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OGH vom 17.12.2013, 10ObS166/13d

OGH vom 17.12.2013, 10ObS166/13d

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden und durch den Hofrat Dr. Fellinger und die Hofrätin Dr. Fichtenau als weitere Richter (Senat gemäß § 11a Abs 3 ASGG) in der Rechtssache der klagenden Partei I*****, vertreten durch Dr. Peter Krömer, Rechtsanwalt in St. Pölten, gegen die beklagte Partei Niederösterreichische Gebietskrankenkasse, 3100 St. Pölten, Kremser Landstraße 3-8, wegen 9.187,69 EUR sA, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom , GZ 10 Rs 130/13f 22, mit dem der Beschluss des Landesgerichts Krems als Arbeits- und Sozialgericht vom , GZ 8 Cgs 183/13x 8, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

I. Die Ergänzungen des außerordentlichen Revsionsrekurses werden zurückgewiesen.

II. Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung:

Zu Punkt I. des Spruchs :

Jeder Partei steht nur ein Rechtsmittelschriftsatz zu. Die von der Klägerin (persönlich) verfassten Ergänzungen des Revisionsrekurses vom samt „Eidesstattlicher Versicherung“ sowie die Eingabe vom waren demnach zurückzuweisen (RIS Justiz RS0041666).

Zu Punkt II. des Spruchs:

Mit der am beim Erstgericht eingelangten Klage begehrt die Klägerin, die beklagte Gebietskrankenkasse zur Zahlung von 9.187,69 EUR zuzüglich 4,5 % Zinsen seit zu verurteilen. Sie bringt im Wesentlichen vor, sie habe als Inhaberin eines Orthopädietechnik-Meisterbetriebs in W***** für den bei der beklagten Partei Versicherten R***** (im Folgenden nur: „Versicherten“) eine Beinprothese angefertigt, deren Herstellungskosten 9.187,69 EUR betragen. Entsprechend dem Vertrag der beklagten Partei mit der Wirtschaftskammer Österreich, Bundesinnung der Augenoptiker, Orthopädietechniker, Bandagisten und Hörgeräteakustiker stehe ein Entgelt für diese Leistung von der beklagten Partei zu. Es liege eine entsprechende fachärztliche Verordnung vor. Der Versicherte habe zwar bereits über eine vom Orthopädietechnikbetrieb H***** hergestellte Beinprothese verfügt. Diese sei jedoch so mangelhaft gewesen, dass sich der Beinstumpf anatomisch verändert habe und sich sogar eitrige Abszesse gebildet hätten, die operativ entfernt werden mussten. Der Versicherte habe der Klägerin einen entsprechenden Auftrag zur Herstellung der Prothese erteilt und ihr zugleich seine Ansprüche gegenüber der beklagten Partei abgetreten. Ein Vertreter der beklagten Partei habe gegenüber dem Ehemann der Klägerin telefonisch eine Kostenübernahme zugesagt, sofern ein unabhängiger Gutachter bestätigen sollte, dass die von der Firma H***** hergestellte Prothese nicht verwendbar sei. Die neue Prothese sei sachgerecht angefertigt und deren Empfang vom Versicherten bestätigt worden. In der Folge habe ein (von der Klägerin beauftragter) vereidigter Gutachter die Notwendigkeit der Neuherstellung bestätigt, dennoch habe die beklagte Partei keine Zahlung geleistet. Die beklagte Partei sei mit Schreiben vom aufgefordert worden, bis einen Kostenübernahme- oder auch einen Ablehnungsbescheid zu übermitteln, gegebenenfalls wurde eine Säumnisklage angekündigt. Auch diese Aufforderung sei unbeachtet geblieben. In einem E-mail vom habe die beklagte Partei lediglich festgehalten, dass die Prothese nicht bezahlt werden wird. Die beklagte Partei sei aber gemäß dem zwischen ihr und der Klägerin als Inhaberin des Orthopädietechnik Meisterbetriebs bestehenden Gesamtvertrags verpflichtet, die erbrachten Leistungen direkt an die Klägerin zu bezahlen. Wenngleich in diesem Vertrag eine Vertragsbestimmung enthalten sei, nach dem Umänderungen und Neuanfertigungen, die durch Verschulden einer Vertragsfirma notwendig werden, von dieser unverzüglich auf deren Kosten vorzunehmen seien, wäre es dem Versicherten unzumutbar gewesen, sich neuerlich an jenen Orthopädiehandwerker zu wenden, dessen unfachgemäße Arbeit bereits zu einer Gesundheitsgefährdung geführt habe. Es liege eine Sozialrechtssache vor, weil die Gewährung einer Prothese ein Sozialversicherungsanspruch sei. Die Beklagte sei über drei Monate mit einer Entscheidung säumig. Es müsse der Klägerin die Möglichkeit offen stehen, ihren Anspruch ohne Kostenrisiko vor dem Sozialgericht geltend zu machen.

Das Erstgericht wies die Klage a limine zurück.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diese Entscheidung gerichtete außerordentliche Revisionsrekurs ist mangels einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd § 528 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.

II.1.1. Verfahrensgegenstand ist wie die Revisionswerberin selbst vorbringt - die aufgrund der Klageangaben (§ 2 Abs 1 ASGG,§ 41 Abs 2 JN) zu prüfende Frage der sachlichen Zuständigkeit des von der Klägerin angerufenen Landesgerichts Krems als Arbeits- und Sozialgericht. Insoweit die Rechtsausführungen im Revisionsrekurs von den Klageangaben dennoch abweichen, ist auf diese Ausführungen nicht einzugehen.

II.1.2. § 65 Abs 1 ASGG umschreibt den Begriff der Sozialrechtssachen und bildet im Zusammenhang mit den §§ 3 und 1 ASGG die Grundlage für die sachliche Zuständigkeit der Arbeits- und Sozialgerichte in diesen Angelegenheiten. Die hier allein in Betracht kommende Bestimmung des § 65 Abs 1 Z 1 ASGG erfasst Rechtsstreitigkeiten über den Bestand, den Umfang oder das Ruhen eines Anspruchs auf Versicherungs- oder Pflegegeldleistungen, soweit hiebei nicht die Versicherungszugehörigkeit, die Versicherungszuständigkeit, die Leistungszugehörigkeit oder die Leistungszuständigkeit in Frage stehen. Die Verweisung des § 65 Abs 1 Z 1 ASGG auf § 354 Z 1 ASVG stellt klar, dass jene Streitigkeiten erfasst werden sollen, die im vorgeschalteten Verwaltungsverfahren als Leistungssachen einzustufen sind. Eine Leistungssache nach § 354 Z 1 ASVG muss eine Rechtsstreitigkeit über den Bestand, den Umfang oder das Ruhen eines Anspruchs auf Versicherungsleistungen zum Gegenstand haben. Zwischen den Parteien (idR Versicherter und österreichischer Sozialversicherungsträger) muss daher entweder der Grund oder die Höhe (der Umfang) des Anspruchs auf Versicherungsleistungen oder das Ruhen eines solchen Anspruchs streitig sein. Der Kern ist demnach die Frage der Gewährung oder Nichtgewährung von Versicherungsleistungen. Ob das Begehren materiell berechtigt ist, hat bei der Prüfung der Frage, ob die Entscheidung in einer Sozialrechtssache zu treffen ist, außer Betracht zu bleiben (RIS-Justiz RS0085473 [T1]). Was nicht als Leistungssache im Sinne der taxativen Aufzählung des § 354 ASVG gelten kann, ist Verwaltungssache iSd § 355 ASVG. Leistungen, die rechtlich nicht als solche aus der Sozialversicherung in Betracht kommen, fallen daher nicht unter § 65 Abs 1 Z 1 ASGG.

II.1.3. Da durch die Verweisung des § 65 ASGG auf § 354 ASVG als Sozialrechtssachen jene Streitigkeiten erfasst werden sollen, die im vorgeschalteten Verwaltungsverfahren als Leistungssachen einzustufen sind, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass die Leistungssachen im Wege der sukzessiven Kompetenz den Arbeits- und Sozialgerichten zugewiesen sind. Dies entspricht dem Rechtsschutzkonzept des ASVG, das mit der Zuordnung zu den Leistungssachen die Anrufbarkeit der ordentlichen Gerichte verbindet. Abgesehen vom hier nicht maßgeblichen Fall des § 65 Abs 1 Z 3 ASGG kann das Gericht nur angerufen werden, nachdem der Versicherte seinen Anspruch bei einem österreichischen Versicherungsträger geltend gemacht hat und von diesem entweder ein Bescheid erlassen wurde oder er mit der Bescheiderlassung säumig geworden ist (RIS Justiz RS0085867). Nur unter diesen Voraussetzungen kann eine Klage vom Versicherten erhoben werden (§ 67 Abs 1 Z 1 und 2 ASGG). Die Missachtung der sukkzessiven Kompetenz ist eine Frage der Rechtswegzulässigkeit, in einem solchen Fall ist die Klage zurückzuweisen (§ 73 ASGG). Leistungssachen, die nicht der sukzessiven Kompetenz der Gerichte unterliegen, sind in diesem auf Lückenlosigkeit des Rechtsschutzes angelegten Konzept ein Fremdkörper. Daher sind solche Konstellationen nur anzunehmen, wo der Gesetzgeber dies ausdrücklich anordnet (10 ObS 362/02m, SSV-NF 17/81).

II.2.1. Bei Verstümmelungen, Verunstaltungen und körperlichen Gebrechen, welche die Gesundheit, die Arbeitsfähigkeit oder die Fähigkeit, für die lebenswichtigen persönlichen Bedürfnisse zu sorgen, wesentlich beeinträchtigen, kann die Satzung Zuschüsse für die Anschaffung der notwendigen Hilfsmittel sowie für deren Instandsetzung vorsehen, soweit nicht unter anderem eine Leistungsverpflichtung im Rahmen der medizinischen Maßnahmen der Rehabilitation besteht (§ 154 Abs 1 Satz 1 ASVG). Es handelt sich um Mehrleistungen, die über die gesetzlichen Mindestleistungen hinausgehen und die innerhalb gewisser Grenzen in der Satzung vorgesehen werden können, also sogenannte satzungsmäßige Mehrleistungen iSd § 121 Abs 3 ASVG.

II.2.2. Zur Stellung eines Antrags auf Leistungsansprüche aus der Krankenversicherung an die beklagte Partei ist grundsätzlich nur der Versicherte oder dessen gesetzlicher Vertreter berechtigt (§ 361 Abs 2 ASVG).

II.3.1. Die Klägerin nimmt die Zuständigkeit des Arbeits- und Sozialgerichts für sich als Inhaberin eines Orthopädietechnik-Meisterbetriebs unter Berufung auf das Vorliegen eines Säumnisfalles iSd § 67 Abs 1 Z 2 ASGG in Anspruch und macht geltend, der Versicherte R***** habe ihr seinen Anspruch gegen die beklagte Partei auf Zuschuss für ein ihrer Ansicht nach notwendiges Hilfsmittel, nämlich die Neuanschaffung einer nach den Klagebehauptungen mangelhaft angefertigten Beinprothese, abgetreten. Sie gründet ihre Ansprüche auf den Gesamtvertrag iSd § 349 Abs 3 ASVG, der zwischen mehreren Sozialversicherungsträgern (ua der beklagten Partei) und der Wirtschaftskammer Österreich, Bundesinnung der Augenoptiker, Orthopädietechniker, Bandagisten und Hörgeräteakustiker mit Wirkung ua für die Fachvertretung der Bandagisten und Orthopädietechniker für Niederösterreich abgeschlossen wurde. Dessen Regelungsgegenstand ist die Versorgung der bei den Versicherungsträgern Versicherten und deren anspruchsberechtigten Angehörigen mit Heilbehelfen und Hilfsmitteln durch die der Bundesinnung angehörenden Bandagisten und Orthopädietechnikerbetriebe (§ 1 Abs 1). § 13 des Gesamtvertrags sieht in Übereinstimmung mit § 349 Abs 4 ASVG vor, dass der Inhalt des Vertrags ohne Abschluss von Einzelverträgen zwischen den Versicherungsträgern und den Mitgliedern der Bundesinnung wirksam wird.

II.3.2. Gesamtverträge iSd § 341 ASVG, (auf dessen sinngemäße Anwendung § 349 Abs 3 ASVG verweist), gehören zum Privatrecht. Daraus entspringende Streitigkeiten sind nicht im Verwaltungsweg, sondern vor den ordentlichen Gerichten geltend zu machen (RIS-Justiz RS0115620). Kommt es zu Differenzen zwischen den Vertragsunternehmen und dem Sozialversicherungsträger etwa über Kostenübernahmen oder über die Tarifhöhe, besteht somit keine Verpflichtung der beklagten Partei, einen Bescheid zu erlassen. Es liegt demnach kein die Zuständigkeit des Arbeits- und Sozialgerichts begründender Säumnisfall iSd § 67 ASGG vor, setzt doch ein solcher voraus, dass der Versicherungsträger zur Erlassung eines Bescheids überhaupt verpflichtet ist ( Neumayr in ZellKomm 2 § 67 ASGG Rz 12).

II.3.3. Die Klägerin kann auch nicht erfolgreich für ihren Standpunkt ins Treffen führen, für sie kämen die für „Versicherte“ geltenden Bestimmungen (§ 66 ASGG) im Hinblick darauf zur Anwendung, dass ihr der Versicherte seine Ansprüche gegen die beklagte Partei abgetreten habe.

Gemäß § 66 ASGG sind diejenigen Bestimmungen des ASGG, die sich auf Versicherungsträger beziehen, auch auf Träger der Sozialhilfe und sonstige Entscheidungsträger anzuwenden, diejenigen Bestimmungen aber, die sich auf Versicherte beziehen, sind auf alle anderen Parteien anzuwenden. Damit wird klar gestellt, dass die für „Versicherte“ geltenden Verfahrensvorschriften etwa auch für solche Personen zum Tragen kommen, die nicht selbst Versicherte sind, sondern ihre Rechte von Versicherten ableiten ( Kuderna , ASGG 2 Anm 3 zu § 66 unter Hinweis auf die Gesetzesmaterialien zur Stammfassung des § 66 ASGG, BGBl 1985/104, RV 7 BlgNR 16. GP 54). Dies trifft nicht nur auf die etwa in § 76 ASGG genannten Personen zu, die zur Aufnahme eines infolge Todes des Klägers unterbrochenen Verfahrens unter den dort genannten Voraussetzungen berechtigt sind, sondern auf alle jene Personen, die im Verfahren ihre Rechte vom Versicherten ableiten; sie werden dem Versicherten in verfahrensrechtlicher Hinsicht gleichgestellt ( Kuderna aaO), etwa Personen, auf die sozialversicherungsrechtliche Ansprüche im Wege der Legalzession übergegangen sind, wie etwa Sozialhilfeträger hinsichtlich des Pensionsanspruchs bei Verpflegung beziehungsweise Unterbringung des Versicherten in einem Seniorenheim, einer Heil- oder Pflegeanstalt (RIS-Justiz RS0109548). Über den „klassischen“ Kreis von Sozialversicherten hinaus gelten als Versicherte iSd § 66 ASGG aber auch andere Personen, die aus der Sozialversicherung begünstigt werden, etwa Dienstgeber in Bezug auf den Zuschuss nach Entgeltfortzahlung gemäß § 53b Abs 1 ASVG (10 ObS 58/06m, SSV-NF 20/30; Neumayr in ZellKomm 2 , § 66 ASGG, Rz 4).

II.3.4. Zwar ist die Aufzählung der in § 65 Abs 1 ASGG genannten Rechtsstreitigkeiten, die Sozialrechtsstreitigkeiten darstellen, im Hinblick auf § 100 ASGG nicht erschöpfend. Weitere Sozialrechtssachen bedürfen aber zu ihrer Qualifikation als Sozialrechtssachen einer in einer anderen Rechtsvorschrift enthaltenen ausdrücklichen Verweisung (RIS-Justiz RS0085836). Eine solche Verweisung ist für den von der Klägerin geltend gemachten Anspruch aber nicht ersichtlich und wird auch im Revisionsrekurs nicht genannt. Es wird lediglich die (rechtspolitische) Forderung erhoben, infolge der massiven Auswirkungen der Gesamtverträge und Einzelverträge auf die sozialversicherungsrechtlichen Ansprüche sei es zu rechtfertigen, dass daraus resultierende Ansprüche vor den Arbeits- und Sozialgerichten als „sonstige Sozialrechtssachen“ geltend gemacht werden könnten. Die Klägerin kann sich aber für die Zulässigkeit des Rechtswegs für die von ihr eingebrachte Klage auch nicht mit Erfolg darauf stützen, dass sie einen ihr vom Versicherten abgetretenen Kostenerstattungsanspruch geltend mache, welchem nach wie vor das sozialversicherungsrechtliche Schuldverhältnis zwischen Sozialversicherungsträger und Versichertem zugrundeliege und daher auch für sie gemäß § 66 ASGG die für „Versicherte“ geltenden Verfahrensvorschriften zum Tragen kämen, weil sie ihre Rechte wie im Wege einer Legalzession auf einen Dritten übergegangene Leistungsansprüche des Versicherten (vgl 10 ObS 95/97m, SSV NF 12/10) vom Versicherten ableite (vgl Kudern a, ASGG 2 § 66 Anm 3). Die rechtsgeschäftliche Übertragung (Abtretung, Zession: §§ 1392 ff ABGB) von Leistungsansprüchen im Sozialversicherungsrecht unterliegt nämlich den in § 98 ASVG vorgesehenen Beschränkungen. Nach § 98 Abs 1 ASVG ist die Zession eines Geldleistungsanspruchs zur Deckung von Vorschüssen, die dem Anspruchsberechtigten von Sozialversicherungsträgern, vom Dienstgeber oder von einem Träger der Sozialhilfe auf Rechnung der Versicherungsleistung nach deren Anfall, jedoch vor deren Flüssigmachung gewährt wurden (Z 1) oder zur Deckung von gesetzlichen Unterhaltsansprüchen gegen den Anspruchsberechtigten (Z 2) zulässig. Darüber hinaus ist eine Zession nach § 98 Abs 2 ASVG nur mit Zustimmung des Versicherungsträgers zulässig. Ohne diese im § 98 Abs 2 ASVG vorgesehene Zustimmung des Versicherungsträgers verstößt eine Übertragung dieses Anspruchs gegen das Gesetz und ist daher wirkungslos (vgl OLG Wien, ZAS 1972/5, 27 [ Melichar ]). Im vorliegenden Fall liegen nach der Aktenlage auch unter Berücksichtigung des Vorbringens der Klägerin die für eine wirksame Zession eines Leistungsanspruchs des Versicherten an die Klägerin genannten Voraussetzungen nicht vor.

Wenn die Vorinstanzen die vorliegende Klage - wie jede beim Arbeits- und Sozialgericht eingelangte Klage - danach geprüft haben, ob die allgemeinen und die besonderen Verfahrensvoraussetzungen (§§ 67 bis 70 und § 72 Z 2 lit d ASGG) vorliegen und infolge Fehlens einer besonderen Prozessvoraussetzung die Klage nach § 73 ASGG mangels Zulässigkeit des Rechtswegs zurückgewiesen haben ( Fasching/Klicka in Tomandl, SV-System, 12. Erg-Lfg 751; Neumayr in ZellKomm 2 § 73 ASGG Rz 1), steht dies mit den oben wiedergegebenen Bestimmungen und der bisherigen Rechtsprechung in Einklang.

II.4.1. Eine Mangelhaftigkeit des Rekursverfahrens liegt nicht vor. Eine solche erblickt die Revisionsrekurswerberin darin, dass das Erstgericht laut „Eidesstattlicher Versicherung“ (siehe oben Pkt I.), die sie und ihr Gatte abgegeben hätten, das mit der Klage vorgelegte Gutachten des vereidigten Sachverständigen über die Notwendigkeit der Anfertigung der neuen Prothese und die (zu diesem Thema abgegebene) Stellungnahme ihres Gatten dem Rekursgericht nicht vorgelegt hätte. Dies habe sich ihrer Ansicht nach aus Besprechungen mit dem Erstrichter und Telefonaten mit der Vorsitzenden des Rechtsmittelsenats ableiten lassen. Das Fehlen dieser Unterlagen und allenfalls weiterer Aktenteile habe Einfluss auf die Entscheidung des Rechtsmittelgerichts gehabt. Eine nähere Konkretisierung dieser Ausführungen sei mangels vom Rekursgericht gewährter Akteneinsicht nicht möglich.

II.4.2. Dazu ist festzuhalten, dass dem von der Klägerin beim Rekursgericht gestellten Antrag auf Akteneinsicht deshalb nicht Folge gegeben wurde, weil sich das Rekursgericht für die Beschlussfassung über eine Akteneinsicht in den erstinstanzlichen Akt funktionell als nicht zuständig erachtete. Eine Einsicht in den Rechtsmittelakt wurde mit der Begründung nicht gewährt, dass die Zustellung der Rechtsmittelentscheidung zur Wahrung der verfahrensrechtlichen Interessen hinreichend sei, bestehe doch der Akt des Rechtsmittelgerichts regelmäßig nur aus Ausfertigungen der vorinstanzlichen Entscheidungen und dem Entscheidungsentwurf sowie dem Protokoll über die Abstimmung bzw dem Abstimmungsvermerk. Bei dieser Entscheidung ließ es die Klägerin bewenden, ohne ihr Recht auf Einsicht in den erstinstanzlichen Akt durch eine geeignete weitere Antragstellung wahrzunehmen und sich zu vergewissern, ob der Akt wie sie vermutet dem Rekursgericht mitsamt dem Gutachten und der Stellungnahme sowie der weiteren Beilagen vorgelegt wurde oder dies nicht der Fall war.

II.4.3. Nach ständiger Rechtsprechung muss ein Verfahrensmangel die Eignung haben, eine unrichtige Entscheidung zu bewirken (RIS-Justiz RS0043027). Maßgeblich ist demnach, ob das behauptete Fehlen der Urkunden zum Nachteil des Revisionsrekurswerbers ausschlagen könnte. Um diese Prüfung vornehmen zu können, muss von einem Revisionsrekurswerber gefordert werden, dass er seine Rüge durch Darlegung der Entscheidungserheblichkeit des Verfahrensverstoßes entsprechend konkretisiert (RIS-Justiz RS0123872 [T1]). Entgegen diesen Grundsätzen wird der Vorwurf der Mangelhaftigkeit des Rekursverfahrens im Revisionsrekurs aber nur abstrakt geltend gemacht. Die Rechtsmittelwerberin zeigt nämlich die nicht ohne weiteres erkennbare Relevanz des von ihr geltend gemachten Verfahrensmangels nicht auf, weshalb die gerügte Mangelhaftigkeit des Rekursverfahrens nicht gegeben ist.

Über den Revisionsrekurs war gemäß § 11a Abs 3 Z 2 ASGG ohne Beiziehung von fachkundigen Laienrichtern zu entscheiden.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:OGH0002:2013:010OBS00166.13D.1217.000