzinszahlungen aufgrund einer (schlüssig zustande gekommenen) vertraglichen Vereinbarung gerechtfertigt waren, sodass ein Kondiktionsanspruch schon daher ausscheidet, ist jedenfalls vertretbar und verwirklicht daher im Sinne der dargestellten Rechtsprechung keine iSd § 502 Abs 1 ZPO erhebliche Rechtsfrage. Die Ausführungen in der Revision, dass die Zahlungen des Klägers „irrtümlich“ erfolgt seien, entfernen sich von den Sachverhaltsfeststellungen.
Trotz Fehlens einer ausdrücklichen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs liegt keine erhebliche Rechtsfrage vor, wenn Fragen bloß rein theoretischer Natur gelöst werden sollen (RIS Justiz RS0111271; 8 ObA 47/11m). Da sich die Abweisung des Klagebegehrens schon aus den oben dargelegten Gründen ergibt, ist die vom Berufungsgericht als erheblich bezeichnete Rechtsfrage der Verjährung der vom Kläger behaupteten Rückforderungsansprüche für die Entscheidung ohne Bedeutung.
Insgesamt vermag daher die Revision keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO darzustellen, weshalb sie zurückzuweisen war.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO. Der Beklagte hat auf die Unzulässigkeit der Revision des Klägers hingewiesen.
2. Zum Rekurs des Beklagten:
Der Beschluss, mit dem eine Berufungsbeantwortung als verspätet zurückgewiesen wird, ist dem Beschluss auf Zurückweisung der Berufung gleichzuhalten und deshalb analog § 519 Abs 1 Z 1 ZPO grundsätzlich anfechtbar ( Zechner in Fasching/Konecny ² IV/1 § 519 Rz 78; RIS Justiz RS0117039). Dies setzt aber voraus, dass der Rekurswerber durch die Zurückweisung der Berufungsbeantwortung beschwert ist (8 ObA 42/10z). Im vorliegenden Fall ist der Beklagte im Verfahren siegreich geblieben, sodass es ihm an einer Beschwer mangelt (1 Ob 188/06p; RIS Justiz RS0002495). Das Interesse an einer für den Beklagten günstigeren Kostenentscheidung allein begründet nach ständiger Rechtsprechung keine Beschwer (RIS Justiz RS0002396).
Zur Entscheidung über den hilfsweise gestellten Wiedereinsetzungsantrag wegen der Versäumung der Berufungsbeantwortungsfrist ist der Oberste Gerichtshof nicht zuständig ( Gitschthaler in Rechberger , ZPO³ § 149 ZPO Rz 10 mwN).