OGH 28.06.2001, 10ObS167/01h
Entscheidungstext
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer und Dr. Neumayr sowie die fachkundigen Laienrichter MR Dr. Robert Göstl (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Mag. Dagmar Armitter (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Günter Z*****, vertreten durch Bichler & Zrzavy, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter, Roßauer Lände 3, 1092 Wien, vor dem Obersten Gerichtshof nicht vertreten, wegen Invaliditätspension, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 9 Rs 294/00x-27, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichts Wien vom , GZ 20 Cgs 106/98v-18, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
1. Der Akt 20 Cgs 106/98v des Arbeits- und Sozialgerichts Wien wird dem Bezirksgericht Innere Stadt Wien als für die klagende Partei zuständigem Pflegschaftsgericht zur Entscheidung gemäß § 6a ZPO übermittelt.
2. Das Verfahren über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 9 Rs 294/00x-27, wird bis zur Mitteilung des Pflegschaftsgerichts über die von diesem gemäß § 6a ZPO getroffene Maßnahme unterbrochen.
Text
Begründung:
Das Erstgericht wies das Begehren des Klägers auf Zuerkennung der Invaliditätspension ab ab. In einem vom Erstgericht eingeholten Gutachten aus dem Bereich der Neurologie und Psychiatrie hat der Sachverständige beim Kläger störende Persönlichkeitsänderungen in Verbindung mit affektiven und Angststörungen und soziale Phobien festgestellt, wobei dieses psychische Krankheitsbild als nicht psychosewertig eingestuft wurde.
Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil.
Der Kläger - vertreten durch einen für das Rechtsmittelverfahren bestellten Verfahrenshelfer - behauptet nun in seiner Revision gegen das Berufungsurteil erstmals, dass ernsthafte Zweifel daran bestehen, dass er auf Grund seiner psychischen Beeinträchtigung prozessfähig sei; das Verfahren sei daher nichtig.
Rechtliche Beurteilung
Der Oberste Gerichtshof hat einen Nichtigkeitsgrund aus Anlass eines nach den Verfahrensvorschriften zulässigen Rechtsmittels aufzugreifen (RIS-Justiz RS0042973). Wird aber der Nichtigkeitsgrund mangelnder Prozessfähigkeit - wie hier - erst im Revisionsverfahren geltend gemacht, ist es dem Obersten Gerichtshof verwehrt, die Prozessfähigkeit einer Partei, die der inländischen Pflegschaftsgerichtsbarkeit unterliegt, nach der Aktenlage selbst zu beurteilen. Darin manifestiert sich der Grundsatz, dass es gemäß § 6a ZPO ausschließlich Aufgabe des Pflegschaftsgerichts ist, über die Frage der Notwendigkeit der Bestellung eines Sachwalters zur Vertretung einer Prozesspartei zu entscheiden. An eine solche Entscheidung ist der Oberste Gerichtshof gebunden, weshalb zur Prüfung, ob die Voraussetzungen des § 273 ABGB mit Beziehung auf den Rechtsstreit vorliegen, die Aktenübersendung an das Pflegschaftsgericht anzuordnen ist (RIS-Justiz RS0035231, RS0035270). Ein allenfalls bestellter Sachwalter wäre zur Stellungnahme aufzufordern, ob er das bisherige Verfahren genehmigt (RIS-Justiz RS0107438).
Das Verfahren über die Revision des Klägers ist bis zur Mitteilung über die Entscheidung des Pflegschaftsgerichts nach § 6a ZPO zu unterbrechen (4 Ob 329/98f; 3 Ob 2322/96h; 3 Ob 110/94).
Entscheidungstext
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer und Dr. Neumayr sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Karlheinz Kux (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Walter Benesch (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Günter Z*****, vertreten durch Bichler & Zrzavy, Rechtsanwälte in Wien, diese vertreten durch Dr. Gabriele Vana-Kowarzik, Rechtsanwältin in Wien, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter, Roßauer Lände 3, 1092 Wien, vor dem Obersten Gerichtshof nicht vertreten, wegen Invaliditätspension, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 9 Rs 294/00x-27, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom , GZ 20 Cgs 106/98v-18, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:
Spruch
Die Revision wird, soweit sie Nichtigkeit geltend macht, zurückgewiesen. Im Übrigen wird der Revision nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Entscheidungsgründe:
Mit Bescheid der beklagten Partei vom wurde der Antrag des am geborenen Klägers auf Zuerkennung der Invaliditätspension abgelehnt.
Das Erstgericht wies das dagegen erhobene, auf Zahlung der Invaliditätspension (ab dem Stichtag ) gerichtete Klagebegehren mangels Invalidität des Klägers im Sinne des § 255 Abs 3 ASVG ab. Der Kläger, der als Spengler- und Dachdeckerhelfer beschäftigt gewesen sei, sei gesundheitlich imstande, eine auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bewertete Tätigkeit auszuüben.
Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil. Es sah die behauptete Mangelhaftigkeit des Verfahrens nicht als gegeben an, übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes als Ergebnis einer unbedenklichen Beweiswürdigung und teilte die Rechtsansicht des Erstgerichts.
Dagegen richtet sich die Revision des Klägers aus den Revisionsgründen der Nichtigkeit, der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung im Sinne einer Klagsstattgebung abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebung- und Zurückverweisungsantrag gestellt.
Die beklagte Partei hat sich am Revisionsverfahren nicht beteiligt.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
1. Wegen der erstmals in der Revision erhobenen Behauptung, es bestünden ernsthafte Zweifel an der Prozessfähigkeit des Klägers, weshalb das Verfahren nichtig sei, hat der Oberste Gerichtshof mit Beschluss vom den Akt dem für den Kläger zuständigen Pflegschaftsgericht zur Entscheidung gemäß § 6a ZPO übermittelt und das Verfahren über die Revision bis zur Mitteilung des Pflegschaftsgerichts über die gemäß § 6a ZPO getroffene Maßnahme unterbrochen.
Mit Beschluss vom hat das Pflegschaftsgericht das Verfahren über die Bestellung eines Sachwalters eingestellt, weil sich keine Ansatzpunkte ergeben haben, die eine Prozessfähigkeit in Frage stellen könnten. Dieser Beschluss wurde dem Betroffenen am zugestellt.
An einen (rechtskräftigen) Einstellungsbeschluß nach § 243 AußStrG ist das Prozessgericht bei der Beurteilung der Frage der Prozessfähigkeit einer Partei gemäß § 6a dritter Satz ZPO gebunden (SZ 60/56 = EFSlg 54.992/4).
Die behauptete Nichtigkeit ist daher zu verneinen.
2. Auch die gerügte Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 dritter Satz ZPO). Nach ständiger Rechtsprechung kann ein Mangel des erstgerichtlichen Verfahrens, der in der Berufung nicht beanstandet wurde, in der Revision nicht mehr geltend gemacht werden (SZ 23/352 uva; RIS-Justiz RS0043111). Dies gilt auch bei Verletzung des Amtswegigkeitsgrundsatzes der Beweisaufnahme (10 ObS 212/01a). Im übrigen bestand aufgrund der Aktenlage kein Anlass, einen Berufsschutz des Klägers zu prüfen.
3. Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts ist zutreffend, weshalb es genügt, auf deren Richtigkeit hinzuweisen (§ 510 Abs 3 zweiter Satz ZPO). Nach den Feststellungen ist der Meniskusschaden durch eine problemlose Kurzoperation in Form einer Ausspiegelung des Gelenksinnenraumes behandelbar. Ein Versicherter, dessen Arbeitsfähigkeit durch eine nicht mit unzumutbaren Gefahren verbundene Krankenbehandlung innerhalb einer verhältnismäßig kurzen Zeit wiederhergestellt würde, hat nach ständiger Rechtsprechung keinen Anspruch auf Invaliditätspension (SSV-NF 2/33 = SZ 61/84; RIS-Justiz RS0084341; RIS-Justiz RS0084353).
Da die Voraussetzungen für die Erlangung einer Invaliditätspension nach § 255 Abs 3 ASVG zu Recht verneint wurden, ist der Revision ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.
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Rechtsgebiet | Zivilrecht |
ECLI | ECLI:AT:OGH0002:2001:010OBS00167.01H.0628.000 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
OAAAD-90493