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OGH vom 21.05.2001, 10Ob82/00g

OGH vom 21.05.2001, 10Ob82/00g

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer, Dr. Hopf, Dr. Fellinger und Dr. Hoch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Gerhard D*****, Rechtsanwalt, *****, gegen die beklagte Partei Alice U*****, Private, *****, vertreten durch Dr. Ladislav Margula, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 450.482,40 sA (Revisionsinteresse S 250.482,40), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien vom , GZ 11 R 123/99k-28, womit das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom , GZ 13 Cg 83/97i-17, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S

12.195 (darin enthalten S 2.032,50 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Beklagte ist Alleinerbin nach ihrer im Jahr 1994 verstorbenen Schwägerin, die in der Republik Südafrika Unternehmensanteile besessen hatte. Die Beklagte wollte, dass der Kläger, der sowohl sie als auch ihre Schwägerin schon jahrelang anwaltlich vertreten hatte, nach Südafrika fliegt, um dort vor Ort eine genaue Klärung der Vermögenswerte der Verstorbenen vorzunehmen. Auf die Frage, was dies kosten würde, teilte ihr der Kläger mit, dass sie mit Kosten von ungefähr S 200.000 rechnen müsse. Damit war die Beklagte einverstanden. Der Kläger reiste daraufhin am nach Südafrika und konferierte dort mit Vertretern der Vermögensverwalterin des erblasserischen Unternehmens. Am kehrte er wieder von seiner Reise zurück.

Der Kläger begehrt mit der vorliegenden Honorarklage zuletzt ausschließlich für seine Reise nach Südafrika (ON 6, AS 34) den Klagebetrag von S 450.482,40 sA (inkl. 50 % Einheitssatz und 20 % USt), wobei er eine Bemessungsgrundlage von S 1,2 Mill und einen Zeitaufwand von 74 halben Stunden zugrundelegte. Davon entfallen neben dem mit der Reise verbundenen Zeitaufwand lediglich 4/2 Stunden auf Akteneinsicht und 2/2 Stunden auf Konferenz.

Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete ein, dass der Kläger den geschätzten Betrag von S 200.000 beträchtlich überschritten habe, ohne sie von dieser Überschreitung rechtzeitig in Kenntnis zu setzen. Der S 200.000 übersteigende Teil der Klageforderung sei daher jedenfalls unbegründet.

Das Erstgericht verpflichtete die Beklagte, dem Kläger den Betrag von S 200.000 sA zu zahlen; das Mehrbegehren von S 250.482,40 sA wies es ab. Unter Zugrundelegung der eingangs wiedergegeben Feststellungen vertrat es die Rechtsauffassung, dass auch beim Bevollmächtigungsvertrag zwischen einem Rechtsanwalt und seinem Klienten im Fall eines Schätzungsanschlags die Verpflichtung bestehe, den Klienten im Fall einer beträchtlichen Überschreitung zu warnen. Unterlasse der Rechtsanwalt die Warnung, verliere er den Anspruch auf das den geschätzten Kostenbetrag übersteigende Honorar.

Das Berufungsgericht gab den Berufungen beider Parteien nicht Folge. Es trat der rechtlichen Beurteilung des Erstgerichts bei. Der Schätzungsanschlag des Klägers sei für die Auftragserteilung der Beklagten maßgeblich gewesen. Das Vertrauen des Klienten in einen Schätzungsanschlag des Rechtsanwalts sei in analoger Anwendung des § 1170a ABGB zu schützen. Die Beklagte habe davon ausgehen können, dass im Betrag von S 200.000 Einheitssatz und Umsatzsteuer enthalten seien. Die ordentliche Revision sei zuzulassen, weil eine Rechtsprechung zur analogen Anwendbarkeit des § 1170a ABGB auf den Rechtsanwaltsvertrag fehle.

Gegen den klageabweisenden Teil des Urteils richtet sich die Revision des Klägers wegen Aktenwidrigkeit und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung im Sinn der vollständigen Klagestattgebung abzuändern.

Die Beklagte beantragt, der Revision nicht Folge zu gegen.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig; sie ist jedoch nicht berechtigt.

Der Revisionsgrund der Aktenwidrigkeit (§ 503 Z 3 ZPO) liegt nur vor, wenn Feststellungen auf aktenwidriger Grundlage getroffen werden (RIS-Justiz RS0043203). Derartiges wird vom Revisionswerber unter diesem Rechtsmittelgrund aber nicht gerügt. Soweit er geltend macht, ihm sei vom Berufungsgericht eine nicht erfolgte Beschränkung seines Begehrens unterstellt worden, ist jedoch sein Einwand gleichfalls unbegründet. Der Kläger erklärte nämlich im Schriftsatz ON 6 ausdrücklich, dass er sein Honorar nunmehr ausschließlich so geltend mache, dass er zur Position "Komm. Durban Marriott" den Betrag von S

250.268 zuzüglich 50 %igen Einheitssatz und 20 % USt beanspruche, sodass sich insgesamt S 450.482,40 (= Klagebetrag) ergeben (AS 34). Sein nunmehriger Versuch, auch vor und nach der Reise nach Südafrika erbrachte Leistungen im Rahmen des Klagebetrages geltend zu machen, findet daher in seinem erstinstanzlichen Vorbringen keine Deckung (mehr).

Das Berufungsgericht hat den S 200.000 übersteigenden Honoraranspruch des Klägers im Ergebnis zutreffend verneint (§ 510 Abs 3 Satz 2 ZPO). Ergänzend und klarstellend ist den Ausführungen des Revisionswerbers Folgendes entgegenzuhalten:

Der im Werkvertragsrecht des ABGB (§§ 1151 f, 1165 ff) eingebettete § 1170a unterscheidet zwischen Kostenvoranschlägen unter Gewährleistung für ihre Richtigkeit (Abs 1) und solchen ohne Gewährleistung für ihre Richtigkeit (Abs 2). Im ersten Fall trägt der Unternehmer die Gefahr einer Verteuerung; er kann auch bei unvorhergesehener Größe oder Kostspieligkeit der veranschlagten Arbeiten keine Erhöhung des Entgelts fordern. Ist hingegen ein Voranschlag ohne Gewährleistung zugrunde gelegt und erweist sich eine beträchtliche Überschreitung als unvermeidlich, so hat der Unternehmer dies dem Besteller unverzüglich anzuzeigen, widrigenfalls er jeden Anspruch wegen der Mehrarbeiten verliert. Der Besteller hat im Fall der Anzeige der beträchtlichen Überschreitung ein Wahlrecht: Er kann sich mit den Mehrkosten einverstanden erklären oder vom Vertrag zurücktreten, muss aber dem Unternehmer die bisher geleisteten Arbeiten angemessen vergüten (§ 1170a Abs 2 ABGB; Koziol/Welser II11 236).

Daneben gibt es auch den sogenannten Schätzungsanschlag. Er dient der Orientierung darüber, was der Besteller an Kosten zu erwarten hat, enthält jedoch - anders als der Kostenvoranschlag (SZ 55/83 mwN; RIS-Justiz RS0021977) - keine Zergliederung der mutmaßlichen Kosten unter ausführlicher Berechnung der einzelnen Ansätze nach Arbeits- und Materialkosten. Allerdings ist auch bei den Schätzungsanschlägen zu beachten, ob die Angabe einer bestimmten Geldsumme mit einer Richtigkeitsgarantie verknüpft ist oder nicht. Es stellen sich also die gleichen Abgrenzungsprobleme wie beim Kostenvoranschlag (Krejci in Rummel, ABGB3, Rz 5 zu § 1170a). Auch bei Schätzungsanschlägen rechnet der Besteller damit, dass der Unternehmer nicht leichtfertig völlig falsche Angaben macht, auch wenn dem Besteller die Einsicht in bestehende Kalkulationsgrundlagen weitgehend fehlt oder solche Kalkulationsgrundlagen, anders als beim Kostenvoranschlag, nicht in ausreichendem Maß vorliegen. Dennoch darf der Besteller damit rechnen, dass der Unternehmer den Schätzungsanschlag an seinen fachlichen Erfahrungen und Kenntnissen orientiert (Krejci aaO Rz 31 zu § 1170a). Stellt sich bei einem Schätzungsanschlag ohne Gewährleistung der Richtigkeit nachträglich heraus, dass mit einer beträchtlichen Überschreitung der veranschlagten Kosten zu rechnen ist, ist der Werkunternehmer verpflichtet, dem Besteller die erforderliche Überschreitung der ursprünglich genannten Höchstsumme bekanntzugeben, wenn er nicht in sinngemäßer Anwendung des § 1170a Abs 2 ABGB den Anspruch auf Mehrentlohnung verlieren will (Krejci aaO Rz 5, 22 und 31 zu § 1170a mwN; HS 11.901; SZ 55/83; RdW 1999, 74).

Ob ein Kostenvoranschlag mit oder ohne Gewährleistung für seine Richtigkeit (§ 1170a ABGB), ein bloßer Schätzungsanschlag oder eine Pauschalpreisvereinbarung im Sinne der Vereinbarung eines nach oben begrenzten Gesamtpreises (SZ 26/89) vorliegt, ist letztlich eine Frage der Vertragsauslegung im Einzelfall und mitunter schwierig zu bestimmen (Krejci aaO Rz 6 iVm Rz 5 und 31 zu § 1170a; HS 27.608). Im vorliegenden Fall gehen allerdings beide Teile im Einklang mit den Vorinstanzen vom Vorliegen eines Schätzungsanschlags aus; hierin vermag der Senat keine Verkennung der Rechtslage zu erblicken. Dass laut Kläger "ungefähr" mit Kosten in bestimmter Höhe zu rechnen sei, spricht auch eher gegen (als für) eine Gewährleistung der Richtigkeit (vgl SZ 26/234; RdW 1999, 74; Hutter, Der Kostenvoranschlag 40). Für die Annahme eines Kostenvoranschlags wäre nach Lehre und Rechtsprechung, wie schon erwähnt, die detaillierte Zergliederung der mutmaßlichen Kosten kennzeichnend, die hier jedoch nicht vorliegt. Von einer bestimmten, bereits erfolgten Pauschalpreisvereinbarung geht nicht einmal die Beklagte aus.

Unstrittig ist im vorliegenden Fall auch, dass der Entschluss der Beklagten zur Auftragserteilung von der Höhe der ihr bekanntgegebenen Kosten abhängig war (SZ 55/83); der Schätzungsanschlag des Klägers war für die Entscheidung der Beklagten, den Kläger nach Südafrika zu entsenden, maßgebend.

Vorweg ist auch noch festzuhalten, dass der vorliegende Vertrag zwischen den Parteien dem KSchG unterliegt (§ 1 KSchG). Der Unternehmerbegriff des KSchG ist weit gefasst; es stellt weder auf den Kaufmannsbegriff noch auf den des Handelsgewerbes ab und erfasst auch nichtkaufmännische Unternehmer (Krejci in Krejci, KSchG-Handbuch 209 [211]; SZ 55/157; RZ 1989/100; HS 13.343; RIS-Justiz RS0061157). Auch der Rechtsanwalt ist im Verhältnis zum Klienten Unternehmer im Sinn des KSchG (SZ 54/74). Dies entspricht dem grundsätzlichen Zweck des besonderen Schutzes des in Rechtsangelegenheiten gerade gegenüber einem Rechtsanwalt schwächeren Verbrauchers und ist auch in der Lehre überwiegend unbestritten (Krejci in Rummel, ABGB**2, Rz 14 und 18 zu § 1 KSchG; Koziol/Welser, II11 364; Welser, Das Konsumentenschutzgesetz in der Rechtsprechung, in Schönherr-GS 325 [327 f]; Kosesnik-Wehrle/Lehofer/Mayer, KSchG, Rz 8 zu § 1; Prunbauer, JBl 1981, 417 [420]; Schwimann/Apathy, ABGB**2 VI, § 1 KSchG Rz 6; aM Kaltenbäck, AnwBl 1979, 394). Es handelt sich daher im vorliegenden Fall um einen sogenannten Verbrauchervertrag.

Will der Unternehmer die Richtigkeit des Kostenvoranschlags nicht garantieren, so muss er dies dem Verbraucher gegenüber ausdrücklich erklären (§ 5 Abs 2 KSchG; Schwimann/Apathy aaO § 5 KSchG Rz 4). Das KSchG dreht damit die Zweifelsregel des § 1170a ABGB zugunsten des Verbrauchers um. Letztlich kommt aber dieser Unterscheidung im vorliegenden Fall keine besondere Bedeutung zu, weil von den Parteien übereinstimmend davon ausgegangen wird, dass der Kläger die Richtigkeit seiner Schätzung nicht gewährleistet hat. Es können daher Überlegungen dahingestellt bleiben, ob § 5 Abs 2 KSchG auch für Schätzungsanschläge gilt (Kosesnik-Wehrle/Lehofer/Mayer aaO Rz 5 zu § 5; aM Kerschner/P. Bydlinski, Fälle und Lösungen zum bürgerlichen Recht3 43) bzw ob auch schlüssige Erklärungen nach § 5 Abs 2 KSchG ausreichen (vgl zum Meinungsstand: Rummel in Rummel, ABGB3, Rz 9 zu § 863; Krejci aaO Rz 9 zu § 1170a; Schilcher in Krejci, KSchG-Handbuch 417 f; Schwimann/Apathy aaO § 5 KSchG Rz 5;

Kosesnik-Wehrle/Lehofer/Mayer aaO Rz 5 zu § 5).

Im Revisionsverfahren geht es somit nur mehr um die Frage, welche Konsequenzen die Überschreitung des die Richtigkeit nicht Gewähr leistenden Schätzungsanschlags auf den Honoraranspruch des Klägers hat:

Der Revisionswerber verweist dazu vor allem darauf, dass der Aufwand in einem kontradiktorischen Verfahren von vornherein fremdbestimmt sei, sodass eine richtige Schätzung nahezu immer ausgeschlossen sei. Das dem Anwaltsvertrag innewohnende Element der Unbestimmbarkeit der aufzuwendenden Kosten unterscheide ihn grundlegend vom Werkvertrag. Bei letzterem sei die selbstbestimmte Kostenschätzung die Regel. Dieser grundlegende Unterschied zwischen den beiden Verträgen schließe eine analoge Anwendung des § 1170a ABGB auf Anwaltsverträge aus. Kein Anwalt werde ausgehend vom RATG leichtfertig völlig falsche Schätzungen machen. Es liege aber in der Natur des Anwaltsvertrags, dass Schätzungen nicht mit dem auf Grund des RATG ex post errechneten tarifmäßigen Honorar übereinstimmen. Auch eine nach bestem Wissen und Gewissen abgegebene Schätzung, die zwangsläufig immer ein unverbindliches Element enthalte, könne sich als völlig falsch herausstellen. Dies könne aber nicht bedeuten, dass der Anwalt seinen gesetzlichen Honoraranspruch verliere, wenn er eine unrichtige Schätzung abgegeben habe und ihn kein Verschulden treffe.

Der Vertrag zwischen einem Rechtsanwalt und seinem Klienten hat meistens die entgeltliche Besorgung von Geschäften rechtlicher Art (Rechtshandlungen, Prozessführung und ähnliches) in Vertretung des Klienten zum Gegenstand und ist dann ein Bevollmächtigungsvertrag, nämlich Auftrag gekoppelt mit Vollmacht (Strasser in Rummel, ABGB3, Rz 26 zu § 1002 mwN). Der Vertrag zwischen einem Rechtsanwalt und seinem Klienten kann im Einzelfall aber auch ein Werkvertrag sein, zB über die Erstattung eines Rechtsgutachtens (7 Ob 672/85; Schwimann/Rebhahn, ABGB**2 VI § 1165 Rz 16) oder die Errichtung eines Vertrages (vgl NZ 1979/74). Wird ein Rechtsanwalt wie im vorliegenden Fall mit der Durchführung einer Auslandsreise und der Klärung bestimmter Vermögenswerte beauftragt, so schuldet er erkennbar nicht bloß ein Bemühen, sondern ein Ergebnis, wobei nach dem Inhalt des konkreten Vertrages nicht Verrichtungen rechtlicher Art wie bei der Geschäftsbesorgung, sondern mehr tatsächliche Handlungen im Vordergrund standen, und sich kaum Elemente eines Bevollmächtigungsvertrages finden (vgl Schwimann/Rebhahn aaO § 1151 Rz 44 und § 1165 Rz 2 f). Es handelt sich daher auch hier um einen Vertrag der nach Werkvertragsregeln zu beurteilen ist und auf den die §§ 1165 ff ABGB einschließlich der Regeln über den Kostenvorschlag (bzw den Schätzungsanschlag) nach § 1170a ABGB anzuwenden sind.

Es wird nicht verkannt, dass Vorhersagen schon im Allgemeinen und bei komplexen anwaltlichen Leistungen im Besonderen schwierig bis unmöglich sein können.

Überlegungen des Revisionswerbers, dass der Aufwand gerade im "kontradiktorischen" Verfahren "fremdbestimmt" sei, greifen hier aber schon deshalb nicht, weil der Kläger für die Beklagte in keinem kontradiktorischen Verfahren tätig wurde. Im vorliegenden Fall legte allein der Kläger fest, wann er für wie lange nach Südafrika reiste und welchen zeitlichen Aufwand er in die Erhebungen vor Ort investierte. Der Aufwand war hier nicht fremdbestimmt, sondern wurde vom Kläger bestimmt. Der Revisionswerber verweist richtig darauf, dass ein Rechtsanwalt in der Regel nicht leichtfertig falsche Schätzungen abgeben wird. Diesen Vorwurf muss sich allerdings der Kläger nach der bindend festgestellten Sachlage gefallen lassen. Danach war nämlich der Aufwand für ihn durchaus abschätzbar; schon als der Kläger die Reise antrat, war absehbar, dass mit dem geschätzten Betrag im Falle einer Abrechnung nach dem RATG nicht das Auslangen gefunden werden kann, entfielen doch vom letztlich verrechneten Betrag nur 4/2 Stunden auf Aktenstudium und 2/2 Stunden auf eine Konferenz, während der Rest ausschließlich auf den mit der Reise verbundenen Zeitaufwand entfiel.

Der Hinweis des Revisionswerbers, dass sich auch eine nach bestem Wissen und Gewissen abgegebene Schätzung als falsch herausstellen kann, ist grundsätzlich richtig. Die in einem derartigen Fall vom Rechtsanwalt erwartete Reaktion kann jedoch nicht im Schweigen gegenüber dem Klienten und im Legen einer die seinerzeitige Schätzung nicht mehr beachtenden Honorarnote liegen. Vom Werkunternehmer erwartet die Rechtsordnung, soweit die seinerzeitige Schätzung nicht garantiert ist, eine unverzügliche Mitteilung von einer bevorstehenden beträchtlichen Überschreitung (§ 1170a Abs 2 ABGB). Der Kläger hätte daher die Beklagte im Hinblick auf die bereits von Anfang an gegebene Vorhersehbarkeit der Kostenüberschreitung bereits vor Antritt der Reise warnen müssen. Da er dies unterlassen hat, treffen ihn die bereits vorstehend beschriebenen Folgen nach § 1170a Abs 2 ABGB. Er verliert somit den Anspruch auf Ersatz der S 200.000 übersteigenden Mehrkosten.

Die Frage der (analogen) Anwendbarkeit des § 1170a ABGB auf den Bevollmächtigungsvertrag und die hiezu in der Revision relevierten Fragen können in Anbetracht des Vorliegens eines Werkvertrages, woran auch allfällige Elemente eines Bevollmächtigungsvertrages nichts ändern (§ 1151 Abs 2 ABGB), dahingestellt bleiben.

Nicht unerwähnt bleiben soll, dass sich in der Lehre und im Schrifttum kritische Stimmen gegen die gänzliche Nichtberücksichtigung der Zusatzkosten finden, insbesondere wenn die Überschreitung im Grenzbereich zwischen beträchtlich und unbeträchtlich liegt (Hutter aaO 151 ff; Schwimann/Rebhahn, ABGB**2 VI, § 1170a Rz 12; Iro, RdW 1999, 57). Es wird darin vor allem die Ansicht vertreten, dem Unternehmer gebühre ein über der Schätzung, gerade noch nicht eine beträchtliche Überschreitung ausmachender Betrag. Dem kann nicht beigetreten werden. Die Beschränkung auf die geschätzten Kosten folgt nach Ansicht des Senats eindeutig aus dem Wortlaut des § 1170a Abs 2 ABGB ("...widrigenfalls er jeden Anspruch wegen der Mehrarbeiten verliert"; so auch Kerschner/P. Bydlinski aaO 43, Fn 12); sie entspricht auch der hA zum Kostenvoranschlag ohne Gewähr (Adler/Höller in Klang V 421 f; Krejci aaO Rz 22 zu § 1170a; Koziol/Welser II11 236 mwN). Der Zweck der scharfen Sanktion liegt eben gerade darin, auf den Werkunternehmer einen entsprechenden Druck zur baldigen Anzeige der Mehrkosten auszuüben. Bei rechtzeitiger Unterrichtung von den bevorstehenden Kostensteigerungen kann der Besteller durch den Rücktritt vom Vertrag jegliche Mehrkosten vermeiden (Iro aaO mwN). Die Schätzung selbst, aber auch der Zweck ihrer Rechtsfolgen würden zu sehr abgeschwächt, könnte der Unternehmer automatisch zum geschätzten Betrag stets auch noch die Differenz bis knapp unter jene Grenze lukrieren, ab der von einer beträchtlichen Überschreitung gesprochen werden muss. Im Übrigen ist aber auch darauf hinzuweisen, dass gerade der vorliegende Fall kein Grenzfall ist, wurde doch der geschätzte Betrag vom Kläger um mehr als Doppelte überschritten.

Der unbegründeten Revision des Klägers war daher ein Erfolg zu versagen. Da die teilweise Klagestattgebung von der Beklagten unbekämpft und die Revision des Klägers gegen die teilweise Klageabweisung erfolglos blieben, braucht auf die von der Revisionsgegnerin angestellten Überlegungen zur Vereinbarkeit des RATG mit Art 81 EG nicht weiter eingegangen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.