OGH vom 14.11.2006, 10ObS166/06v
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger und Hon. Prof. Dr. Neumayr sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Reinhard Drössler (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Robert Ploteny (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Matthias K*****, vertreten durch Dr. Roland Reichl, Rechtsanwalt in Salzburg, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, Friedrich Hillegeist-Straße 1, 1021 Wien, und der ihrer Seite beigetretenen Nebenintervenientin Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, Wiedner Hauptstraße 84-86, 1051 Wien, wegen Invaliditätspension, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 12 Rs 93/05s-17, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Arbeits- und Sozialgericht vom , GZ 17 Cgs 196/03d-13, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Der Kläger hat die Kosten seines Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Entscheidungsgründe:
Mit Bescheid vom lehnte die beklagte Pensionsversicherungsanstalt den Antrag des Klägers vom auf Zuerkennung der Invaliditätspension mangels Erfüllung der Wartezeit ab. Er habe bis zum Stichtag lediglich 233 Versicherungsmonate (davon 144 Beitragsmonate und 89 Ersatzmonate) erworben.
Dagegen brachte der Kläger vor, dass die beklagte Partei für den Präsenzdienst nur acht (statt neun) Monate Ersatzzeit zuerkannt habe (diese Frage ist im Revisionsstadium nicht mehr von Bedeutung). Für den Zeitraum von Mai 1995 bis Juni 1997 habe er die von der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft (Nebenintervenientin auf Seite der beklagten Partei) vorgeschriebenen Versicherungsbeiträge geleistet und daher zusätzliche 26 Beitragsmonate erworben, womit er die Wartezeit erfüllt habe. Die aufgrund der Vorschreibungen geleisteten Zahlungen seien gewidmet gewesen; diese Widmung könne nicht von der Nebenintervenientin nachträglich einseitig geändert werden.
Die beklagte Partei und die auf ihrer Seite beigetretene Nebenintervenientin wandten ein, dass der Kläger zwar die ursprünglich von der Nebenintervenientin vorgeschriebenen, von der vorläufigen Beitragsgrundlage berechneten Pensionsbeiträge geleistet habe. Aufgrund der rechtskräftigen Einkommenssteuerbescheide für die Anfangsjahre der gewerblichen Tätigkeit hätten sich allerdings für die Jahre 1992 und 1995 weitaus höhere Beitragsgrundlagen ergeben. Da geleistete Zahlungen auf die älteste Beitragsschuld anzurechnen seien (die für die Monate Mai 1995 bis Juni 1997 geleisteten Beiträge seien auf die älteren Beitragsschulden aus den Jahren 1992 bis 1995 angerechnet worden), fehle es an der Beitragsdeckung für die Zeit von Mai 1995 bis Juni 1997. In diesem Zeitraum seien keine Beitragsmonate erworben worden. Noch heute bestehe ein offener Beitragssaldo von EUR 12.109,02.
Das Erstgericht stellte (unbekämpft) fest, dass der Versicherungsverlauf des Klägers bis zum Stichtag 158 Beitragsmonate und 90 Ersatzmonate, insgesamt 248 Versicherungsmonate aufweise, und wies die auf Zuerkennung der Invaliditätspension gerichtete Klage ab. Es stellte folgenden (hier zusammengefassten) Sachverhalt fest:
Der am geborene Kläger hat bis 118 Versicherungsmonate, davon 50 Monate Beitragszeiten und 68 Monate Ersatzzeiten erworben. Aufgrund einer Gewerbeberechtigung für das Holzfällergewerbe war er von bis in der Pensionsversicherung nach dem GSVG versichert. Entsprechend § 25a GSVG idF der 13. Novelle BGBl 1987/610 erfolgte die Beitragsbemessung für die ersten drei Kalenderjahre der selbständigen Tätigkeit (1990 - 1992) auf der Grundlage der für diese Jahre geltenden vorläufigen Beitragsgrundlage. Der Kläger hat die ihm für diese Jahre von der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft vorgeschriebenen Beiträge auch bezahlt.
Im Jahr 1993 lag der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1990 vor, der ein Einkommen unter der Mindestbeitragsgrundlage ergab. An die Stelle der vorläufigen Beitragsgrundlage trat die endgültige Beitragsgrundlage auf Basis der Mindestbeitragsgrundlage. Dies bewirkte eine Verminderung der Pensionsversicherungsbeiträge für das Jahr 1990 und somit ein Beitragsguthaben für dieses Jahr von ATS 2.731,90.
Der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1991 wies einen Verlust aus, sodass die endgültige Beitragsgrundlage für 1991 ebenfalls in Höhe der Mindestbeitragsgrundlage festgesetzt wurde. Für dieses Jahr ergab sich ein Beitragsguthaben von ATS 6.838,52.
Am erließ das Finanzamt einen (ersten) Bescheid über die Einkommensteuer für das Jahr 1992, wonach die Einkünfte unter der gesetzlichen Mindestbeitragsgrundlage lagen.
Ab dem Jahr Kalenderjahr 1993 wurden die Beiträge aufgrund der Einkünfte des drittvorangegangenen Kalenderjahres ermittelt (§ 25 GSVG in der damals gültigen Fassung). Da der Kläger im Jahr 1990 nur ein Einkommen unter der Mindestbeitragsgrundlage erzielt hatte, wurde auch im Jahr 1993 die Mindestbeitragsgrundlage angewendet. Diese ihm vorgeschriebenen Beiträge bezahlte der Kläger auch. Für das Jahr 1994 galt dasselbe.
Auch für das Jahr 1995 wurden dem Kläger - ausgehend vom (ersten) Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1992 - die Beitrage auf Basis der Mindestbeitragsgrundlage vorgeschrieben; er hat sie auch bezahlt. In den Jahren 1996 und 1997 verblieb es ebenfalls jeweils bei der Mindestbeitragsgrundlage. Die vorgeschriebenen Pensionsversicherungsbeiträge wurden vom Kläger bezahlt. Im Zuge einer abgabenbehördlichen Prüfung nahm die Abgabenbehörde mit Bescheid vom das Verfahren hinsichtlich der Einkommensteuer für das Jahr 1992 wieder auf und setzte den Gesamtbetrag der Einkünfte aus Gewerbebetrieb nun mit ATS 656.865,-- fest. Daraufhin teilte die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft dem Kläger am mit, dass ihm mit der Vorschreibung für das dritte Quartal 1997 eine Beitragsnachverrechnung für die Jahre 1992 und 1995 zugehen werde. Eine konkrete Vorschreibung der höheren Pensionsversicherungsbeiträge erfolgte Anfang August, mit Fälligkeit . Das Verfahren hinsichtlich der Einkommensteuer für das Jahr 1992 wurde von der Finanzbehörde ein zweites Mal wieder aufgenommen. Mit Bescheid vom wurde der Gesamtbetrag der Einkünfte des Klägers für das Jahr 1992 nunmehr mit ATS 347.493,-- festgesetzt. Dieser Bescheid wurde rechtskräftig und nicht mehr abgeändert. Daraufhin nahm die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft eine Beitragsgrundlagenberichtigung für das Jahr 1992 vor:
Ausgehend vom Gesamtbetrag der Einkünfte von ATS 347.493,-- ergab sich ein monatlicher Beitrag zur Pensionsversicherung in Höhe von ATS 3.619,72 (jährlich ATS 43.436,62). Die daraus resultierende Beitragsschuld des Klägers in der Pensionsversicherung für das Jahr 1992 betrug ATS 22.555,06.
Auch für das Jahr 1995 ergab sich dieselbe Soll-Beitragssumme (ATS 43.436,62), auf die der Kläger Beiträge von ATS 17.589,81 geleistet hatte.
Seine letzte Zahlung auf Pensionsversicherungsbeiträge (und sonstige Sozialversicherungsbeiträge) leistete der Kläger am , und zwar in einer Höhe von ATS 10.174,55 aufgrund einer entsprechenden Vorschreibung der Sozialversicherungsanstalt. Mit dieser letzten Zahlung und unter Berücksichtigung der vorangegangenen Zahlungen waren alle dem Kläger (bis zu diesem Zeitpunkt) vorgeschriebenen und auch tatsächlich für den Zeitraum vom bis fällig gewordenen Pensionsversicherungsbeiträge (und sonstigen Sozialversicherungsbeiträge sowie Nebengebühren, Verzugszinsen usw) getilgt. Die betragsmäßige Tilgung für die Jahre 1990, 1991, 1993, 1994, 1996 und 1997 war vollkommen, da keine nachträglichen Beitragsvorschreibungen erfolgten. Für die Jahre 1992 und 1995 lag eine beitragsmäßige Tilgung nur in Bezug auf die bis vorgeschriebenen Pensionsversicherungsbeiträge (und sonstigen Beiträge und Nebengebühren) vor, die auf Basis des ersten Einkommensteuerbescheides für das Jahr 1992 vorgeschrieben worden waren. Die spätere Beitragsnachverrechnung für die Jahre 1992 und 1995 war zu diesem Zeitpunkt noch nicht erfolgt.
In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, dass die beklagte Partei und die Nebenintervenientin im Ergebnis alle Zahlungen des Klägers nur als Teilzahlungen im Sinn des § 35 Abs 1 letzter Satz GSVG behandle, die sie anteilsmäßig auf den jeweils ältesten Rückstand anrechne. Sie komme durch Verrechnung des Beitragsguthabens aus der Zeit von August 1990 bis und durch Zusammenziehen der Beitragszahlungen vom bis zum Erwerb von Beitragsmonaten für den Zeitraum von August 1990 bis April 1995, während sich für die Zeit von Mai 1995 bis Juni 1997 eine Deckungslücke ergebe.
Die Nebenintervenientin habe dem Kläger die Pensionsversicherungsbeiträge und sonstigen Sozialversicherungsbeiträge für die Zeit von August 1990 bis Juni 1997 in Quartalen vorgeschrieben, und zwar in den Jahren 1990, 1991 und 1992 zunächst auf der gesetzlich festgelegten vorläufigen monatlichen Beitragsgrundlage. In der Folge sei für die Jahre 1990 und 1991 als endgültige Beitragsgrundlage die unter der vorläufigen Beitragsgrundlage liegende gesetzliche Mindestbeitragsgrundlage angewendet worden. Ebenso seien dem Kläger für die Jahre 1993, 1994, 1996 und 1997 die Beiträge jeweils in Höhe der Mindestbeitragsgrundlage vorgeschrieben und von ihm rechtzeitig und vollständig entrichtet worden. Er habe die Zahlungen entsprechend der vorgegebenen Widmung geleistet und damit auch seinerseits so gewidmet. Die Vorschreibungen und die „endgültige" Beitragsschuld des Klägers zur Pensionsversicherung seien im Betrag deckungsgleich gewesen. Die vollständige Zahlung durch den Kläger habe damit die Schuld des Klägers an Pensionsversicherungsbeiträgen in Bezug auf die vorgeschriebenen Kalendermonate zum Erlöschen gebracht. Für die Annahme einer „Teilzahlung" bestehe kein Raum. Der Kläger habe somit die Kalendermonate von August 1990 bis Dezember 1991 und Jänner 1993 bis Dezember 1994 sowie Jänner 1996 bis Juni 1997 als Beitragsmonate zur Pensionsversicherung im Sinn des § 115 Abs 1 Z 1 GSVG erworben. Dabei handle es sich um 59 Beitragsmonate.
Die Beiträge (für 1992 und 1995) aufgrund der nachträglichen Feststellung höherer Einkünfte des Klägers für das Jahr 1992 seien infolge der erstmaligen Vorschreibung im dritten Quartal 1997 mit fällig geworden. Darauf habe der Kläger keine Zahlungen geleistet. Da zum genannten Zeitpunkt Teilzahlungen und Beitragsrückstände vorhanden gewesen seien, sei die Regel des § 35 Abs 1 GSVG letzter Satz anwendbar; danach seien die für 1992 und 1995 erbrachten Teilzahlungen unabhängig von einer Widmung auf den jeweils ältesten Rückstand anzurechnen, somit auf die offenen Beitragsmonate des Jahres 1992. Dabei sei folgende Berechnung anzustellen:
Die Beitragsschuld für das Jahr 1992 auf Basis des Einkommens von ATS 347.493,-- belaufe sich auf ATS 3.519,72 monatlich oder ATS 43.436,62 jährlich. Darauf habe der Kläger - auf Basis der vorläufigen Beitragsgrundlage - schon ATS 20.881,56 bezahlt, sodass eine Beitragsschuld von ATS 22.555,06 verbleibe. Mit ihr könnten die für das Jahr 1995 geleisteten Beiträge von ATS 17.589,81 verrechnet werden. Ebenso könnten damit das Beitragsguthaben des Klägers von ATS 2.731,90 und das Beitragsguthaben aus dem Jahr 1991 von ATS 6.838,52 verrechnet werden. Daraus ergebe sich eine geleistete Beitragssumme von ATS 48.041,79, wodurch alle Monatsbeiträge des Jahres 1992 abgedeckt seien. Der Kläger habe daher im Jahr 1992 noch 12 Kalendermonate als Beitragsmonate erworben, darüber hinaus im Jahr 1995 jedoch keine Beitragsmonate mehr.
Insgesamt würden sich im strittigen Zeitraum von August 1990 bis Juni 1997 71 Beitragsmonate in der Pensionsversicherung nach dem GSVG anstatt der bisher anerkannten 57 Beitragsmonate ergeben, die auch zeitlich anders gelagert seien als im bisher anerkannten Versicherungsverlauf. Die Vermehrung der Versicherungsmonate um 14 Beitragsmonate im zeitlichen Rahmen des § 236 Abs 1 Z 1 ASVG reiche aber nicht aus, um die Wartezeit für die Invaliditätspension zum Stichtag zu erfüllen. Erforderlich seien im Zeitraum der letzten 268 Kalendermonate vor dem Stichtag mindestens 134 Versicherungsmonate. Der Kläger weise zwar anstelle der bisher anerkannten 116 Versicherungsmonate nun 130 Versicherungsmonate auf; es würden ihm also weiterhin 4 Versicherungsmonate fehlen. Die Wartezeit sei auch nicht nach § 236 Abs 4 Z 1 lit a ASVG (158 Beitragsmonate statt der erforderlichen 180) und nach § 236 Abs 4 Z 1 lit b ASVG (248 Versicherungsmonate anstelle der erforderlichen 300 Versicherungsmonate) erfüllt, auch wenn einberechnet werde, dass der Kläger zwischen dem Stichtag und dem Schluss der Verhandlung erster Instanz () weitere 28 Ersatzmonate in der Pensionsversicherung erworben habe. Damit weise er insgesamt nur 276 Versicherungsmonate (anstelle der erforderlichen 300 Versicherungsmonate) auf; die Beitragsmonate lägen weiterhin bei 158 (statt 180). Für die Erfüllung der Wartezeit nach § 236 Abs 1 Z 1 und Abs 2 Z 1 ASVG zum fiktiven Stichtag vermehre sich das Erfordernis an Versicherungsmonaten auf 172 Versicherungsmonate; der Kläger weise aber nur 158 Versicherungsmonate auf. Somit erfülle der Kläger bis zum Schluss der Verhandlung erster Instanz die Wartezeit nach § 236 ASVG nicht, weshalb ein Anspruch auf Invaliditätspension zu verneinen sei.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge. Der vom Kläger begehrten Anerkennung von zwölf weiteren Beitragsmonaten im Jahr 1995 hielt es entgegen, dass der Erwerb von Beitragszeiten unter anderem voraussetze, dass die Beiträge innerhalb von 5 Jahren nach Feststellung der endgültigen Beitragsgrundlage wirksam entrichtet worden seien (§ 115 Abs 1 Z 1 GSVG). Damit sei aber dem Argument des Klägers, er habe aufgrund der ursprünglichen Beitragsvorschreibungen bereits Beitragszeiten erworben, der Boden entzogen. Mit der Regelung des § 35 Abs 2 letzter Satz GSVG sei dem Versicherungsträger die Möglichkeit eröffnet worden, die Beiträge gemäß dem von den Finanzbehörden festgestellten Ausmaß der steuerpflichtigen Einkünfte auch dann vorzuschreiben, wenn die Korrektur oder endgültige Feststellung der Einkommenshöhe erst geraume Zeit nach der ursprünglichen Steuerfestsetzung erfolgt sei. Durch die zulässige nachträgliche Festsetzung höherer Einkünfte für das Jahr 1992 habe sich die ursprüngliche Beitragsdeckung für die Jahre 1992 und 1995 in einen Beitragsrückstand verwandelt, auf den die bisherigen Zahlungen entsprechend den Vorgaben des § 35 Abs 1 letzter Satz GSVG als Teilzahlungen anzurechnen seien. Es sei nicht möglich, Teilzahlungen zu widmen. Dass die Nebenintervenientin nicht auf Zahlungsvorschläge des Klägers eingegangen sei, spiele für die Frage der Beitragsdeckung keine Rolle.
Die ordentliche Revision sei zulässig, weil eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu der Frage fehle, ob durch die ursprünglich aufgrund der Vorschreibungen der Nebenintervenientin geleisteten Beiträge bereits Beitragsmonate gültig erworben worden seien. Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision des Klägers aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im klagsstattgebenden Sinn. Hilfsweise wird ein Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag gestellt.
Die beklagte Partei und die Nebenintervenientin haben sich am Revisionsverfahren nicht beteiligt.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig; sie ist jedoch nicht berechtigt.
Da die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts, dass mangels vollständiger Entrichtung der vorgeschriebenen Beiträge die fraglichen Zeiten im Jahr 1995 für die Erfüllung der Wartezeit durch den Kläger nicht zu berücksichtigen seien, zutreffend ist, genügt es hierauf zu verweisen (§ 510 Abs 3 Satz 2 ZPO).
Ergänzend ist auszuführen:
Der Kläger geht in seiner Revision davon aus, dass er durch die Beitragszahlungen entsprechend den Vorschreibungen der Nebenintervenientin für den Zeitraum von August 1990 bis Juni 1997 83 Beitragsmonate endgültig erworben habe. Damit weise er bis zum Stichtag 142 Versicherungsmonate auf, wodurch er die Wartezeit von 134 Versicherungsmonaten erfüllt habe. Ein nachträglicher Wegfall bereits erworbener Beitragsmonate (aufgrund weiterer Vorschreibungen wegen nachträglicher Feststellung höherer Einkünfte) sei ausgeschlossen; vielmehr habe es die Sozialversicherungsanstalt in der Hand, Eintreibungsmaßnahmen betreffend die nachträglich festgestellte Beitragsschuld zu setzen oder mit Pensionszahlungen an den Kläger aufzurechnen. Die „Nichtanerkennung der Beitragsmonate als Versicherungsmonate" treffe den Kläger mit besonderer Härte, weil er dadurch keinen Anspruch auf Invaliditätspension erwerben könne.
Voraussetzung für die Anerkennung einer Versicherungszeit als
Beitragszeit nach dem GSVG in der anzuwendenden Rechtslage war, dass
die Beiträge für den betreffenden Kalendermonat innerhalb einer
bestimmten Zeit nach Ablauf des Kalendermonats, für den sie gelten
sollen, wirksam entrichtet wurden (§ 115 Abs 1 GSVG). Dass gegen die
Bestimmung des § 115 Abs 1 Z 1 GSVG keine verfassungsrechtlichen
Bedenken bestehen, wurde bereits ausgesprochen (10 ObS 241/92 =
SSV-NF 6/110; 10 ObS 91/02h = SSV-NF 16/34 = RIS-Justiz RS0116342;
vgl auch VwGH 81/08/0088 = ZfVB 1984/154 und 82/08/0206 = ZfVB
1984/1095).
Nach der Rechtslage zum Zeitpunkt des Stichtages (hier: ) war in § 115 Abs 1 Z 1 GSVG festgelegt, dass „die Beiträge innerhalb von fünf Jahren nach Ablauf des Kalendermonates, für den sie gelten sollen, die Beiträge gemäß § 35 Abs. 2, 3 oder 4 innerhalb von fünf Jahren nach Feststellung der endgültigen Beitragsgrundlage wirksam (§ 118) entrichtet worden" sein müssen. Der zweite Halbsatz wurde zwar mit dem SVÄG 2005 (31. GSVG-Novelle, BGBl I 2005/132) mit Wirkung ab (§ 311 Abs 1 Z 1 GSVG) beseitigt; nach den Übergangsbestimmungen ist die Neuregelung, die die Möglichkeit der Leistungswirksamkeit verspätet entrichteter Beiträge schaffen soll (RV 1111 BlgNR 22. GP 7), allerdings nicht auf Stichtage vor dem anzuwenden.
Der genannte zweite Halbsatz des § 115 Abs 1 Z 2 GSVG wurde mit der 13. GSVG-Novelle, BGBl 1987/610, eingefügt, also noch vor Beginn der Pflichtversicherung des Klägers nach dem GSVG im August 1990 (zur maßgeblichen Rechtslage für die Ermittlung der Beitragsgrundlage bei nachträglicher Feststellung von Beiträgen siehe VwGH 97/08/0650 = SVSlg 49.497). Nach den Gesetzesmaterialien (RV 325 BlgNR 17. GP 18) bezieht sich die Bestimmung darauf, dass in „Neuzugangsfällen" für den Beginn der fünfjährigen Frist die Feststellung der endgültigen „Beitragsschuld" (Beitragsgrundlage) sein soll (siehe auch Kainzbauer/Peterka/Rudolf/Souhrada, Änderungen im Sozialversicherungsrecht: 44. Novelle zum ASVG, 16. Novelle zum B-KUVG, 13. Novelle zum GSVG, 11. Novelle zum BSVG, SozSi 1988, 4 [27]).
Für den vorliegenden Fall ist nun maßgeblich, ob eine vollständige Beitragsentrichtung für bestimmte Monate auch noch dann vorliegt, wenn nach einer Neufestsetzung der Einkünfte in einem wiederaufgenommenen abgabenbehördlichen Verfahren (nur) die nachträglich vorgeschriebenen Beiträge nicht entrichtet werden. Dazu ist aus § 115 Abs 1 Z 1 zweiter Halbsatz GSVG nicht unmittelbar etwas zu gewinnen, weil die „endgültige" Beitragsgrundlage als Gegensatz zur vorläufigen Beitragsgrundlage nach § 25a GSVG zu sehen ist. Im Fall des Klägers war bereits eine endgültige Beitragsfestsetzung für die Jahre 1992 und 1995 erfolgt, bevor das abgabenbehördliche Verfahren, das letztlich zu einer Neufestsetzung der Einkünfte für 1992 führte, wieder aufgenommen wurde.
Die Lösung ergibt sich bereits aus § 25 GSVG. Demnach richtet sich die Beitragsgrundlage nach den iSd EStG im jeweiligen Kalenderjahr zugeflossenen Einkünften (RIS-Justiz RS0105193; VwGH 94/08/0289 = SVSlg 46.575; näher Rudda/Ficzko, GSVG - Gewerbliches Sozialversicherungsgesetz, 3. Lfg 2006, § 25, 6 f). Vom Kläger wird nicht in Frage gestellt, dass das abgabenbehördliche Verfahren betreffend Einkommensteuer 1992 wieder aufgenommen wurde. Bei einer Änderung des maßgeblichen Einkommensteuerbescheides (im Sinne einer Erhöhung des Gesamtbetrags der Einkünfte) nach dem Zeitpunkt, zu dem die Beitragsgrundlage für das entsprechende Jahr bereits endgültig festgestellt war, kommt es von Amts wegen zu einer Erhöhung der Beitragsgrundlage, sobald der geänderte Einkommensteuerbescheid rechtskräftig ist (Höfle, Praxis-News aus Sozialversicherungs-, Lohnsteuer- und Arbeitsrecht in Kurzform, ASoK 2004, 364; Richter, Beiträge nach Betriebsprüfung, SVA aktuell 3/2004, 12). Dementsprechend wurden auch im vorliegenden Fall dem Kläger auf der Grundlage des neu festgesetzten Gesamtbetrags der Einkünfte für das Jahr 1992 und als Folge davon auch für das Jahr 1995 rechtskräftig weitere Sozialversicherungsbeiträge vorgeschrieben, die er (für 1995) nicht entrichtet hat. Demnach ist für die betreffenden Monate der Jahre 1992 und 1995 auf der Grundlage der Einkünfte iSd § 25 GSVG keine vollständige Entrichtung der Beiträge zur Pensionsversicherung erfolgt. Schon das Erstgericht hat zutreffend ausgeführt, dass als Konsequenz der Neufestsetzung der Einkünfte die ursprünglich vollständigen Beitragszahlungen zu Teilzahlungen mutiert sind; die Nichtzahlung der dem Kläger vorgeschriebenen Differenzbeträgen bewirkte entsprechende Beitragsrückstände.
Die Ansicht des Klägers, er habe bereits mit der Entrichtung der von der Nebenintervenientin für 1992 und 1995 auf der Mindestbeitragsgrundlage vorgeschriebenen Versicherungsbeiträge Beitragszeiten erworben, ist zwar richtig; diese Zeiten waren allerdings (ex post betrachtet) zum maßgeblichen Stichtag nicht mehr wirksam, weil die dafür berechtigterweise vorgeschriebenen Beiträge nicht vollständig entrichtet worden waren. Ob im Jahr 1995 ein weiterer Beitragsmonat anzurechnen gewesen wäre, ist für die Erfüllung der Wartezeit nicht entscheidend.
Der Revision muss daher ein Erfolg versagt bleiben. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.