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OGH vom 30.08.2011, 10Ob81/11a

OGH vom 30.08.2011, 10Ob81/11a

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden und durch die Hofräte Dr. Fellinger, Dr. Hoch, Dr. Schramm und die Hofrätin Dr. Fichtenau als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden und gefährdeten Partei M***** L*****, vertreten durch Sunder Plaßmann Loibner Partner, Rechtsanwälte OG in Wien, gegen die beklagten Parteien und Gegner der gefährdeten Partei 1. O***** L*****, 2. T*****GmbH I***** Co KG, *****, 3. S***** GmbH, *****, alle vertreten durch Münzker und Riehs Rechtsanwälte OG in Wien, wegen Sicherung des dringenden Wohnbedürfnisses, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der beklagten Parteien und Gegner der gefährdeten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Wiener Neustadt als Rekursgericht vom , GZ 16 R 161/11g 13, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß § 78 EO,§ 402 Abs 4 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Nach ständiger Rechtsprechung kommt es für den Anspruch nach § 97 ABGB auf die Art der Verfügungsbefugnis des Ehegatten nicht entscheidend an: Sie kann sich auf dingliche Berechtigungen ([Mit ]Eigentum, Baurecht, [persönliche] Dienstbarkeit) und auf obligatorische Rechte (Bestandrecht, Leihe, Genossenschaftsrecht) stützen, oder sich aus einer rein wirtschaftlichen Betrachtungsweise (zB Stellung des Ehegatten als Organ der KG, der die Wohnung gehört) ergeben (7 Ob 230/09p), wobei auch die Verfügungsbefugnis aufgrund eines Prekariums, eines familienrechtlichen Wohnanspruchs gegenüber einem Verwandten oder an einer Dienstwohnung ausreichend ist (7 Ob 230/09p mwN; RIS Justiz RS0113119 [T1 bis T 4]).

Das Rekursgericht weicht von diesen Leitlinien der Rechtsprechung nicht ab, wenn es den Erstantragsgegner als im Sinn des § 97 ABGB verfügungsberechtigt über das die Ehewohnung bildende Einfamilienhaus qualifiziert, weil dieser allein Geschäftsführer der Drittantragsgegnerin (Gesellschaft mbH) ist, die wiederum einziger Komplementär der Zweitantragsgegnerin ist, der die Liegenschaft mit dem Einfamilienhaus gehört und im Ergebnis durch den Erstantragsgegner vertreten wird (RIS Justiz RS0119188). Dass die übrigen Voraussetzungen für die Erlassung der einstweiligen Verfügung nach § 382h Abs 1 EO gegen den Erstantragsgegner nicht vorliegen würden, wird im Rechtsmittel nicht dargetan.

Nach ständiger Rechtsprechung ist der dem wohnbedürftigen Ehegatten gegen den verfügungsberechtigten Ehegatten gemäß § 97 ABGB zustehende Anspruch einem Dritten gegenüber wie jede andere Verletzung eines durch Besitz verstärkten und erkennbaren Forderungsrechts bei dolosem Zusammenwirken mit dem Schuldner geschützt (RIS Justiz RS0009553; RS0009660; RS0015114), und zwar nicht nur bei arglistigem Zusammenwirken mit dem aus § 97 ABGB verpflichteten Ehegatten, sondern auch bei bloßem Wissen um den Anspruch des Berechtigten (4 Ob 16/04p). Es reicht, wenn dem Dritten bekannt ist, dass der nichtverfügungsbefugte Ehegatte über keine andere Wohnung verfügt (4 Ob 16/04p). Das Rekursgericht hat diese Rechtsprechung zutreffend angewandt. Das fremde Forderungsrecht, in das eingegriffen wird, ist der sich aus § 97 ABGB ergebende Wohnungserhaltungsanspruch der Antragstellerin. Die Rechtsauffassung des Rekursgerichts, dass das Wissen des Erstantragsgegners um den Anspruch der Antragstellerin nach § 97 ABGB aufgrund seiner Stellung als Geschäftsführer der Drittantragsgegnerin dieser und der Zweitantragsgegnerin zuzurechnen ist, bekämpfen die Rechtsmittelwerber nicht. Der gegen den Dritten bestehende Anspruch auf Unterlassung wegen schuldhaften Eingriffs in den Wohnungserhaltungsanspruch nach den Grundsätzen der Beeinträchtigung fremder Forderungsrechte kann bei Erfüllung der allgemeinen Voraussetzungen des § 381 EO durch einstweilige Verfügung gesichert werden (7 Ob 86/03b, SZ 2003/62). Dass die Antragstellerin die „Voraussetzungen des § 381 EO im Sinne der Gefährdung“ bescheinigt hat, wird von den Rechtsmittelwerbern nicht bekämpft. Ob die Annahme „eines (zumindest schlüssig) eingeräumten Nutzungsrechts im Rahmen des Gesellschaftsvertrags“ durch das Rekursgericht wie die Rechtsmittelwerber geltend machen weder hinreichende Deckung im Vorbringen der Antragstellerin noch in den Bescheinigungsergebnissen findet, ist nicht entscheidungserheblich, führte das Rekursgericht diese Annahme doch bloß unterstützend ins Treffen.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:OGH0002:2011:0100OB00081.11A.0830.000