OGH 28.01.1986, 11Os14/86
Entscheidungstext
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Piska als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kießwetter, Dr.Walenta, Dr.Schneider und Dr.Felzmann als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr.Hausmann als Schriftführerin in der Strafsache gegen Franz K*** wegen des Vergehens der schweren Körperverletzung nach den §§ 83 Abs. 1, 84 Abs. 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten Franz K*** gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengerichts vom , GZ 24 Vr 4.033/85-24, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Mit gesonderter Verfügung wird ein Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung über die Berufung anberaumt werden.
Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am geborene arbeitslose Buchdrucker Franz K*** des Vergehens der schweren Körperverletzung nach den §§ 83 Abs. 1, 84 Abs. 1 StGB schuldig erkannt. Darnach verletzte er am in Innsbruck vorsätzlich seine Lebensgefährtin Renate F*** durch Versetzen von Fußtritten gegen das Gesicht und den Körper schwer, indem er ihr eine Nasenbeinfraktur und Serienrippenbrüche zufügte. Diesen Schuldspruch ficht der Angeklagte mit einer auf § 281 Abs. 1 Z 2 (3) und 5 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde an, den Strafausspruch bekämpft er mit Berufung.
Rechtliche Beurteilung
Wenn die Beschwerde vermeint, die Aussagen der Verletzten Renate F*** vor der Polizei hätten im Hinblick auf eine auf § 152 Z 1 StPO gestützte, in der Hauptverhandlung in Anspruch genommene Befreiung von der Zeugenpflicht nicht verlesen und unter der Nichtigkeitssanktion des § 281 Abs. 1 Z 2 "bzw. 3" StPO nicht verwertet werden dürfen, ist zunächst darauf zu verweisen, daß sich inhaltlich des Hauptverhandlungsprotokolles weder der Angeklagte noch der Verteidiger gegen die Verlesung der in der Anzeige der Bundespolizeidirektion Innsbruck (ON 2) enthaltenen Berichte über die spontanen Aussagen der Verletzten Renate F*** anläßlich des Einschreitens der Funkstreife (S 5, 12) verwahrten. Überdies sind Berichte oder Vernehmungsprotokolle von Sicherheitsbehörden nicht als nichtige Vorerhebungs- oder Voruntersuchungsakte anzusehen, auch wenn die Auskunftsperson nicht über ein allfälliges Entschlagungsrecht belehrt wurde (Mayerhofer-Rieder 2 , E 4, 5 zu § 281 Z 2 StPO, 11 Os 141/85). Die taxative Aufzählung jener Vorschriften im § 281 Abs. 1 Z 3 StPO, deren Beobachtung das Gesetz bei sonstiger Nichtigkeit vorschreibt, enthält aber ebenfalls kein Verbot der Verlesung derartiger Polizeiberichte.
Die Mängelrüge (Z 5) ist überhaupt nicht prozeßordnungsmäßig ausgeführt, wenn sie die vom Schöffengericht für die schweren Verletzungsfolgen des brutalen Angriffes des Angeklgten gegebene Begründung mit dem Hinweis als unzureichend darstellen will, es fehle an "objektiven" Beweisergebnissen dafür, daß Renate F*** tatsächlich schwere Verletzungen erlitt, zumal die Polizeibeamten nur Hautabschürfungen gesehen hätten und eine (schriftliche) Verletzungsanzeige des Krankenhauses nicht vorliege. Das Schöffengericht konnte sich bei seiner diesbezüglichen Feststellung auf die verlesenen Polizeierhebungen (ON 2 in Verbindung mit S 92 oben) stützen, denenzufolge sowohl Renate F*** als auch ihre bei der Auseinandersetzung anwesende Freundin Erika O*** - letztere auch in der Hauptverhandlung (S 90) - die Tathandlungen des Angeklagten schilderten, in deren Folge F*** vor Schmerzen schrie, sich übergab und ins Krankenhaus eingeliefert wurde, von wo über telefonische Anfrage der Polizei die genannten schweren Verletzungen bekanntgegegen wurden. Mit der aktengetreuen Würdigung dieser Beweisergebnisse (S 97, 98) kam das Gericht seiner Begründungspflicht (§ 270 Abs. 2 Z 5 StPO) nach. Wenn aus der Beschwerde der Vorwurf hervorzugehen scheint, das Gericht habe nicht alle Beweisquellen zur Erhärtung seiner Urteilsannahmen ausgeschöpft, bringt sie den angezogenen Nichtigkeitsgrund nicht zur gesetzmäßigen Darstellung, weil sie nur die Unvollständigkeit des Verfahrens rügt, ohne in der Hauptverhandlung der Vervollständigung dienende Beweisanträge gestellt zu haben, nicht aber eine unvollständige Würdigung der erhobenen Beweise geltendmacht (Mayerhofer-Rieder 2 , E 83, 84 zu § 281 Z 5 StPO). Damit war die Nichtigkeitsbeschwerde teilweise als unbegründet gemäß dem § 285 d Abs. 1 Z 2 StPO und teilweise als nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt nach dem § 285 d Abs. 1 Z 1 StPO in Verbindung mit § 285 a Z 2 StPO schon bei einer nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen.
Zur Entscheidung über die Berufung wird ein Gerichtstag angeordnet werden.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.
Entscheidungstext
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Schneider sowie Dr. Felzmann als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Gruber als Schriftführerin in der Strafsache gegen Franz K*** wegen des Vergehens der schweren Körperverletzung nach den §§ 83 Abs 1, 84 Abs 1 StGB über die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom , GZ 24 Vr 4.033/85-24, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, des Generalanwaltes Dr. Hauptmann, und des Verteidigers Dr. Englert, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:
Spruch
Der Berufung wird Folge gegeben und die verhängte Freiheitsstrafe auf 20 (zwanzig) Monate herabgesetzt. Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des (weiteren) Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am geborene arbeitslose Buchdrucker Franz K*** des Vergehens der schweren Körperverletzung nach den §§ 83 Abs 1, 84
Abs 1 StGB - begangen an Renate F*** - schuldig erkannt und nach dem § 84 Abs 1 StGB zu einer zweijährigen Freiheitsstrafe verurteilt.
Bei der Strafbemessung waren die zahlreichen einschlägigen Vorstrafen, die über die Rückfallsvoraussetzungen hinausgehen und den Angeklagten als gefährlichen Gewalttäter ausweisen, und der überaus rasche Rückfall nach einer wegen Verletzung derselben Frau ergangenen Verurteilung erschwerend und nichts mildernd. Gegen dieses Urteil erhob der Angeklagte die Rechtsmittel der Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung.
Rechtliche Beurteilung
Die Nichtigkeitsbeschwerde wurde vom Obersten Gerichtshof bereits mit Beschluß vom , 11 Os 14/86-6, dem auch der nähere Sachverhalt zu entnehmen ist, zurückgewiesen. Gegenstand des Gerichtstages war daher nur mehr die Berufung des Franz K***, mit welcher er die Herabsetzung des Strafausmaßes anstrebt.
Das Erstgericht wertete ersichtlich als besonders verwerflich, daß der Berufungswerber erst mit Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom (also neun Tage vor dieser Tat), GZ 28 Vr 2.112/85-14, wegen (dreimaliger) leichter Verletzung derselben Person (Lebensgefährtin, die ihn angeblich auch aushält) nach dem § 83 Abs 1 StGB schuldig gesprochen worden war und trotzdem vor weiteren schweren Angriffen auf diese Frau nicht zurückschreckte. Der Oberste Gerichtshof konnte sich jedoch durch Einsichtnahme in den genannten Strafakt davon überzeugen, daß der Angeklagte diesen Schuldspruch mit Schuldberufung bekämpfte und das Oberlandesgericht Innsbruck als Berufungsgericht eine Beweiswiederholung beschloß. Daraus ergibt sich, daß unter Beachtung der Grundsätze des Art. 6 Abs 2 MRK diese vor der gegenständlichen Verfehlung begangenen Taten in einem gesonderten Strafverfahren zu beurteilen sind, auf das nach den §§ 31, 40 StGB auch gar nicht Bedacht genommen werden könnte. Es könnte daher nur das Oberlandesgericht Innsbruck, sollte es neuerlich zu einem Schuldspruch kommen, den extrem raschen Rückfall noch während eines laufenden Strafverfahrens als Erschwerungsumstand heranziehen. Legt man aber die insoweit korrigierten Strafzumessungsgründe der Strafzumessung zugrunde, wobei auch nicht außer Betracht bleiben kann, daß der Angeklagte zuletzt (bis ) eine Strafe verbüßte, zu der er unter anderem wegen einer ganz ähnlichen, ebenfalls mit schwerer Verletzung der Renate F*** einhergehenden Tat verurteilt worden war, ist zwar eine deutlich über der früher verhängten Strafe liegenden Unrechtsfolge auszusprechen, jedoch nicht in der Höhe des Doppelten der zuletzt gefundenen Zusatzstrafe (von einem Jahr). Der Oberste Gerichtshof schloß sich daher im Ergebnis der Berufung an und reduzierte das Strafausmaß auf das der Tat und der Täterpersönlichkeit angepaßte, aus dem Spruch ersichtliche Strafausmaß.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.
Zusatzinformationen
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Rechtsgebiet | Strafrecht |
ECLI | ECLI:AT:OGH0002:1986:0110OS00014.86.0128.000 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
QAAAD-90517